Nach der Originalausgabe Stuttgart 1852
© Paul
Allen HTML-Version
Juni 2004
Franz
Bardon Research (englisch)
Franz
Bardon Forschung (deutsch)
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Paul Allen, Juni 2004.
(Seite 3 und 4 im Orginal)
Inhalt:
Seite15. Brief
1. Brief
Die sensitiven Menschen.
Beispiel aus dem täglichen Leben.
Sind Sie niemals, mein werter Freund, im Leben einzelnen Menschen begegnet, welche die sonderbare Eigentümlichkeit hatten, eine ausgesprochene Abneigung gegen alles, was gelb ist, gegen die gelbe Farbe ganz überhaupt, zu hegen? Ein feines Zitron, ein glänzendes Gold, ein feuriges Orange gewähren doch gewiß einen reizenden Anblick; was sollte daran Widriges sein? Fragen Sie diese Leute, welche Farbe ihnen etwa angenehm sei, so werden Sie von allen aus einem Munde hören: blau. Das Azur des Himmelstiefen ist ein wohltuender Anblick; aber wenn der Abend es in goldene Rahmen faßt, so gesellt sich zum Schönen doch gewiß noch das Schönere: das Prachtvolle. Wenn man mir die Wahl stellte, ob ich lieber in einem strohgelb ausgemalten Zimmer meine Tage verleben wollte oder in einen hellblauen, so würde ich wahrscheinlich das gelbe vorziehen. Alle Feinde des Gelben, denen ich dies sagte, verlachten mich und beklagten meinen Geschmack.
Ich kehre die Frage um und möchte von Ihnen hören, ob Sie irgend einen Menschen getroffen haben, der Ihnen gesagt hätte, blau sei ihm zuwider? Gewiß nie; kein einziger hat jemals blau verabscheut. Woher nun bei gewissen Menschen solche Übereinstimmung in der Abneigung gegen Gelb und der Vorliebe für Blau?
Wir wissen aus der Farbenlehre, daß Gelb und Blau in einer gewissen Wechselbeziehung zueinander stehen. Es sind Komplementärfarben, die eine Art von polaren Gegensatz zueinander bilden. Sollte in diesem noch etwas anderes verborgen liegen als die bloße Wirksamkeit auf unser Sehvermögen? Noch ein unbekannter tieferer Unterschied als der einfache optische Farbenunterschied, den wir alle kennen? Und sollte für das Empfinden eines Unterschieds auch unter den Menschen ein Unterschied bestehen, so zwar, daß die einen wahrzunehmen imstande wären, was die anderen nicht zu erkennen vermöchten? Sollte es sozusagen Menschen von zweierlei Sinnen geben? Das wäre doch eine ziemlich sonderbare Sache! Versuchen wir ihr weiter nachzugehen.
Ein Mädchen schaut wohl gern in den Spiegel. An Männern fehlt es vielleicht auch nicht, die des lieben Widerscheins sich freuen. Wer möchte es ihnen auch verdenken, wenn ein wohlgelungenes Abbild von Gottes schönem Meisterwerke daraus entgegenlacht und all das Vorgefühl der Siegeslust erweckt,die ihnen blüht? Gibt es doch nichts herrlicheres,
nichts beseligenderes in der Welt als ein schönes Ichselbst. Wie aber, und dies sollte möglich sein, daß es Mädchen, Frauen, daß es Männer gäbe, die den Spiegel scheuen? Die sich davon abwenden und ihren eigenen Anblick nicht vertragen? - Wahrhaftig, es gibt solche. Es gibt Menschen, und sie sind nicht eben selten, denen der Spiegel ein eigenes Gefühl von Bangigkeit, wie wenn ein laulich widriger Hauch sie anginge, verursacht, daß sie nicht eine Minute lang ruhig aushalten mögen. Der Spiegel wirft ihnen nicht bloß ihr Bild, er wirft ihnen noch einen unnennbar peinlichen Eindruck zurück, manchen stärker, manchen schwächer, manchen nur kaum noch so weit fühlbar, daso eine unbestimmte Abneigung gegen den Spiegel übrig bleibt. Und was ist dies? Woher rührt es? Warum empfinden diese Widrigkeit nur gewisse Menschen, warum nicht alle?
Sie haben viel Reisen gemacht, es ist unmöglich, daß Sie nicht in Eilwagen, im Omnibus,auf der Eisenbahn mit Leuten zusammengetroffen wären, die mit den zudringlichsten Eigensinne überall die Forderung durchsetzten, die Wagenfenster aufzureißen. Mochte es Unwetter, Zugwind oder Eiskälte geben, sie wollten keine Rücksicht auf rheumatische Gefährten nehmen und benahmen sich unerträglich. Sie halten dies für Ungezogenheit. Aber ich bitte Sie, schieben Sie Ihr Urteil ein wenig auf. Wenigstens solange noch, bis einige meiner Briefe an Ihnen vorübergegangen sein werden.
Vielleicht werden Sie daraus die Überzeugung schöpfen, daß im Raume einer eng beisammen befindlichen Gesellschaft noch unbekannte Dinge vorgeben, stark genug, manchen Mitgliedern derselben ganz unausstehlich zu werden, während andere davon auch nicht das geringste wahrnehmen. Sollten Sie keinen unter Ihren Freunden haben, der die Grille hegt, bei Tisch, im Theater, in der Gesellschaft, in der Kirche nicht in der Reihe zwischen andern sitzen zu wollen, sondern der imer fÜr sich das Besondere haben will, den Ecksitz einzunehmen, den Flügelmann zu machen? Merken Sie sich diesen, er ist unser Mann, und wir werden bald nähere Bekanntschaft mit Ihm machen. Gewiß haben Sie schon weibliche Personen bemerkt, denen es in der Kirche öfter übel wird,während sie sonst gesund sind. Geben Sie diesen einen Ecksitz. Es wird Ihnen hier dennoch Übel werden; man muß sie bisweilen ohnmächtig hinwegtragen. Wenn Sie darauf achten, so werden Sie finden, daß es immer die nämliche, immer nur gewisse Personen sind, welche hiervon befallen werden. Diese sind durchaus unfähig, das Sitzen in Schiff einer Kirche längere Zeit zu ertragen, ohne in Übelbefinden zu geraten, und doch sind es sonst gesunde Leute.
Ihr Arzt wird Ihnen sagen, um gut und gesund zu schlafen, müssen Sie sich auf die rechte Seite legen. Fragen Sie Ihn einmal warum? Er wird, wenn er ehrlich ist, Ihnen die Antwort schuldig bleiben. Er weiß die Ursache nicht, aber er weiß aus vielfältiger Erfahrung, daß viele Menschen auf der linken Seite liegend nicht einschlafen können. Das hat er oftmals gehört, aber was es damit für ein inneres Bewandtnis hat, ist ihm unbekannt. Wollen Sie etwas genauer darauf acht geben,
so werden Sie gewahr werden, daß nicht alle Menschen rechts liegen müssen, um schlafen zu können: daß sehr viele auch links schlafen-, ja, daß es deren genug gibt, denen es ganz gleichgültig ist, links oder rechts einzuschlafen, und denen eine ruhige Nacht auf dem linken Ohre ganz ebenso erquicklich wird wie auf dem rechten. Aber Sie werden dann auch finden, daß diejenigen, welche nicht links, sondern nur rechts zu schlafen vermögen, eine kleinere Anzahl bestimmter Personen sind, denen diese Eigenschaft so fest anhaftet, daß sie stundenlang, ja halbe Nächte auf der Linken liegen können ohne einzuschlafen, während sie, sowie sie sich auf dem Lager auf die rechte Seite umkehren, augenblicklich einschlafen. Das ist wohl eine sonderbare Sache, aber Sie können sie überall beobachten.
Wie viele Menschen gibt es, die ohne Ekel nicht vertragen, mit einen Löffel von Packfong, von Argentan, von Neusilber, von Chinasilber, und wie das Stoppelwerk alles heißt, zu essen, während andere gar nicht spüren, was da für ein Unterschied von echtem Silber für den gewöhnlichen Gebrauch sein soll. Wie viele Personen trifft man, die nicht imstande sind, Kaffee, Tee, Schokolade aus messingenem Kochwerkzeug zu genießen, was die meisten andern gar nicht merken. Wie viele Leute hegen Abneigung gegen warme, besonders vielgekochte Speisen, dann gegen Fettes, gegen Süßigkeiten, und ziehen kalte, einfache, besonders schwach säuerliche unendlich vor. Es gibt darunter nicht wenige, die eine solch außerordentliche Vorliebe fÜr Salat haben, daß man sie sagen hört, sie würden alle anderen Speisen unbedingt hingeben bloß um den Salat. Andere können gar nicht fassen, was dies für eine grenzenlose Lust sein soll.
Es gibt Leute, die es durchaus nicht vertragen, wenn jemand nahe hinter Ihnen steht. Diese fliehen alle Volksaufläufe, alle Menschenhaufen, allen Markt. Andern ist es widerwärtig, wenn man ihnen die Hand reicht, und unausstehlich, wenn man ihre dargebotene Hand eine Zeit lang festhalten will. Sie machen sich los oder reißen aus. Wie viele gibt es nicht, welche die Wärme aus einem eisernen Heizofen nicht vertragen, sehr gut aber die aus einem steinernen! Soll ich noch mehr, soll ich Ihnen noch Hunderte von solchen Wunderlichkeiten aufzählen, die gewissen Menschen eigen sind? Und nun, was haben wir davon zu halten? Sind es Einbildungen aus vernachlässigter Erziehung, sind es üble Gewohnheiten, vielleicht aus Anlaß örtlicher Gesundheitsstörungen? So mag es allerdings denen scheinen, welche nur über die Oberfläche der Sache hinblicken, und von diesem Scheine hat man sich leider nur zu häufig verleiten lassen, jenen empfindlichen Leuten Unrecht zu tun. Treten nämlich diese seltsamen Erscheinungen vereinzelt auf, zerstreut als Zufälligkeiten unter verschiedenen Menschen in mancherlei Lagen, so wäre man vielleicht berechtigt, geringschätzig davon zu denken. Allein ein merkwürdiger Umstand, der bis jetzt der Aufmerksamkeit nicht wert gehalten worden, stellt die Sache wesentlich anders. Es finden sich nämlich all die angegebenen Eigenschaften jener Menschen nicht einzeln,
sondern immer vergesellschaftet ein. An einem und demselben Individuum finden Sie, wenn Sie nachforschen wollen, die meisten, oftmals alle jener Eigentümlichkeiten beisammen, und niemals, nicht ein einziges Mal treffen Sie eine allein an. Der Gelbfeind scheut den Spiegel; der Ecksitzer reißt die Wagenfenster auf; dem Rechtsschläfer wird in der Kirche übel; die Messing-, die Packfong Ekeln speisen gern Kaltes, Einfaches, verschmähen Fettes und Süßes, sind verliebt in Salat usw. Und dies geht überall bei derselben Person in einer ununterbrochenen Reihe fort vom Gelbhasse bis zum Zuckerekel, von der Blauliebe bis zur Salatgier. Es besteht Solidarität dieser wunderlichen Eigenschaften bei ihren Trägern. So zeigt es allenthalben die Erfahrung, und wer eine von ihnen hat, hat in der Regel die andern alle auch.
