ÜBERLEBEN DES TODES
9
Aufsätze und Notizen zur Parapsychologie
11 Über das brisante Thema der Transkommunikation (mit Stimmbeispielen)
Bio-Bibliographie zu Dieter Schlesak und Stimmen der Kritik. SekundärliteraturBücher bestellbar in jeder Buchhandlung und über www.telebuch.de
9. Aufsätze zur Parapsychologie
Aus: Gibt es ein Leben nach dem Tod? Kant und Swedenborg (Radio Bremen 24.November 1996; und MDR). Erschienen in Rowohlts "Literaturmagazin", April 98
GIBT ES EIN LEBEN NACH DEM TOD?
Der Philosoph Immanuel Kant und der Hellseher Emanuel Swedenborg
"Trat man als Gast in Kants Haus, so herrschte eine friedliche Stille ... Durch eine ganz einfache, ja, armselige Tür, kommt der Gast in das eben so ärmliche Sans-Souci, zu dessen Betretung man beim Anpochen durch ein frohes Herein eingeladen wurde. Das ganze Zimmer atmete Einfachheit und stille Abgeschiedenheit vom Geräusche der Stadt und Welt. Hier saß der Denker auf seinem ganz hölzernen Halbcirkelstuhle, wie auf einem Dreifuß... Im Studierzimmer sind die Wände weißgetüncht. Und auf dem weißen Papier ging seine zügige Schrift voran mit dem Federkiel, der Kopf etwas geneigt."
Es war der 10. August 1763. Kant hatte über glaubwürdige Zeugen von Visionen und Totengesprächen des "Geistersehers" Emanuel Swedenborgs aus Stockholm erfahren. Und "um nun das Vorurtheil von Erscheinungen und Gesichtern nicht durch ein neues Vorurteil blindlings zu verwerfen, fand ich es vernünftig, mich nach dieser Geschichte näher zu erkundigen ( ...)", heißt es in einem später berühmt gewordenen Brief an ein Fräulein von Knobloch. Kant war geneigt, diesen paranormalen Erscheinungen Glauben zu schenken. So berichtet er in seinem Schreiben zustimmend über eine gewisse Madame Hartville, "die Witwe des Holländischen Envoyer in Stockholm," diese sei "einige Zeit nach dem Tode Ihres Mannes von dem Goldschmidt Croon um die Bezahlung des Silberservices ... welches ihr Gemahl bei ihm hatte machen lassen," gemahnt worden: "Und die Witwe war zwar überzeugt," so Kant" daß ihr verstorbener Gemahl viel zu genau und ordentlich gewesen war, als daß er diese Schuld nicht sollte bezahlt haben, allein sie konnte keine Quittung aufweisen ..."
Madame Hartville bat Swedenborg um Hilfe. Er sagte zu und drei Tage später behauptete er, "daß er ihren Mann gesprochen." so Kant in seinem Brief: Die Schuld sei sieben Monate vor seinem Tode bezahlt worden, die Quittung aber könne in einem Schrank, der sich im oberen Zimmer befände, gefunden werden. Der Tote habe es genau beschrieben; wenn man an der linken Seite des Schrankes eine Schublade öffne, und ein Brett beiseiteschiebe, dann in einer anderen verborgenen Schublade unter der geheim gehaltenen holländische Korrespondenz des Verstorbenen suche, wäre dort auch die Quittung zu finden. Und die Quittung wurde zur Verblüffung der Hofgesellschaft tatsächlich am beschriebenen Ort gefunden. Kant schildert auch die hellseherischen Fähigkeiten Swedenborgs, der den Brand Stockholms aus 100 Kilometer Entfernung genau wahrgenommen und beschrieben hatte: "Die folgende Begebenheit aber scheint mir unter allen die größte Beweiskraft zu haben und benimmt wirklich allem erdenklichen Zweifel die Ausflucht (...) Des Abends um sechs Uhr war Herr von Swedenborg. herausgegangen und kam entfärbt und bestürzt ins Gesellschaftszimmer zurück. Er sagte, es sey eben jetzt ein gefährlicher Brand in Stockholm am Südermalm (...) und das Feuer griffe sehr um sich. Er sagte, daß das Haus eines seiner Freunde, den er nannte, schon in der Asche läge und sein eigenes Haus in Gefahr sei. Um acht Uhr (...) sagte er freudig: Gottlob der Brand ist gelöscht (...)" Auch diese Angaben des Hellsehers wurden bis ins Detail bestätigt.
Kant kam schon am Beginn der Ausarbeitung seiner apriorischen Philosophie auch methodologisch die absolute Offenheit Swedenborgs entgegen. Swedenborg vertrat die Ansicht, daß es "nun erlaubt sei" "mit Hilfe des Verstandes in alle Geheimnisse des Glaubens einzudringen," aber es wäre "gefährlich ... mit einem Verstand in solche Glaubenslehren einzudringen", "die das Ergebnis einer bloß menschlichen Einsicht und mithin aus Falschheiten zusammengesetzt sind." Wer sich immer nur an das halte, was er alltäglich vor Augen hat, sei mit Blindheit geschlagen.
Kant hatte Swedenborg geschrieben, ihm Fragen gestellt. Der Gelehrte ließ Kant sagen, er bereite ein Buch vor, und darin wolle er auf Kants Fragen antworten. Es handelte sich um Swedenborgs Werk "Arcana Coelestia", zu deutsch "Himmlische Geheimnisse", in acht Bänden. Es heißt, es seien nur vier Exemplare verkauft wurden, eines davon habe Kant erworben. Er las sie - mit wachsendem Unbehagen, ja, wachsender Enttäuschung. Swedenborg behauptete nämlich: "(... ) durch meine Augen durften sie (die Geister und Engel) die in der Welt befindlichen Dinge sehen ( ...) und dann auch die Menschen mit mir reden hören (...) sie sahen auch ihre Gatten und Kinder (...) Durch die Gassen einer Stadt, und durch ihr Gefild wandelnd, und zugleich auch im Gespräch mit Geistern... "
Zur Erklärung dieser Entrückung zitiert Swedenborg die Bibel, von der er in seinen "Himmlischen Geheimnissen" auch ausgeht: "...wenn man im Wort liest, "sie seien dem Körper entrückt worden (abducti a corpore), und sie seien vom Geist an einen anderen Ort weggeführt worden."(...) Alle Sinne sind dann so wach wie im höchsten Wachsein des Körpers (...), sowohl das Gesicht, als das Gehör, und, merkwürdigerweise auch der Tastsinn, welcher alsdann schärfer ist, als er es je sein kann beim Wachen. (...)"
Kants Enttäuschung über die "Arcana coelestia" äußerte sich in seiner Streitschrift "Träume eines Geistersehers erläutert durch die Träume der Metaphysik", die 1766 anonym erschien. Er nannte Swedenborgs "Himmlische Geheimnisse" "acht Quartbände voller Unsinn" und ließ sich zu Invektiven hinreißen: " ... wenn ein hypochondrischer Wind in den Eingeweiden tobet, so kommt es darauf an, welche Richtung er nimmt, geht er abwärts, so wird daraus ein F -, steigt er aber aufwärts, so ist es eine Erscheinung oder eine heilige Eingebung."
Er nannte den international anerkannten Gelehrten plötzlich "einen gewissen Herrn Schwedenberg ohne Amt und Bedienung", "Erzphantasten unter allen Phantasten" "unbekannten Narren" und gar Betrüger. Dabei war Swedenborg königlich schwedischer Assessor beim Bergwerkscollegium, ein anerkannter Verfasser wissenschaftlicher Arbeiten. Mitglied der Academien zu Stockholm und Petersburg. Swedenborg hatte allerdings nach einem Bekehrungserlebnis in London alle seine Ämter niedergelegt und widmete sich nur noch seiner "Berufung".
Irritierten Kant die so naiven "Tatsachen" des Unbegreiflichen, oder gar die Trivialisierung der tiefsten Geheimnisse? Schon der Philosoph Moses Mendelssohn hatte in einem Brief an Kant über die "Träume eines Geistersehers" entsetzt nach der Ursache dieser Beschimpfungen gefragt. Und Kant antwortete ihm am 8. April 1766, daß es ihm "also am rathsamsten" schien, "andren dadurch zuvorzukommen, daß ich über mich selbst zuerst spottete wobey ich auch ganz aufrichtig verfahren bin indem wirklich der Zustand meines Gemüths hiebey wiedersinnlich ist..." "Wiedersinnlich" war also sein Gemüth, gespalten, denn er habe zwar gespottet, doch, "was die Erzehlung anlangt" hat er sich "nicht entbrechen" können, "eine kleine Anhänglichkeit an die Geschichte von dieser Art als auch was die Vernunftgründe betrift einige Vermuthung von ihrer Richtigkeit zu nähren ungeachtet der Ungereimtheiten..."
Eine solche Bewußtseinsspaltung in Sachen übersinnliche Unheimlichkeiten nannte Freud später einen "Urteilsstreit". Natürlich spielte die Angst des angehenden Professors, sich lächerlich zu machen, eine große Rolle. In der veröffentlichten "Streitschrift", greift Kant Swedenborg heftig an, als Privatperson aber schreibt er einen begeisterten Brief über den Hellseher. Wie ist das möglich?- Kants Herz hing an der "Geisterwelt". Erfahrung und Vernunft aber waren die Grundlagen seines Berufes. Diese Spaltung ist der Antrieb seines Denkens. Und er erarbeitet in der Streitschrift schon 1766 die beiden Gegenpole: 1. die Grundmethode seiner kritischen Philosophie, Grenzen setzend, und 2. in seiner Morallehre: Grenzen öffnend. Er verdammt nicht nur Swedenborg, sondern auch die erfahrungslosen Spekulationen der Metaphysik seiner Zeit als "Hirngespinst": "Leben und Tod werden wir nie durch Vernunft einsehen können. Das ist die Grenze."
Ganz streng urteilt er, ohne freilich etwas anderes als die Vernunft als Erkenntnisorgan zuzulassen. Wer sich auf "Träume" verlasse, der falle der "Krankheit des Kopfes" und der Spinnerei zum Opfer: a. beim "Phantasten" Swedenborg durch die Empfindung, b. bei den Metaphysikern durch die Vernunft. Immer wieder zitieren Kommentatoren genüßlich Kants Äußerung: "(...) daß man die anschauende Erkenntnis der anderen Welt nur erlangen kann, indem man etwas von demjenigen Verstande einbüßt, welchen man für die gegenwärtige nötig hat. "Unterschlagen wird freilich der darauffolgende Satz Kants: "(...) Wollte ich wirklich ein Ungläubiger sein, wäre ich doch genau wie der Denkpöbel, mit einer wetterwendischen und auf den Schein angelegten Gemütsart, um so vor der herrschenden Meinung und Mode den Rücken zu beugen, nur um zu avancieren."
Aufklärung, deren "Vater" Kant genannt wird, ist innere Revolte, mit dem eigenen Kopf denken! Widerstand leisten gegen versteinerte Gedanken und versteinerte Verhältnisse und Autoritäten! Die Radikalität des jungen Kant wird (auch heute noch) mißdeutet! Philosophie war für Kant die Wissenschaft von den Grenzen der Vernunft, doch das Übersinnliche wird nicht geleugnet, nur der Zugang dazu mit unseren theoretischen Denk-Mitteln für unmöglich gehalten. Weil sowohl Vorstellungen von "drüben", als auch "begleitende Ideen" fehlen, um das postmortale Leben überhaupt denken zu können... Swedenborg dagegen geht vom Glauben aus, einen "vom Herren erleuchteten Verstand" zu besitzen. Enge, vorurteilsvolle Kritik, die sich dem Unbekannten verschloß, lehnte er als "Vernünfteln" ab.
Kant, dem Handwerkersohn war jede Frömmelei zuwider, und er konnte spöttisch und auch drastisch werden; er mochte im Denken das Solide und im Leben das Handfeste. Und er war ein Weltmann, begierig auch nach Welt und Geselligkeit, er schwebte nicht über den Wolken, saß in keinem Elfenbeinturm. Kaufleute, Offiziere, Juristen waren seine Freunde, kaum Kollegen. Kriminalrat Jensch stopfte seine Pfeifen, die Frau Professor Pörschkes besorgte das Trocknen der Schotenerbsen und Schwertbohnen, der Engländer Motherbey, Schwager von Kants bestem Freund, dem Kaufmann Green, schaffte Käse und Kabeljau herbei, der Kaufmann Jacobi den Rheinwein, Regierungsrat Vigilantius erledigte die Gehaltsquittungen. Kant hatte ein gutes Gespür für Leute und Realitäten, ließ sich in seinem täglichen berühmt gewordenen Mittagstisch von seinen Gästen aus allen Bereichen der Wirklichkeit berichten. Es wurde nie theoretisiert!
Wie bei Swedenborg ist die praktische irdische und sinnlich-körperliche Existenz auch für die Seele absolut notwendig, um Erfahrungen machen zu können. Nicht nur um die Persönlichkeit auszuformen, ihr Stoff und Kontur zu geben, sondern, "sich alle ... Fähigkeiten erst durch den Körper entwickelt haben": "... und daß sie alle Kenntnisse, die sie von der Welt hat, erst durch den Körper erlangt, und sich also durch den Körper zu der künftigen Fortdauer hat vorbereiten müssen."
Hier übernimmt Kant sogar die Auffassung Swedenborgs, bei dem "das Leben, welches sich der Mensch in der Welt verschafft hat," ihm nach dem Tode "folgt". Ja, daß der Sinn des körperlichen Lebens sehr ernst zu nehmen sei, da er dem Bau eines "geistigen Leibes" dient, und so alles, was hier erworben wurde, samt liebgewordenen Gewohnheiten, aber auch alle Vergehen mitgnommen werden müßten! Freilich mit dem Ziel, hier Erfahrung für ein unendliches Wachstum zu erwerben, um nach dem Tode die notwendigen Verbindung zwischen Seele und Körper zu lösen, endlich frei zu sein, ihr "wahres Leben" im Unermeßlichen führen kann. Beim reifen Kant heißt es: "Also ist der Tod nicht die absolute Aufhebung des Lebens, sondern eine Befreiung der Hindernisse eines vollständigen Lebens."
"Die" Aufklärung ist bei ihrem tiefsten Denker Kant nicht, wie Adorno es noch sah, nur "Entzauberung der Welt", Sturz der Einbildung durch Wissen, "Triumph des Tatsachensinns", ein Wissen, dessen Wesen Technik sei, das nicht auf das "Glück der Einsicht, sondern auf Methode, Ausnutzung der Arbeit anderer" ziele. Für Kant trifft das nicht zu. Kant hat selbst gesagt, er habe das Denken als eine Art "Räumungsarbeit" angesehen, es nur eingeschränkt, um Platz für das Transzendentale zu schaffen. Er hatte Swedenborg als ein Art "Reibungsfläche" benützt, um seine eigene kritische Philosophie aufzubauen, die ihn dann berühmt machte. Schon in der Streitschrift "Träume eines Geistersehers", heißt es: "...wie er in dieser Welt gegenwärtig sei. d.i. wie eine immaterielle Natur in einem Körper und durch denselben wirksam sein könne; alles um eine sehr gültige Ursache willen, welche diese ist, daß ich hievon insgesamt nichts verstehe, und folglich mich wohl hätte bescheiden können, eben so unwissend in Ansehung eines künftigen Zustandes zu sein ... Und eben die Unwissenheit macht es, daß ich mich nicht unterstehe, so gänzlich die Wahrheit so mancher Geistererzählung abzuleugnen."
Gegen Swedenborg ist Kant ungerecht und böswillig, als wüte er gegen sich selbst! Es ist erstaunlich, daß der handschriftliche Urtext der "Träume eines Geistersehers" voller Freudscher Verschreiber ist, und zwar immer an jenen Stellen, wo sich Kant offensichtlich mit sich selbst im innern Streit befindet, bewußt oder unbewußt die Unwahrheit schreibt.
Die Kieler Dissertation von Gottlieb Florschütz, die unter dem Titel "Swedenborgs verborgene Wirkung auf Kant" 1992 erschienen ist, weist ausführlich nach, daß Swedenborg vieles von Kants Philosophie vorweggenommen hat, ja, daß Kant ohne Swedenborg kaum denkbar ist.
Schon Balzac hatte in seinem "Buch der Mystik" darauf hingewiesen. Wer ein wenig in den Autorenbiographien blättert und Einflüssen nachgeht, muß die Wut packen, über die Literaturgelehrten und Historiker, über den Skandal ihrer Unterschlagungen und Verdrängen; dieses gilt freilich für alle Disziplinen bis hin zur Theologie; und möglicherweise wurde auf diese Weise die gesamte Kulturgeschichte durch rationalistische Ideologie verfälscht, ja, gefälscht. Und eine gut dokumentierte Gegengeschichte, die diesen Skandal einmal untersucht und beschreibt, steht leider noch aus! Auch das Märchen von der Aufklärung ist falsch. Das schlagendste Beispiel dafür ist der große Kant.
Schon Kant, wie Swedenborg waren davon überzeugt, daß die materielle Welt nur Erscheinung, Schein ist, was inzwischen die Mikrophysik auch experimentell bestätigt. Schon für Kant waren sinnliche und "übersinnliche" Welt nicht getrennt, sondern die sichtbare Welt war nichts weiter als die Erscheinung der geistigen (oder der Geisterwelt), die unsichtbare Welt aber die wahre Ordnung der Dinge.
Kein Wunder, daß sich der "Vater der Aufklärung" nie vom "Geisterseher" befreien konnte und Haß-Liebe empfand! Doch die Einflüsse des "Sehers" sind auch auf die deutsche Klasssik und Romantik unübersehbar, und sie werden von der Forschung unterschlagen.
Zur Zeit der Kant-Swedenborg-Kontroverse (1765/66) wurde das Weltbild der Aufklärung erarbeitet und Denken zugunsten einer im Praktischen abgesicherten Erfahrungswelt eingeschränkt. Doch Kant wendet sich schon anderthalb Jahrzehnte später, nämlich ab 1783 in den "Vorlesungen über Metaphysik", vor allem aber 1790 in den "Vorlesungen über die rationale Psychologie" dem verdrängten Übersinnlichen wieder zu. In dieser dritten Periode seines Lebens steht das "Ding an sich" im Mittelpunkt, dieses ominöse und berühmte "Ding an sich" ist theoretisch und den Sinnen unzugänglich, es ist aber nach Kant die unbezweifelbar der Erscheinung zugrunde liegende tiefere Wirklichkeit, die Sinne und Verstand bewegt, ihnen erst den "Stoff" liefert, damit überhaupt Welt entstehe! In dieser Zeit rehabilitiert Kant Swedenborg wieder, nennt ihn sogar "erhaben", übernimmt dessen Grundgedanken vom geistigen, ja "jenseitigen" Grund der Welt.
Kant war aber auch im Spätwerk niemals "Spiritist". Nicht der "Geisterkontakt" interessierte ihn, sondern die Kontinuität der menschlichen Seele, und damit die Gründe für eine moralische Handlungsweise, Gründe, die in der andern Welt zu suchen seien. Das Geheimnis des sittlichen Antriebs, der gegen die körperlich-tierische Natur und ihr Interesse gerichtet ist! Kants "Postulate" zur Vervollkommnung des "höchsten Gutes". Der berühmte Kategorische Imperativ gehört dazu.
Kant definiert diesen geistigen Grund der Welt sogar schon im Basiswerk der Aufklärung, der "Kritik der reinen Vernunft" so: "Gott also, und ein künftiges Leben, sind zwei von der Verbindlichkeit, die uns reine Vernunft auferlegt, nach Prinzipien eben derselben Vernunft nicht zu trennende Voraussetzungen."
Noch strenger heißt es in den "Vorlesungen über Metaphysik": "Gott und die andere Welt ist das einzige Ziel aller unserer philosophischen Untersuchungen, und wen die Begriffe von Gott und von der anderen Welt nicht mit der Moralität zusammenhingen, so wären sie zu nichts nütze."
Schon Moral also wäre eine übersinnliche, ja, "okkulte" Einwirkung vom Welt-Grund in unsere Erscheinungswelt. Dieses führt Kant in seinen späten "Vorlesungen zur rationalen Psychologie" (1790) aus, nämlich die Verbindung zum Übersinnlichen, das sogenannte "Commercium von Leib und Seele, den Wechsel der Anschauungsart durch den Tod und eine Geistergemeinschaft schon zu Lebzeiten." Dies 1790. Zur Zeit der Streitschrift 1766 geht Kant noch als junger Aufklärer davon aus, daß wir nur das wissen können, was uns unsere Sinne und der Verstand vorgeben. Die Welt so ist, wie Auge und theoriegelenktes Denken sie uns vorgaukeln. Obwohl er schon damals schwankte, gespalten war, den transzendentalen Gedanken in sich selbst bekämpfte. Kant wird heute mißverstanden, für ein reduziertes rationalistisches Weltbild in Anspruch genommen. Dabei ist dieses einschränkende Denken nur die Antwort auf die erste der drei Fragen, die Kant stellt, und die seinen drei Hauptwerken entspricht: Was können wir Wissen - in der "Kritik der reinen Vernunft" (1781), was sollen wir tun, in der "Kritik der praktischen Vernunft" (1787), und was dürfen wir hoffen, in in der "Kritik der Urteilskraft" (1790).