Es erhellt hieraus klar: sie stehen unter sich in einem unverkennbaren Zusammenhange. Und ist dem so, so kann es nur dadurch geschehen, daß sie alle sich zurückbeziehen auf einen Grundverband, auf einen verborgenen gemeinschaftlichen Quell, aus dem sie miteinander hervorgehen. Wenn nun dieser Quell in einigen Menschen liegt, in andern aber nicht, so ist es offenbar, daß es von diesem Gesichtspunkte aus in der Tat zweierlei Menschen gibt: gewöhnliche, die von allen jenen Reizbarkeiten nichts besitzen, und eigentümlich reizbare, die von ihnen bei jedem kleinen Anlasse in obig bestimmtem Sinne erregt werden.
Man kann die letzteren 'Sensitive' nennen, denn sie sind in der Tat häufig reizbarer als eine Mimose. Sie sind es ihrem innersten Naturell nach, das sie weder ablegen noch willkürlich bewältigen können, und überall, wo man ihre Absonderlichkeiten für Grillen und Unarten nahm, ist man ihnen wohl zu nahegetreten. Ohnehin haben sie unter ihrem bisher nirgends anerkannten Eigengefühl von unserer darauf nicht berechneten Umgangswelt genug zu leiden und sind zu mehr Rücksichtnahme berechtigt, als man ihnen bisher angedeihen ließ. Ihre Anzahl ist nicht klein, und wir werden bald sehen, wie tief diese Dinge in die menschliche Gesellschaft einschneiden, von denen ich Ihnen heute nur die ersten, auf der Oberfläche liegenden Andeutungen geben wollte.
2. Brief
Das Od, ein Zweig der Naturkräfte.
Die Kristalle, ihr Leuchten und ihre Gefühlserregungen.
Die Dunkelkammer.
Ohne Zweifel ist es Ihnen gelungen, nach den Merkmalen, die ich Ihnen gab, unter Ihren Bekannten einige herauszufinden, zu denen gehörig, die ich Sensitive nannte. Es ist auch gar nicht schwierig, solche zu treffen, sie sind überall zahlreich vorhanden. Und stehen Ihnen nicht alsbald ganz Gesunde zu Gebote, so fragen Sie nur nach solchen. die unruhigen Schlaf haben, im Schlafe die Decke häufig abwerfen, im Traume reden oder gar aufstehen, viel von kurzer Migräne geplagt sind, häufig an schnell vorübergehendem Magenweh leiden, über nervöse Verstimmungen klagen, größere Gesellschaft nicht lieben, sich gern zu wenigen Freunden halten oder selbst das Einsame gerne suchen. Mit seltener Ausnahme sind alle diese Leute von mehr oder minder sensitivem Naturell.
Aber dies sind alles nur die trivialen Seiten des Gegenstandes, über den Sie mich befragen. Auf den wissenschaftlichen Prüfstein gelegt, da kommen Dinge von ganz anderer Erheblichkeit zum Vorscheine. Verschaffen Sie sich einmal einen natürlichen Kristall, so groß wie Sie ihn bekommen können, etwa einen Gipsspat von zwei Spannen Länge, einen Schwerspat oder einen fußlangen Gotthardter Bergkristall. Legen Sie ihn horizontal über eine Tischdecke oder Stuhllehne,so daß die beiden Enden frei darüber hervorstehen, und führen Sie nun eine sensitive Person davor mit der Weisung, die linke innere Handfläche den Kristallenden nacheinander bis auf drei, vier oder sechs Zoll zu Nähern. Es wird keine zehn Sekunden anstehen und der Sensitive wird Ihnen schon sagen, daß aus dem Ende der obern Zuspitzung ein feiner kühler Hauch der Hand entgegenwehe, aus dem ändern Ende, der unteren Bruchfläche aber, an welcher der Kristall aufgewachsen war, etwas Lauliches der Hand zugebe.
Das Kühlige wird er angenehm und erfrischend finden, das Lauliche unangenehm und von einer widrigen, fast ekligen Empfindung begleitet, die bei kurzer Andauer den ganzen Arm ergreifen und wie müde machen wird.
Als ich diese Beobachtung das erstemal machte, war sie ebenso neu wie rätselhaft: man wollte sie mir nirgends glauben. Inzwischen habe ich sie mit Hunderten von sensitiven Menschen (in Wien) wiederholt, man hat sie in England, in Schottland, in Frankreich bewährt gefunden, und jeder kann sie leicht selbst erproben, denn Sensitive gibt es überall. Halten diese ihre Hände in die Nähe von anderen Stellen der Kristalle,
etwa der Seitenkanten, so empfinden sie zwar ebenfalls bald lauliche, bald kühlige Anwandlungen, aber überall ohne Vergleich schwächer als an den beiden Enden, die sich polar entgegenstehen. Nichtsensitive empfinden von alldem nichts. Da diese entgegengesetzten Empfindungen erregt werden, ohne daß man die Kristalle berührt, auf Abstand von mehreren Zoll ja bei stark sensitiven Personen auf mehrere Fuß Entfernung, so war es augenscheinlich, daß von diesen sozusagen halborganisierten Steinen etwas ausgehe, ausströme, ausstrahle, das die Physik noch nicht kennt und das, wenn wir es auch nicht zu sehen vermögen, dennoch durch körperliche Wirkungen sein Dasein kundgibt.
Nun die Sensitiven den Gefühle nach so ausserordentlich viel mehr zu leisten imstande sind als andere Menschen, so kam ich auf den Gedanken, ob sie nicht auch in Gesichtssinne in gewissen Beziehungen uns übertreffen könnten, ob sie nicht vielleicht imstande wären, von diesen sonderbaren Emanationen der Kristalle im tiefen Finstern irgend etwas wahrzunehmen?
Um dies zu prüfen, brachte ich in einer finstern Nacht (Mai 1844) einen mächtigen Bergkristall zu einem hochsensitiven Mädchen, Fräulein Angelika Sturmann. Ihr Arzt, der unter den Pathologen rühmlich bekannte Professor Lippich, war zufällig zugegen. Wir stellten vollkommene Finsternis in zwei Zimmern her, in deren einem ich den Kristall auf eine jedermann unbekannte Stelle brachte. Nach einigem Verweilen, um die Augen erst an Finsternis zu gewöhnen, führten wir das Mädchen in das Zimmer, wo der Kristall war. Es verging nur kurze Zeit, als sie mir schon die Stelle bezeichnete, wo ich denselben niedergelegt hatte. Sie sagte mir, daß der ganze Körper des Kristalls in einem feinen Lichte durch und durch erglühe und daß über seiner Zuspitzung eine handgroße Leuchte emporströme, blau, in beständig wogender Bewegung, mitunter scintillierend, tulpenförmig, oben in einen feinen Dunst sich verlierend. Wenn ich ihn umkehre, so sah sie über dem andern, stumpfen Ende des Kristalls einen dumpfen, rotgelben Rauch sich erheben.
Sie können sich denken, welche Freude mir diese Erklärung machte. Es war dies die erste Beobachtung von tausenden ihresgleichen, die mit Kristallen in unzähligen Abänderungen von da bis heute folgten und in denen durch eine Menge sensitiver Personen die Tatsache festgestellt wurde, daß Gefühlserscheinungen, die von Kristallen erzeugt werden, Lichterscheinungen zur Seite gehen, welche ihnen gleichen Schritts folgen, sich blau und rotgelb polar gegenüberstehen und nur von sensitiven Menschen wahrgenommen werden. Wenn Sie diese Versuche wiederholen wollen, so muß ich Sie aufmerksam machen, daß Sie nur in absoluter Finsternis das Gelingen derselben erwarten dürfen. Das Kristallicht ist so fein und so überaus schwach, daß, wenn man auch nur eine Spur von anderem Lichte in der Dunkelkammer irgendwo wahrnehmen wird, dies hinreicht, den sensitiven Beobachter zu blenden, d.h. seine Reizfähigkeit für so äußerst schwaches Licht zeitweilig abzustumpfen.
Ferner sind nur wenige Menschen so
hochsensitiv wie das genannte Fräulein, um nach so kurzem Aufenthalt im Finstern schon dies zarte Licht gewahren zu können. Bei mittleren Sensitiven hat es meist einer bis zweier Stunden Aufenthalt im Finstern bedurft, bis ihr Auge von der Überreizung des Tages- oder Lampenlichts gehörig befreit und für die Erkennung des Kristallichts zureichend vorbereitet war. Ja ich habe viele Fälle gehabt, wo Schwachsensitive in der dritten Stunde noch nichts gewahrten, in der vierten dennoch dazu gelangten, Kristalle recht gut leuchten zu sehen und sich von der Realität dieser Erscheinung zu überzeugen.
Sie sind nun ungeduldig zu erfahren, was dies denn eigentlich sei und wohin in der Physik und Physiologie diese Erscheinungen nach ihrem subjektiven und objektiven Bestande gehören. Wärme sind sie nicht, obgleich sie Empfindungen, ähnlich denen von lau und kühl, rege machen. Denn hier liegt kein denkbarer Wärmequell und wenn einer da wäre, so würden nicht bloß Sensitive ihn empfinden, sondern auch Nichtsensitive oder doch ein feines Thermoskop. Elektrizität sind sie nicht,denn zu dem ewigen Strom, der hier entquillt, ist kein Erreger da, ein Elektroskop wird nicht affiziert, und Ableitung nach elektrischen Gesetzen ist wirkungslos. Magnetismus können sie nicht sein, weil Kristalle nicht magnetisch sind, wenigstens in dem Sinne nicht, in welchem wir den gewöhnlichen Magnetismus verstehen. Phosphoreszenz sind sie nicht, weil diese uns nur erglühende Erscheinungen liefert, nicht aber leuchtende Materie aussendende. Gemeines Licht können sie nicht sein, weil, wenn hier auch Licht beigesellt vorkommt, das bloße Licht nirgends laue und kühle Empfindungen erzeugt usw.
Was also sind nun die geschilderten Erscheinungen? Wenn Sie es durchaus zu wissen begehren, so zwingen Sie mich, Ihnen einzugestehen, daß ich es selbst nicht weiß. Ich erkenne überall neue Eigenschaften der Materie, von denen wir bis jetzt nichts wußten. Ich nehme die Kundgebungen eines Dynamides wahr, die ich unter die bekannten nirgends zu registrieren vermag. Beurteile ich die gewonnenen Tatsachen nicht irrig, so stellt es sich in die Mitte zwischen Magnetismus, Elektrizität und Wärme, kann aber mit keinem von allen dreien identifiziert werden. In dieser Verlegenheit habe ich es einstweilen mit dem Worte "Od" bezeichnet, wovon die Ethymologie ein andermal folgt.
3. Brief
Das Sonnenlicht. Das Mondlicht. Das prismatische Farbenbild.
Das Polarisierte Licht. Geodetes Wasser. Od als kosmisches Dynamide.
Sie kennen die Sensitiven und sie kennen das Element, worin diese sich bewegen, das Dynamide nämlich, welches ich mit den Worte Od bezeichnet habe. Aber damit haben wir von dem großen Gewande, in welches die gesamte Natur sich mit letzterem gehüllt hat, nur erst eine Ecke des Saumes berührt. Jene merkwürdige Kraft entströmt nicht den Polen der Kristalle allein, sie quillt aus zahlreichen anderen Bornen des Weltalls eben so stark, ja wohl stärker!
Zunächst will ich Sie zu den Gestirnen führen, und zwar zur Sonne. Stellen Sie eine sensitive Person in den Schatten, geben Sie Ihr eine gewöhnliche leere Barometerröhre oder jeden andern Glasstab, oder auch nur einen hölzernen Stock in die linke Hand und lassen Sie diesen Stab in den Sonnenschein halten, während Person und Hand im Schatten bleiben. Bald werden Sie von diesem einfachen Versuch etwas hören, das Sie überrascht. Sie werden erwarten, daß die prüfende Person den Stab vielleicht warm werden fühlt; der Sonnenschein kann ihn ja höchstens erwärmen. Aber gerade das Gegenteil werden Sie vernehmen: die sensitive Hand wird verschiedene Einwirkungen empfinden, der Ausschlag davon aber wird - Kühle sein. Zieht sie den Stab in den Schatten zurück, so wird die Kühle verschwinden und sie wird ihn warm werden fühlen. Bringt sie ihn nochmals in den Sonnenschein, so wird er ihr wieder kühl werden. Sie kann so abwechslungsweise die Genauigkeit Ihrer eigenen Empfindung kontrollieren.
Es gibt also höchst einfache, bis jetzt nicht beachtete Umstände, unter denen der unmittelbare Sonnenstrahl nicht nur nicht warm macht, sondern höchst unerwarteter und seltsamer Weise sogar kalt. Und von dieser Kühle werden Ihnen die Sensitiven sagen, daß sie in ihrer Wirkungeweise alle Ähnlichkeit mit jener habe, welche die obere Zuspitzung des Bergkristalls besaß. Wenn nun diese Kühle von der Natur des Odes ist, so muß sie sich auf irgend eine Weise in der Finsternis als Lichterscheinung ausprägen lassen. Dies wird Ihnen auch gelingen, wenn Sie meinen folgenden Versuch wiederholen wollen. Ich leitete aus einem erhellten Zimmer einen Kupferdraht durch ein enges Löchelchen in die Finsternis der Dunkelkammer. Dann führte ich das äußere Ende desselben in den Sonnenschein. Kaum war dies geschehen, als der im Finstern befindliche Teil des Drahtes leuchtend zu werden begann, sich mit einem feinen Lichtschein umhüllte und an seinen Ende eine kleine flammenartige Erscheinung
von Fingergröße aufstieg. Der Sonnenstrahl goß also odisches Wesen in den Draht, das Sensitive fühlten und lichtförmig in der Finsternis ausströmen sahen. Aber gehen Sie einen Schritt weiter. Lassen Sie den Sonnenstrahl auf ein gutes Glasprisma fallen und werfen Sie damit Regenbogenfarben an die nächste Wand. Lassen Sie die sensitive Person mit dem Glasstabe in der linken Hand die Farben nacheinander prüfen. Wenn sie ihn so hält, daß sie damit in der Luft nur die blaue oder violette Farbe auffängt, so wird ihr Gefühl höchst angenehm kühl angeregt werden, viel reiner und kühler als vom Gesamtsonnenstrahl geschehen. Bringt sie statt dessen den Stab in den gelben, besser noch in den roten Strahl, so wird die wohlbehagliche Kühle unverzüglich verschwinden, statt deren wird Wärme eintreten, eine widrige Läue wird bald den ganzen Arm schwer machen.
Sie können statt des vermittelnden Stabes auch einen bloßen Finger der Sensitiven in die Farben halten lassen, die Wirkung wird die nämliche sein. Ich wählte den Stab bloß, um die Mitwirkung der wirklichen Wärmestrahlen auf die Hand durch einen schlechten Wärmeleiter auszuschließen. Diese Wirkungen des zerlegten Sonnenlichts werden genau denen der Kristallpole ähnlich befunden werden.
Sie sehen hieraus: Od von beiden Wirkungsarten ist im Sonnenstrahl enthalten. Es strömt uns in unermesslicher Menge jeden Augenblick von unserem Tagesgestirn mit dem Lichte und mit der Wärme zu und bildet ein neues mächtiges Agens in demselben, dessen Tragweite wir noch gar nicht übersehen können. Nun werden Sie es mir vergönnen, daß ich Sie jetzt um einen kurzen Rückblick auf die Gelbfeinde und auf die Blaufreunde meines ersten Briefes bitte. Haben wir nicht gesehen, daß der Kristallpol, welcher angenehme Kühle aushauchte, blaues Licht gab? Und finden wir hier nicht auf ganz anderem Wege das Sonnenlicht mit dem blauen Strahl überaus angenehme, erfrischende Kühle spenden? Umgekehrt hatte nicht das rotgelbe Licht des andern Kristallpoles und eben so der gelbe und rote Strahl der Sonne lauwidrige Peinlichkeiten bei den Sensitiven erzeugt? Sie sehen, daß in beiden so unendlich weit von einander abgelegenen Allen jedesmal Blau wohlbehagliche, Rotgelb aber mißbehagliche sinnliche Empfindungen in seinem Gefolge hatte. Somit haben Sie den ersten Fingerzeig, der Sie bedenklich machen mag gegen schnelle Verurteilung der vermeintlichen Caprizen sensitiver Personen. Sie sehen, daß in der Tat in dem Gelb und in den Blau unserer Farben noch etwas anderes verborgen liegen muß als bloße optische Wirkung auf die Netzhaut unseren Auges; daß ein tiefliegender Instinkt für ein unbekanntes feines Etwas hier das Gefühl und das Urteil unserer Sensitiven leitet, und daß dies der äußersten Spannung unserer Aufmerksamkeit wert ist.
Aber auch abgesehen von den Farben, will ich Ihnen noch einen anderen leichten Versuch an die Hand geben, den ich oft gemacht habe, den Odgehalt der Sonnenstrahlen zu unterscheiden. Polarisieren Sie die
selben auf die bekannte Weise, daß Sie unter 35 Graden auf ein Bündel von einem Dutzend aufeinandergelegter Glasscheiben fallen lassen. Sie erhalten dann geteiltes Licht, einerseits von den Gläsern zurückgeworfenes, andererseits durch sie hindurchgelassenes. Lassen Sie den sensitiven Beobachter den Stab in seiner linken Hand abwechslungsweise in das zurückgeworfene und in das durchgelassene Licht halten. Sie werden immer hören,daß das erstere odische Kühle, das letztere odische Lauwidrigkeit durch den Stab in die befühlende Hand liefere.
Wenn Sie bei Laune sind, so können Sie hierbei die Chemiker ein wenig necken. Nehmen Sie zwei gleiche Gläser Wasser, stellen Sie das eine in das zurückgeworfene Sonnenlicht, das andere in das durchgelassene. Nach sechs bis acht Minuten des Verweilens darin lassen Sie es einen Sensitiven kosten. Er wird Ihnen sogleich sagen, daß das Wasser aus dem zurückgeworfenen Lichte kühl und etwas säuerlich, das aus dem Durchgelassenen lau und wie bitterlich schmecke. Tun Sie noch eins: stellen Sie ein kleines Glasgefäß mit Wasser in das blaue Licht der Iris und ein gleiches in das rotgelbe; oder stellen Sie ein solches an das zugespitzte Ende eines großen Bergkristalls und eines an das stumpfe untere. In allen diesen Fällen können Sie sicher sein, daß der Sensitive das Wasser aus dem blauen Lichte lieblich, fein säuerlich, das aus dem rotgelben ekelhaft, bitterlich und herb finden wird. Das erste Glas wird er mit Lust austrinken, wenn Sie es zulassen; wenn Sie ihn aber zum andern nötigen, so kann Ihnen begegnen, was mir geschah, daß der Sensitive kurz darauf sich heftig erbricht. Nun geben Sie die Wasser den Herren Scheidekünstlern, sie sollen Ihnen das Amarum und das Acidum herausanalysieren.
Verfahren Sie wie mit dem Sonnenlichte, so mit dem Mondlichte. Sie werden ähnliche, aber zum Teil polar umgekehrte Ergebnisse erhalten. Ein Glasstab von einem Sensitiven mit der Linken in volles, reines Mondlicht gehalten, wird ihm nicht Kühle, dafür aber Läue geben. Ein Glas Wasser, das im Mondenschein verweilt hat, wird er lauer und widriger schmeckend finden als ein anderes, das mittlerweile im Schatten stehen geblieben. Den großen Einfluß, den der Mond auf manche Menschen nimmt, kennt jedermann, selbst Physiologen und Ärzte räumen ihn ein. Alle die Personen, welche ihm unterliegen, sind ohne Ausnahme Sensitive, in der Regel ziemlich empfindliche. Und da er erweislich odische Wirkungen ausübt, sein Einfluß auf die Mondsüchtigen aber mit denen genau übereinstimmt, die auch durch andere Odquellen auf sie hervorgebracht werden können, so ist er als odausgebendes Gestirn von großer Bedeutung für uns.
Mit dem Sonnen- und Mondlichte also strahlt uns odisches Kraftwesen so reichlich zu, daß wir es bequem auffangen und in einfachen Versuchen handhaben können. Wie unermesslich sein Einfluß auf die ganze Menschheit und auf die gesamte Tier- und Pflanzenwelt ist, davon sollen sie bald Proben empfangen. Das Od ist dem allem nach ein kosmisches Dynamide, das von Stern zu Stern strahlt und wie Licht und Wärme das Weltall umspannt.