In der ersten Kritik, ist das Fazit ein Skandal, daß wir mit Sinnen und Verstand, nur das wissen können, was wir nach den Bedingungen, in denen wir gefangen sind, selbst hineingelegt haben, also über die Dinge, wie sei an sich sind, nichts wissen können. Dazu kommt die Unmöglichkeit, mit unseren rationalen Mitteln, etwas über Gott, Freiheit und Unsterblichkeit zu erfahren. Doch gebe es, so Kant: noch Vernunft und Urteilskraft, sie seien der Weg, aus dem Gefängnis zu entkommen: mit Intuition, Gefühl, vor allem mit dem Gewissen. Sie führen uns zu höheren Realtitäten, an die weder Theorie noch Wissenschaft heranreichen können. Sie sind erst im Handeln zu erfahren, im Bereich der ENTSCHEIDUNG. Erst sie geben uns Würde und Selbstbewußtsein, Selbstgewissheit und Verantwortung, die einer anderen Welt angehören. Gesellschaftliche Rücksichten dürfen sie nicht einschränken! Nach Herder, Kants Schüler, galt für Kant Keine Kabale, keine Sekte, kein Vorteil, nur die Vernunft. Vernunft, nicht zu verwechseln mit dem "Verstand", - sie allein ist Garant der Freiheit, steht vor jeder Erfahrung. Schon der Verstand ist "übersinnlich", die Vernunft aber hat ihre eigene Ursache. "Für die Freiheit," so Kant, "ist das Bewußtwerden des Übersinnlichen", fundamental, und mit dem "bestimmten Denken des Übersinnlichen" sind die Postulate der praktischen Vernunft gemeint: die Postulate der Unsterblichkeit und eines Gottes zum Zwecke der Vervollkommnung des "höchsten Gutes" als Gegenstand des Moralgesetzes; das "Übersinnliche" also ist im Menschen fundamental, es gibt uns und der Natur die höheren Gesetze aus einer allumfassenden Ur-Sache und allgemeinen Zweckmäßigkeit; Die Vernunft aber ist höchste Autonomie. AUTONOMIE, diese Grundforderung der Aufklärung, entspringt weder Politik, Wissenschaft, noch gar der Wirtschaft, sondern dem eigenen Gewissen, und dem Wissen, daß wir Bürger zweier Welten sind! Genau dies meint auch die berühmte Antwort Kants, was Aufklärung sei: " ... Ausgang des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit..."
Unmündigkeit aber ist Unfähigkeit, sich seiner eigenen Vernunft zu bedienen. Dazu gehören Einsicht und Mut. Abhängigkeiten, Vorurteile, als eigenen Fehler zu erkennen, nämlich, nicht Widerstand zu leisten gegen das übliche Denken, das dem grade herschenden Gesellschaftssystem dient, Angst davor zu haben, dem eigenen Gewissen entsprechend zu erkennen und zu handeln. Von nichts und niemandem abhängig zu sein, auch vom Körper nicht, von der Uhrzeit nicht, war Kants Devise. Er überlistete etwa die Tyrannei der Uhr-Zeit durch extreme Pünktlichkeit, und die Königsberger stellten ihre Uhren nach der immer gleichen Uhrzeit seines Spaziergangs ein. Jede freie Selbstbestimmung gaben Kant ein Glücksgefühl ein, denn er war alles andere als ein angepaßter Spießer. Herder schreibt über ihn: "Seine offene, zum Denken gebaute Stirn war ein Sitz unzerstörbarer Heiterkeit und Freude; die gedankenreichste Rede floß von seinen Lippen; Scherz und Witz und Laune standen ihm zu Gebot ..."
Kant bestimmte die feste Ordnung seines alltäglichen Lebenskreises bis ins Kleinste, um für seine geistige Arbeit frei zu sein, eben weil sein Körper und seine Psyche äußerst sensibil und irritierbar waren. Feste Gewohnheiten garantierten eine Art inneres Schutzgehäuse. Manches freilich wirkte, besonders im Alter des Jungsellen Kant, schrullenhaft. In der Jugend hatte er Angst, sich selbst und die Ruhe für seine Arbeit und seinen Professoren-Beruf zu verlieren, mit zur Aggressivität gegen den Hellseher Swedenborg beigetragen, der behauptete, mit Toten reden zu können. Doch auch den eigenen schwächlichen Körper fürchtete Kant, der ihn bedingte und bestimmte. So hat er eine höchst drastische Ausdrucksweise, wenn er über seine Physis spricht:
"Dieser gänzliche Mangel an Hintern... Und wenn er keinen Hintern hat, wie
mag der Edle sitzen? Gar denken? " Nur, weil sein Sessel sehr hoch und sehr konvex gepolstert war ... Haarbeutel verrutscht, die Schulter ganz schief... Er habe habe eine zarte Constitution. Und der kleine Leib werfe einen geringen Schatten nach außen. Und er wundere sich jeden Morgen vor dem Spiegel über diesen muskelarmen Corpus. Da sei die flache Brust, die Beschwerden daher, diese Brust fast eingebogen, und stehe vorgeneigt. Und das rechte Schultergelenk sei hinterwärts etwas verrenkt.
Das Gefängnis des Körpers also, und das der gegebenen Zeit. "Zeit" stand auch philosophisch im Zentrum seines Denkens. Paradox, daß schon im Alltag sogar Objekte, die doch nebeneinander stehn, verzeitlicht werden, in einer Abfolge erscheinen. Und dem Gespenstischen, Irrealen der Erscheinung, ja, der eigenen Körperexistenz, zwingt Kant ein Diktat des Geistes, des Plans, der Selbstbeherrschung auf. Der Zerstreuung des Bewußtseins setzt er sogar in der Zeit selbst etwas Unwandelbares entgegen: nämlich das außerhalb der Zeit, des Körpers und jeder Erfahrung gegebene "moralische Gesetz". Dieses könne jeder unmittelbar in sich selbst empfinden, so Kant: Nur jener Mensch ist frei und unabhängig, auch von Zeit und Körper, der sich nicht seiner physischen Existenz, Schwächen, Trieben und egoistischen Interessen überläßt, sondern dem Gesetz seiner Vernunft, dem Gewissen, das einer anderen Welt angehört, folgt. Der Sklaverei unserer Sinne, der engen Ratio, der Vorurteile, sowie sozialer Hörigkeit entgehen wir erst, wenn wir diesem Ruf folgen. Dazu gehört ein starker, aber auch ein "guter Wille" zur Selbstüberwindung. Und sein "reales Objket" ist der "unendliche Progressus", der nur unter der Voraussetzung einer ins Unendliche fortschreitenden Persönlichkeit desselben vernünftigen Wesens (welche man die Unsterblichkeit der Seele nennt,) möglich. Also ist das höchste Gut, praktisch, nur unter der Voraussetzung der Unsterblichkeit der Seele möglich; mithin diese, asl unzertrennlich mit dem moralischen Getez verbunden, ein Postulat der reinen praktischen Vernunf...
Kant aber war kein Asket und Weltverächter. Im Gegenteil. Er mochte
Gesellschaft, war witzig und tolerant, mochte die Natur; das einzige Bild, das in seinem Arbeitszimmer hing, war ein Porträt von Rousseau, den er verehrte, einer seiner Freunde war der Förster Wobster von Moditten, bei dem er oft im Forsthaus zu Gast war, Kant hatte eine gute Beziehung auch zu Frauen, und sie mochten ihn, er konnte mit ihnen angenehm und gut informiert auch über Kochkunst plaudern, hatte sogar vor, ein Kochbuch zu schreiben. Wie ist das möglich? Die Seele ist, laut Kant, unbeschrieben, sie braucht den Körper, die Welt, um sich zu entwickeln. Freilich: Da wir uns über den Tod hinaus weiterentwickeln, also das, was wir hier getan und erworben haben, "mitnehmen", so Kant, sollten wir uns nicht nur auf die 8o Jahre hier auf der Erde einstellen, unser Leben also nicht um die Ewigkeit verkürzen, denn als Körperwesen wird der Mensch schließlich vernichtet, als Vernunftwesen, das allerdings vom Leben geformt wird, ist jeder dem Tode entzogen. Freiheit hat nur Sinn, wenn es diesen "Fortschritt" gibt, der zum "höchsten Gut" gehört! Wir sehen, der Freiheit und Fortschrittsbegriff der Aufklärung wurden völlig verkehrt verwendet. Bei Kant hieß es noch: "Dieser unendliche Progressus ist aber nur unter Voraussetzung einer ins Unendliche fortdauernden Existenz und Persönlichkeit desselben vernünftigen Wesens (welche man die Unsterblichkeit der Seele nennt) möglich. Also ist das höchste Gut praktisch nur unter der Voraussetzung der Unsterblichkeit der Seele möglich; mithin diese, als unzertrennlich mit dem moralischen Gesetz verbunden."
Kant ging zwar von den Sinnen und dem Verstand aus. Doch diese und den Leib sah er nur als vergängliches Instrument an. Und er mußte mit diesem schwächlichen Körper haushalten, um sein Riesenwerk zu vollenden. Bis zur Pedanterie und Selbstdisziplin kasteit er den Körper. Zum Frühstück nur zwei Tassen Tee und eine Pfeife Tabak, das Abendbrot läßt er ausfallen; Kaffee, den er sehr mochte, dessen Geruch ihn reizte, vermied er gänzlich. Und nicht mehr als zwei Pillen pro Tag, auch wenn er krank war, verschrieb er sich, dazu seltsame Gesundheitsregeln. Der Wohnraum seines eigenen großen Hauses im Schloßgraben, das er wie ein Gast bewohnte, und die Dinge wie geliehen in dieser flüchtigen, täuschenden Existenz auf Zeit, galt ihm Besitz nichts: alles war äußerst karg, aber zweckmäßig: Im Eßzimmer nur ein Spiegel, im Studierzimmer: Schreibtisch, Kommode zwei Tische mit Büchern und Schriften, die Wände weiß, keine Tapeten. Überall störten Körper, der Raum, die Uhr-Zeit deuteten auf die niederste Stufe der Existenz hin, die sich am schlimmsten als täuschend vergehende Zeit äußerte. Dagegen setzte Kant äußere peinliche Ordnung, er wirkt daher wie ein Sonderling: Schere oder Federmesser durften auf dem Schreibtisch nicht verschoben sein, sonst geriet er in Unruhe und Verzweiflung, auch wenn der Stuhl an nicht gewohnter Stelle im Zimmer stand. Mit Regeln und selbstauferlegten Tageseinteilungen versuchte er, Zeit und Raum beizukommen. So stand er morgens um fünf Uhr auf. Bis sieben arbeitete er und dachte seinen Vortrag durch; von sieben bis neun hielt er Vorlesungen als Professor, von neun bis dreiviertel vor ein Uhr widmete er sich der kreativen Arbeit im Studierzimmer, ein Uhr empfing er seine Tischgäste, bis vier Uhr war Mittagstafel, wenn er große Gesellschaft hatte bis sechs Uhr. Punkt sieben Uhr ging er etwa eine Stunde spazieren. Dann noch Lektüre von Zeitschriften, neuen Büchern oder der Zeitung ging er pünktlich um 10 Uhr schlafen.
Alles war fast zeremoniell geregelt. Denn die Zeit als Phänomen hatte für Kant etwas Beunruhigendes, Gespenstisches, da er seinen Geist von einem anderen Reich her, aber als Gefangener, bestimmt sah. Er sah sich fremd hinter einer Wand der Sinne steht, und der Art, wie er und alle Menschen gezwungenermaßen sehen müssen, ausgesetzt. Er war einerseits ein Kind seiner Zeit, so daß er an die "Kontinuität", also auch an den Zwang der Uhrzeit glaubte, andererseits aber gab es für ihn viel Wichtigeres, so: "die Bestimmung seines Daseins nur in der Form des inneren Sinnes": "Das Bewußtsein seiner selbst und die Identität der Person beruht auf dem innern Sinn. Der innere Sinn aber bleibt doch auch noch ohne den Körper, weil der Körper kein Princip des Lebens ist, also auch die Persönlichkeit."
Fremd, weil der Mensch nach Kant eine Art Ebenbild des "höchsten Gutes", des "Einen" sei. Dieser "innere Sinn" aber gehe über die Alltagswelt der Sinne weit hinaus, da schon wegen des Voranrückens von Zeit in den Außeneindrücken eine Erfahrung überhaupt nur möglich sei, wenn "Zusammenhang" oder "Einheit" unseres Bewußtseins als "Gewußte" und zugleich Wissende, also Verstehen da ist. "Einheit der Apperzeption (oder des Bewußtseins)." "Einheit der Synthesis in der Mannigfaltigkeit" nannte Kant diesen Kernpunkt seiner Philosophie. Wir sind sozusagen "Gewußte" und zugleich Wissende. Diese "Selbstuntescheidung" ist nach Kant aber "schlechterdings unmöglich zu erklären, obwohl ... ein unbezweifelbares Faktum ... (sie) zeigt ... ein über alle Sinnenanschauung ... weit erhabenes Vermögen an ... den Grund der Möglichkeit eines Verstandes." Das Zauberwort dieses Vermögens heißt "synthetische Urteile" oder die berühmte "Einheit der Synthesis in der Mannigfaltigkeit", was am besten die Mathematik, die Zahl leiste, aber auch ein Begriff. Nun ist die Zahl das Substrat oder Subjekt der nicht wahrnehmbaren Zeit, die zur Unendlichkeit gehört, also zu einer undurchschaubaren Einheit eben jenes Einen und höchsten Gutes, dessen Spiegel auch der Mensch ist. Es geht eigentlich nur um die erwähnte Teil-Habe am "Einen", um das Gottes-Ebenbildliche in uns, das
jedoch nicht zum Zuge kommen kann, weil wir uns selbst fremd sind, genau wie die Dinge uns fremd bleiben, als in den Körper Gefallene unbekannt bleiben müssen, solange wir nur getrennte Körper sehen, eine Art Sündenfall, weil wir im Körper und unseren Sinnen gefangen sind. Carl Friedrich von Weizsäcker hat das sehr schön am Beispiel der heutigen Theorie der Physik, der Quantentheorie gedeutet, die von Kants Denken gelernt hat: Die von uns sinnlich wahrgenommene Vielheit der Dinge - so Carl Friedrich von Weizsäcker - sei "letztlich nicht wahr." Isolierte Objekte bedeuten nur "mangelnde Kenntnis der Kohärenz ...der Wirklichkeit. Wenn es überhaupt eine letzte Wirklichkeit gibt, so ist sie Einheit. Vom Standpunkt dieser Einheit aus gesehen ... sind die Objekte nur Objekte für endliche Subjekte (d.h. für Subjekte, denen gewisses mögliches Wissen fehlt)... (d.h. sie sind individuelle Seelen unter den Bedingungen der Körperlichkeit)."
Kant Situation als vorausschauender Geist im 18. Jahrhundert ist tragisch: Er ist 200 Jahre zu früh gekommen. Seine Intuitionen im höheren Bereich der
Vernunft und der Einheit der Zeit sind genial, im Bereich des Verstandes aber eingeengt, abhängig vom Wissensstand seiner Zeit, ihrer mechanischen Raum und Zeitvorstellungen. Wie außerordentlich wichtig aber dieser "innere Sinn" der Einheit ist, und auch als Subjekt und Substrat der Zeit gilt, die das Ich aus der Ewigkeit erzeugt, körperliches Dasein erst ermöglicht, zeigt die Rückübersetzung dieses Sinnes in den späten Vorlesungen Kants über "Rationale Psychologie" ins Zeitlose, nämlich als Garant des "persönlichen Überlebens des Todes": "Das Bewußtseyn seiner selbst und die Identität der Person beruht auf dem inneren Sinn. Der innere Sinn bleibt doch auch noch ohne den Körper ... also auch die Persönlichkeit."
Doch dieser "innere Sinn" und sein Wechselspiel mit der "reinen Vernunft" spiegelt schon das, was nach dem Tode geschieht: Geist, der nach dem Moralgesetz in unsere Handlungen unmittelbar hineinwirken kann via Gewissen, dieses aber geht dem "inneren Sinn" voraus, der die Zeit und die Gegenstände im Leben erzeugt. Es scheint bei Kant so, als wäre Leben ein Widerschein der andern Welt, und Selbstverwirklichung erst möglich, nachdem wir im Tode zu ihr, also zu uns gekommen sind. So heißt es bei ihm: " ... der Tod (ist) nicht die absolute Aufhebung des Lebens, sondern eine Befreiung der Hindernisse vollständigen Lebens." Bei Swedenborg und bei Kant wird etwas Unheimliches angenommen: daß das "Jenseits" immer da und greifbar da ist, nur eine dünne Wand trennt uns von ihm und den "Toten", die bei Erleuchtungen, manchmal in Träumen durchbrochen wird, im Tod aber endlich wegfällt.
"Die Trennung der Seele vom Körper", heißt es bei Kant, "ist nicht in eine Veränderung des Ortes zu setzen (es ist die) Veränderung der sinnlichen Anschauung in die geistige (...) und das ist die andere Welt..." Mit den Sinnen und unserer irdischen Gewohnheiten aber ist jene andere Welt unvorstellbar, denn die "Vorstellungen von der Geisterwelt" mögen noch so "klar und anschauend sein, wie man will, so ist dieses doch nicht hinlänglich, um mich deren als Mensch bewußt zu werden (...) Er ist frei, wenn dann endlich durch den Tod die Gemeinschaft der Seele mit der Körperwelt aufgehoben worden ..."
Die nackte Wahrheit wird erst jenseits der Sinne erkennbar, und schon in der "Kritik der reinen Vernunft" heißt es: " (Im Tod) ... wird vielmehr klar gezeigt: daß wenn ich das denkende Subjekt wegnehme, die ganze Körperwelt wegfallen muß (...) die Erscheinung in der Sinnlichkeit (...) und eine Art Vorstellung desselben." Und später in den Vorlesungen heißt es sogar: "Wir sind uns itzt durch die Vernunft schon als in einem intelligiblen Reiche befindlich bewußt; nach dem Tode werden wir das anschauen und erkennen und dann sind wir in einer ganz anderen Welt, die aber nur der Form nach verändert ist, wo wir nemlich die Dinge erkennen, wie sie an sich selbst sind."
"Der Gedanke des Swedenborg ist hierin sehr erhaben (...) Er sagt: Alle geistigen Naturen stehen mit einander in Verbindung (...)"
Kant und Swedenborg waren sich in ihrer Grundhaltung nahe. Auch Swedenborg hat sich Gedanken gemacht über die Schwierigkeiten, seine übersinnlichen Erfahrungen in Worte zu kleiden. So sagt er, daß die Geisterwelt, nicht "anders reden" könnte, "als der Mensch es faßt, nemlich nach dem Schein und Betrug der Sinne." Und auch die Sprache "der Engel" wird als eine Art himmische Wärme und Nähe "gefühlt", die der Mensch zwar auch in sich habe, sie aber in seine Wortsprache nicht übersetzen könne. Sogar die Geister benützten, um von uns gehört zu werden: Gedanken und Worte des
Menschen ... " In Wirklichkeit redeten nicht sie, sondern ich..." Zu Swedenborg schrieb schon der junge Kant in den "Träumen" zustimmend, und der alte Kant wiederholt daß es "... so gut als demonstriert, und ich weiß nicht wo oder wann, noch bewiesen werden (wird), daß die menschliche Seele auch in diesem Leben in einer unauflöslichen Gemeinschaft mit allen immateriellen Naturen der Geisterwelt stehe, daß sie wechselweise in diese wirke und von ihnen Eindrücke empfange, deren sie sich aber als Mensch nicht bewußt ist, solange alles wohl steht.(...) und daher, was ich als Geist denke, von mir als Mensch nicht erinnert wird, und umgekehrt (...)" Der Tod aber ist bei Kant immer Übergang, Steigerung, Hoffnung, es gibt kein Grauen, keine Skelette, Leichen, sondern Licht, Wachstum, Fortsetzung geistiger Entwicklung. Und die Erde ist pädagogische Provinz, Erfahrungsbereicherung, die nach dem Tode "hinüber" genommen wird.
Aus einer unerträglichen Kluft zwischen dem so kurzen Leben und unseren unendlich reichen Anlagen, die in dieser Lebenskürze nicht entfaltet werden können, schließt Kant sogar mit apodiktischer "Gewißheit" auf eine seelische Tätigkeit nach dem Tode: "Also läßt sich von der Seele vermuthen, daß sie für eine künftige Welt aufbehalten sein muß, wo sie alle diese Kräfte anwenden und gebrauchen kann." Für Kant ist die Seele durch die Geburt (wie schon für Platon) in einem Kerker gefangen, der sie "an ihrem geistigen Leben hindert: "Der Tod ist also eine Beförderung des Lebens, und ihr künftiges Leben wird erst ihr wahres Leben sein."
Kant rieb sich an Swedenborg, um die kritische Philosophie der Aufklärung zu begründen und kurz danach auch zu überwinden! Woran müßte sich Denken heute reiben, um zu seinen Gründen zu kommen? Es wären nicht nur die Atom- und Quantenphysik, die, wie Heidegger, später Weizsäcker formulierten, nicht in der Lage sind, sich selbst zu denken, und es wäre die Parapsychologie, dann die "Transkommunikation" mit Tausenden von "Stimmen" und Nachrichten aus der anderen Welt. Die Grenze zwischen Leben und Tod ist heute offener denn je, was zu einer Mutation der Menschheit am Beginn des Milleniums beitragen könnte. Kant ist aktueller denn je, doch eine Aufklärung in seinem Sinne steht noch aus.
"also läßt sich von der Seele vermuthen,daß sie für eine künftige Welt aufbehalten sein muß, wo sie alle diese Kräfte anwenden und gebrauchen kann."
Kant glaubt ja an das "Commercium von Leib und Seele, den Wechsel der Anschauungsart durch den Tod und eine Geistergemeinschaft schon zu
Lebzeiten"wobei er sich ausdrücklich auf Swedenborg bezieht.
Tagebuch
11. Transkommunikation mit Stimmbeispielen
"Instrumentelle Transkommunikation"
Unsere Sinne täuschen, der Verstand täuscht, "Wirklichkeit" ist eine Art kollektive Halluzination, eine Illusion restriktiver Zeit, doch können wir diesen Wahn nicht durchschauen, auch wenn wir die Wahrheit "wissen": Bewußtseinsfilter und Reduzierventile schotten uns im "Normalzustand" vom nichtverfügbaren Wesen und Reichtum der Welt ab, die sich der Berechenbarkeit und Ausnützung entziehen.
Ein Verdienst des vorliegenden Buches ist, daß es präzise jenen "Normalzustand" kritisch unter die Lupe nimmt: Die "feste" "konstante" Alltagswelt wird, so Senkowski, aus der berechenbaren Zufallshäufigkeit großer Ereigniszahlen, durch wiederholte Beobachtung und Erwartung einer kollektiven Zwangsresonanz geschaffen, "Welt" der größten Zahl, die durch Wiederholungen, Erwartungen bestätigt wird; die "Realität" besteht aus der "holistischen Struktur relativ statisch erscheinender und dynamisch veränderlicher Systeme stehender Gravitationwellen", Massenhalluzinationen also, die die Kopplung durch "Synchronisation der Hirntätigkeit gewährleistet".( S. 357) Es ist der seit Jahrtausenden bekannte Schleier der Maya: Die Welt als "mental-geistige Konstruktion", "Summe sich überlagernder Weltbilder", und "Objektivität" als intersubjektive, sprachlich bedingte "Übereinkünfte"; "Außenwelt" existiert nur "aktuell", im gerichteten Bewußtsein, Objekte sind "virtuelle Gedächtnisinhalte, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in ähnlichen Formen im Außenraum `wiedergefunden´ werden können." (115) "Festigkeit" ist also eine "Konstruktion des Gehirnbewußtseins". Bei C.F. v. Weizsäcker wird das "Objekt" aufgrund der Quantentheorie ähnlich definiert.
Einfälle, auch wissenschaftliche, Kreativität, Medialität, gute Literatur und Kunst brechen durch diese Wand des täuschenden Vor-Scheins. Akademische Psi-Forschung aber ist als "Zwischenschaft" einem Minimalprogramm verpflichtet, denn erst seit sie statistische, quantitative Methoden (Rhine und Schmidt) anwendet, hat sie als (noch nicht voll anerkannte) Fachdisziplin kleine Erfolge aufzuweisen. Mangelnde Mittel, der eigene "Urteilsstreit" (Freud), Theoriendefizit und der Druck der alten Anerkennungsneurose hat sie zu Anpassungsstrategien gezwungen; sie erweist einem antiquierten Wissenschaftsmodell, wo noch "Reproduzierbarkeit" und "Messbarkeit" im Bereich der Methodologie und der Erfahrung gelten, ihre Reverenz, obwohl die Krise der Objektivität erfahrungswissenschaftlicher Sätze und der Bedingungen für ein wissenschaftliches Experiment längst die Wissenschaftstheorie bestimmt. Schon die "Elusivität" der Anomalien ASW und PK widersprechen diesem veralteten Paradigma. Dieser Widerspruch wird eklatant, da ihr ( schon aus wissenschafts-historischen Gründen) kaum definierbarer Forschungsgegenstand wahrscheinlich erst von einem zukünftign Paradigma erfaßt werden kann, das gegen den enormem Druck mächtiger Pressure-groups, ja, des gesellschaftlichen und akademischen Vorurteils, auszuarbeiten, und zu erkämpfen wäre. Parapsychologie als wissenschaftliche Anomalie hat vielleicht das Beste aus dieser Schwäche gemacht, sie ist methodologisch sehr streng geworden und sie nimmt sozial, an sonst verwaister Stelle, Aufklärung und Psychohygiene wahr. Dieses gilt schon für ihre Vor-Geschichte, etwa der SPR, und ist von Anfang an Programm der akademischen Psi-Forschung gewesen: "Es gilt, Tatsachen sachlich zu prüfen und gegen zwei Fronten zu sichern: gegen die apriorischen Negativisten und gegen die gläubigen Okkultisten ... Die `okkulten Erscheinungen´ spielen im Volksbewußtsein eine unausrottbare große Rolle. Der Unfug, der mit ihnen betrieben wird, ist bedenklich und muß in schärfster Weise bekämpft werden." "Instrumentelle Transkommunikation", bei der das in diesem Bereich vielleicht nicht so ganz "beobachterscheue" Psi durch (elektronische) Geräte mit den bisher spektakulärsten "Fakten" aufwartet, ist eine Anomalie der Anomalien. Die "Transkommunikation" (TK) versuche, so Ernst Senkowski: "zunächst nicht näher definierte Seins- und Bewußtseinsbereiche", zu denen der Zugang durch das erwähnte "Reduzierventil" gesperrt ist, medial und mit elektronischen Geräten zu erreichen.
Es lohnt, schon wegen des "Unfugs" und der "Psychohygiene", sich mit diesem neuen, zu einem okkulten "Volkssport" geworden Phänomen, auseinanderzusetzen; Senkowski gibt in seinem Buch zu, daß die Öffnung des "Reduzierventils" zur "mediumistischen Psychose" führen könne; er nennt Beispiele, und nimmt sich selbst nicht aus. (S.131).
Die "Parascience" TK steckt noch in den Kinderschuhen, es gibt nur wenige Wissenschaftler und professionelle Techniker und Elektroakustiker in ihrem Umkresi, dafür eine Vielzahl von Hobbyexperimentatoren mit ihrem (schwer überprüfbaren) Material, es fehlt an Experten und vor allem an Geld, um die vielen Fakten (und Geräte) genauer zu untersuchen und zu überprüfen. TK liegt in einer "Grauzone", ist angewiesen auf ein starkes mediales und "affektiven Feld", es sind meist "Kontakte", die ausgelöst wurden durch Trauer und Schmerz bei Todesfällen. Das müßte Psycholgen und Parapsychologen reizen, denn es ist nicht anzunehmen, daß sich eine trauernde Mutter in ihrem Schmerz "betrügerisch" die Stimme ihrer bei einem Unfall umgekommenen Tochter aufs Band zaubert!! Dieses riesige "Tatsachen"-Material wartet immer noch auf seine wissenschaftliche Auswertung und Überprüfung. Doch wie bei anderen Psi-Phänomenen gehört zur Untersuchung von TK nicht nur ein kritisches, methodisch geschultes, sondern auch ein "verändertes Bewußtsein", Erfahrung und Kenntnis bei der Untersuchung dieser "Fakten" und Dokumente, die Weltbild und "gesunden Menschenverstand", Wissenschaftsgemeinschaft und akademische Parapsychologie überfordern. Denn viel zu wenig eigene Erfahrung wird bei den akademischen Skeptikern mitgebracht; um überhaupt ein Urteil fällen zu können, gehört Mitbeteiligung, Selbsterfahrung unbedingt mit dazu; von "außen" und mit den traditionellen Meßmethoden allein kann keine Untersuchung den Phänomenen gerecht werden! Die Beobachtergröße gehört nicht in einer abstrakten Betrachtungen zum Prozeß der untersucht werden soll, sondern muß ihr zugerechnet werden; eine neue "Zurechnungsfähigkeit" ist fällig, die sich weder vom wissenschaftlichen Establishment, noch von Leumund der Seelenpolizei Psychiatrie einschüchtern läßt! Dieser Umgang ist keienswegs "neutral" und gereinigt von jeder ethischn und Reifgevoraussetzung des Forschers zu sehen, da die Inhalte dieser anderen Ebene inhergehen mit einem ganz anderen Evidenzerlebnis, das nicht einfach nur so nebenbei dazu gehört, sondern das Wesen dieses höheren Komplexitätsgrades von Erfahrung ist!
Weiter: TK könnte wegen seiner instrumentellen Bindung an den harten Kern des heutigen Wissens (Elektronik, Grenze zur Lichtgeschwindigkeit) als Katalysator beim fälligen Paradigmenwechsel (Überschreitung der heute geltenden Naturkonstanten) eine Rolle spielen. Freilich, Operationen und Messungen sind noch weit mehr als die alltägliche Erfahrung paradigmabedingt, sie sind "kunstvolle Konstruktionen, zu denen die Erfahrung nur mittelbar Zugang hat." Theorie ist ja auch entscheidend bei der Akzeptanz oder Nichtakzeptanz von Psi, wie Ulrich Timm mit Recht annimmt, nicht die Fakten selbst, sondern Theoriedefizit angesichts nicht einordenbarer Fakten, devalidiert diese, als wäre ein Phänomen, das das erwähnte "Reduzierventil" nicht passiert, inexistent. So als wäre heute geltende, immer vorläufige "Theorie" etwas Absolutes. Dabei sind sie sicher nur "statische und dynamische mentale Strukturen einer Epoche". So werden Skeptiker die rätselhaften Stimmen in ihrer Faktizität vielleicht als "unerklärlich" oder auch als "anekdotisch" akzeptieren, nicht aber folgende Deutung: - Daß seit Beginn der Elektromagnetischen Telekommunikation "Signale unbekannter Herkunft mit sinnvollen Inhalten beobachtet worden sind", die die "Bemühungen verstorbener Menschen erkennen lassen, uns auf technischem Wege zu erreichen." Daß damit also die TK-Ergebnissse "die Frage nach dem Fortleben aus dem Bereich des `Glaubens` in den der gesicherten `wissenschaftlichen` Erkenntnis verlagern", daß dies zusätzlich durch Tonband "´objektiviert´" und "dokumentiert" sei. (Senkowski, 184): Und daß seit einigen Jahren "unabhängig voneinander in mehreren Ländern und über alle akustischen Telekommunikationskanäle überzeugende, teilweise dialogfähige `direkte elektroakustische` Stimmen (EAS) empfangen worden" sind. Dazu dann noch "Einzelbilder und kurze Bildsequenzen im Fernsehen und viele hundert bis zu mehreren Seiten lange Texte über telekommunikativ nicht vernetzte Computersysteme."
Ist das nun eine "Realdefinition" oder eine "operationale Definition"? Ist es eine besondere Art von Psychokinese, vielleicht gar "Jenseits-PK"? Wobei die schon problematische (negative) Psychokinese-Definition "Einfluß der Psyche auf äußere Objekte oder Prozesse ohne Vermittlung bekannter Energien und Kräfte" sehr weit ins Unbekannte ausgeweitet werden müßte. Von den TK-Hypothesen werden "Objekte" und "Prozesse" (unserem Paradigma weit vorausgreifend) in einem holistischen "Ganzen" aufgelöst, so daß keine einzige "Bekannte" mehr in der Gleichung übrigbleibt. Ist das nun eine historische Neuauflage der alten (spiritistischen) SPR-Problematik? Oder ist es (zumindest im Raum der Hypothesen und der neuen Technik) Stoff für eine großartige Verschiebung der Erkenntnisgrenze? Gar mit besseren Chancen heute zu des Rätsels Lösung? Denn sollte dieses alles stimmen, wäre es um die alte "Erbsünde" (Tod als der "Sünde" - der Erkenntnis - "Sold") geschehen!
Eine neuere kritische Felduntersuchung dieses Phänomens durch akademische Parapsychologen, die ebenfalls von hohen Erwartungen ausgeht, führte zu enttäuschenden Schlußfolgerungen. Weiter: TK kommt heute für ein Normalbewußtsein vielleicht doch ein wenig zu spektakulär daher, um im jetzigen unüberprüften Zustand die alten Zweifel ausräumen zu können. Denn jeder unvoreingenommene und nicht allzublauäugiger Beobachter, sogar wenn er selbst mit TK experimentiert, muß befürchten, daß sich zumindest ein kleiner Teil der "Fakten", wie leider so manches in der Psi-Geschichte, als Riesenbluff erweisen könnte, und er selbst zu den Betrogenen gehören würde; jedoch, und das ist wichtig: zumindest einige der Tonbandstimmen (TBS) sind unter strengen Laborbedingungen untersucht worden, sie müssen mit einer hoher Wahrscheinlichkeit als gesichert gelten, somit auch die elementarsten Grundlagen der medialen (MTK) und instrumentellen "Transkommunikation" (ITK).
Wohlwissend, daß Theoriebildung zur Akzeptanz der Phänomene wichtiger ist, als die Fakten, hat Ernst Senkowski viele Thesen, Hypothesen und auch Spekulationen zur Erklärung der TK zusammengetragen, reflektiert und kommentiert; es ist die beachtenswerteste Leistung seines Buches "Instrumentelle Transkommunikation", des wohl ersten Standardwerkes dieses neuen Psi-Gebietes. S. räumt ein daß die meisten vorgetragenen Hypothesen von der offiziellen Wissenschaft nicht anerkannt werden. Seine Hypothesen gehen der Frage nach: Wie ist TK möglich und woher kommen die so wohlformlierten sprachlichen Gebilde auf Tonband (TBS), direkte Stimmen (EAS) Computertexte etc. Zeit- und Schaltvorgänge im Hirn seien, so Senkowski, die Brücke zwischen den Dimensionen. Keine Räume, sondern Zeitflußgeschwindigkeiten trennen nach diesen Hypothesen die höheren Dimensionen von unserer, eine "schmale Raumzeitbandbreite" der "Transfenster" machen die Verbindung schwierig. Verbindung zwischen "wem"? Es ist die wichtigste Frage, um die naive Vorstellung von wiederauferstandenen "Verstorbenen" gründlich zu widerlegen! Die "Transwesenheiten" (TW´s) "sind nicht notwendigerweise eine korrekte Wiedergabe ´jetziger´ jenseitiger Formen, sondern eher Projektionen, die (...) unter Einkopplung der Psyche des Experimentators eingeblendet werden." Oder die die "Erinnerungsbilder" zur Identifikation eines sich so manifestierenden rätselhaften "Ansprechpartners" heraufbeschwören, um sich überhaupt verständlich zu machen, "Verstorbene" (so, wie sie einst geredet und ausgesehen haben!) in "Erinnerung" zu rufen.
Um das Ganze etwas zu "erden", stellt Senkowski zur Erklärung holistische Hypothesen auf. Sie sind auch die Grundlage der modernsten Physik. Wichtig für S. ist eine Art nichtenergetische Zusammenhangsverbindung, Konsequenz der Einheit aller getrennten Objekte, ein Geflecht hohen Komplexitätsgrades. Nach David Bohm, den S. ausführlich zitiert, ist der Kosmos ein "Superhologramm", der auf einer "impliziten Ordnung" beruht, alles ist von allem durchdrungen, "innen eingefaltet", wir aber sehen nur den "Film". Zum Ver-Stehen ist ein Zeitstop nötig, damit die (festen) Dinge aufgelöst werden, und der Zugang ins "Eingefaltete", ins "Quantenpotential" (Bohm), offen ist. S. zitiert Charles Muses: "Wir leben in einer Welt der Projektionen fest neuro-verdrahteter Hologramme, einer Welt der Scheinbilder. Wir können nicht akzeptieren, daß der Projektionsmechanismus solcher Superhologramme die letzte Realität ist." S. zitiert dazu den Hirnforscher Pribram (S.123/124). Nach Pribram ist das Gehirn, "ein Hologramm, das ein holografisches Universum interpretiert." Und daß unsere Gehirne eine "harte Realität der Objekte" mathematisch konstruieren, indem sie die "Frequenzen" aus einer Dimension interpretieren, die Zeit und Raum überschreitet. Pribram nimmt sogar an, das Bewußtsein konstruiere das Gehirn, nicht umgekehrt. Der Begriff der "Frequenz", so S., sei aber nicht klar. Es könnte so sein, daß über die "Fourier-Transformationen" "physikalische Größen aus dem Zeitbereich in den Frequenzbereich transponiert werden." (S. 165). So sei das Gehirn der Traducer, auch bei Medien. S. geht von neuesten Phy- sikerkenntnissen aus: Abgetrennte "Außenwelt" gibt es nicht! Auch im Experiment nicht, in Psi- und Mikrobereichen ist nichts "objektivierbar", die ganze Welt ist das Objekt, Begriffe aber zerschneiden, stören. S. faßt zusammen, daß "´Alles-was-ist` in momentaner holistisch-informatorischer Wechselwirkung steht." (S.150) So wie sich in der Wissenschaftstheorie die Subjekt-Objekt-Trennung als Reduktion erwiesen hat, so wäre nun auch im Psi-Bereich der alte Streit zwischen der animistischen Deutung, daß unser Unbewußtes alle Phänomene erzeuge, und der spiritistischen Deutung, daß es immer nur Verstorbene und Geister seien, die sich da zeigen, genau so falsch, wie die Trennung in Auge und Gegenstand. Das Unbewußte wäre nur als Einfallstor zu sehen, die "Toten" also diesseits-jenseitige Kunstprodukte auf einer Projektions-Ebene ("Kontaktfeld"), jedoch als Mischwesen durchaus "autonom". So spricht S. von der "Unsinnigkeit der animistischen ´Erklärungen´", da es nicht vorstellbar sei, daß ein "allwissendes Unterbewußtsein", "nicht nur Stimmen psychokinetisch erzeuge, sondern auch Vorechos, Schaltgeräusche, komplexe Tongemische und Chirpsignale, wie z.B. in der Radartechnik üblich, von den Text- und Bildeffekten ganz zu schweigen." Eine "Mitbeteiligung der Psyche des Experimentators (sei) nicht auszuschließen," (S.374), da ja "das gedanklich-gefühlsmäßige Engagement des Experimentators wesentlich zum Aufbau des Kontaktfeldes beiträgt. " (S.379).
Senkowski geht davon aus, daß es nur eine, wenn auch durchgängig dimensionsreiche Welt gibt! Dieser "dritte Weg" einer Synthese ist freilich komplizierter, und widerspricht jeder Gewohnheit, ist möglicherweise der Grenzort in einer großen Mutation, wo auch die "Anomalien" der Wissenschaft angekommen sind: - bei der Überlichtgeschwindigkeit. Die Überschreitung der Lichtgeschwindigkeit ist aber nur mentalen Prozessen möglich. ("Tachyonen" und "Gravitonen" sind Hypothesen.) Diesen "superholistischen" Bereich, wo Materie (feste Welt), Raum, Zeit, Kausalität aufgehoben sind, untersucht Senkowski: Er vergleicht die Verbindungsmöglichkeit zwischen den Ebenen im "Kontaktfeld" mit einem schnellen und einem langsamen Fahrzeug. Das schnelle der geistigen Projektion, wo die "Geister" und "Transwesenheit" (TW) "entstehen", muß für eine Begegnung mit der sinnlichen Welt seine hohe Geschwindigkeit abbremsen (Zeit verlangsamen, ja stoppen). "Transfenster" sind die Schnittstelle, auch "Ilkor" genannt. Wobei in den geistigen Räumen keine Entfernungen, sondern Unähnlichkeiten, Verarbeitungsgeschwindigkeit, "Zeitfluß" von Daten ("Transdistanz") gelten. Dieser "Ilkor" ist heute etwa die "psychosomatische Struktur von lebenden Medien". (S. 155)
Auch im sozialen Raum sind es heute immaterielle Prozesse, die mit einer durchschlagenden Evidenz Geschichte machen; sie werden praktisch und beherrschen im Gerät die Natur und die Gesellschaft. Psi-Forschung steht an dieser Grenze. Ihr jüngstes, unreifstes Kind, die TK, arbeitet dazu auch noch im Bereich von elektronischen Geräten, wo nur noch Lichtgeschwindigkeit gilt. Wobei es mir plausibler erscheint, daß sich an dieser Grenze zur Überlichtgeschwindigkeit (300 000 km/sec) projizierte "Stimmen" manifestieren können, als im trägen Raum des Schalles (330m/sec). Es geht S. um diesen Interferenzpunkt zwischen unserer vierdimensionalen Raum-Zeit-Welt mit ihren Naturkonstanten Lichtgeschwindigkeit und Quant, und dem, was sich in jenen, durch Messung und Wahrnehmung nicht-faßbaren Ereignissen dennoch zeigt, wo nur Weltmodelle höherer Komplexitätsgrade für solche "Interferenz-Möglichkeiten" gelten könnten (S.308), sie werden auch "Raumzeit-Passagen" genannt. Hier wäre dann der Übergang zwischen dem gegenwärtigen Paradigma und dem schon jetzt sich abzeichnenden zukünftigen, wo die Naturkonstanten c (Lichtgeschwindigkeit) und h (Wirkungsquant) überschritten werden.
"TW´s" sind im Rahmen unseres heutigen "Realitätsbewußtseins" unmöglich. Unmöglich jedoch in welchem Wissensrahmen? Denn zuzugeben wäre, daß dieser Rahmen historisch verfasst ist, und ebenfalls zur Kritik ansteht. Senkowski meint, "bedaurenswerte Skeptiker" befänden sich in der Lage von "Urwaldbewohnern", die die Ursache etwa einer FS-Sendung erstaunt irgendwo drin im Kasten suchen, nichts finden können, und den Kasten wütend zerstören. Er führt vier "Antimanipulationswahrscheinlichkeiten" für die TK an: 1. Mühselige Arbeit mit vielen "Vorstufen", die von den Kritikern nicht beachtet würden. Es gebe viele Ergebnisse in vielen Ländern, die sich gegenseitig stützen. 2.Erheblicher Aufwand, Kenntnisse, Mittel wären nötig, um zu manipulieren und zu betrügen, enorme Kosten: Sender, Funksprechgeräte, mehrsprachige Sprecher. Stimmenimitatoren, vorbereitetes Bandmaterial, Synthesechips. usw., plus Transport, falls das Experiment andernorts stattfinden soll. 3. Transinformation teile oft dem Experimentator unbekannte Tatsachen mit, die erst nachher recherchiert, sich als richtig erweisen und dem "Betrüger" unzugänglich waren. Weiter: Das Niveau der Antworten übersteige oft das intellektuelle Niveau und das Kenntnisniveau der einzelnen Experimentatoren. 4. Der Charakter der experimentierenden Person sei ausschlagebend. Und S. erklärt, er lege für die Echtheit des in sein Buch aufgenommenen Materials seine Hand ins Feuer. Betrugsstimulierend freilich, das gibt er zu, seien auch bei der TK "Erfolgszwang" Mission, Finanzen.
Leider fallen im Buch Senkowskis die interessanten, manchmal zu hochgespannten Hypothesen und die gebotenen Fakten oft auseinander. Irritierend erscheint mir z.B. die originelle Art, "Durchsagen" von "TW´s", wie normale "Literatur-Nachweise" zu behandeln, S. führt "TW´s" in einem gesonderten Namensindex an, nimmt sie in den Zitatenapparat mit auf, ja verwendet sie als wesentliches semantisches Fundament des neuen Forschungsbereiches, und dies, bevor ihre Existenz hinreichend geklärt ist.