4. Brief
Der Magnetismus. Gefühls- und Gesichtserscheinungen.
Verschiedenheit von Od und Magnetismus.
Odisch-magnetisch heißen diese Briefe. Warum denn aber magnetisch? Was ist denn magnetisches dabei, fragen Sie. Fast muß ich Ihnen antworten: wenig oder gar nichts. Aber der Welt hat es gefallen, eine Anzahl von Erscheinungen,die hierher Bezug haben, magnetische zu nennen, und so muß ich mich wohl ihrer Nomenclatur derzeit noch fügen. Die Veranlassung dazu liegt in dem Umstande, daß der Magnetismus odische Kräfte mit sich führt, wie der Sonnenschein und der Mondschein sie in seinem Gefolge hat, wie sie aus den Kristallpolen hervorgehen und wie sie noch aus zahlreichen Quellen fließen, die mit dem Magnetismus, wie wir ihn bis jetzt verstanden, von ferne nichts gemein haben. Lassen Sie uns auf die Wechselbeziehungen zwischen Od und Magnetismus jetzt einige Blicke werfen.
Legen Sie einen guten Magnetstab schräg über eine Tischecke, so daß beide Enden darüber hinausragen, wie Sie mit dem großen Kristalle getan. Rücken Sie den Tisch so zurecht, daß der Stab hierbei in den Meridian zu liegen kommt, so nämlich wie die Kompassnadel, mit dem Nordpole gen Norden und mit dem Südpole gen Süden. Führen Sie einen Sensitiven davor und lassen Sie ihn mit der linken hohlen Hand bald dem einen, bald dem anderen Pole auf drei bis sechs Zoll Abstand langsam sich nähern. Sie werden bei diesem erfahren ganz die nämlichen Erklärungen von ihm erhalten, wie er sie bei den Kristallen gab, daß nämlich der eine Pol, und zwar hier der gen Norden gerichtete, kühles Lüftchen gegen die Hand sende, der andere, der gen Süden gekehrte, laulichen, widrigen Hauch ausgebe. Sie können wieder an jeden Pol ein Glas Wasser stellen und nach sechs, acht Minuten davon den Sensitiven kosten lassen. Er wird das Glas am gen Nord gerichteten Pole frisch und kühl, das am gen Südpol lau und ekel erklären, und wenn Sie noch einmal unseren Chemikern damit das Hölzchen werfen wollen und sie fragen. was denn in dem so auffallend veränderten Wasser nunmehr enthalten sei, so werden sie ärgerlich werden, und um aus der Verlegenheit zu kommen, werden sie Ihnen die sonnenklare Beobachtung rundweg abstreiten und behaupten, sie sei nicht wahr. Sie können lächeln zu der Blöße, die der Katheder hier und dort gibt, denn Naturwahrheit kann durch ungeprüften Widerspruch nicht in Unwahrheit verkehrt werden. Die Herren werden wider Willen bald eines besseren sich besinnen müssen.
daß die Vermutungen, welche mich mit Kristallen in die Finsternis führten, auch bei Magneten in mir aufgestiegen sein müssen, finden Sie selbstverständlich. Den ersten Versuch machte ich mit Fräulein Waria
Nowotny in Wien (April 1844) und wiederholte ihn später hundertfältig mit anderen Sensitiven in der Dunkelkammer. Mit freudiger Befriedigung vernahm ich meine Vermutungen gerechtfertigt, als jene mir zuerst erklärte: an beiden Enden des Stabes brenne eine Flamme, leuchtend und feurig, rauchend und funkenwerfend, am gen Nordpol blau, am gen Südpol gelbrot. Aber machen Sie den leichten Versuch selbst, dann ändern Sie ihn ab, stellen Sie den Magnetstab vertikal auf, den gen Südpol nach oben, so werden Sie hören, daß die Leuchte wachse; sie wird, wenn der Magnet nur stark genug ist, emporsteigen fast bis zur Decke des Zimmers, ja sie wird am Plafond selbst einen erleuchteten rundlichen Fleck hervorbringen, einen, zwei bis drei Fuß im Durchmesser, so hell, daß, wenn der Sensitive reizbar genug ist, er Ihnen die Malerei angibt, die er dort gewahrt. Aber ich warne Sie, versäumen Sie keine von den Vorsichtsmassregeln zu absoluter Finsternis und stundenlanger Augenvorbereitung darin, die ich Ihnen gegeben, sonst sieht Ihr Gehilfe nichts, Sie arbeiten umsonst, und die Genauigkeit meiner Worte gerät in Gefahr unverschuldeten Verdachts.
Schöner noch wird die leuchtende Erscheinung ins Auge fallen, wenn Sie einen Hufmagnet dazu verwenden und ihn aufrecht stellen, mit beiden Polen nach oben. Ich habe ein neunblättriges Hufeisen von hundert Pfund Tragkraft; von jedem seiner Pole sehen alle Sensitiven eine feine Leuchte, also zwei nebeneinander ausströmen, die sich nicht anziehen, nicht aufheben, nicht aufeinander einwirken, wie dies die magnetischen Kräfte beider Pole tun, sondern die ruhig nebeneinander hoch emporströmen, von zahllosen weissleuchtenden Pünktehen wimmeln und zusammen eine mannsgroße Lichtsäule bilden, die jeder, der sie sah, ergreifend schön schilderte. Sie erhebt sich vertikal bis zum Plafond und bildet dort einen erleuchteten runden Flächenraum von beinahe einem Klafter Durchmesser. Dauert das Schauspiel eine zeitlang an, so wird nach und nach die ganze Zimmerdecke sichtbar. Steht ein solcher Magnet auf einem Tische, so erleuchtet die flammende Emanation seine Fläche.
Und die Geräte auf demselben auf Ellenweite. Hinter einer Hand, die man dazwischen bringt, entsteht sichtlich ein Schatten. Hält man einen flachen Körper, ein Brettchen, eine Glasscheibe, ein Metallblech waagerichtet in die flammenartige Erscheinung hinein, so biegt sie sich daran um und strömt darunter ein, gerade wie eine jede andere Feuerflamme, wenn man eine Pfanne, einen Topf darein bringt. Bläst oder haucht man darein, so zerflackert sie, wie wenn man eine brennende Kerze vor sich hätte. Entsteht ein Luftzug oder bewegt man sich mit dem Magnet, so legt sie sich auf die Seite in der Richtung der Luftströmung wie eine in Bewegung befindliche Fackel. Bringt man ein Brennglas in ihre Nähe, so läßt sich ihr Licht in seinem Focus sammeln und verdichten. Die Erscheinung ist also sehr körperlich und hat viele Eigenschaften mit gewöhnlicher Flamme gemein. Bringt man zwei derselben so zusammen, daß sie kreuzend sich treffen, so stören sie einander nicht durch Anziehungen oder Abstoßungen, sondern sie durchdringen sich gegenseitig und beide setzen ihren Weg ungehindert fort.
Ist eine davon stärker, wie es scheint mit stärkerer Wurfkraft versehen, so durchdringt sie die schwächere in der Weise, daß sie sich spaltet, die dann auf beiden Seiten um sie herumstreicht. Ähnliches geschieht, wenn man einen Stab hineinhält, er spaltet die Flamme, und diese vereinigt sich wieder hinter ihm. Und wie die Kristalle von den Sensitiven in feiner Leuchte gesehen wurden, die ihre ganze Substanz durchdrang, ebenso sehen sie den Stahl des Magnets durch und durch wie in einer Art von weißlicher Glut befindlich. Ganz ebenso verhalten sich Elektromagnete. *)
Diese Eigenschaften besitzen, wie Sie leicht erkennen, keinen Parallelismus mit Magnetismus, sie sind eigentümlich odisch. Vergleicht man einen Gipsspat mit einem Stabmagnet, beide von beiläufig gleichem Gewichte, so findet man, daß die odischen Ausströmungen der gleichnamigen Pole sowohl an Gefühlswirkung als an Leuchte nicht wesentlich verschieden, ja daß der Kristall dem Magnet an odischer Kraft noch überlegen ist, seine Kühle und Wärme deutlicher, Lichtstärke größer. Der Kristall hat aber keinen Magnetismus oder doch verschwindend wenig. Sie haben also hier neben einander Od mit Magnetismus gepaart und Od ohne Magnetismus, in beiden Fällen Od von gleicher Stärke. Man kann also schlechterdings nicht sagen, das Od sei ein Angebinde oder gar nur eine von den Eigenschaften des Magnetismus, es sei Magnetismus selbst. Im Kristall tritt das Od getrennt vom Magnetismus auf, und ich werde Ihnen eine Menge von noch schlagenderen Beispielen aufführen, wo das Od in größter Stärke vorkommt, während von weitem kein Magnetismus (im gewöhnlichen Sinne) zugegen ist. Das Od muß demnach als ein für sich bestehendes Dynamide angesehen werden, das im Gefolge des Magnetismus auftritt, wie es im Gefolge der Kristalle, der Sonnenstrahlen und vier anderer Naturerscheinungen, die wir berühren werden, sich einstellt. Wir kennen die großen Ähnlichkeiten des Magnetismus und der Elektrizität; wir wissen, daß der eine so sehr im Gefolge der andern und umgekehrt erscheint, daß wir schon nahe daran waren, sie für identisch zu halten. Ähnlich verhalten sich Licht und Wärme, eines ruft das andere hervor, alle Augenblicke geben sie ineinander über. Dessen ungeachtet sind wir noch nirgends im Stande, den gemeinschaftlichen Ausgangspunkt nachzuweisen, von dem sie sich beide herleiten. So verhält es sich mit dem Ode. Wir ahnen freilich, daß diese dynamidischen Erscheinungen in letzter Instanz aus einem gemeinschaftlichen Quell hervorgehen. Aber so lange wir noch nicht im Stande sind, diese Einheit des Herkommens darzutun, so lange bleibt uns nichts übrig, als Elektrizität, Magnetismus, Licht, Wärme, usw. jedes als eine abgesonderte Gruppe von Erscheinungen für sich zu behandeln. Indem wir nun
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* Ausführlich und mit den nötigen Beweisen belegt findet man diese Magnetlichterscheinungen abgehandelt in der Schrift "Untersuchungen über die Dynamide des Magnetismus, der Elektrizität, der Wärme, des Lichts etc. in ihren Beziehungen zur Lebenskraft", von Freiherrn von Reichenbach.
sehen, daß die zahlreichen odischen Erscheinungen unter keines von den bekannten Dynamiden eingereiht werden können, so bleibt uns nichts anderes übrig, als sie für sich zu vereinigen und ebenfalls als eine eigene solche Gruppe aufzustellen. daß sie weder an Umfang noch an Bedeutung denen, welche in der physikalischen Doktrin bereits Bürgerrecht genießen, irgend etwas nachgibt, werden meine folgenden Briefe überzeugend dartun.