Die eigentliche Schwierigkeit für den Leser entsteht aber erst durch eine in den "Dokumenten" zum Normalbewußtsein parallel verlaufende Faktizität, und sprachliche Begriffe werden auf hochkomplizierte, uns nicht zugängliche "postmortale" Zustände angewendet. Schon Kant hatte aus diesem Grund fataler Kurzschlüssigkeit Swedenborgs Bericht über das "Jenseits" via "Geisterseherei" verrissen, und ein für Sprache, Sinne und Verstand unzugängliches "Ding an sich" postuliert. Auch bei Senkowski. ist der am schwersten zu akzeptierende Widerspruch der Umgang mit "TW´s" nach Gewohnheitsnormen, etwa deren "bürgerliche" Namensnennung, und dies, obwohl der theoretische Grundzug des Buches auf einer sympathisch skeptisch-agnostischen Haltung beruht: Sprachkritik, Gewohnheitskritik steht bei S. (theoretisch) im Zentrum: Es gebe keine Möglichkeit, das "Jenseits" adäquat, gar sprachlich zu "fassen". (S.102) S. warnt selbst vor "naiven Jenseitsvorstellungen". Nichts dürfe "wörtlich" genommen, sondern alles müsse `zwischen den Zeilen `und symbolisch gesehen werden. TK soll die "unbewußten Strukturen des Empfängers ansprechen", die haben den Kontakt mit der Traumzeit nie verloren. Okzidentale Sprache, auch das mechanische Weltbild hätten die zweiwertige Logik als Raster über die Welt gestülpt.
Dieses ist die eine (negative) Seite, die glaubwürdigste der TK-Theorie: sie trifft sich mit dem Beobachter-Effekt der neuen Physik. Für S. verringert sich so die Frage nach "Objektivität" der TK, auch der Existenz von "Transwesenheiten", ebenso die Beweisnot, da die Experimentatoren zu "Mitschaffenden, vielleicht sogar Erschaffenden" der Phänomene werden, das Unbewußte ist zugleich Einfallstor und Teilhaber an den anderen Dimensionen, sowie eine Art Projektionsraum, so daß "Tote" und "TW´s" "aktuell" nur im Transkontakt und in der Korrelation existieren, wobei uns die tatsächliche Wirklichkeit, wie bei Kant im "Ding an sich", nicht zugänglich sein kann, Vorstellung und Vernunft durch "TW´"s nur "affiziert" werden, was, so S., "ihre Eigenständigkeit nicht unbedingt ausschließt." "In gewisser Weise begegnen wir in ihnen (den Toten) verborgene Teile unseres Wesens".
Leider widerspricht dann, ohne jenen entscheidenden Vorbehalt, der Dokumentarteil und die "TW"-Zitatologie diesen schönen Ableitungen. So enstehen durch das Auftauchen von verstorbener "Prominenz" in unserer gewohnten Bild- und Zeichenstruktur, von Gesichtern, Sprache und Personennamen. Obwohl sogar in medialen Transdialogen gesagt wird, daß die "TW" keinen Namen haben, "TW"-Personifizierung sei eine Art "Taktik" und Anpassung an unsere Verständnismöglichkeit in Zeit, Raum und Bild, etwa der Name "Albert Einstein" oder "Tesla". Oder sollte da tatsächlich auch erwogen werden, daß irdische `Genies` schon hier durch komplexere Strukturen charakterisiert sind, die ihnen dann als TWs ihr Wiedererscheinen erleichtern?
Aber S. warnt auch vor der Gefährlichkeit der TK.: Die "Psi-Sperre" werde durch Versenken ins Material geöffnet, so enstehen Stimmen, "die nicht mehr zum Schweigen gebracht werden können", sie malträtieren den bedauernswerten TK-Experimentator mit unsinnigen Befehlen, Schlafentzug und Drohungen.
Angesichts der Neuheit und der lächerlich schwach mit Fachkräften und Mitteln ausgerüsteten TK wäre es ihrem Ruf dienlicher, wenn ihre Schritte nicht vorgreifend zu groß gerieten, nicht wahllos und unkritisch alle Fakten der "TK- Hobby-Stationen" blauäugig akzeptiert würden, die Zahl der ernsthaft forschenden Fachkräfte und die Mittel sind angesichts der vielleicht menschheitlichen Bedeutung der TK lächerlich. Ich gebe meine eigene Ratlosigkeit, Bewußtseinspaltung, "Urteilsstreit" (Freud)) angesichts des gebotenen Materials zu, der Grund kann nicht nur das "Reduzierventil" und dieser "Filter" sein, es sind die zu "phantastischen" Durchsagen und die bekannten Namen des in diesem Buch abgedruckten Materials, die ratlos macht! Gleichzeitig aber mußte ja Senkowski vom vorhandenen Material ausgehen, und das stellt sich samt den TWs nun einmal so dar; nicht zuletzt, und erklärtermaßen, um überhaupt Erkennbarkeit und Ordnung auf unsere Art in diese Transkontate hineinzubringen. So besteht also in diesem Bereich in jeder Form der Widerspruch in sich selbst, entlarvt sozusagen unsere Unfähigkeit damit umzugehen. Liegt er in unserer Sprache, in der Logik?
So ist widerspricht auch - die erklärte (und notwendige?) "spiritistische" Haltung im zweiten Teil grundlegend dem theoretischen ersten Teil, wo überzeugend die Antiquiertheit der alten spiritistisch-animistischen Kontroverse demonstriert wird. Es ist ein "Rückfall", wenn S. schreibt, daß TK "als Versuch der Kontaktaufnahme zu Verstorbenen (und/oder anderen TW) eine technisierte Form (noch) nicht sektiererischen `Spiritismus` darstellt ..." (S. 140). Und: "in angemessener Würdigung der Summe unserer Erfahrungen akzeptieren wir die Existenz autonomer bewußter Transwesenheiten (TW), einschließlich verstorbener Menschen, die, kontaktwillig und kontaktfähig", in unseren Apparaten "spuken". Im Widerspruch dazu an anderer Stelle aber: daß es sich hier nicht um uns bekannte "Tote", schon gar nicht um Verwandte und Bekannte oder peinlicherweise um "Einstein", "Raudive", "Hans Bender" u.a. handeln könne, sondern um in unseren Begriffen und mit unserem heutigen Weltbild unerklärliche "Erscheinungen" "aus anderen Bewußtseins- oder Daseinsbereichen, (die) versuchen, sich uns mit-zu-teilen..." und gemeinsam TK "aufzubauen". "Abgerufen" wrde aber nur, was in unserer "Form" "zugänglich" ist. Das aber muß zur "Verzerrung" der Botschaft führen. So entstehe ein mehrstufiges Verständnisfeld in einem holistischen Ganzen, kein "nachrichtendienstlicher Kanal, vergleichbar einer passiven Telefonleitung, sondern ein höchst komplexer aktiver und im strengen Sinn unzuverlässiger Umsetzer am unteren Ende einer längeren, mehrstufigen Übertragungs- bzw. Abbildungskette." Letztlich seien die "TW", so S., nicht vermittelbar, die Wand der Sprache und der Sinne stehe dazwischen. Bei "Verstorbenen" sei Vermittlung fast unmöglich, "Tote" müßten sich an ihren früheren menschlichen Zustand, inklusive Aussehen und Sprache "rückerinnern", beides inszenieren und mimen, um sich uns überhaupt verständlich zu machen. Doch die Ansteuerung der Geräte komme natürlich völlig unabhängig vom Experimentator zustande.
Ein weiter Handikap der TK sind mehrfach, auch von Insidern, kritisierte Erscheinungen bei der Luxemburger Gruppe CETL und beim Mönchengladbacher Experimentator Hans-Otto König, deren "TW"´-Äußerungen stammten aus schon vorhandenen Texten irdischer Bücher. Solche "Effekte" sind frelich auch aus der MTK längst bekannt. Ab 1990 gab es nicht nur Unstimmigkeiten, es begann sich auch der Verdacht des Betruges zu verdichten. Vor allem der Diplompsychologe F. Köberle, Leiter der ältesten Vereinigung für Tonbandstimmenforschung in Deutschland, behauptete eine Reihe von Manipulationen und veröffentlichte sie. Ist es Eifersucht des langjährigen Vorsitzenden des "Vereins für Tonbandstimmenforschung" Köberle, ist Konkurrenzneid mit im Spiel, da die TK der alten TBS das Feld streitig macht, es "überholt", oder ist eher diese seriösere und näherliegende Motivation anzunehmen. Es begann ein jahrelanger Streit, der auch die Gründung einer geplanten Dachorganisation. verhinderte.
Doch wie bei den meisten historischen Psi-Fälschungen ist Betrugsverdacht oder gar Betrugsnachweis noch kein Argument, um ein Psi-Phänomen im Rahmen der wissenschaftlichen Parapsychologie zu ignorieren. Ein Großteil der Psi-Geschichte (physikalische Medien) müßte so abgelehnt werden. Was die TK betrifft, verbietet diese globale Ablehung schon die reichhaltige wissenschaftliche Literatur, auch Hans Benders Einsatz und Untersuchungen. Dann das enorme Material, es ist überzeugender als die vielen "Vollmaterialisationen", die z.B. Beloff beschreibt, der schon zu diesen Vollmaterialisationen sagt: "Wir brauchen solche Geschichten nicht zu glauben, aber dann müssen wir uns unverblümt fragen, warum so viele Fachleute die gleichen Lügen erzählt haben sollten ohne erkennbaren Grund!". Ähnlich ergeht es nun der TK. Nach der Kritik der TBS durch David Ellis (1978) und Jürgen Keil (1980) wurde das Phänomen von den Parapsychologen quasi ad acta gelegt, was Senkowski in seinem Buch mehrfach - und sicher sehr zu recht - beklagt.
Literaturverzeichnis
Hans Bender, 1970: Zur Analyse außergewöhnlicher Stimmphänomene auf Tonband, in: ZPGP 12: 104-112.
Arthur S. Berger, Gerd H. Hövelmann and Walter von Lucadou, 1992: Spirit extras on Video Tape? - The first Field Investigation. JSPR, Vol. 58, Jan. 1992, No. 826, S. 153-163.
Eberhard Bauer/ Walter v. Lucadou, 1983: Spektrum der Parapsychologie. Hans Bender zum 75. Geburtstag, Freiburg im Breisgau.
Eberhard Bauer et. al., (Hg.) 1995 (März): Zeitschrift f. Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie. Sonderheft. Freiburg im Breisgau (ZPGP).
E. Bauer/ Walter v. Lucadou, 1984: Psi - was verbirgt sich dahinter? Freiburg i. Breisgau,
P.C.W. Davies/J.R. Brown, 1993: Der Geist, im Atom, Frankfurt am Main.
Walter v. Lucadou, 1995: Psyche und Chaos. Theorien der Parapsychologie, Frankfurt/Main und Leipzig.
Dieter Schlesak, 1978: Der historische Grund der Grenzwissenschaft, in: ZPGP 20: NR: 3, S. 149-172.
WEINE NICHT MEHR, HOFFE NUN
Gibt es ein Leben nach dem Tod?
Eine Sendung von Dieter Schlesak
Sprecher:
1. AUTOR:
2. SPRECHERIN:
3 SPRECHERIN 2:
4 STIMME 1: (weiblich)
5. STIMME 2: (männlich)
6 STIMME 3: (männlich)
7. SPRECHER:
8. ZITATOR:
9. ZITATOR 2:
O-Töne Stimmen von:
F. Jürgenson
M. Nestler, Northeim
E. Niedecken, Köln
F. Köberle, Düsseldorf
Dr. Senkowski, Mainz
Marcello Bacci, Grosseto, Italien
D. Schlesak, Camaiore, Italien
(Musik)
ZITATOR: Ich bin nicht ich.
Ich bin jener...
der gelassen bleibt und still ist während ich rede,
und der mir sanft vergibt, wenn ich hasse;
der sich aufmacht und wandert, wenn ich innen bleibe;
der, wenn ich sterbe am Leben bleibt.
AUTOR: Ein Gedicht des spanischen Dichters Juan Ramón Jiménez. Wer aber ist dieser fremde Gast, der in uns lebt, und der auch nach unserem Tode da sein wird? Ist so etwas möglich? Ist es nur schöne Poesie? Es ist beides. Denken wir nur an den großen Dichter Novalis, der seine unsterbliche Geliebte Sophie verloren hatte; der Schmerz der Trennung bestimmte sein Werk, ähnlich wie bei Dante oder Francesco Petrarca war seine Poesie ein Dialog mit dem Totenreich:
ZITATOR: Unendlich und geheimnisvoll
Durchströmt uns süßer Schauer -
Mir däucht, aus tiefen Fernen scholl
Ein Echo unserer Trauer.
Die Lieben sehnen sich wohl auch
Und sandten uns der Sehnsucht Hauch.
SPRECHERIN 2: Die Moderne hat Schmerz, Ekstase und alles, was mit dem Tod zusammenhängt, weggeschoben und verdrängt:
ZITATOR: ...von dem `redet man nicht´. Es geschieht bloß, und eine intellektuelle Oberschicht weiß nichts davon; sie kennt sich selber nicht und nicht den wirklichen Menschen. In der Welt des letzteren wird - ohne daß er sich dessen bewußt wäre - das Leben der Jahrtausende gelebt ...
SPRECHERIN 2: So der Begründer der Analytischen Psychologie Carl Gustav Jung, der das Unheimliche selbst erlebt hatte. Und heute ist die Zahl derer noch gewachsen, die bei Unfällen, Krankheiten oder beim Tode ihrer Nächsten erfahren konnten, daß mit dem Tod ein anderes Leben beginnt.
AUTOR: Weltweit steigt das Interesse, nicht mehr nur an Kontakten über besonders medial begabte Menschen, sondern zeitgerecht an Verbindungen über lichtschnelle elektronische Geräte. Diese bewegen sich an der Grenze zwischen Geist und Materie, sie ist durchlässiger geworden. Da sind Stimmen zu hören, und sie wenden sich direkt an uns, und sie gehen auch auf das schmerzlichste Geheimnis ein, indem sie sagen:
STIMME 2: Der Tod ist nicht endgültig ...
O-TON: (König) Der Tod ist nicht endgültig ...
AUTOR: Ja, Sie haben richtig gehört, dieses ist solch eine rätselhafte übersinnliche Originalstimme, die von einem deutschen Elektroakustiker auf Tonkassette aufgenommen wurde. Und hier eine andere, sie sagt: Mei Herz ist erschrocken!
O-TON: Mei Herz ist erschrocken!
Ist der Tod in Gottes Hand!
AUTOR: Ja, Ist der Tod in Gottes Hand! Erstaunlich und doch wahr: es scheinen rätselhafte Stimmen aus einer anderen, Welt, vielleicht aus der "exzentrischen Welt der Toten", wie Hölderlin diese Sphäre nannte! Und es gibt inzwischen Hunderttausende solcher unerklärlicher Stimmen, die aufgezeichnet und archiviert bei Tausenden von Experimentatoren in allen Teilen der Erde zu finden sind, in allen Sprachen, und sagen es so oder ähnlich:
O-TON: (König) Der Tod ist nicht endgültig ...
SPRECHERIN 2: Meist sind jene, die solch eine Verbindung suchen, Menschen, die trauern, die den Tod eines Nahestehenden nicht verschmerzen können! Und - als gäbe es die unvorstellbare `andere Seite´ - vielleicht auch nur im Tor des Unbewußten - löst sich Poesie wirklich und nicht nur als tröstendes Bild von Novalis ein:
ZITATOR: Die Lieben sehnen sich wohl auch
Und sandten uns der Sehnsucht Hauch.
SPRECHERIN 2: Jeder Erklärungsversuch muß unter den Bedingungen unseres heutigen Wissens scheitern. Doch die Grenze unseres heutigen Wissens ist nicht auch die Grenze der Natur! Es gibt erschütternde Beispiele dafür, daß jenes starke Sehnsuchtsgefühl dazu fähig ist, eine Verbindung mit einer Ebene herzustellen, die unserer bisherigen Erfahrung, unserem gewohnten und leider verhärteten Denken entzogen ist, und doch wirklich existiert. Sie stellt unser gewohntes Denken, unsere normale Erfahrung in Frage, ähnlich, wie dieses bisher die Kunst getan hatte!
AUTOR: Einer jener Menschen, die solch eine Erfahrung gemacht haben, ist eine Mutter, die ihren neunzehnjährigen Sohn durch einen bis heute ungeklärten Mordfall verloren hat; sie ist eine von vielen; und sie hat ihre Erlebnisse aufgeschrieben: "Weine nicht mehr, hoffe nun"; darin heißt es:
SPRECHERIN: Nach den letzten zehn Jahren, den schwersten meines Lebens, ist es mir ein Bedürfnis, anderen Menschen meine Erlebnisse mitzuteilen, die geradezu "unglaublich", aber trotzdem wahr sind.
AUTOR: Diese Erlebnisse sind so ungewöhnlich, daß Frau Nestler, Sozialerzieherin aus Norddeutschland, heimlich damit umgehen mußte. Aber was war geschehen?
SPRECHERIN: Im Frühjahr 1980 ... las ich in einer bekannten Tageszeitung einen ganzseitigen Bildbericht über einen verunglückten jungen Mann; der (Tote hatte) angeblich über Tonband mit seinen Eltern gesprochen... Mich ärgerte dieser Artikel. Ich fand es unverschämt, daß man nun schon mit dem Leid anderer solchen Unsinn trieb. Trotzdem hob ich diesen Artikel auf .... Ich beschloß der Sache auf den Grund zu gehen, und hatte bald die Eltern des verunglückten Jungen ausgemacht.... Er war ein Medizinalrat. Die Tatsache, daß ein Arzt, der ein öffentliches Amt bekleidet, nicht ganz verrückt sein kann, leuchtete mir ein... Ich schrieb ihm und bat um Auskunft. Seine Frau antwortete mir sehr freundlich und bestätigte, daß sie ihren (verstorbenen) Sohn wirklich gehört hätten.
Anfangs habe ich dem Phänomen der Tonbandstimmen nicht nur skeptisch, sondern geradezu ablehnend gegenüber gestanden. Ich hielt die Menschen, die behaupteten, mit Toten sprechen zu können, (selbst) für zumindest nicht ganz normal. Doch nach dem schrecklichen Tod meines Sohnes, der mit knapp 19 Jahren ums Leben kam, ließ mich der Gedanke nicht los: "Wenn es nun doch stimmt, was diese Leute sagen?" Und so beschloß ich, es einmal auszuprobieren und nachzuprüfen - allerdings immer nur darauf gefaßt, einen Schwindel zu entlarven.
AUTOR: Der Medizinalrat vermittelte ihr einige Adressen.
SPRECHERIN: Es waren: Fidelio Köberle, der den "Verein für Tonbandstimmenforschung" leitete ... So kam ich auch an erste Literatur heran. Ich las von Friedrich Jürgenson: "Sprechfunk mit Verstorbenen", von Constantin Raudive "Unhörbares wird hörbar" und "Überleben wir den Tod?". Und von Pfarrer Leo Schmidt: "Wenn die Toten reden". Eine der Jürgenson-Stimmen singt: "Denk nach dem Tode wir leben, und nach dem Tode so nah".
O-TON: (Bauerband) Denk nach dem Tode wir leben und nach dem Tode so nah. Das war eine Tote. (Unterlegen.)
AUTOR: Diese private Forschung in Deutschland war schon damals gut organisiert, und jede größere Stadt hatte Anlaufadressen, Berater und regelmäßige Treffen. Es gab (und gibt auch heute) einen Vorstand, es gibt ein Technologie-Zentrum, eine Computer-Arbeitsgruppe, die der Musiker und Elektronikspezialist Theo Bleitgen leitet, professionelle Stimmprüfung, die Frau Nestler eine Zeitlang selbst durchführte, und auch einen Medizinischen Beirat: Dr. med. Arnold Zolly in Heidelberg.
SPRECHERIN: Ich nahm das alles sehr, sehr skeptisch auf - und wie ich das selbst anstellen sollte, eine solche Verbindung herzustellen, war mir schon gar nicht klar.
Heimlich besorgte ich mir die empfohlenen Geräte: Einen Kassetten-Recorder, einen Verstärker, Mikrophon und Kopfhörer. Ein altes hölzernes Röhren-Radio hatte ich noch von meiner Mutter.
AUTOR: Heimlich. Denn, so ein anderer Betroffener:
ZITATOR: Einige hören zwar höflich zu und kommen dann nie wieder darauf zu sprechen, keine Fragen - verwunderlich - keine Neugierde! Andere lehnen strikt ab ... sie sind zwar gläubige Christen, sagen sie, aber tot ist tot!
AUTOR: Der Rest erklärt die Stimmforscher, wie es anfangs auch Frau Nestler selbst geschah, schlicht für verrückt.
SPRECHERIN: Mit Herzklopfen holte ich meine Geräte hervor und machte dann meine erste Einspielung - ohne Erfolg.
AUTOR: Was beim ersten Versuch völlig normal ist. Es ist bekannt. Denn diese "Totengespräche" haben eine hundertjährige Geschichte. Schon Edison, dann Tesla haben sich damit beschäftigt.
SPRECHERIN 2: Bei manchen gehören Konzentration, Meditation, ja, Gebet zur Ein-Stimmung, zum Gelingen, um ein Schwingungsfeld herzustellen, auf der uns jene unbekannte Ebene erreichen kann! Andere bevorzugen eine nüchterne Alltagsatmosphäre oder gar Geselligkeit. Jeder, auch der technisch nicht Versierte, kann damit umgehen, und nach einigen oft vergeblichen Versuchen antworten ihm die Stimmen.
ZITATOR: Die Einspielung erfolgt fast genauso, wie wenn man eine gewöhnliche Unterhaltung mit Tonband aufzeichnen wollte ... Sie geht zweckmäßigerweise so vor sich, daß man zu Anfang Datum und Uhrzeit ... ansagt. Dann ruft man entweder ganz allgemein seine "Gesprächspartner" und stellt ihnen ... Fragen, oder man ruft einzelne Gesprächspartner mit Namen ...
AUTOR: So steht es im Mitteilungsblatt des Vereins. Am Anfang sollte man nicht länger als 5 Minuten einspielen, weil die Abhörarbeit ein Vielfaches dieser Zeit erfordert, denn diese Stimmen können nur ausnahmsweise direkt aus dem Lautsprecher gehört werden, das Band muß zurückgspult werden, und ein gutes Ohr und Konzentration, - ein besonderer Zustand, Anteilnahme und "Entgegenkommen" gehören dazu, die meist leisen Stimmen zu erkennen und zu verstehen. Beim Nestor dieser Forschung, dem Maler und Archäologen Friedrich Jürgenson aus Schweden, wurde einmal über den inneren Zustand eines Zeitgenossen sogar gesagt:
O-TON: So kalt ist in dir!
AUTOR: Auch brauchen die Stimmen eine Art Geräuschkulisse. Man läßt das Radio im Zimmer laufen oder schließt den Recorder an, das Radio ergibt deutlichere und lautere Stimmen, meist wird ein fremdsprachiger Sender eingestellt, seltsamerweise wird dann manchmal die fremde Sprache von den "Stimmen" umgeformt - oder sie überlagern und transformieren diese fremde Stimme mit einem deutschen Satz, wie in folgendem Beispiel:
SENDUNG-O-TON (Köberle, 1273/113): Kontakte ergibt die Mittelwelle!
SPRECHERIN 2: Immer mehr Menschen, vor allem Eltern, die ihre Kinder verloren haben, versuchen, solch eine rätselhafte Verbindung aufzunehmen: So Frau Nestler:
SPRECHERIN: Jeden Abend holte ich das Gerät hervor, rief meinen Sohn und stellte meine Fragen. Mit jedem erfolglosen Abend war meine Meinung bestärkt, es könne sich nur um Humbug handeln... Plötzlich eines Abends, hörte ich mitten in einem russischen Text ein deutliches deutsches Wort. Diese Stimme sagte beinahe vorwurfsvoll ganz langsam ... : "Fragen!"
Ich erfand alle möglichen natürlichen Erklärungen für die Entstehung dieses Wortes... Nun fing die Sache an mich wirklich zu interessieren, denn daß da irgend etwas Ungewöhnliches geschah, war mir jetzt klar. Nun ging es schlagartig ...
SPRECHERIN 2: Und eines Abends hörte sie diesen erstaunlichen und auch sprachlich so dichten Satz, als wäre ein Dichter am Werk:
STIMME 1: Einer hier am Tonbandstimmenwege ist... ist ein kleiner Künstler.
O-TON (Nestler): Einer hier am Tonbandstimmenwege ist. ... Ist ein kleiner Künstler!
AUTOR: Charakteristisch für diese Stimmen sind originelle und oft poetische Sätze, wie dieser erste Satz, den Frau Nestler hörte.
SPRECHERIN 2: Dann besuchte sie eine Tagung des "Vereins für Tonbandstimmenforschung" in Fulda.
SPRECHERIN: Dort traf ich erstmals Menschen, für die zu meinem Erstaunen diese Stimmen eine Selbstverständlichkeit waren. Hier wurde überhaupt nicht darüber diskutiert, ob es diese Stimmen gibt, sondern nur, wie man sie verbessern könnte... wieder zu Hause betrieb ich die Sache weiter regelmäßig ...
Eines Abends erzählte ich während der Einspielung von meinen ungenügenden technischen Kenntnissen und daß mir ja niemand helfen würde.
SPRECHERIN 2: Da kam unsicher die Stimme des Sohnes Siegfried vom Band und diese sagte:
STIMME 3: Der Siegfried meld´t sich!
O-TON: Der Siegfried meld´t sich!
SPRECHERIN: Ich war überglücklich und konnte die Nacht kaum schlafen. Im Grunde hatte ich das immer noch nicht für möglich gehalten. Immer wieder hörte ich mir diesen Satz an. Das war einfach überwältigend für mich und brauchte einige Zeit, um mich zu beruhigen und das wirklich zu begreifen.
SPRECHERIN 2: Jeden Abend versuchte sie es nun von neuem, und die unglaublichste "Gesprächsverbindung" kam zustande.
SPRECHERIN: Auf meine Frage, ob wir miteinander sprechen, können, kam die Antwort:
STIMME 3: Hier komm, du erzähl´n!
O-TON: Hier komm, du erzähl´n! (FN: "Siegfried, ich glaub die Sender sind heute Abend gut." "Hier komm, du erzähl´n!")
SPRECHERIN 2: Mechthild Nestler ist freilich nicht die erste und einzige Mutter, die meinte, das verlorene Kind so wiedergefunden zu haben. In Italien gibt es sogar eine Vereinigung von Eltern, die sich "Figli di luce", Kinder des Lichts, nennt. Und immer wieder hört man, daß bei solchen Verbindungen über den Abgrund hinweg, sich immer mehrere Gesprächsentitäten, eine Art Schicksalsgemeinschaft, oder wie man es immer nennen mag, auf der "anderen Seite" befindet. So auch bei der trauernden Mutter Mechthild Nestler:
SPRECHERIN: Mein Sohn versuchte nun ständig, mich aufzuheitern. Das drückte sich schon oft in der Begrüßung aus. Und er war nicht allein. So kamen auf meine Frage, ob er da sei und ob ich ihn sprechen könne, Antworten wie:
STIMME 3: Hm, ich hol dir dazu Publikum - Hallo!
O-TON: Hm, ich hol dir dazu Publikum - Hallo!
AUTOR: Es gibt auch andere erschütternde Zeugnisse. Beeindruckend ist die Begegnung einer österreichischen Mutter mit ihrer sechzehnjährigen, ebenfalls unfalltoten Tochter; die Mutter war nach Italien gereist, um in Grosseto, bei der wichtigsten italienischen Forschergruppe um Marcello Bacci, zu versuchen, mit ihrer Tochter zu sprechen, was auch gelang:
O-TON (Kassette Bacci): MB: Gaby, sag mal ...
G: Ich bin ja gar nicht außen...
MB: Ja, Gaby, sag mal was!
G: Frag nicht, alles kreuz und quer, Mama du....
MB: Was soll ich machen, bitte sag was ...
G: ... Mama, es ist alles gut...
MB: Gaby, geht's Dir gut?
G: Ja, Mama...
MB: Gaby, Gaby ....
AUTOR: Für jene, die meinen, regelmäßig, ja, täglich mit ihren toten "Kindern" zu "sprechen", steht es außer Frage, daß es wirklich ihre Toten sind. Schon nach kurzer Zeit war die anfangs skeptische Mechthild Nestler davon überzeugt, daß sie ihren toten Sohn wiedergefunden hatte:
SPRECHERIN: Auf meine Rede hin: ... daß das eine Verbindung mit ihm ist, das steht für mich aber jetzt fest, kam die Antwort "Bin sehr froh":
O-TON (Nestler, 8): Bin sehr froh.
SPRECHER: Ist es nun wirklich Frau Nestlers Sohn, der da spricht? Die Meinungen, was den Ursprung dieser Stimmen betrifft, sind geteilt. Vor allem die akademische Parapsychologie behauptet, es handele sich um die Stimme unseres eigenen Unbewußten im Zustand eines emotionalen Stresses.
AUTOR: Auch eine andere naheliegende Frage beschäftigt andere Skeptiker. Handelt es sich nicht vielleicht um unbewußtes Flüstern, um Radioeinspielungen, Amateurfunk, um Geräusche aus Nachbarwohnungen oder von der Straße? Gar um Gehörshalluzinationen, wie sie ein Bologneser Physiker feststellen konnte. Er nahm weißes Rauschen vom Radio auf Band auf, spielte sie Versuchspersonen vor, sagte, es seien darauf Stimmen zu hören, und sie hörten tatsächlich Stimmen, obwohl keine da waren?!
SPRECHERIN: All dieses ist natürlich möglich! Trotzdem sind viele Stimmen wirklich paranormal, es sind auch Versuche durch Experten unter kontrollierten Bedingungen gemacht worden, die Stimmen erwiesen sich als echt; auch gibt es bestimmte unüberhörbare Merkmale, sie sind nämlich schon daran zu erkennen, daß Frage und Antwort in einem direkten Zusammenhang stehen. Außerdem, daß sie bestimmte Charakteristiken im Tonfall, der Grammatik haben, und wie im Telegrammstil gesprochen werden; so nämlich spricht niemand:
O-TON: Ja, ja, ist wahr!
AUTOR: Es gibt zwei grundlegende Auffassungen zum Ursprung der Stimmen...
SPRECHER: ... es seien wirklich "Tote", meinen die Spiritisten. Diese Stimmen seien Äußerungen des Unbewußten, also von LEBENDEN, meinen die Animisten. Akademische Parapsychologen vom Freiburger Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene deuten die Stimmen so.
AUTOR: Der Gründer des Instituts, Prof. Hans Bender, er ist inzwischen verstorben, nannte die Stimmen "persongebundenen Spuk"; doch auch er mußte zugeben, daß es in der Literatur wertvolle Dokumente für "Jenseitsbotschaften" gibt, und es oft die einfachere Erklärung für diese außerordentliche Erscheinung sei, anzunehmen, daß es sich um Tote handele, die uns zu erreichen versuchen. Wer täglich damit experimentiert, hat keinen Zweifel. Frau Nestler sagte:
SPRECHERIN: Ich habe viele Menschen gesprochen, denen die Tonbandstimmen unheimlich sind. Aber wir sollten den Verstorbenen glauben, wenn sie sagen: "Tote sind auch richtige Menschen." Sie wollen weiter an unserem Leben teilnehmen, was ihnen die meisten Menschen kurzsichtig verweigern.
SPRECHERIN 2: Es ist natürlich, daß viele Menschen, die so ihre Ruhe gefunden haben, die liebgewonnenen Stimmen, die das schmerzlichste Menschheitsproblem zu lösen scheinen, heftig verteidigen.
AUTOR: Und auch objektive Beobachter müssen daran zweifeln, ob es sich hier wirklich nur um "psychische und psychomotorische Automatismen", "Steigrohre des Unbewußten", wie die bombastischen Fachtermini heißen, oder "Psychokinese" handelt: also Einwirkungen der emotionalen Spannungen von Lebenden auf unsere Geräte und andere materielle Systeme.
SPRECHERIN 2: Doch es ist merkwürdig, wenn wir aufmerksam sind - scheinen uns diese "Präsenzen" dauernd zu umgeben, alles zu beobachten; sind es nur von uns selbst erzeugte Projektionen, seelische "Entladungen", die sich als Bilder und Geräusche äußern?
AUTOR: Am 12. August 96 war ich in Köln bei einem seit Jahren mit diesen "elektronischen Geistern" experimentierenden, ja, zusammen-lebenden Ehepaar, beide Ehepartner gehen mit den "Stimmen" ganz natürlich und auch fröhlich um wie mit guten Hausgeistern.
Gleich zu Beginn wurde gefragt, was denn meine Anwesenheit im Haus verändert habe, und die Antwort kam prompt: "Wir kommen! Alles!" ("Alles" habe sich also im Haus verändert! )
O-TON (Niedecken, 07): Etwas anderes als sonst hier abends?
Wir kommen. Alles!
AUTOR: Und als der Hausherr, einen der Hausgeister fragte: "Was haben wir hier auf dem Tisch für ein Buch?" Da kam die indignierte Antwort: "Das sind Fragen"!?
O-TON: Das sind Fragen!?
AUTOR: Und Frau Niedecken sagte:
SPRECHERIN: Hören Sie diesen merkwürdigen Akzent? Sie sind meine großen Lebensberater, ich kann das alles nicht erklären, aber eines ist sicher: Sie sind um uns!
AUTOR: Als wir über die dichte Wolke von Präsenzen im Raum sprachen, Hörten wir eine deutliche Stimme vom Band, die sagte:
STIMME 1: Guten Abend ihr hier!
O-TON: Guten Abend ihr hier!
AUTOR: Und eine Frage nach der toten Mutter meiner Frau, die das Meer sehr geliebt hatte, ergab:
O-TON: Wir haben am Meer die Freude!
AUTOR: Ob dieses alles nur Manifestationen unseres Unbewußten sind, bezweifeln jene, die mit ihnen umgehen. Der Diplompsychologe Köberle, Leiter des Vereins für Tonbandstimmenforschung, sagte bei meinem Besuch in seiner Wohnung in Düsseldorf über die sogenannte "animistische Hypothese" oder die "Psychokinese", also diese Animisten-These, daß wir selbst aufs Tonband einwirken würden:
O-TON (Köberle, 998): Die animistische Hypothese , die fällt sofort in sich zusammen, wenn man sich ein bißchen mit der Materie aktiv beschäftigt ... Jaja, gut, also Psychokinese. Was Bender da immer behauptet hat. Aber ich war selber mit dabei, als er in Innsbruck sagte, bei einer Stimme von Jürgenson, hier ist die spiritistische Hypothese die wahrscheinlichere... Sind wir elektromagnetische Bauchredner...?
AUTOR: Also, daß es wirklich "Verstorbene" sind. Denn wer das Material kenne, käme nie auf den absurden Gedanken, daß der Experimentator sich mit seinem eigenen Unterbewußtsein unterhalte...
AUTOR: Einer der bekanntesten Experimentatoren und Schreibmedien, der Arzt und Physiker Dr. Vladimir Delavre, den ich in Frankfurt besucht hatte, erteilte jedoch mit einer gewissen Erfahrung und Kompetenz dem menschenförmigen "Jenseits" mit Verwandten und Bekannten eine deutliche Absage. Er vertrat einen Dritten Weg, verband beide Thesen.Und sagte:
O-TON: (Delavre, 600) ...: aber es gibt eine andere Möglichkeit, die mir viel plausibler erscheint (...) daß in der Tat, unsere Gedanken eine relativ unabhängige Existenz haben, nachdem wir sie einmal geformt und ausgedrückt haben, und daß solche Gedankenstrukturen sich mit anderen Bewußtseinsstrukturen, die nicht in dieser materiellen Welt zu Hause sind, ankoppeln, und dann zu uns zurückkommen. Ein scheinbar unabhängiges Gegenüber und mit uns einen Dialog führen. Ich habe mehr als einmal...bei meinen Tonbandexperimenten, diesen schönen Satz gehört: Delavre speaks with himself. (DS: Geistiges Selbstgespräch!)... Wir können diese Teilstrukturen beeinflussen, wie sie uns beeinflussen, in dem Sinne können wir sie auch herbeidenken, und in dem Sinne können sie uns vielleicht intuitiv Einsichten vermitteln, Einsichten (...) Und darum bin ich
ehr vorsichtig mit dieser "Jenseitswelt" und "Jenseitsforschung".
AUTOR: Doch in einem schreibmedialen Diktat hieß es bei Dr. Delavre über diese Wesenheiten auch:
SPRECHER 3: ... wir sind autonom, sogar autonomer als ihr, da wir die weiteren Wirklichkeiten überschauen. ... Die Transkommunikation wird ein Bestandteil Eurer Welt werden, aber Ihr selbst dürft nicht ein Bestandteil der Transkontakte sein.
SPRECHERIN 2: Und die Stimmen sagen auch sehr oft, daß sie "Tote" seien, die weiter existieren, und hier sogar singend:
O-TON: (Vgl. S. 4) Denk nach dem Tode wir leben und nach dem Tode so nah.. Das war eine Tote ...
AUTOR: Ob diese Paraexistenzen als eine Art geistiger Informationswirbel bezeichnet werden können? Jedenfalls sind sie kaum als menschliche "Form" vorzustellen, wenn überhaupt; und man könnte sich denken, daß auch sie sich also "anstrengen" müssen, um in unserer materiellen Welt zu erscheinen. All dieses übersteigt notwendigerweise unser Sprach- und Vorstellungsvermögen, und wir sollten dieses auch gar nicht hier einmischen! So heißt es der Sache angemessen schwierig in der Diktion in einem Buch ("Instrumentelle Transkommunikation") des Physikers Ernst Senkowski aus Mainz:
ZITATOR 2: Transwesenheiten sind nicht notwendigerweise eine korrekte Wiedergabe ´jetziger´ jenseitiger Formen, sondern eher Projektionen, die, vermutlich von ihnen ausgelöst, unter Einkopplung der Psyche des Experimentators, eingeblendet werden.
SPRECHERIN: "Transkommunikation" also wurde dieses neue Gebiet transzendenter elektroakustischer Verbindung mit der anderen Seite unserer Welt benannt! Es scheint, wenn nicht alles trügt, eine Art Mischphänomen zu sein, das von uns und von der anderen Seite gemeinsam erzeugt werden muß!
SPRECHER: Falls diese Stimmen nicht nur Täuschung sind, sind sie vielleicht in uns gespeicherte "Erinnerungsbilder", die in der Form unseres Alltagsbewußtseins auftauchen, um sich überhaupt verständlich zu machen ?
O-TON (Delavre): Ich denke, daß das ein wahnsinniges Mischmasch ist aus unserer Sicht und mit unserem sehr begrenzten Verständnis ... Aber ich bin nicht ganz so sicher, daß wir in diesem ganz monokausalen linearen Sinn sagen können, ... daß das so weitergeht wie bisher, nur mit einem Astralkörper irgendwo da in der jenseitigen Welt. Diese "jenseitige Welt" ist vermutlich so völlig anders, daß wir sie nie verstehen werden.
AUTOR: Das Unbewußte könnte ein aktives Tor sein, das "mitmischt", das aber ohne die andere Seite, ohne deren Impulse, allein unfähig wäre, alle diese Erscheinungen zu produzieren, das heißt, auch wir gehören schon jetzt beiden Seiten an, es gibt keine Trennung, dies wäre eine unglaubwürdige Vereinfachung und Verstümmelung der Welt. Keiner kann aus der Welt fallen und nur ein kleines Ich sein!
SPRECHERIN 2: Carl Gustav Jung nannte diese Kräfte "Archetypen": "Dispositionen" eines "Kollektiven Unbewußten", wo die Erfahrungen der Menschheit gespeichert werden. Solche "archetypischen Situationen", erlebt jeder im emotionalen Feld hoher Spannung: Bei Gefahren, Liebe und Tod, können außersinnliche Erscheinungen auftreten.
SPRECHERIN 2: Ein starkes Gefühlsfeld kann sich paranormal äußern. Im Faust heißt es: "Gefühl ist alles, Name ist Schall und Rauch!" Und "Liebe ist wichtig", sagen die Stimmen.
O-TON (König): Liebe ist wichtig!
SPRECHERIN 2: Mit Worten und Namen scheint es nach dem Tode vorbei zu sein. Und diese "Stimmen" können mit der Sprechweise der verstorbenen Personen zu Lebzeiten zwar eine gewisse Ähnlichkeit haben, doch wirken sie meist sehr fremd.
AUTOR: Diese Eigenart spricht auch gegen die Hypothese der Gehörshalluzination, der Verhörfehler- oder gegen die Betrugshypothese; oft mischen die Stimmen (uns sehr fremd!) auch verschiedene Sprachen im himmlischen und abnormen Esperanto. Abkürzungen, Wortverstümmlungen, Telegrammstil, Sätze ohne Grammatik, seltsame, manchmal hochpoetische und präzise Neologismen bilden sie, etwa "Tonbandstimmenweg" bei Frau Nestler. Ich hörte in Italien einmal "Redewetter". Zeit und Ort, der Experimentator, das Land - spielen keine Rolle, sie sind sofort zu erkennen: Hier ein Gesang in vier Sprachen aufgenommen von Jürgenson: Ob vi kala. Wenn du pratest so hören dolige Menschen.
O-TON:(Jürgenson) Ob vi kala. Wenn du pratest so hören dolige Menschen.
O-TON (König) Wir können euch sehen und grüßen:
AUTOR: So spricht kein Funk-Amateur, kein Radiosprecher, ja, keiner von uns: in verkürzter, aber sehr rhyhtmisch-verdichteter Diktion, lapidar, oft Gesang oder Sinnspruch, und als hätten sie es sehr eilig, die schmale zeitbegrenzte Energiebrücke zwischen den Dimensionen, die ein Abgrund trennt, optimal auszunützen, ihren Satz anzubringen. So: "Höre wir sind da!
O-TON (König): Höre, wir sind da.
SPRECHERIN: Da sie keinen irdischen Körper und damit auch keinen Kehlkopf mehr haben, müssen sie auf andere Weise ihre Worte formen. Sie benötigen dazu Geräusche, deren Energie sie verwenden, um sich verständlich zu machen:
AUTOR: So Mechthild Nestler. Das Rohmaterial für die Stimmen liefern, wie wir sahen: Schallereignisse des Radios, aber auch Geräusche und fremdsprachige Sprecherstimmen im Raum. Die Stimmen nehmen die fremde Sprache oder den Gesang auf und formen sie um. Hier bei Frau Nestler - ein russischer Satz von Radio Moskau - der in einen deutschen Satz umgeformt wurde, sie sagt "Ich freue mich, Radio Moskau zu hören", und eine Stimme mit Akzent sagt: "Wie schön klingt Mechthild, horch nur!"
O-TON: (Nestler, 10): Wie schön klingt Mechthild, horch nur!
AUTOR: Frau Nestler benützt auch Wasserrauschen, Küchengeräusche oder die eigne Rückwärtsstimme als jederzeit von einem zweiten Tonband abspielbare "Konserve", die das Zimmer mit Schallereignissen füllt, um der Stimme Siegfrieds, des in ihren Augen "wiedergekehrten Sohnes", materielle Stimm-Möglichkeiten zu geben, irdisch und hörbar zu werden.
SPRECHER: Doch sind unsere gewohnten Namensnennungen in jenem Bereich überhaupt möglich?
SPRECHERIN 2: Es heißt "Namen" seien eine Art "Taktik" der anderen Seite, Anpassung an unsere Verständnismöglichkeit, damit dieser "ferne Hauch" von posthumer Existenz in unserer festen und gewohnten irdischen Umgebung überhaupt erkennbar wird.