5. Brief
Sogenannter tierischer Magnetismus.
Leuchtende Pflanzen, Tiere, Menschen.
Rechte und linke Seite der organisierten
Wesen in odpolaren Gegensatze.
Jetzt hört man wieder viel von dem wunderlichen Dinge, das schon um 1800 von Mesmer tierischer Magnetismus genannt wurde. Unsere Väter, unsere Groß- und Urgroßväter haben es mit Haut und Haar hinweggeworfen, und dennoch steht es immer wieder auf und will nicht sterben. Worauf beruht denn dieses zähe Leben? Auf "Lug und Trug und Aberglauben", als welche es ein berühmter Berliner Physiolog kurzweg abgefertigt hat? . . . Wir wollen einmal sehen, ob diejenigen wohlgetan, die nichts besseres wußten, als solche Rede nachzubeten.
Fassen wir, es diesmal, ohne viel Präambel, gleich bei den Hörnern. Führen Sie einen guten Mittel- oder einen Hochsensitiven in die Finsternis der Dunkelkammer, nehmen Sie eine Katze, einen Vogel, einen Schmetterling, wenn er zu haben ist, und einige blühende Blumentöpfe mit. Nach Verlauf von ein paar Stunden werden Sie seltsame Dinge hören. Die Blumen werden aus dem Dunkel heraustreten und wahrnehmbar werden. Erst werden sie in Form einer verschwommenen grauen Wolke sich aus der Schwärze der allgemeinen Finsternis herausheben. Später werden sich darin hellere Stellen bilden. Endlich werden sie auseinander gehen, die einzelnen Blüten werden unterscheidbar werden, immer heller erscheinend werden Gestalten sich erkennen lassen; und als ich dem verstorbenen Professor Endlicher, dem berühmten Botaniker, der Mittelsensitiver war, einen solchen Topf vorgesetzt hatte, rief er mit erschrockenem Erstaunen: Es ist eine blaue Blume,es ist eine Gloxinie! Es war in der Tat Gloxinia speciosa, var. coerulea, die er in absoluter Finsternis gesehen und nach Form und Farbe erkannt hatte. Ohne Licht kann man aber in der Finsternis nichts sehen; Licht muß also dagewesen sein, um die Pflanze mit solcher Deutlichkeit wahrnehmen zu können, daß nicht bloß die Gestalt, sondern sogar die Farbe erkannt wurde. Und woher kam hier dies Licht? Es kam in der Tat aus der Pflanze selbst. Sie leuchtete! Fruchtknoten, Staubfäden, Staubbeutel. Blumenkronen, Schaft, alles zeigte sich feinleuchtend, selbst das Laub konnte, wenn auch matter, erblickt werden. Alles erschien in einer zarten Glut, die Genitalien am deutlichsten, der Schaft heller als das Laub. Ihr Schmetterling, ihr Vogel, ihre Katze - alle werden in der Finsternis zum Vorschein kommen, Teile derselben werden leuchtend werden und sich mit ihnen hin und her bewegen. Aber bald werden Sie von Sensitiven die Erklärung empfangen, daß er - Sie selbst sehe. Erst
werden Sie ihm erscheinen wie ein ungestalter weißlicher Schneemann, bald wie ein Geharnischter mit hohem Helm, endlich furchtbar wie ein leuchtender Riese. Lassen Sie die sensitive Person ihre eigene Gestalt beschauen. Sie wird mit einiger Betroffenheit sich selbst leuchtend finden, nicht bloß ihre Arme, auch ihre Füße, ihre Beine, ihre Brust, ihren Leib durch die Kleider hindurch, alles wird sie in feiner Glut schimmernd erblicken. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Hände. Erst werden sie einem grauen Rauche ähneln, dann werden sie einen Schattenrisse auf schwach erhelltem Grunde gleichen-, endlich werden die Finger selbstleuchtend auftreten, sie werden das Ansehen haben, das sie gewinnen, wenn man seine Hand dicht vor eine Kerzenflamme hält. Wie durchscheinend. Die Hand wird länger erscheinen als sie wirklich ist; an jedem Finger wird sich eine leuchtende Verlängerung befinden, und es wird von feiner Spitze eine Leuchte außtrömen, die nach Umständen halb bis ganz so lang ist, als jeder Finger selbst. Die Hand wird durch diese feurigen Schweife, die an jedem Finger sich befinden, ihre wirkliche Länge um das Doppelte zu überschreiten scheinen. Am hellsten werden die letzten Gliedchen der Finger sein, und auch an diesen werden die Nagelwurzeln vorleuchten.
Wenn die erste Verwunderung über diese bis jetzt verborgen gebliebene Selbstleuchte aller Menschen sich gelegt haben wird und Sie wollen die Frage auf ihre Farbe richten, so werden sie vielleicht mit neuer Überraschung hören, daß diese zwischen verschiedenen Teilen des Leibes nicht gleich sei, daß die rechten Hände in bläulichem Feuer leuchten, während die linken gelbrot erscheinen, und daß eben darum jene dunkler, diese heller seien, daß der gleiche Unterschied zwischen beiden Füßen stattfinde; daß selbst die ganze rechte Seite Ihres Gesichts dunkler, bläulicher sei als die linke, ja, daß die ganze rechte Seite Ihres gesamten Leibes bläulich und etwas dunkler, die ganze linke Seite aber rötlich-gelblich und merkbar heller sich darstelle. Unverzüglich muß Ihnen beifallen, daß Sie hier auf denselben Farbengegensatz von Blau und Rotgelb stoßen, der ihnen im Kristallicht, im Sonnenschein und in den Magnetflammen begegnet ist.
Wird der Parallelismus, der sich zwischen kühlem und blauem Odlichte, wie zwischen blau und rotgelb überall einfand, auch beim Menschenlicht sich finden und beweisen lassen? Das halten Sie für zweifelhaft, und doch, wenn eine solche Tatsache sich nicht herstellen ließe, würde die Natur des Menschenlichtes rätselhaft darstehen. Ich habe mit dem fünfzigjährigen Tischler Bollmann in Wien, einem Mittelsensitiven (August 1845), folgenden Versuch gemacht: in seine linke Hand legte ich meine Rechte, so nämlich, daß unsere Finger sich kreuzten, aber kaum berührten. Nach einer Minute ersetzte ich meine Rechte durch meine linken Finger. So wechselte ich einige Male hin und her ab und erfuhr dabei, daß der Sensitive meine rechte blauleuchtende Hand kühler empfand als meine linke gelbleuchtende, welche ihm um vieles wärmer erschien. Das Gesuchte war gefunden. Ich wiederholte das Erforschte nach gerade mit mehr als hundert anderen Sensitiven in unzähligen
Abänderungen, an denen es sich ebenso oft bestätigte. Dann dehnte ich es über Wangen, Ohren, Augen, Nasenflügel, ja über Zungenhälften in zahllosen Varianten aus; immer erhielt ich nur ein Ergebnis, daß mittels der linken sensitiven Hand die Rechte jedes Menschen, gleichviel ob männlich oder weiblich, kühler, die Linke dagegen wärmer empfunden wurde. Und somit sehen Sie, daß der Mensch von der Rechten zur Linken geradeso und mit den nämlichen Merkmalen dual ist, wie ein Kristall zwischen den Polen seiner großen Are, wie der Magnet zwischen seinem Nord und Süd, wie das Sonnenlicht zwischen Blau und Rotgelb. Und da die Wirkungen mit ihren Merkmalen dieselben sind, so haben wir ein Recht zurückzuschließen, daß auch die Ursachen dieselben sein werden; und dies ist folglich, daß auch der Mensch Od emaniert, und gerade in denselben zweierlei Formen, wie wir sie in allen anderen Odquellen bisher beobachtet haben. Ich habe Katzen, Hühner, Enten, Hunde, Pferde, Rinder auf dieselbe Weise prüfen lassen, sie wurden alle ebenso gefunden. Pflanzen, die ich von der Wurzel bis zu den Blättern hinaus untersuchen ließ, zeigten sich denselben Gesetzen untertan. Alles also, die ganze organische lebendige Natur leuchtet und überfließt von strömendem Reichtum an odischem Dynamid, und wenn Sie diese weitumfassende Tatsache in ihrer unermeßlichen Tragweite durch das All der Schöpfung überschauen wollen, so wird Ihnen ein neuer Tag anbrechen für das, wovon man einen kleinen Bruchteil bis jetzt ebenso uneigentlich als unpassend tierischen Magnetismus genannt hat. Ich werde es versuchen, durch dieses verworrene Gebiet, jetzt mit der Leuchte der Theorie in der Hand, mit Ihnen einen raschen Durchflug zu machen: den Schlüssel zur Pforte habe ich Ihnen soeben ausgeliefert.
6. Brief
Menschenod.
Beispiele von mancherlei odischen Paarungen aus
dem täglichen Leben.Sie haben gesehen, daß, wenn ich in eine sensitive linke Hand meine Rechte lege, ein Gefühl von angenehmer Kälte erregt wurde; wenn ich aber mit meiner Linken daßelbe tat, unangenehme Wärme, lauwidrige Empfindung entstand. Man kann dies umkehren und kann in die sensitive rechte Hand eine Linke legen, es wird dies kühlig angenehm empfunden; tut man es mit einer Rechten, so wird lauwidriges Gefühl eintreten. Dies gibt ein Gesetz: odisch gleichnamige Händepaarungen (Linke in Linker oder Rechte in Rechter) sind laudwidrig; odisch ungleichnamige Händepaarungen (Rechte in Linker) sind kühl und angenehm. Nun bitte ich Sie, sich aus meinen ersten Briefe der Bemerkung zu entsinnen, daß es Leute gebe, denen es widerwärtig sei, wenn man ihnen die Hand reiche, und die sich losreißen, wenn man die dargebotene Hand eine zeitlang festhalte. Man reicht sich aber einander nach üblicher Sitte immer die rechten Hände, man macht also eine odgleichnamige Händepaarung. Diese ist lauwidrig, wird den Sensitiven peinlich und sofort schnell unerträgglich, sie machen sich los.
Gehen Sie auf diesen Weg weiter, setzen Sie Ihre rechten Finger auf den linken sensitiven Arm, auf die Schulter, unter die Achsel, an die Schläfe, in die Lende, auf das Knie, den Fuß, an die Zehenspitzen, überall auf der linken Seite des ganzen sensitiven Leibes werden Ihre rechten Finger kühl und wohlbehaglich empfunden werden: es sind lauter ungleichnanige Paarungen. Tun Sie daßelbe auf der rechten Seite mit ihren linken Fingern, so werden Sie die nämlichen Gefühle von Kühle erzeugen: es sind ebenfalls ungleichnamige Paarungen. Vollbringen Sie aber all diese Berührungen auf der sensitiven Linken mit Ihren linken Fingern, oder auf der sensitiven Rechten mit Ihren rechten Fingern, so wird alles lau empfunden werden und jede Berührung unangenehm sein: es sind lauter gleichnamige Paarungen. Setzen Sie meine Angaben auf die Probe und wählen Sie dazu eine andere Form von Paarung aus dem gemeinen Leben. Stellen Sie sich neben einen Sensitiven, so dicht wie die Soldaten, wenn sie in Reih und Glied stehen, Ihre ganze rechte wird dann die ganze sensitive linke Seite berühren; darüber werden Sie nichts Mißfälliges hören. Nun aber kehren Sie sich auf Ihrer Stelle um, so daas Ihre Linke die linke Seite des Sensitiven berührt. Unverzüglich wird Beschwerde laut werden, er wird lauwidriges Mißbehagen fühlen, und wenn Sie sich nicht bald wieder umwenden,so wird er nicht aushalten, sondern zurücktreten. In ersten
Fall bewirkten Sie eine ungleichnamige, im zweiten eine gleichnamige Paarung.
Wählen sie ein anderes Verhältnis. Stellen Sie sich dicht hinter Ihren Sensitiven, Ihre Vorderseite seinem Rücken zugekehrt; oder ebenso vor ihn, Ihren Rücken seiner Vorderseite zugekehrt. In beiden Fällen kommt Ihre rechte Seite zunächst an die sensitive rechte Seite zu stehen, und gleichzeitig ihre Linke an seine Linke. Dies sind beiderseits odgleichnamige Paarungen. Der Sensitive hält sie nicht aus, und wenn Sie die Situationen nicht schnell ändern, so ändert er sie, indem er weggeht. Hier muß ich Sie wieder um einen Rückblick auf die Stelle meines ersten Briefes bitten, wo ich Sie darauf aufmerksam machte, daß es Menschen gibt, die es durchaus nicht vertragen, wenn jemand nahe hinter ihnen oder vor ihnen steht, die deshalb alle Volksaufläufe, alle Menschenhaufen, allen Markt fliehen. Sie sehen nunmehr, wie sehr sie Grund dazu haben.
Ich kenne Junge, kräftige und lebhafte Männer, welche nicht gern reiten. Das ist doch beinahe wider die männliche Natur: der Jugendkraft ist das Tummeln eines Pferdes Hochgenuß. Aber auf dem Pferde reitend kehrt man dem Tiere die odgleichnamigen Seiten zu. Der Fall ist also ganz ebenso, wie wenn man den Rücken eines Menschen dicht vor sich hat. Die Männer, bei welchen ich diese Abneigung fand, waren alle sensitiv; als Beispiele darf ich die Freiherren August und Heinrich von Oberländer nennen. Ebenso gibt es Frauen, welche kein Kind auf dem Rücken zu tragen im Stande sind, auch nicht einige Minuten zum bloßen Scherze. Dieser Fall ist nahezu der gleiche mit dem vorigen; er kommt überein mit dem, wo man jemand dicht hinter sich hat; diese Frauen sind immer Sensitive.
Viele Menschen sind schlechterdings nicht im Stande, zu zweien in einen Bett zu schlafen; die mauvais coucheurs sind sprichwörtlich. Der Grund ist nach dem Erörterten einleuchtend. Aber auch die allgemeine Sitte aller Kulturvölker, der Person, welcher man den Vorzug einräumt, die rechte Seite zuzugestehen, indem man sich auf ihre linke stellt, links sich neben sie setzt, am linken Arm sie führt, findet ihre tiefe Begründung in unserer odischen Natur. Man sagt zwar, dies geschehe um der bevorzugten Person die rechte Hand frei zu lassen. Dies mag seinen Anteil an dieser Sitte haben, allein ungleich schwerer in die Wagschale fällt hier der Einfluß der Sensivität. Wenn zwei Menschen seitwärts nahe aneinander stehen, so verladen sie von ihrem Ode gegenseitig auf einander. Der, welcher rechts steht, erhält vom linksstehenden odnegative Zuladung; der, welcher links steht, vom andern odpositive. Es gewinnt also der Rechte an Negativität so viel, als der linke davon verliert; andererseits gewinnt der Linke so viel an Positivität, als der Rechte auf ihn ablädt. Nun ist aber Zustand der größten odischen Negativität, wie Sie wissen, der kühlere und angenehmere, der der größeren Positivität der lauere und widrigere. Die Frau also, die wir rechts stellen, gewinnt an Wohlbehagen eben so viel, als der
Mann links an Mißbehagen auf sich nimmt. Der Schlüssel zu dieser uralten Sitte liegt also nicht bloß im Herkommen, sondern er findet sich im Innersten unseres Naturells. Dies geht soweit, daß etwas stark sensitive Personen auf der linken Seite gar nicht auszuhalten vermögen. Solche Fälle kommen im menschlichen Leben unzählig viele in tausend Verbindungen und Abänderungen vor; sie lassen sich alle nach dem hier entwickelten Gesetze erklären und beurteilen. Man wird aber durchaus erkennen, wie wohlbegründet oftmals die Ansprüche der Sensitiven auf Rücksichtnahme und Schonung sind.
7. Brief
Mesmerismus und Od, dieses als Weltkraft, jener als ihre spezielle
Anwendung und Benützung in der Heilkunst.Der Strich. Das
Verfahren der Ärzte.Sie werden mich nun fragen, was denn - von unserem Gesichtspunkte aus - das sogenannte Magnetisieren eines Menschen sei, und werden daßelbe vielleicht als den Angelpunkt ansehen, um den sich meine Briefe drehen. Dies ist nun zwar auf keine Weise der Fall, dennoch ist es eine sehr beachtenswerte Seite der odischen Erscheinungen. Es hat eine weite praktische Bedeutung gewonnen und zu dem geführt, was man Mesmerismus nennt, das ist zu einer von Dr. Mesmer in die Medizin eingeführten Methode, das odische Dynamid zum Heilungsverfahren in Krankheiten zu benützen. Mesmer, nach dem Stande der Naturwissenschaft seiner Zeit, hielt es für Magnetismus und nannte es tierischen Magnetismus. Die Ausdrücke Od und Mesmerismus werden einander nicht im Wege stehen: der eine gehört in die Physik und bezeichnet eine Weltkraft; der andere gilt einer speziellen Anwendung dieser Kraft in der Therapie und gehört der Heilkunde.
Lassen Sie uns hier an den fünften dieser Briefe anknüpfen, wo ich Sie einlud, mit der Leuchte der gewonnenen Therorie in der Hand im raschen Durchfluge durch das verworrene Gebiet jenes sogenannten tierischen Magnetismus mich zu begleiten.
Sie wissen, daß, wo immer Sie mit Ihren Fingern einen Sensitiven berühren, eine fühlbare und im Finstern sichtbare Einwirkung auf ihn ausgeübt wird. Es ist aber nicht einmal notwendig, daß diese Berührung wirklich vollzogen werde, schon die bloße Annäherung Ihrer Finger bringt erhebliche Wirkungen hervor. Die Ausströmung, welche im Dunkeln sichtlich Ihre Finger weit überragt, erreicht unverzüglich den Körper, dem sie genähert werden, und wirkt auf ihn ein. Auf mehrere Zoll Abstand können Sie noch sehr kräftige Reize hervorbringen: aber auch auf einen Fuß, selbst mehrere Fuß Entfernung werden sie von Mittelsensitiven noch empfunden. Bei Hochsensitiven aber geht dies weit, auf Zimmerlänge, ja ich habe viele Fälle gehabt, wo die Wirkung auf die überraschende Weite von zwanzig, dreißig und mehr Schritten sich noch deutlich fühlbar machte.
Bis hierher betrachteten wir nur stillstehende Berührungen, Paarungen ohne Bewegung. Nun aber lade ich Sie ein, mit Ihren Fingerspitzen oder mit Ihrer flachen Hand oder mit einem Kristallpol oder mit einem Magnet von irgend einer Stelle am Leibe des Sensitiven zu irgend einer anderen eine Fortbewegung zu machen. Setzen Sie z.B. Ihre rechten Fingerspitzen
auf die linke Schulter Ihres Sensitiven und streifen Sie damit gelinde und langsam herab bis ins Ellenbogengelenk, oder wenn Sie wollen, den ganzen Arm hinab bis über die Finger hinaus. Wie bisher bei den unbeweglichen Berührungen, so hier bei der fortbewegten Berührung werden Sie auf der ganzen Linie herab eine Einwirkung hervorbringen, Sie werden einen kühlen Streifen bewirken, den man als eine Kette von unzählig vielen kühl gemachten Punkten betrachten kann. Dies nennen die Ärzte einen Strich. Tun Sie daßelbe auf anderen Stellen, über die linke Kopfseite, den linken Leib, den linken Fuß herab bis über die Zehen hinaus, so werden Sie entlang eine kühle Empfindung hinterlassen. Vollbringen Sie dieselben Bewegungen mit Ihrer linken Hand über die rechte Seite hinab, so erzeugen Sie hier die nämlichen Wirkungen wie dort; es sind beides ungleichnamige Paarungen. Nehmen Sie endlich Ihre beiden Hände zugleich und führen Sie beide angegebene Striche rechts und links zumal über den Sensitiven von der Stirn bis zu den Fußzehen hinab, so wird der ganze so gestrichene Mensch ein angenehmes Kältegefühl und Ruhegefühl über sich kommen sehen. Und dies nun, was Sie soeben getan haben, das ist es, was die Jünger Mesmers und alle sogenannten magnetischen Ärzte einen animalisch-magnetischen, einen mesmerischen Strich nennen. Sie können jetzt magnetisieren.
Es ist hierbei, wie Sie leicht einsehen, im wesentlichen gleichgültig, ob Sie den Strich mit den Händen oder mit Kristallpolen oder mit Magneten machen, ob Sie ihn unmittelbar auf der nackten Haut, über Kleider, aus Abstand einer halben Spanne, einer Elle oder mehr vollziehen. Immer wird der Art nach gleiche Wirkung erzeugt werden, nur der Stärke nach wird sie mit dem wachsenden Abstand abnehmen.