AUTOR: Peinlich freilich können prominente Namen wirken. Sie erscheinen sowohl mt Hilfe der Geräte, aber auch über das älteste, subtilste und der geistigen Welt am nächstliegende Instrument, dem Hirn und Bewußtsein. Bei Dr. Delavre, der ein Schreibmedium ist, paranormale Eingebungen hat, tauchte in der Transschrift des Mediums in Halbtrance etwa der Name "Einstein" auf, jedoch zugleich mit einer Erklärung:
O-Ton: Paranormaler Chor (unterlegen)
STIMME 2: Es ist nicht möglich, eine annähernd verständliche Beschreibung postmortaler Existenzformen zu geben, weil sie von eurer logischen und linearen Denkweise nicht simultan zu erfassen sind.
SPRECHERIN 2: Daher sei es nötig, persönliche Verständnisebenen, so eben auch Personen als Ansprechpartner wie aus der Erinnerung an irdische Formen zu erschaffen.
AUTOR: Es gebe uns alle nach dem Tode weiter, heißt es in medialen Durchsagen, ewa bei Delavre: freilich in einem verwirrenden "chaotischen postmortalen Zustand" gebe es zuerst eine Auflösung, und es gebe dabei eine Art "Zerstreutheit" mit sonnenstäubchenähnlichen "Bewußtseinsfragmenten", doch auch eine zielgerichtete Stimmigkeit des Nachtod-Bewußtseins.
STIMME 2: Das als (...) Persönlichkeit erscheinen kann. Knotenpunkte, die sich zum Zwecke einer euch erkennbaren Persönlichkeitsstruktur vereinigt haben.. .
AUTOR: Es könnte also sein, daß es wirklich eine Art Spektren aller vergangenen und zukünftigen "Kristallisationsformen" gibt, die zu jedem Personen-Kern gehören, und es heißt nach dieser Ansicht, daß dieser Wesenskern schon im Leben vorbereitet werde, was einer im Grunde seines Wesens also hier auf der Erde war - er wird es auch nach dem Tode sein.
SPRECHERIN 2: Ist das tröstlich oder sehr verpflichtend?!
AUTOR: Abgesehen davon, daß sich unsere Ratio heftig dagegen sträubt; es ist beängstigend verpflichtend; vielleicht kommt die allgemeine Abwehr heute auch daher, daß solch eine Wahrheit das "Ausleben" hier im reichen Konsumparadies stört; vielleicht auch, weil so mancher die völlige Auslöschung und "ewige Ruhe" vorzieht, ja, für tröstlich hält.
In Grosseto/Toskana beim bekanntesten italienischen Experimentator Marcello Bacci hieß es einmal, ich übersetze den Text hier aus dem Italienischen:
STIMME 2: Es existiert eine andere Welt nach dem Tod, eine Struktur frei von jedem Raum, der Zeit in der (irdischen) Welt entgegengesetzt (...) wo das ewige Licht erglänzt, dort ist das reine Leben.
O-TON: (unterlegen) Denk nach dem Tode wir leben und nach dem Tode so nah!
ZITATOR: Leben; wohl dem, dem es spendet
Freude, Kinder, täglich Brot,
Doch das Beste, was es sendet,
Ist das Wissen, da(ß) es (s)endet,
Ist der Ausgang, ist der Tod.
SPRECHERIN: So schrieb schon der große Realist und Romancier Theodor Fontane, der alt werden mußte, um zu sich selbst zu finden!
O-TON (Bacci): Paranormaler Chor
SPRECHERIN 2: Auch Musik, wie dieser paranormale Kinder-Chor aus der Toskana, ist bei den "Einspielungen" nicht selten. Klopfen, Einschaltgeräusche, Ticken, ja, wie bei Mechthild Nestler ein Trommeln. Als würde sich eine enorme Kraft in materielle Energie umsetzen.
AUTOR: Dabei gibt es ein ungeheuer schwieriges Übersetzerproblem, um den Abgrund zu überbrücken.
O-TON: Chor (unterlegen)
ZITATOR: Aber das Totsein ist mühsam/ und voller Nachholen, daß man allmählich ein wenig/ Ewigkeit spürt.- Aber Lebendige machen/ alle den Fehler, daß sie zu stark unterscheiden./ Engel (sagt man) wußten oft nicht, ob sie unter/ Lebenden gehen oder Toten. Die ewige Strömung /reißt durch beide Bereiche aller Alter/ immer mit sich übertönt sie in beiden.
AUTOR: Rilke. Doch die Verbindung überwindet eine Wand, Mechthild Nestlers Sohn, der "Frühentrückte", bestätigt es.
STIMME 3: Ist da`n schmaler Hinweg - hoffen jeder - wir kommen wirklich!
SPRECHERIN: Ein "Hinweg" zu uns sei schmal, aber Verstorbene erhoffen diese Verbindung. Mein verstorbener Vater nannte es einmal "das schmale Fenster".
SPRECHERIN 2: Frau Nestler fragte einmal eine bekannte Verstorbene: "Lotti, ist das Sprechen denn sehr schwer da drüben?" Die Antwort:
STIMME 1: Wort, ist es so. Wort...
O-TON: (Nestler 18): STIMME 1: Wort, ist es so. Wort...
AUTOR: Als müßten "sie" erst sprechen lernen. Doch die Sprachfähigkeit wachse, sagte Frau Nestler. Und über sein Sterben befragt, kam vom Sohn die Antwort:
O-TON: Hm. Mei Herz ist erschrocken.
AUTOR: Sterben gehört zum Lebenlernen. Und auch für die andere Seite gelte: die Erinnerung an das Leben sei nötig zum Wachstum nach dem Tod, dies schrieb schon Immanuel Kant in seinen "Träumen eines Geistersehers", Lessing war ähnlicher Meinung. Und Rilke:
ZITATOR: Aber wir, die so große/ Geheimnisse brauchen, denen aus Trauer so oft seliger Fortschritt entspringt -: könnten wir sein/ ohne sie?
AUTOR: Das "Jenseits" darf zwar nicht als eine Verlängerung unseres hiesigen Alltags gesehen werden, doch verfehlt ist auch die Meinung des Physikers und bekannten spiritistischen Thanatologen Prof. Schiebeler, daß man nicht "gewollt mit dem Verstorbenen in unmittelbare Verbindung treten" soll:
ZITATOR: Dadurch zieht man ihn wieder von seiner neuen Lebensaufgabe ab und behindert ihn in seinem Fortkommen.
SPRECHERIN 2: Es stimmt nicht! Sogar der Vatikan hat seinen Widerstand gegen diese Kontakte aufgegeben. Denn nicht nur die Zurückgebliebenen, auch die von uns gegangenen wollen diese Verbindung, die Grenze öffnen, als wäre der Tod nur ein Vorurteil, eine unnatürliche Barriere. Und sie sagen:
O-TON (König): Wir hören deine Stimme! Der Tod ist nicht endgültig!
AUTOR: Dies sagte bei Hans Otto König ein "toter" Sohn seinem Vater, der diese Kommunikation verlachte, den Wunsch des Sohnes nach einer Verbindung nicht respektierte. Bei der Berliner Experimentatorin Eva Maria Rieschel, die wie Frau Nestler, Hans Otto König und einige andere, versuchen,dieser therapeutischen Aufgabe aus Menschenliebe gerecht zu werden, eröffnete sich einem skeptischen Vater der Sohn, er sagte: "Hier ist Jens, bitte weine nicht!" Die anwesende Mutter schrie auf. Der Vater war ganz still.
SPRECHERIN 2: In einem Fall, wo eine "verstorbene" Tochter Verbindung zu ihrem skeptischen Vater erhoffte, hörte Frau Nestler, daß ihr Sohn helfen wolle: hier nun hilft Siegfried ... dann biste nicht von Welt verlassen!
O-TON: Hier nur hilft Siegfried - dann biste nicht von Welt verlassen!
AUTOR: Zu Frau Rieschel in Berlin kamen einmal drei junge Frauen, die die Sache lächerlich machen wollten. Wie zum Jux rief eine ihre kürzlich verstorbene Großmutter, eine andere ihre Mutter, die Dritte einen Bruder. Unerwarteterweise meldeten sich alle drei Angesprochenen. Einer dieser Frauen liefen die Tränen wie Wasser über das Gesicht, alle drei hatten rotgeweinte Augen als sie sich beschämt davonschlichen.
ZITATOR 2: Klar ist jedenfalls, daß das Öffnen von Transfenstern .... in ein unübersehbares Feld realisierbarer Wahrscheinlichkeiten führt, das ein begrenztes Hirn durchaus zu überfordern vermag.
SPRECHERIN 2: So Professor Senkowski. Im Tor unseres Unbewußten scheinen "sie" da zu sein! Apparate, die heute im lichtschnellen Bereich arbeiten, verstärken nur die Über-Setzung. Es wird unheimlich, wenn solch ein "Zeitspalt" des Überganges, ein "Transfenster" entsteht - hier beim Medium Adolf Homes aus Rivenich:
O-TON: Homes ( Hochziehen und unterlegen.)
SPRECHERIN 2: Aber was war hier geschehen? Es ist nicht nur ein Satz zu hören, sondern eine lange Durchsage: Und der Radioton wurde ganz von der Stimme "aufgebraucht", als summte eine Art Zeit-Ton beim Einbruch aus dem Ganz Anderen. Manche feiern diese langen "Durchsagen" als eine neue Phase, als einen Durchbruch:
SPRECHER: "Direkte Stimmen" aus dem Radio oder aus dem Telefonhörer, auf Anrufbeantwortern, auf Computern, ja, sogar auf Fernsehschirmen? Die Verführung zum Tricksen ist groß. Und es gibt Kritiker, wie etwa den Techniker Bernd Giwer aus Berlin, Spezialist für Rückwärtstimmen, der sagte, er könne solche "künstlichen Stimmen" bei einigen Experimentatoren nicht ausschließen, da er wisse, wie sie nachgemacht werden könnten.
SPRECHERIN 2: Adolf Homes aus Rivenich bei Trier hat die besten Stimmen dieser Art; am überzeugendsten sind die so schwer verständlichen aus dem Radio wie diese mit einer unheimlich summenden Aura:
O-TON: Homes ( kurz hochziehn, unterlegen)
SPRECHERIN 2: Adolf Homes, von Beruf Antiquar, ist von Kindheit an Vollwaise, die Mutter starb bei der Geburt, der Vater fiel im Krieg. Auch er meinte, die jahrzehntelange schmerzliche Trennung überwinden zu können, fing mit Tonbandstimmen an, und da er starke mediale Fähigkeiten entwickelte, kamen viel später diese "direkten elektroakustischen Stimmen" und Kontakte.
AUTOR: An Kritik und Skepsis, was diese langen Durchgaben betrifft, mangelt es freilich nicht. Ernst Senkowski verbürgt sich für ihre Echtheit, bei denen, im Unterschied zu den ganz kurzen Tonbandstimmen von ca. 1,5 Sekunden Dauer, nun lange Passagen hörbar werden, hier eine kurze nachgesprochene Probe.
O-TON: Homes. (Kurz hochziehen und dann unterlegen):
STIMME 1 (Drübersprechen): Durch die vernünftige friedvolle Einstellung zu allen Dingen erlangst du und die engen Freunde um dich einen tiefen Einblick in die Wirklichkeit. Die euch allgemein unbekannt bleibt.
AUTOR: Diese Stimmen scheinen sehr fremd und unverständlich an der Übergangsstelle Zeit-Nichtzeit zu entstehen. Senkowski versuchte diese "Zeitlücke"! in einem anderen Zusammenhang zu erklären; er sprach über seine 26.000 Stimmen, die er seit 1976 eingespielt hat, "Durchsagen", in denen schöne, dichte und exakte Sätze vorkommen: Etwa: "Wir. Wir sind die Frequenzpiloten". Oder "Trichterzeiten" und "Dispassierstelle". Wir sind Zeitarbeiter...
O-TON: Insbesondere auch das Wort "Trichterzeiten", das ist besonders hübsch, weil man die Vorstellung hat, auf die später einmal Raudive auch eingegangen ist. Sie müssen sich einen Trichter vorstellen, in dem aus dem Jenseits raus in unseren Bereich eingeschleust werden. (D.S: Es ist wie ein Delta!). Ja, es geht noch weiter, es geht um Zeitkompression, weil die Zeit in irgendeiner anderen Weise drüben verläuft. Zeitmultiplex bedeutet, daß verschiedene Zeiten ineinander geschachtelt werden...
AUTOR: Die von Ernst Senkwoski aufgenommenen Stimmen, die hier in folgendem Beispiel wie ein Echoeffekt wirken, da sie sich unmittelbar an die gesprochene Stimme anhängen, Sprachzeit bilden, Knoten, sie könnten ihm recht geben.
O-TON (Senkowski): Liebe Freunde ... immer im Himmel...
O-TON (Senkowski ): ... im Grunde genommen sind sie namenlos... Daß diese Wesen also sagen, laß mir doch ein bißchen Zeit, ich muß mich erstmal zurückerinnern! (DS:Lethe!) Das sagen die von drüben: Ihr habt uns angeformt! Daß dieser Echoeffekt auftritt! Das heißt die Formen, die sie übernehmen, kommen von uns! Diese simple Idee: Das sind die Toten, die sich da zeigen ... (DS: Übersetzungen!) Transformationen ...
AUTOR: Ganz anders aber wirkt die nächste Stimme: ein Himmlischer Chor, dazu eine Kinderstimme, die eine Mutter mit "Mammi, Milly" ruft:
O-TON: Mammi! Milly!
SPRECHER: Freilich, diese Stimme ist etwas verwischt: und man könnte Hans-Jürgen Ruppert von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen recht geben, der in seinem Buch "Okkultismus" über die alten Tonbandstimmen schrieb:
ZITATOR: ... es gehört schon viel Phantasie dazu, aus den eingespielten Geräuschen sinnvolle "Botschaften aus dem Jenseits" herauszuhören.
AUTOR: Diese Gefahr besteht bei leisen Stimmen und beim angestrengten "Hineinhören". Hier eine eigene Einspielung; eine Frauenstimme sagte, bei klarem Wetter und Mondschein, leise ein neugebildetes Wort, wie es unserem deutschen Ohr scheinen mag, so als wäre ein Poet am Werk gewesen: Redewetter!
O-TON: Redewetter!
AUTOR: Meine italienischen Freunde aber hörten: Credici anche te! Glaub´ uns auch Du! Laut Psycholinguistik erscheint die unterschiedliche Deutung als eine Konsequenz muttersprachlicher Programmierung auf Deutsch oder auf Italienisch.
SPRECHERIN: Doch es gibt die Möglichkeit, dem Verhören oder programmierten Hören vorzugreifen. Der Elektroakustiker und Musiker Theo Bleitgen leitet das erwähnte Technologiezentrum in Köln, das eine Computeranlage zur Filterung besitzt und mit speziellen Meßgeräten im Hochfrequenzbereich (Spektrumanalysator) imstande ist, bei Einspielungen einfallende Signale schon während der Aufnahme zu untersuchen. Hörfehler, das größte Problem, können so beim Deuten der Stimmen sofort erkannt werden.
SPRECHER: Es bleibt aber weiter die Frage: Diese Stimmen könnten doch getrickst sein!
AUTOR: Frau Nestler entgegenet:
SPRECHERIN: Es handelt sich hier um einen Tatsachenbericht....Die Original-Kassetten mit den Tonbandstimmen habe ich gewissenhaft und ausführlich archiviert. Jede Stimme die erscheint, ist auf einer Original-Kassette vorhanden. Für alles, was ich hier anführe, stehen Unterlagen zur Verfügung. Die Aussagen der Verstorbenen sind zum Teil von Allgemeininteresse.... Ich hoffe und wünsche, daß mein Bericht Menschen Trost bringt und Gegner und Skeptiker nachdenklich stimmt.
SPRECHER: Aber das Experimentieren mit diesen Stimmen ist nicht ungefährlich und kann zu "mediumistischen Psychosen" mit zwanghaften Halluzinationen führen... oder bei entsprechend veranlagten Naturen zu einer "Telefon- ins-Jenseits-Manie" ausarten.
SPRECHERIN: 2: Nur- die Ursache für diese Gefahren liegt nicht an der Transkommunikation selbst, sondern an unserer "kulturbedingten Blickbeschränkung", unserer anerzogenen Scheu und seelischen Zensur, der Angstabwehr, mit dem Unheimlichen nicht umgehen zu wollen. Die Mehrheit ist nicht gewappnet für jenen offenen Zustand, bei dem eine Art "Sperrfilter" in der Psyche verschoben oder partiell aufgehoben werden kann!
AUTOR: Auch in meinem Kreis in Italien hörten wir bei reinen Mikrophoneinspielungen Stöhnen, Schritte, unheimliche Geräusche, Klopfen, Seufzen, Hilferufe, ja, Drohungen. - Genau wie in klassischen Geistergeschichten.
O-TON (Camaiore 2) unterlegen.
STIMME 1: Oh Gott, wer bist du! Geh weg, Uff. Geh weg, geh! Wer bist, was willst du...
SPRECHERIN 2: Als hätten auch wir in manchen Fällen therapeutische Aufgaben.
AUTOR: Schon Friedrich Jürgenson, erkannte, daß es verschiedene Ebenen des Bewußtseins und Metabewußtseins geben müsse! Und in der niedrigsten erdnahen Zone einige dieser Unglücklichen gar nicht wissen, daß sie "tot" sind und keinen Körper mehr haben!
AUTOR: Mechthild Nestler ist davon überzeugt, daß wir helfen können und müssen, gar eine Art metasoziale, metatherapeutische Verantwortung haben! Und sie wollte wissen, wo und in welcher Form der Sohn weiterexistiere. Die Rätsel-Antwort lautete:
STIMME 3: In der Form verboten.
SPRECHERIN: Es ist unvorstellbar, daß ich mit dir sprechen kann, obwohl dein Körper im Grab liegt.
AUTOR: Und die Antwort:
STIMME 3: Da wieder auf ich - bin ja nicht eben ich!
AUTOR: Wenn die einengende Kapsel des sinnlichen Ich fällt, strömt der ganze Reichtum der Welt ein? Der Wiener Ingenieur Franz Seidl hat behauptet, im Ultrahochfrequenzbereich, der unseren Sinnen sonst gar nicht zugänglich ist, Sphärenklänge, "traumhafte Weltraummusik" empfangen zu haben, ähnlich wie Marcello Bacci in Grosseto. Und gehört habe er in diesem Lichtbereich, so Seidl:
ZITATOR: ... von einem Chor gesungenes feierliches, im Raum schwebendes ´Amen`... Und in weiteren Folgen in endloser Zahl Seinsebenen, ein unfaßbares kosmisches Spektrum.
O-TON: Marcello Baccis "Chor" (unterlegen).
AUTOR: Auf diesem Umweg der Entwicklung über das Gerät - eine Himmel und Erde umspannende Poesie? Wie bei Dante, Petrarca, oder Goethe: Dialog mit der anderen Welt? Himmelshierarchien?
(Musik: Baccis Chor hochziehen)
ZITATOR: Steigt hin zu höherem Kreise,/ Wachet immer unvermerkt,/ Wie, nach ewig reiner Weise,/ Gottes Gegenwart verstärkt./ Denn das ist der Geister Nahrung,/ Die im freisten Äther waltet:/ Ewigen Liebens Offenbarung,/ Die zur Seligkeit entfaltet.
AUTOR: So in Goethes "Faust". Der nüchterne Physiker Ernst Senkowski zweifelt freilich an diesen Hierarchien, und - gibt sie dann in einem Brief doch zu ...
ZITATOR: ... die Menschheit teilt die Allmacht in lauter Stufen ein. Das ist vielleicht für uns eine Krücke mit der wir uns entlangtasten können. Aber im Grunde genommen sind es eben Wechselwirkungen zwischen komplexen Strukturen... Es sind schon die alten Hierarchien, aber in einer modernen Sprache...
AUTOR: Als wäre Poesie real geworden! Schwingungsebenen, höhere Bedeutungsebenen, die faßbar werden? Der Experimentator Hans Otto König soll in Mönchengladbach mit einer Infrarot- Ultraschall- und Ultraviolett-Apparatur, sowie einem "Generator" erstaunliche Ergebnisse erzielt haben, Aussagen voller Poesie, wie Liebe ist Leben für immer. Und:
O-Ton: Wir leben!
O-TON: Wir sind alle glücklich hier.
AUTOR: König scheint nachgewiesen zu haben, daß Ultraschall, den wir nicht hören können, den paranormalen Stimmen hilft, uns leichter zu erreichen. Auch Mechthild Nestler hat ein ganze Reihe von Techniken ausprobiert, darunter Psychofon, ein Breitbandempfänger, Rückwärtsstimmen, verkehrtes Band, Konserven als Geräuschkulisse oder auch das sogenannte "Scheibgerät". Und als sie jenem Kollegen, der das "Scheibgerät" erfunden hatte, er war inzwischen verstorben, davon berichtete, hörte sie: "Apparate hast du bekommen!"
O-TON (Nestler, 13): Apparate hast du bekommen!
SPRECHERIN 2: Doch das Wissen über die Rolle der Geräte steckt noch in den Kinderschuhen, keiner weiß, wo eigentlich und an welcher Stelle des Gerätes die "Stimmen" überhaupt wirken! Und manchmal scheint es so, als wäre die Aufnahmetechnik unwichtig!
Manchmal werden von jener rätselhaften Transebene sogar bestimmte Frequenzen verlangt; in anderen Fällen kommt erstaunlicherweise die Stimme gar nicht mehr aus dem Lautsprecher, sondern irgendwoher von oben, von der Seite, von hinten.
AUTOR: Ja, Ernst Senkowski erzählte, daß bei einem Transversuch mehrere Fernsehteams, ein französisches, ein holländisches und ein deutsches, die diese Kontakte on line bei Adolf Homes filmten, vor einem Rätsel standen, da ihre Tontechniker und Ingenieure die Stimmen nicht orten konnten!
SPRECHERIN: Auch andere technische Unmöglichkeiten zeigen sich, etwa bei den sogenannten Rückwärtsstimmen, die sowohl im Vor- als auch im Rücklauf, anstatt Kauderwelsch, einen Sinn ergeben: So etwa bei der folgenden Jürgenson-Aufnahme. - Beim normalen Abspielen nämlich hört man deutlich den Satz: "Es gibt auch dolige Menschen" (dolig auf schwedisch: bös) - und rückwärts abgespielt ergibt sich anstatt "Neschnem egilod",ein bestürzender neuer Sinn, nämlich: "Man stürzt in den Untergang", technisch ist das völlig unmöglich und doch geschieht es!
O-TON: (von F. Köberle): Es gibt auch dolige Menschen.
Man stürzt in den Untergang.
AUTOR: Solch eine Rückwärtsstimme hatte auch Mechthild Nestler aufgenommen: Bitte dreh´das einmal rückwärts.
O-TON: Bitte dreh´das einmal rückwärts.
AUTOR: Und im Rückwärtslauf anstatt ein Kauderwelsch: Es wird mir alles möglich jetzt!
O-TON: Es wird mir alles möglich jetzt!
AUTOR: In technischen, paranormal gekoppelten Vorgängen ist also auch ein tiefer Sinn versteckt, dieser führt die Instrumente und ihre Logik ad absurdum, als käme es nur auf den Sinn an, und gar nicht auf Technik; der Apparat wird auf eine höhere Sinnebene gebracht, die "Wunder" der Technik mit der Würde der "Totengespräche" poetisch gesättigt; das Gegenteil von dem, was heute im sozialen Feld mit der Technik geschieht!
SPRECHERIN 2: Ja, und hier wird durch diese rätselhaften Rückwärtsstimmen nicht nur Technik auf den Kopf gestellt, sondern auch das Prinzip Nützlichkeit.
AUTOR: In hochprofessionellen Tonstudios verhindert Streß, ja, vielleicht gerade die hochwertige technische Ausrüstung, eine Kommunikation mit der anderen Seite, ebenso die Hektik und Künstlichkeit, Kommerzialisierung, Show und Schein. Nach einer öffentlichen Show (der kommerziellen Fernsehsendung Schreinemakers) etwa hatten die eingeladenen Stimmforscher im Rampenlicht der Öffentlichkeit und der Sensation vergeblich versucht, ihre Transpartner zu erreichen. Bei einem Experimentator, Friedrich Malkoff aus dem Rheinland, kam einige Tage später folgende Mitteilung durch:
STIMME 2: Daß ein harmonisches ethisch-moralisch sauberes Kontaktfeld als erste Voraussetzung für das Zustandekommen der Transkontakte erforderlich ist ...
SPRECHERIN 2: Die wichtigsten paranormalen Nachrichten dieser Stimmen beziehen sich immer wieder auf die rein nützlichkeitsorientierte, daher ungeistige Lebensweise der Erdbewohner. So bei Adolf Homes:
STIMME 1: (Doc Müller): Die Lebensqualität ihrer Wirklichkeit befindet sich auf keinem evolutionswürdigen Niveau. Ihre Situation wird beängstigender.
AUTOR: Es gibt ein erstaunliches Wort von Heiner Müller:
ZITATOR: ... wenn die Chancen vertan sind, beginnt, was Entwurf einer neuen Welt war, anders neu: als Dialog mit den Toten.
(Chor)
Adresse von Frau Mechthild Nestler, die ein reichhaltiges Archiv von Stimmen besitzt: Frau Mechthild Nestler, Am Dünenberg 4, D- 37154 Northeim
Stimmen im Originalton (und Archiv des Autors)
SPRECHER:AutorSprecherinZitatorZitatorin
ZITATOR: Unendlich und geheimnisvoll
Durchströmt uns süßer Schauer -
Mir däucht, aus tiefen Fernen scholl
Ein Echo unserer Trauer.
Die Lieben sehnen sich wohl auch
Und sandten uns der Sehnsucht Hauch.
AUTOR: Verse von Novalis. Nur Verse? Nichts als Poesie und schöner Schein? Keine wirkliche Erfahrung? Die Weltliteratur von Homer bis Goethe, von Shakespeares Hamlet bis Umberto Ecos Romanen weiß es anders. Für Rainer Maria Rilke war das Universum ein Ganzes, es umfaßte im "Weltinnenraum" Lebende und Tote, dies vor allem in seinen späten großen Gedichten, wie in den "Duineser Elegien" und in den "Sonetten an Orpheus":
ZITATOR: Ist er ein Hiesiger? Nein, aus beiden/ Reichen erwuchs seine weite Natur.
AUTOR: Gewidmet hatte Rilke seine "Sonette" Wera Ouckama Knoop, Tochter von Freunden, die mit 19 Jahren starb:
ZITATOR: Es rauscht jetzt von jenen jungen Toten zu dir.../ Und das Totsein ist mühsam/ und voller Nachholn, daß man allmählich ein wenig/ Ewigkeit spürt. - Aber Lebendige machen/ alle den Fehler, daß sie zu stark unterscheiden. /Engel (sagt man) wüßten oft nicht, ob sie unter Lebenden gehn oder Toten.
AUTOR: In seinem "Brief an einen jungen Dichter" schrieb Rilke:
ZITATOR: Das ist im Grund genommen der einzige Mut, den man von uns verlangt: mutig zu sein zu dem Seltsamsten, Wunderlichsten und Unaufgeklärtesten, das uns begegnen kann. Das die Menschen in diesem Sinne feige waren, hat dem Leben unendlichen Schaden getan: die Erlebnisse, die man ´Erscheinungen` nennt, die ganze sogenannte `Geisterwelt`, der Tod, alle diese uns so anverwandten Dinge, sind durch die tägliche Abwehr aus dem Leben so sehr hinausgedrängt worden, daß die Sinne, mit denen wir sie fassen können, verkümmert sind. Von Gott gar nicht zu reden.
AUTOR: Für den Umgang mit dieser gefährlichen Grenze hat die Literaturwissenschaft ähnlich wie die Psychiatrie, besondere Techniken entwickelt, um das "Übernatürliche", das wesentlich für weite Teile der Weltliteratur ist, abzuschieben. Es scheint eine Art Filter und "Sperre" zu geben, Carl Friedrich von Weizsäcker nannte sie "kulturbedingte Blickbeschränkung", die heilsam sein kann, heute jedoch dringend einer Verschiebung und Öffnung bedarf.
SPRECHERIN: Denn die Grenze zwischen dem, was wir für "natürlich" und "übernatürlich" halten, ist nicht die Grenze der Natur, sondern nur die Grenze unseres Wissens.
AUTOR: Es war nie ungefährlich, diese Grenze zu überschreiten. Früher drohte der Feuertod. Viele galten als "verrückt" wie Friedrich Hölderlin, der ein "excentrisches Reich der Todten" kannte, und in der Nervenklinik unter Foltern "geheilt" werden sollte. Jene andere Zone darf Erfindung, Phantasie, aber nicht selbsterlebt und wirklich sein. Es wirken da eben "Schicksalskräfte", "romantische Phantasie", die "Nachtseite der Natur", vor allem sind es durchgängig "alte Menschheitsmythen", die in den dichterischen Werken auftreten, wenn es brisant wird. Und die Kommunikation mit der Totenwelt erscheint dann mit Vorliebe antik verbrämt als "Unterweltsbesuch" und Orpheusmotiv, so etwa im bekannten Nachschlagewerk "Motive der Weltliteratur" von Elisabeth Frenzel:
ZITATOR: Nur Halbgöttern oder besonders begnadeten Menschen (ist) in den Mythen eine solche Reise vorbehalten.
AUTOR: Freilich nur "in den Mythen!" und die "Unterweltsfahrten" sind:
ZITATOR: ... ohne jeden realen Anhalt allein aus dem Wunschdenken geschaffen ...
SPRECHERIN: ... die "berühmte Nekya" der Odyssee, Virgils "Aeneis" - alles nur "allegorische Traumdichtungen", deren Höhepunkt Dantes "Divina Commedia" ist.
AUTOR: Doch schon Dantes Jenseits- Schilderung beruht auf einem realen Erlebnis, einem tagelangen Koma, als Dante, dem Tode nahe, eine Art Astralreise erlebte, ähnlich wie sie heute Kliniker und Thanatologen nach Zeugenberichten sogenannter klinisch Toter auch kennen. Doch erlebt wird nicht nur die große Einsamkeit unter lauter Schatten und unberührbaren Gespenstern, sondern auch die Begegnung mit Lichtgestalten, mit einer universalen Liebe und unerschöpflichen Kraft.
SPRECHERIN: Auch Dante begegnete dort seiner unsterblich Geliebten, der "toten" und dennoch weiterlebenden Beatrice zu einer höheren Selbsterkenntnis eines unendlichen Prozesses initiert:
ZITATOR: Und wie vom Lichtstrahl, der im Spiegel endet,
ein zweiter rückspringt wieder in den Raum,
dem Pilger ähnlich, der sich heimwärts wendet,
so ging aus ihrem Tun, durch meine Augen
in mir zum Bild gebrochen, meins hervor ...
AUTOR: Auch das Orpheus-Motiv, kann nicht einfach ins "Symbolische" oder "Mythische" abgeschoben werden, schon gar nicht beim Dichter der "Sonette an Orpheus" Rainer Maria Rilke. So schrieb seine Freundin, die Besitzerin von Duino, wo die "Duineser Elegien" entstanden, die Fürstin von Thurn und Taxis in ihren "Erinnerungen an Rainer Maria Rilke":
ZITATORIN: Und wirklich scheint es mir, daß Rilke in Duino unter Schatten gelebt hat. Nicht nur fühlte er die Anwesenheit Theresinas - auch zwei andere Gestalten - Schwestern meiner Mutter - waren ihm so gegenwärtig, als ob die Zeit stillgestanden wäre: Raymondine, die, kaum verheiratet, zwanzigjährig gestorben, und Polyxène, die nur fünfzehn Jahre alt geworden war...
Rilke erzählte mir oft, daß er trotz der großen Stille und (die) durch nichts gestörte Ruhe niemals das Gefühl gehabt habe, wirklich allein zu sein. ...
Rilke war, wenn er von dieser so plötzlich auftauchenden wie entschwundenen Erscheinung sprach, äußerst erregt.
ZITATOR: Nur wer die Leier schon hob/ auch unter Schatten,/ darf das unendliche Lob/ ahnend erstatten./ Nur wer mit Toten vom Mohn/ aß, von dem ihren,/ wird nicht den leisesten Ton/ wieder verlieren.
SPRECHERIN: Es wird auch gerne verschwiegen, daß Rilke ebenfalls seine "Tote" hatte. Es war eine Art "Führerin", wie Dantes Beatrice oder Novalis` Sophie, deren Einflüsterungen er bedingungslos folgte, so nach Toledo reiste, weil "sie" es von ihm verlangte. Sein gesteigertes todverleugnendes Fühlvermögen sah mehr, hörte mehr als Alltagsmenschen: so wurde ihm im Schloß Berg am Irchel ein ganzer Gedichtzyklus, samt Titel: "Aus dem Nachlaß des Grafen C.W." von einer Stimme aus dem Totenreich "diktiert".
ZITATORIN: ... und daß sogar die Initialen C.W. und das Datum Palermo 1862 ihm diktiert worden wären. .. Er hatte während des Schreibens das Gefühl, dieser geheimnisvolle C.W. sitze ihm gegenüber an der andern Seite des Kamins.
AUTOR: So die Fürstin von Thurn und Taxis. Und als wäre Orpheus ein Selbstporträt heißt es in den Sonetten:
SPRECHER: Ist er ein Hiesiger? Nein, aus beiden/ Reichen erwuchs seine weite Natur.../ Geht ihr zu Bette, so laßt auf dem Tische/ Brot nicht und Milch nicht; die Toten ziehts -. Aber er, der Beschwörende, mische unter der Milde des Augenlids// Ihre Erscheinung in alles Geschaute ...
AUTOR: Ist die Welt also eine Mischform aus ihren und unseren Blicken, wie bei Dante schon? Wer diese Jenseitspoesie mit den neueren Berichten von Trans-Medien vergleicht, erhält erstaunliche Parallelen.
SPRECHERIN: Aber es heißt doch, das Totenreich sei das Reich, aus dem niemand wiedergekehrt!AUTOR: Schon Christus widerlegt diese Mär. Und berühmte Geister wie Kant oder Lessing, Humboldt, später Bergson oder Jung haben das Überleben des Todes für eine - schon ethisch notwendige - Selbstverständlichkeit gehalten. Ähnlich wie Kant äußert sich auch Wilhelm von Humboldt in seinen "Briefen an eine Freundin" sehr offen: ZITATOR: Es mag aber auch bei dem, der etwas sehen soll, eine Empfänglichkeit notwendig sein, die Geistergegenwart zu vernehmen, ohne es zu wissen oder zu ahnen ... Diese mochten die Menschen in jener Zeit mehr haben, wo sie weniger weltlich zerstreut lebten, ihr Gemüt innerlich gesammelt, frommer und ernster auf ein Wesenreich außerhalb der irdischen Welt gerichtet war... Ich halte also diese Erscheinungen für etwas Wirkliches, durch eine überirdische Macht Hervorgebrachtes.
SPRECHERIN: In der Literatur ist das Thema viel öfter zu finden, als es die Schulweisheit zugibt. Z.B. bei Mörike in seinem großen Werk "Maler Nolte", da findet die Zentralfigur...
ZITATOR: ...es durchaus nicht wider die Natur, vielmehr vollkommen in Ordnung, daß manche Verstorbene sich auf verschiedentlich sinnliche Weise den Lebenden zu erkennen geben.
SPRECHERIN: Doch nicht die Phantasie hatte Mörike inspiriert, sondern eigene Erlebnisse. In der zweiten Hälfte des Jahres 1834 führte er in seinem Cleversulzbacher Pfarrhaus Tagebuch über wirkliche Spukerscheinungen: ZITATOR: Vom 19.-30. August 1834. Zweierlei vorzüglich ists, was mir auffällt. Ein Fallen und Rollen, wie von einer kleinen Kugel unter meiner Bettstatt hervor, das ich bei hellem Wachen und völliger Gemütsruhe mehrmals vernahm... Sodann, daß ich einmal mitten in einem harmlosen, unbedeutenden Traum plötzlich mit einem sonderbaren Schrecken erweckt wurde, wobei mein Blick zugleich auf einen hellen, länglichen Schein unweit der Kammertüre fiel ... Auch muß ich bemerken, daß ich ... während eines ganz gleichgültigen Traumes durch die grauenhafte Empfindung geweckt wurde, als legte sich ein fremder harter Körper in meine Hüfte auf die bloße Haut.
SPRECHERIN: Auch bei Theodor Storm gibt es eine große Neugierde für diese Dinge. Er sammelte Gespenstergschichten, ähnlich wie Hermann Hesse, die er am Kamin nacherzählte wie eigene Erfahrungen. Erst 1988 wurden seine Notizen entdeckt und als "Theodor Storm: Neues Gespensterbuch" herausgegeben. Storm hat in der Novelle "Der Schimmelreiter" seine Faszination am Übersinnlichen ins Literarische übersetzt.
AUTOR: Doch nicht die Erfindungen, die Phantasien, also "Literatur" interessieren den Leser in diesem Bereich, sondern das Authentische, das Selbsterlebte oder zumindest Überlieferte und "Beglaubigte". Der Literaturprofessor Gero von Wilpert, eine Ausnahme in einem Fach, der erst vor drei Jahren die erste große Untersuchung über die deutschen Geistergeschichten veröffentlicht hat, ist sich sehr bewußt, daß dieses Genre "gegen ein schweres Handicap anzukämpfen hat", doch gerade deshalb haben sich so raffinierte Erzählstrategien herausgebildet, daß zumindest "die poetische Wahrheit anerkannt werden muß." Und so kommt diese "poetische Wahrheit" der Sache selbst "unheimlich" nahe, näher als jedes Protokoll. Justinus Kerner etwa, der Seelenarzt und Literat, scheiterte daran, daß er alles viel zu real und wörtlich nahm. Kerner versuchte in einem Buch über seine Patientin, die "Seherin von Prevorst", sogar Schellings Annahme einer körperlich weiterlebenden Geisterwelt zu belegen. Freilich ging er die Geister zu direkt an, was ihm viel Spott eintrug.
SPRECHERIN: Bei Goethe fehlt jedes grausige Detail, alles spielt sich innen ab. Und auch jenes andere Element der "Sperre" und der Unfähigkeit, Übersinnliches zu erkennen, ist bei Goethe zu finden. Beim Erlkönig sieht das naive Kind, freilich im Fieber, was der Erwachsene, der Vater, nicht glauben und damit auch nicht erkennen kann. Wir kennen sie alle, diese berühmten Verse:
ZITATOR: "Mein Vater, mein Vater und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter im düsteren Ort?"
"Mein Sohn, mein Sohn, ich seh es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau"-
SPRECHERIN: Der Vater ist wie mit Blindheit geschlagen, rationalisiert die Erscheinungen: sie seien nichts als Irrlichter einer fiebrigen Kinderphantasie.
AUTOR: Die berühmteste deutsche Gespensterballade, Gottfried August Bürgers "Leonore", lehrt uns dagegen das Gruseln, sie spart im Gegensatz zu Goethe nicht mit gespenstischen Requisiten; doch im Zentrum steht der Trennungsschmerz und wohl der wichtigste Beweis gegen die endgültige Vernichtung, nämlich: das mit dem gewohnten Verstand und Gefühl Nicht-Fassenkönnen, dieses Niemalsmehrwieder, die Auflehnung Leonores gegen den Tod und den endgültigen Abschied, die einer tieferen Ahnung entspringt. Und der tote Geliebte kehrt als Gespenst wieder und zieht sie mit ins Grab:
ZITATOR: Geweinet hab ich und gewacht;
Ach, großes Leid erlitten!
Wo kommst du hergeritten?
(...)
Wir satteln nur um Mitternacht.
Weit ritt ich her von Böhmen.
Ich habe spät mich aufgemacht
Und will dich mit mir nehmen.
SPRECHERIN: Strafe dafür, daß die biblischen Trostsprüche der Mutter in den Wind geschlagen werden?
AUTOR: Sie sind falsch angesichts der Wirklichkeit des Gefühls und des Leids. Doch die Abschiedsunfähigkeit ist gefährlich. Wer den Toten nicht losläßt, hält ihn in der gespenstischen Zwischenzone zurück. Gerade "Leonore" zeigt dieses Unerlöste: die unheilvolle Sphäre. Und die Folge: ein Umherirren zwischen Leben und Tod. Ursache dafür ins niedere Geisterreich verbannt zu sein, ist dieser Fluch, an eine Entwicklung jenseits des Todes nicht glauben zu können. Oder aber im Leben ein Verbrechen begangen zu haben. Schicksal der vom Fluch verfolgten Untoten. So in Wilhelm Hauffs "Gespensterschiff", in Heines "Memoiren des Herren Schnabelewobski" und vor allem in Wagners "Fliegendem Holländer"-
Musik: Wagner-Motiv
SPRECHERIN: Im Zentrum aber steht immer das starke Gefühl, steht die Liebe, als erlösende Kraft! "Was du wirklich liebst, das bleibt dir", heißt es in Novalis` "Tagebuch" über seine tote Sophie. Sie ist ihm Mittlerin zwischen Diesseits und Jenseits, und er hat den Wunsch ihr nachzusterben.
ZITATOR Meine Welt war mir zerbrochen ...
Und zur Qual nur war ich hier.
SPRECHERIN: In der Bilderkammer, auf dem Kanapee und vor allem am Grabe, das er oft besucht, um Sophie zu begegnen, hat Novalis körperhafte Visionen. Und einmal erscheint sie ihm.
ZITATOR Da kam aus blauen Fernen .. und mit einemmal riß das Band der Geburt - des Lichtes Fessel... zur Staubwolke wurde der Hügel - durch die Wolke sah ich die verklärten Züge der Geliebten. In Ihren Augen ruhte die Ewigkeit - ich faßte ihre Hände und die Tränen wurden ein funkelndes, unzerreißbares Band.
AUTOR Wenn die Grenze und die Todesfurcht fallen, kommt es zu einem ekstatischen Zustand unendlicher Freude, heißt es bei Novalis:
ZITATOR: ... Ward mir plötzlich wie von oben
Weg des Grabes Stein geschoben,
Und mein Inneres aufgetan.
(...)
Die Lieb´ ist freigegeben,
und keine Trennung mehr.
Es wogt das volle Leben
Wie ein unendlich Meer.
AUTOR: In Goethes Gespenstergeschichten aus den "Unterhaltungen deutscher Ausgewanderter", den auf der Erde heimatlosen Flüchtlingen während der Französischen. Revolution, geht es nicht um Selbsterlebtes, jedoch um gut dokumentierte Fälle, so um den Fall der berühmten Pariser Schaupielerin Clairon, die Goethe zur neapolitanischen Sängerin Antonelli verfremdet. Es ist wieder eine "wahre Begebenheit", Liebesmotiv und der Liebesverrat; der lästige Liebhaber, der abgeschoben wird, er darf die Sängerin nicht einmal auf dem Totenbett wiedersehen, ist die Ursache der Geister-Erscheinung; der Verratene kehrt wieder, jeweils 11 Uhr nachts mit Lärm, Schüssen, Klatschen, Schreien. Und der von einem ernstzunehmenden Zeugen, dem Erzähler, einem Geistlichen, als selbsterlebte Geschichte vorgetragene Bericht, endet mit einem Verweis auf den Abgrund zwischen uns und der Sphäre der Toten, der Unmöglichkeit, solch ein Geschehen zu erklären. Ja, der erzählende Zeuge weist die Sensationsgier, das rein stoffliche Interesse der Zuhörer zurück, da sich die Erzählung mit der inhaltlichen Erklärung der Erscheinungen bei weitem nicht erschöpfen könne.
SPRECHERIN: Geht es also bei diesen Kontakten eben gerade nicht um Phantasie, sondern um "etwas", das unser Vorstellungsvermögen überschreitet? Ja die Grenzen zwischen Phantasie und Wirklichkeit, Sprache und unfaßbarer Realität aufhebt? Und die Ratio zurückweist? Nur noch das Non-Verbale, die in unsre Welt eingebrochene Erscheinung, das Ächzen und Stöhnen der meist stummen Phantome erreicht uns, wie in Kleists "Bettelweib von Locarno":
ZITATOR: Drauf, in dem Augenblick der Mitternacht, läßt sich das entsetzliche Geräusch wieder hören; jemand, den kein Mensch mit Augen sehen kann, hebt sich, auf Krücken, im Zimmerwinkel empor; man hört das Stroh, das unter ihm rauscht; und mit dem ersten Schritt: tapp! tapp erwacht der Hund, hebt sich plötzlich, die Ohren spitzend, vom Boden empor, und knurrend und bellend, grad als ob ein Mensch auf ihn zugeschritten käme, rückwärts gegen den Ofen weicht er aus.