Der Einfluß also, den fremde, ungleichnamige Odemanationen auf die Seiten eines Sensitiven nehmen, macht das Wesen des sogenannten Magnetisierens aus. Wenn Sie es in der Finsternis tun, so sehen die Sensitiven die feurigen Büschel der streichenden Finger oder Pole über sich herabstreifen; sie sehen ferner da, wo diese Flammen gerade hinströmen, auf ihrem eigenen Leibe einen in stärkere Leuchte geratenden Fleck entstehen, der mit dem leuchtenden Erreger über sie hinunter läuft. Aus dieser Lichterscheinung sowohl als aus dem erzeugten Kühlegefühl erkennen Sie klar, daß der Streichende auf den Organismus des Gestrichenen einen Reiz ausübt, und zwar einen, den man einen bedeutungsvollen nennen muß: daß das Od, das mit blauem Lichte ausströmt, auf die Träger des Odes mit rotem Lichte, das ist ungleichnamiges auf ungleichnamiges, in ganz eigener Weise erregend einwirkt, und da der menschliche Leib ein starker Träger von Od ist, odisches Wesen mithin mächtigen Anteil an seinem Tiefinnersten hat, so begreift es sich, daß odische Striche tief in die psysische und geistige Ökonomie des Menschen eingreifen können. Erzeugung von Schlaf oder von Unruhe; Einflüsse auf krankhafte Störungen im Leibe, nützliche und schädliche Einwirkungen durch "Händeauflegen, Bestreichen und dergleichen" sind daher nicht ein "bedauernswertes Irrsal von Lug und Trug und Aberglauben", wie man anderwärts behaupten zu können vermeint, sondern sehr
naturgesetzliche und in der Erfahrung wohlbegründete physiologische Tatsachen. Nur diejenigen, welche sich nie die Mühe haben geben mögen, sie zu prüfen, können solch unreife Urteile darüber sich entschlüpfen lassen.
Fragen Sie mich aber nach dem wirklichen Gewinne, den die Heilkunde aus dem odischen Streichverfahren zieht, so hege ich zwar die Überzeugung, daß er unermeßlich groß werden kann, wenn die Physik und Physiologie des Odes erst entwickelt sein wird, verberge jedoch nicht das Bekenntnis, daß er mir bis jetzt noch ziemlich eingeschränkt und unsicher erscheint. Hört und liest man die Magnetiseure, so sind sie freilich, wie Mesmer schon vor 30 Jahren, so noch heute im Stande, fast alle Krankheiten zu heilen. Jeder Arzt, zu welcher Schule er immer gehören mag, bildet sich ein, wenn der Kranke gesundet, er und seine Kunst allein habe ihn geheilt; warum sollte der magnetische Arzt weniger Selbstzufriedenheit nähren? Wir anderen wissen wohl, daß unter zwanzig Genesenen neunzehn von selbst oder wohl trotz des Arztes wieder auf die Beine kommen. Soviel indes habe ich im allgemeinen als sicher gefunden, daß auf jedem Fleck des menschlichen Körpers, auf welchen man eine Hand legte oder bewegte, und zwar in odungleichnamiger Paarung, eine Steigerung der Lebenstätigkeit statthatte, und zwar nicht bloß eine oberflächliche, sondern eine, die bald tief hineinwirkte bis auf die innersten Organe. Wo also örtliche Erschlaffung statthat, dahin kann man Belebung und erhöhte Tätigkeit leiten. Dies ist ein großes und vielumfaßendes allgemeines Ergebnis, das einsichtige Ärzte zu würdigen wissen werden. In Krankheiten, die mit Somnambulismus, Katalepsie, Mondsucht und ähnlichen Nervenzuständen verbunden sind, zeigt sich odische Behandlung überraschend wirksam. Im besonderen alsdann erachtete ich den Einfluß des Odes auf Krämpfe für entschieden; ich habe sie unzähligemal willkürlich gestillt und willkürlich hervorgebracht. Aber wenn ich Ärzte am Krankenbette operieren sah, so habe ich sie, mit seltener Ausnahme, solche aller gesunden Physik des Odes zuwiederlaufende Sprünge machen sehen, daß es ganz unmöglich war, daß hieraus etwas Ersprießliches für den Kranken hervorgehen konnte. Ohne irgendwelche Kenntnis von dem Wesen und von den Gesetzen einer so verwickelten Kraft wie das Od; ohne alle Rücksicht auf die dualen Gegensätze in Streicher und in Gestrichenem; ohne Erwägung, wie vollständig der eine Pol den Wirkungen des andern entgegentritt und sie aufhebt; auf dem Wege eines fast blinden Tatonnements, was konnte da bis jetzt irgend Solides gewonnen werden? Hoffen dürfen wir aber, daß, wenn die Natur des Odes und seine Komplikation mit den Kräften des lebenden Organismus durch gründliche Forschungen erkannt und wissenschaftlich entfaltet sein wird, auch unsere Ärzte anfangen werden, an die Stelle des bisherigen Herumtappens ein rationelles Verfahren zu setzen, die Wirksamkeit des Odes auf den kranken Leib unter feste Gesetze zu bringen und für die Welt einiges verläßliche Heil aus diesen außerordentlichen Dingen zu ziehen, wie sie es schon so lange mit Recht davon erwartet.
8. Brief
Der Chemismus. Die Verdampfung mit der Destillation.
Die Gährung und Fäulnis. Grablicht.
Ich habe ihnen bereits gezeigt, was man unter animalischem Magnetismus versteht. Es ist keine magnetische, sondern eine odische Einwirkung auf den menschlichen Leib, die durch zahlreiche andere Odträger ebenso gut und mitunter viel besser ausgeübt wird als durch den Magnet, der dabei auch nur als gelegentlicher Odträger und nicht als Magnet wirkt. Lassen wir daher das unpassende Wort "tierischer Magnetismus" als obsolet fallen. Es stammt aus einer Zeit, wo man von diesen Dingen die dunkelsten und verworrensten Vorstellungen sich machte, und verträgt sich nicht mehr mit dem jetzigen Stande wissenschaftlicher Aufklärung darüber. Ehe ich Sie jedoch auf dieser Seite weiter in die Tiefe der Sache hineinführe, muß ich Sie zuvor mehr mit dem Umfange des Odes in der Natur bekannt machen.
Sie kennen Od, das ewig und unveränderlich aus unbekannter Ursache fortströmt, aus den Kristallpolen. Sie kennen solches, das aus allmählich sich schwächendem, aus schwindendem Quell herkommt, aus Stahlmagneten. Sie kennen endlich solches Od, das aus vergänglichem, aber lebendigem Borne quillt, aus organisch belebtem. Jetzt will ich Sie zu augenblicklich aufflammendem führen, das rasch wieder erlischt, und das ist das aus dem chemischen Hergange, dem Chemismus sage ich, hier wohl zu unterscheiden von Affinität, welches die chemische Kraft bezeichnet.
Öffnen Sie eine Flasche Champagner im Finstern Ihrem Sensitiven. Mit freudigem Erstaunen wird er einen Feuerstrahl sehen, der vom Flaschenmunde bis zur Zimmerdecke dem Fluge des Stöpsels folgt. Dann wird die ganze Flasche in heller Weißglut erscheinen, als ob sie aus leuchtendem Schnee wäre, und über ihr wird eine lichte wallende Wolke spielen. Da sie von all dem köstlichen Feuerwerk nichts sehen, so wissen Sie schon, daß es ein odisches Phänomen ist, und wollen Sie es verstehen, so folgen Sie mir auf einigen Versuchen. Werfen Sie im Finstern einen Löffel von feinzerstoßenen Zucker oder abgeknistertes Kochsalz in ein Glas Wasser. Von beiden sah Ihr Sensitiver vorher wenig, vielleicht nichts; so wie Sie sie aber im Wasser miteinander umrühren, wird er unverzüglich das Wasser samt dem Glase leuchtend werden sehen. Hält er es in der linken Hand, so wird er es stark kalt werden fühlen. Die bloße einfache Lösung also entwickelt Od, sie ist ein Odquell.
Stellen Sie einen Eisendraht, Kupferdraht, Zinkdraht in ein Glasgefäß, worin verdünnte Schwefelsäure ist. Der ganze Draht wird in
eine Art von Glut geraten, und aus seinem oberen Ende wird schnell eine Lichterscheinung heraustreten, der Form nach ziemlich ähnlich der Flamme einer gewöhnlichen Kerze, nur unendlich schwächer an Leuchtvermögen. Die Sensitiven verglichen sie mir oftmals mit den feinen, kaum sichtbaren Saume, in welchen eine gewöhnliche Kerzenflamme gehüllt ist und in dem die eigentliche Verbrennung vorgeht. Oben wird sie in Rauch mit vielen feinen Fünkchen übergehen, die vertikal in die Höhe strömen. Der Draht wird in der sensitiven Linken viel kälter erscheinen, als er zuvor war. Die Auflösung ist also ebenso ein Odquell. Machen Sie mit Brausepulver ein Sauserwasser. Erst lösen Sie im Finstern das doppeltkohlensaure Natron in einem halben Glase Wasser; alsbald wird es leuchten . In einem anderen halben Glase Wasser lösen Sie die Weinsteinsäure; es wird ebenfalls und noch stärker leuchtend werden. Wenn nach einigen Minuten beide wieder dunkel geworden, gießen Sie die Lösungen zusammen. Augenblicklich wird das Gemisch hellauf leuchtend werden, in der linken Hand eiskalt erscheinen, und eine mächtige, hellweißliche Wolke wird über dem Glase sich auftürmen. Die chemische Zerlegung also entwickelt heftig reichliches Od. - Machen Sie eine Lösung von Bleizucker und gießen Sie eine Lösung von Alaun hinein: augenblicklich wird die ganze Flüssigkeit im Finstern sichtbar erscheinen. Führen Sie von einem Voltaschen Apparate die beiden Polardrähte ins Wasser. Sobald die Zerlegung beginnt, wird Ihr Sensitiver das Wasser leuchtend und zunehmend heller werden sehen, das Gefäß aber wird er in der Linken kalt finden. Alle chemische Aktion also entwickelt Od. Der Chemismus ist ein heftiger, plötzlich auftretender Odquell, der aber unverzüglich wieder versiegt, so wie das Spiel der Affinitäten sein Ende hat.
Wenn von einer Flasche Alkohol, besser Äther, Schwefelkohlenstoff, Ätzammoniak, am besten von reinem Rupion von 0,65 spez.Gewicht, im Finstern der Stöpsel abgenommen wird und die Luft unter Abhaltung von Atemzügen ruhig ist, so sieht eine sensitive Person eine leuchtende Säule aus der Mündung lotrecht emporsteigen, um so rascher, je größer die Tension der Substanz ist. Während dies geschieht, wird auch die Flüssigkeit im Gefäße leuchtend. Aber nicht nur Stoffe, deren Verflüchtigung so rasch ist wie der genannten, sondern auch andere Körper, wie Quecksilber mit seinem äußerst schwachen Verdunstungsvermögen, treiben durch die Flaschenöffnung einen leuchtenden Rauch aus. Feste Stoffe, wie Kampfer, verhalten sich ebenso-, besonders ist es Jod, welches einen helleuchtenden Rauch ausstößt und gleichzeitig für sich leuchtend wird. Die Verdunstung und Verdampfung also, und folglich die Destillation geht unter beständiger Odentwicklung vor sich.