AUTOR: Wer die Phänomene festlegen will, trifft ins Leere, sie entziehen sich wie ein Traum. In manchen Erzählungen wird die Sucht, alles wissen zu wollen, auch der Glaube an nichts als an Reales und Erklärbares ironisch attackiert. Ironie und Spott gegen solch enges Denken setzt etwa Heine in seiner Geistergeschichte "Doktor Ascher und die Vernunft" ein. Der gelehrte Professor taucht nach seinem Tode als Gespenst wieder auf und führt sich selbst mit spitzfindiger Logik ad absurdum:
ZITATOR: Fürchten Sie sich nicht, und glauben Sie nicht, daß ich ein Gespenst sei. Es ist Täuschung Ihrer Phantasie ... Was ist ein Gespenst? Geben Sie mir eine Definition. Deduzieren Sie mir die Bedingung der Möglichkeit eines Gespenstes... und derselbe demonstrierte so eifrig, daß er einmal in der Zerstreuung statt seiner goldenen Uhr eine Handvoll Würmer aus der Tasche zog...
SPRECHERIN: Das Unheimliche läßt keine Orientierung zu, Erscheinungen verändern in Sekunden das ganze Leben, sie sind eine Art metaphysischer Kulturschock.
.
AUTOR: Im Faust ist "Schaudern" "der Menschheit bester Teil".
SPRECHERIN: Viele wehren ab, möchten nichts davon hören. Warum sich überhaupt mit der Jenseits- und Todesproblematik einlassen? Ist nicht Verdrängung ein gesunder Abwehrprozeß?
AUTOR: Der wichtigste Grund, sich überhaupt mit der Todesproblematik zu beschäftigen, ist der Trennungsschmerz beim Tode eines geliebten Menschen.
Und weltweit steigt heute das Interesse nun nicht mehr nur an Kontakten über besonders medial begabte Menschen, sondern zeitgerecht auch an Kontakten über lichtschnelle elektronische Geräte. Diese bewegen sich an der Lichtgrenze zwischen Geist und Materie, sie sind eine neue Brücke: Und da sind Stimmen zu hören. Und diese wenden sich direkt an uns. Sie gehen auf das schmerzlichste Geheimnis ein, indem sie für jeden hörbar sagen: Der Tod ist nicht endgültig ...
O-TON: Der Tod ist nicht endgültig ...
AUTOR: Dieses ist solch eine rätselhafte paranormale Originalstimme, die von einem deutschen Elektroakustiker auf Tonkassette aufgenommen wurde. Und hier eine andere, sie sagt: Ist der Tod in Gottes Hand!
O-TON: Ist der Tod in Gottes Hand!
AUTOR: Erstaunlich und doch wahr: es scheinen rätselhafte Stimmen aus einer anderen Welt zu sein, vielleicht aus der "exzentrischen Welt der Toten", wie Hölderlin diese Sphäre nannte! Und es gibt inzwischen Hunderttausende solcher unerklärlicher Stimmen. Sie wurden bei vielen Experimentatoren in allen Teilen der Erde aufgenommen, aufgezeichnet und archiviert in vielen Sprachen, und sie sagen es so oder ähnlich:
O-TON: (König) Der Tod ist nicht endgültig ...
AUTOR: Es ist meist ganz im Sinne der Literatur ein verkürztes, aber sehr rhythmisches verdichtetes Sprechen, lapidar, oft Gesang oder Sinnspruch. Und als hätten diese Stimmen es eilig, ihren Satz anzubringen, denn sie müssen ja die schmale Energiebrücke über enorme Dimensionsunterschiede und Abgründe optimal nützen. Als nähme das Nichtsagbare nun doch eine Stimme an.
0-TON: Denk nach dem Tode wir leben und nach dem Tode so nah!
SPRECHERIN: Meist sind jene, die solch eine Verbindung suchen, wie in der Literatur, wie Novalis oder Dante, Menschen, die trauern, die den Tod eines Nahestehenden nicht verschmerzen können! Und - als gäbe es die unvorstellbare `andere Seite ´ - vielleicht nicht nur im Tor des Unbewußten. Als löse sie nun alles wirklich und nicht nur als tröstendes Bild im Vers von Novalis ein:
ZITATOR: Die Lieben sehnen sich wohl auch
Und sandten uns der Sehnsucht Hauch.
O-Ton: MB: Gaby, sag mal ...
G: Ich bin ja gar nicht außen...
MB: Ja, Gaby, sag mal was!
G: Frag nicht, alles kreuz und quer, Mama du....
MB: Was soll ich machen, bitte sag was ...
G: ... Mama, es ist alles gut...
MB: Gaby, geht's Dir gut?
G: Ja, Mama...
MB: Gaby, Gaby ....
AUTOR: In der erstaunten Definition von Physikern und Psychologen klingt die Beschreibung solch zeitgemäßer Übermittlung dieser "Sehnsucht" so:
ZITATOR: Unter Tonbandstimmen werden paranormale Extras verstanden, also akustische Signale, Worte, Sätze auf Tonträgern, Stimmen, deren Herkunft physikalisch nicht erklärbar ist.
SPRECHERIN: Tausende von Eltern oder Ehepartnern, die den Verlust ihrer Lieben nicht verschmerzen können, versuchen diese zu erreichen. Sie sprechen sie einfach über Mikrophon und Tonband an und bekommen auch Antwort:
AUTOR: Und in seltenen Fällen erscheinen sie angeblich sogar körperlich im Raum. So soll es im Kreis von Experimentatoren in Grosseto/Toskana vor einigen Jahren geschehen sein, die Aufnahmen waren begleitet von Trommeln, Geräuschen, Klopftönen, Schritten, von sogenanntem "akustischen Spuk", genau wie in den Gespenstergeschichten Goethes oder Kleists. Und in Grosseto erklang dazu noch dieser paranormale Chor:
Chor (Grosseto. Hochziehen und unterlegen)
SPRECHERIN: Auch bei Theodor Fontane, wer hätte das bei diesem "Realisten" gedacht, ist von einer sogar historisch bezeugten schuldbeladenen "Ahnfrau" die Rede, von jener berühmten "weißen Frau", verflucht wegen eines Kindsmordes, Erscheinung in weißem Gewand, die in Schloß Neuhaus/ Böhmen, in Ansbach, in Bayreuth und in Berlin, vor allem aber auf der Plessenburg bei Kulmbach spukt; und sie warne vor Todesfällen und schwerem Unglück, so heißt es. Ja, Fontane hat, wie bezeugt, in seinem Militärjahr auf Schloß Charlottenburg bei einer Wache, man denkt an Hamlets Geist, sogar der weißen Frau zu begegnen gehofft, nichts als ein Schnupfen war das Resultat. Doch schon im Vaterhaus in Swinemünd gingen auf dem Dachboden "oll Geisler" um, so in seinen Erinnerungen "Meine Kindheit".
AUTOR: Schon in Fontanes "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" und in "Fünf Schlösser" wird von zahlreichen Schloßgespenstern berichtet. In seinen Romanen wird die Überlieferung und die eigene Erfahrung dann übersetzt: "Effi Briest" hat andauernd mit Gespenstern zu tun, die weiße Frau der Gräfin von Orlamünde aus der Bayreuther Eremitage, die auch Napoleon besucht hat, war Effi Briest´s Angstgespenst:
ZITATORIN: Vor der ich mich gefürchtet habe, seit ich denken kann.
AUTOR: Im Roman "Vor dem Sturm" erscheint die Phantom-Gräfin wieder, und geistreich wird da über Gespenstergeschichten und das Hohenzollernsche Hausgespenst, die Weiße Frau, diskutiert. Fontane geht durchaus von der Echtheit und Wirklichkeit des Ereignisses aus. Eine der Figuren Fontanes sagt:
ZITATOR: Vielleicht ist es Torheit, uns in dem Doppelhochmut unseres Wissens und Glaubens alles dessen, was Aberglauben heißt und vielleicht nicht ist, entschlagen zu wollen. Auch in ihm, von weither herangeweht, liegen Keime der Offenbarung.
SPRECHERIN: Doch die meisten Botschaften werden, trotz Bemühen der Angesprochenen, oft um Haaresbreite mißverstanden.
AUTOR: Vieles in der Literatur schließt sich im 18.,19. und 20 Jahrhundert an Fallberichte an, an spiritistische und mediumistische Erlebnisse, vor allem im englischsprachigem Raum von Defoes "Aparition of Mrs. Veal" bis zu den subtilen "Schraubendrehungen" von Henry James. Das eigene Gewissen soll durch den Schock geweckt werden. Und Erlösung wird nur durch Opfer möglich. Wichtig ist dabei der Warncharakter einer immer wieder versuchten Kommunikation, die mißlingt wie in Edith Whartons "The Triumph of Night" oder in Charles Dickens "The Signalman", wo der Bahnwärter mehrfach ein Phantom hört und sieht, das ihm zuwinkt, ihm zuruft, das Unglück warnend verhindern will, doch vergebens. Es wird jede Regel, nicht nur Verkehrsregel, ad absurdum geführt. Dem Übernatürlichen kann nicht durch Logik beigekommen werden, wer es versucht, treibt die Katastrophe voran. In Machens "Novel of the Black Seal" bringt die rationale Aufdeckung und Entschlüsselung der Kommunikationsweise der Geister dem Professor Gregg nur die eigne "Auflösung". Der Erzähler in Kiplings "They" entdeckt bei seinen Nachforschungen im Park der blinden Frau unter den andern toten Kindern seine eigene Tochter. Der grübelnde Thomas in Hartleys "The Pampas Clump" sieht von drei Personen, die an ihm vorbeigehen, nur zwei, so schließt er, daß er für die geliebte Frau (Hilary), die er nicht sieht, zwar existiert, sie aber nicht für ihn.
Diese dimensionsübergreifenden Kontakte sind also weniger "Toten-Gespräche", als eher eine unheimliche und sprachlose "Verbindung" zur anderen Seite. Lukians "Totengespräche", die dem Genre den Namen gegeben haben, wirken wie alle nachfolgenden "Gespräche" dieser Art literarisch-papieren.
SPRECHERIN: Sprache führt ja in die irdische Raumzeit zurück, verhindert gerade jenen Zustand, der notwendig wäre, um Erscheinungen jener anderen Seite der Welt wahrnehmen zu können!
ZITATOR: ... weil sie von eurer logischen und linearen Denkweise nicht simultan zu erfassen sind...
AUTOR: ... heißt es in einem medialen Text des Frankfurter Arztes, Physikers und Schreibmediums Vladimir Delavre: Die anderen Ebenen seien uns im normalen Bewußtseinszustand verschlossen.
AUTOR: Delavre hat auch mediale Kontakte mit verstorbenen Künstlern. Bekannt wurde diese Erscheinung vor allem durch die englische Hausfrau Rosemary Brown, die völlig unkundig der Musik, Kompositionen von Beethoven, Schubert, Chopin u.a. toten Komponisten medial "empfing", nach Diktat niederschrieb.
O-TON: Mediale Musik
AUTOR: Bei Vladimir Delavre kam einmal auf seine Frage: "Ist noch jemand da, der sich melden kann?! der Name "Berner" auf Band. Delavre forschte nach und stieß auf den Namen "Alexander von Bernus". Delavre fragte: "Sind Sie mit Alexander von Bernus identisch". Die Antwort war ein schnelles: "Ja, der bin ich!"
SPRECHERIN: Alexander von Bernus ist ein wenig bekannter Autor, der englische Lyrik übersetzt und unheimliche Geschichten und Gedichte geschrieben hat. 1965 ist er gestorben. Fast prophetisch schrieb er:
ZITATOR Und was wir uns heute verhehlen,
Tritt morgen als Traum aus der Wand.
AUTOR: Einmal sagte eine Stimme bei Delavre: Dr. Jekyll and Mister Hyde. Robert Louis Stevenson London. Und auf die Frage: "Haben Sie auf dieser Erde gelebt?" Kam die bejahende Antwort: "Roger". Stevenson hat Geistergeschichten verfaßt, und selbst erklärt, seine Texte seien ihm diktiert worden!
SPRECHERIN: Transkommunikation spricht eben die "unbewußten Strukturen des Empfängers an," die den Kontakt mit der Traumzeit nie verloren haben.
AUTOR Goethe sah dies auch in der ekstatischen Glossolalie des schwedischen Hellsehers Swedenborg; in einer Rezension über Lavaters Buch zu Swedenborg, beschrieb Goethe dieses ekstatische "Stottern", das wir auch aus Gedichten Hölderlins und Celans kennen:
ZITATOR: Der wie ihr mit der Geistersprache redet, redet nicht den Menschen, sondern Gott; denn ihn vernimmt niemand; er redet im Geist Geheimnisse. So ich mit der tiefen Sprache bete, betet mein Geist.
O-TON: Paranormaler Chor
AUTOR: Anstatt Sprache - Musik; hier ein paranormaler Chor, der in Grosseto/Italien am Anfang fast jedes Einspielabends von paranormalen Stimmen auf Tonband stand. Und während dieser Einspielungen traten oft auch starke Spukphänomene auf: Klopfen, Einschaltgeräusche, Ticken. Auch soll sich einmal eine regennasse Rose auf dem Tisch materialisiert haben.
SPRECHERIN: Und einmal wie in München bei einer Séance beim Freiherrn von Schrenck-Notzing, Thomas Mann hat es in seinem großen Essay "Okkulte Erlebnisse" berichtet, begannen auch in Grosseto, wie ein Teilnehmer, der deutsche Physikprofessor Ernst Senkowski schrieb:
ZITATOR: Tastinstrumente vollständige Melodien (zu spielen), die nach Aussage der Stimmen einem der Anwesenden gewidmet waren. Während eines solchen Versuchs wurden die Tasten sichtbar bewegt, das Instrument selbst blieb stumm. Statt dessen wurden die Töne vom 3 m entfernten Empfängerlautsprecher abgestrahlt.
SPRECHERIN: Thomas Mann schreibt in "Okkulte Erlebnisse", aber auch im "Zauberberg" (in einer Séancebeschreibung am Schluß) über ähnliche Vorkommnissen. Und er war darüber aufgebracht, daß die beobachteten Spukphänomene sich nur auf ganz niederer koboldartiger Ebene manifestierten, Elementargeister, niedere Wesen seien am Werk gewesen, und hätten in einem spukhaften Rotlicht die Würde des Geistes verletzt.
AUTOR: Versäumnis der eigenen Höherentwicklung als Schuld ist auch ein Problem Fausts. Faust mißversteht schon am Anfang etwa das Erdgeistzeichen. Anstatt es als Meditationshilfe anzunehmen, um nach innen zu gehen, eine gefestigte, geistige und geistliche Bindung der Magie zu erreichen, will er es zur persönlichen Lebens- und Machtsteigerung mißbrauchen. Unglaube ist sein Problem, daher werden seine Geister und grenzüberschreitenden Praktiken zur "Schwarzen Kunst", zum Teufelspakt aus Unreife. Er hält Innenschau für überflüssig, und will sofort zum hilfreichen Geisterkontakt durchbrechen. So bleibt er Zauberlehrling und ein schlechter Magier. Seine Experimente sind genau das, was auch die Zivilisationsentwicklung seit dem 16. und 17. Jahrhundert kennzeichnet: anstatt um inneres Wachstum geht es nur um Apparate, um materielle Wirkungen nach außen zu erzielen und damit Menschen und die Natur zu beherrschen.
SPRECHERIN: Schon Paracelsus und Agrippa von Nettersheim hatten eine Anbindung dieser Praktiken an Glaube, Liebe und Hoffnung gefordert, um nicht dem gespentischen materienahen Zwischenreich und den Schatten zu verfallen, so jede lebensvolle Wirklichkeit zu verlieren.
ZITATOR: Denn nur das Herz ist das Wirkliche.
AUTOR: So sagte es Hermann Broch, Autor des Romans "Die Schlafwandler". Es gibt kaum Untersuchungen der Psychiatrie zu diesem gespenstischen Thema: Was geschieht in diesem unheimlichen Bereich zwischen Leben und Tod, der sich jetzt negativ in jedes Leben auszudehnen scheint? Als wäre die Erde irreal und von Besessenen bevölkert!
SPRECHERIN: Der amerikanische Arzt Dr. Carl Wickland hat in den dreißiger Jahren Besessene geheilt, indem er über ein Medium Kontakt mit jenen "Untoten" aus dem Zwischenbereich aufnahm, die gar nicht wußten, daß sie tot sind, unreif, bewußtlos vom Körper Lebender Besitz ergriffen hatten, um weiter "da zu sein!"
AUTOR: So die Trennung aufheben zu wollen ist Wahn, wie auch der Körper Wahn ist. Wir sind alle schon unbewußt Geister, auch der eigene Tote wächst lebenslang in uns. Und in dieser Differenz zwischen ihm und uns reifen wir oder bleiben Nichts: Teil der gegenwärtigen Infantilgesellschaft.
SPECHERIN: Im tibetanischen Totenbuch wird diese Zwischenzone Bardo genannt. Bado wirkt während des Lebens, und eine Trennung zwischen Leben und Tod beschädigt die Seele.
AUTOR: Auch für Rilke gab es diese Trennung nie. Grund seines Ruhmes.
ZITATOR: ... in den Mantel der Lampe stell ich mich innen in ihn.
Ein Schein wird ruhig. Der Tod
Fände sich reiner zurecht.
AUTOR: In der Literatur kommt diese Zwischenzone, eine Art Purgatorium, oft vor, nicht nur bei Dante. Der Berliner Anglist Wilhelm Gauger hat ihn in der englischen Literatur untersucht. Vor allem in "On a Dark Night" von Anthony West (Sohn H.G. Wells und Rebecca Wests): Wo beim Juristen Wallis, einem Selbstmörder, in traumartigen Krankenhausszenen, Leichenhallen etc, Jenseitserlebnisse ineinander übergehen. Auch die erste Station des Todes ist bei ihm eine Art Hospital oder Sanatorium, ein Rehabilitationszentrum - hier werden die Erinnerungen eines verpfuschten Lebens "verarbeitet". Dies hat Züge des Purgatoriums. William Butler Yeats, der große irische Dichter, hat diese Zwischenzone im Gedicht "Cuculain Comforted" und im Drama "The Only Jealousy of Emer" verarbeitet - in denen Cuculain ebenfalls anfangs nicht weiß, daß er tot ist.
SPRECHERIN: Das ist ein ganz anderes "Gericht" als die Hölle der Kirche. Niemand wird verurteilt, es wird jedem geholfen oder er darf helfen. Und immer wieder erscheint wie bei Dante, Petrarca, Novalis, Goethe oder Swedenborg das wichtigste Wort: - "Liebe", hier bei Goethe:
ZITATOR: Steigt hin zu höherem Kreise,/ Wachet immer unvermerkt,/ Wie, nach ewig reiner Weise,/ Gottes Gegenwart verstärkt./ Denn das ist der Geister Nahrung,/ Die im freisten Äther waltet:/ Ewigen Liebens Offenbarung,/ Die zur Seligkeit entfaltet.
AUTOR: Doch bis zu dieser transzendentalen Utopie ist es ein langer Weg. Jener Warte- und Heilraum, aber auch die Qual der obsessiven Erdnähe herumirrender Phantome wie beim "Fliegenden Holländer" sind wohl häufigerer "Jenseitsalltag". Bei den aufgenommenen Totenstimmen des lettischen Psychologen Konstantin Raudive kamen sogar Durstige vor, die Alkohol, aber auch andere irdische Genüsse entbehrten. Auf der niedersten Ebene sind diese die Schlafenden und Unerweckten.
SPRECHERIN: In dieser qualvollen Zwischenwelt der Untoten geistert wohl auch der erdnahe "Jäger Gracchus" von Franz Kafka, ihm geht es, wie den meisten Lebenden:
ZITATOR: Ich bin hier, mehr weiß ich nicht, mehr kann ich nicht tun...
SPRECHERIN: Alexander Lernet-Holenia und Marie Luise Kaschnitz beschreiben ebenfalls diesen Übergang zwischen Leben und Tod, dieses Intervall "zwischen dem Sterben und dem wirklichen Totsein". So Lernet-Holenia in seinem Roman "Der Baron Bagge". Wobei Holenia Totsein als einen Zustand sieht, eine reale Metapher, die er umkehrt: alle Lebenden sind heute "Untote":
ZITATOR: ... daß unser ganzes Leben bloß eine Erinnerung von Wesen ist, welche glauben, sie wären, was wir sind, und unsere Erinnerungen die Träume von Gespenstern.
AUTOR: Und wichtig sei es (in diesem heute so tief im Materiellen verstrickten Zustand) zu wissen: " ... ob wir tatsächlich Menschen oder nur eine Art von Gespenster sind."
SPRECHERIN: Die Masse war es vielleicht zu allen Zeiten. Und schon Goethe schrieb zu seiner Zeit in seinem vielleicht schönsten Altersgedicht "Selige Sehnsucht":
ZITATOR:
Sag es niemand, nur den Weisen,
Weil die Menge gleich verhöhnet,
Das Lebendige will ich preisen,
Das nach Flammentod sich sehnet.
Und solang du das nicht hast,
Dieses stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.
Tagebücher und Aufzeichnungen zum Thema. Ausführlichere Fassungen der Sendung
12. Yoga und Meditation
Bio-Bibliographie zu Dieter Schlesak und Stimmen der Kritik.
Sekundärliteratur
Verwandte Seite 1 (Zum Anfang der Homepage) | Verwandte Seite 2 (Trasnssylvanien)| Verwandte Seite (Grenzgänge in Sprache und Literatur)3
Verwandte Seite 1 | Verwandte Seite 2 | Verwandte Seite 3