Jede gährende Zuckerflüssigkeit leuchtet beständig fort; die Luftblasen steigen darin wie glühende Perlen auf. Der jährende Weinmost ist eine solche chemisch tätige Flüssigkeit, die fortwährend in Leuchte steht. Das Aufgehen Ihres Champagners in Feuer und Flammen werden sie sich ohne mein Zutun erklären.
Aber auch die Fäulnis ist ein Gährungsprozeß; alles Faulende wird darum leuchtend. Das wissen wir zwar alle längst aus der Lehre von der Phosphoreszenz; aber wie nahe diese das Odlicht angeht, haben wir noch nicht besprochen, und wenn wir Nichtsensitive an faulenden Stoffen keine Spur von Phosphoreszenz mehr wahrnehmen, so stehen sie doch für die Sensitiven in vollem Lichtglanze.
Und da wir eben an der Verwesung sind, so haben wir nicht weit zu den Verstorbenen. Folgen Sie mir einen Augenblick ins Reich der Toten, auf mein Wort, Sie schnell zurückzuführen, bereichert mit einem lehrreichen Blick in ihr nächtliches Treiben. Sie wissen doch, daß die abgeschiedenen Seelen der Verblichenen eine zeitlang feurig auf ihren Gräbern herumwandeln, bis sie alles Irdische, das sie diesseits noch anging, gelöst, gesühnt, und die ewige Ruhe gefunden haben? Sie schauen mich zweifelhaft an? Mir aber ist es Ernst, denn diese Geister werden ja gesehen, Sie können genug der Zeugen vernehmen. Sie werden aber auch von Ihrer Amme gewiß gehört haben, daß es nicht jedermann gegeben sei, Gespenster und Seelen der Abgeschiedenen zu sehen, sondern daß nur gewisse Menschen auserwählt seien, ihrer ansichtig zu werden. Dies alles fiel mir warm aufs Herz, als ich mit guten Sensitiven über Fäulnis von Fischen arbeitete. Ich wollte wissen, ob ich mit den feurigen Toten nicht Bekanntschaft machen könnte. Fräulein Leopoldine Reichel willigte ein, in einer recht finsteren Nacht auf den Friedhof von Grinzing bei Wien, von meiner Wohnung nicht allzufern, geführt zu werden. In der Tat sah sie (November 1944) auf mehreren Gräbern feurige Erscheinungen. Darauf nach den ungeheuren Leichenhöfen von Wien gebracht, sah sie eine Menge Totenhügel mit beweglichen Leuchten besetzt. Sie machten gleichförmige Bewegungen hin und her, fast wie Reihen Tanzender oder exerzierender Soldaten. Einige waren groß, fast wie Männer, andere klein, am Boden kriechend wie zwerghafte Kobolde. Alle aber waren in den Reihen der Jüngeren Gräber, die alten Grabhügel trugen keine feurige Bewachung. Fräulein Reichel ging schüchtern und langsam darauf zu. Mit ihrer Annäherung zerflossen die menschlichen Gestalten: sie erkannte, daß es nichts anderes als leuchtende Nebel waren, wie sie in meiner Dunkelkammer tausendfältig gesehen. Nun wagte sie sich heran, sie fand nichts als hellen Dunst. In einen davon ging sie unerschrocken hinein: er ragte ihr bis an den Hals, sie konnte ihn mit den Bewegungen Ihres Kleides zerwehen. Der Tanz und das exerzieren lösten sich auf in die Bewegungen des Windes, der mit allen diesen Leuchten gleichförmig gespielt hatte. Ein andermal schickte ich vier sensitive Personen auf den Friedhof zu Sievering. Es war so finster, daß auf den Wege dahin mehrmals einige zu Boden fielen. Aber bei den Gräbern angekommen, sahen alle die feurigen gespenstischen Gestalten mehr oder minder stark, je nach der verschiedenen Höhe ihrer sensitiven Reizbarkeit. Sie fanden es wie leuchtende Luft auf jungen Gräbern. Eine von Ihnen zeichnete mit ihren Stockschirme Figuren in solche Grabhügel; die Striche blieben in verstärkter Leuchte über der aufgeritzten Erde zurück. Was war, was ist nun das? Gar nichts anderes
als die faulenden Miasmen, welche die Gräber aushauchen und die über ihnen in die Luft aufsteigen, wo der Wind mit ihnen spielt und die Furchtsamkeit ihre Schwankungen im Luftzuge wie Tänze lebendiger Geister ausdeutet. Es ist kohlensaures Ammoniak, Phosphorwasserstoff und andere bekannte und unbekannte Verwesungsprodukte, die bei der Verdunstung Odlicht entwickeln. Es ist einfach und klar Chemismus, der die Leichen zersetzt, sie teilweise gasifiziert und leuchtend in die Luft aushaucht. Ist die Verwesung zu Ende, so hören die Leuchten auf, die Toten sind gesühnt und kehren ein zur ewigen Ruhe. Aber, mein Freund, bei unseren alten Weibern haben wir etwas gut zu machen, ein Unrecht ihnen abzubitten. Die feurigen Geister über den Gräbern existieren also doch in Tat und Wahrheit; ihr Dasein kann nimmer geleugnet werden; wir müssen wohl oder übel es ihnen einräumen,und sie behalten Recht. Ja sogar, daß die Gespenster nicht von jedermann gesehen werden, sondern nur von Auserwählten (den Sensitiven), auch davon müssen wir beschämt die Wahrheit eingestehen. Nicht ihre Schuld ist's, daß wir so lange nicht begriffen, was sie uns seit Jahrtausenden beteuerten.
9. Brief
Der Klang. Die Reibung. Die Quellensucher.
Mit meinem letzten Briefe sind sind wir dem Aberglauben zu Leibe gegangen und haben ihn in einem Schlupfwinkel aufgesucht, in welchem er seit Jahrtausenden nistet. Heute will ich ihm noch einen solchen Streich versetzen. - Lassen Sie uns dem Umfang des Odes in der Natur weiter nachgehen. Ich hatte den Wiener Mechaniker, Herrn Euter, einen Mittelsensitiven, in der Dunkelkammer (Oktober 1351) und wollte prüfen, ob auch nicht der Schall mit dem Ode in einigem Verbande stünde. Ich brachte eine Luftpumpenglocke, faßte sie am Kopfe und schlug sie mit einem Schlüssel behutsam an. So wie sie erklang, wurde sie leuchtend und sichtbar, je stärker der Anschlag, desto heller die Leuchte. Ein Metallstab, ein Magnethuf, klingend angeschlagen, wuchs an Leuchte. Eine Metallglocke von starkem einschneidendem Klange, längere Zeit fortwährend angeschlagen, wurde so leuchtend, daß im ganzen Zimmer sich ein heller Schein verbreitete, den alle Sensitiven sahen. Auf einer angestrichenen Violine wurden nicht allein die Saiten, sondern der ganze Resonnanzboden leuchtend. Die klingenden Körper wurden nicht bloß für sich odglühend, sondern sie verbreiteten auch eine lichte Helle rund um sich her, sie waren wie mit einem Heiligenschein umgeben. Jedes Trinkglas, das ich mit einem Messer anschlug, wie man pflegt, wenn man Bediente herbeiruft, gewann eine Lichthülle, und eine um so hellere, je höher der Ton war, den das Instrument angab. Sie zeigte ein merkliches Zittern, wie der Schall selbst. An lichtesten war jedesmal gerade der Fleck, wo ich anschlug.
In solche Glocken von Glas und von Metall hinein ließ ich Sensitive die Hände stecken, doch so, daß die nirgends den Glockenkörper berührten. Schlug ich nun außen an und der Klang ertönte, so fand sich die Linke kühl, die Rechte lau angeregt. Die odische Gefühlswirkung trat also ein, und zwar im Sinne des blauen Sonnenstrahls, des oberen Kristallendes, des magnetischen gen Nordpols.
Noch lag die Aufgabe auf mir, die Verladbarkeit des Schallodes zu prüfen. Zu dem Ende stellte ich ein Glas Wasser mitten in eine Metallglocke hinein, die in der Weise gestellt war, daß ihre Kuppel sich unten befand, der Rand aber nach aufwärts schaute, so wie ein stehender Topf. Ich schlug nun die Glocke an und fuhr damit einige Minuten lang fort. Als ich hierauf das Glas Wasser heraus hob und Sensitive es kosten liese, fanden sie es wohlkülig,frisch und angenehm odnegativ geworden: es hatte also von Schalle odische Verladung empfangen.
Ich hatte mit einem Worte die Genugtuung, im Schalle einen neuen, sehr starken Odquell aufzufinden.
Ein andermal faßte ich die Reibung ins Auge und gab den Fräulein Maria Malz (Juli 1344) einen Kupferdraht in die linke Hand, an dessen anderes Ende ich ein Brettchen befestigt hatte. Als ich mit einem änlichen Brettchen darauf rieb, strömte Wärme durch den langen Draht in die sensitive Hand. Rieb ich den Draht selbst in der Finsternis an einem Schleifstein, der auf der Drechselbank lief, so wurde der ganze Draht odglühend und hüllte sich entlang in einen leuchtenden Schein. An seinem abgewendeten Ende stieg eine Leuchte empor von der Gestalt einer Kerzenflamme. Zur Gegenprobe nahm ich eine gläserne Barometerröhre, stellte sie mit einem Ende in ein Glas Wasser, mit dem anderen rieb ich sie einige Minuten an dem schnell umlaufenden Drehreibstein. Die ganze Röhre ward leuchtend samt dem Glase Wasser. Alle Sensitiven fanden es beim Kosten lau, bitterlich und ekel, und eine davon, die ich überredete, das Glas leer zu trinken, geriet kurz darauf in heftiges, wiederholtes Erbrechen. Sehr lebhafte Odentwicklung aus dem Quell der Reibung war also außer Zweifel. Dies führte in der Anwendung zu einem Ergebnis, von dem ich mir verspreche, daß es Ihnen Vergnügen gewähren wird. Ich wollte wissen, ob die Reibung von Flüssigkeiten auch Od verriete. In der Tat, verschlossene Glasgefäße, worin Alkohol, Äther, Essiggeist, Terpentinöl, Kreosot enthalten waren, wurden mit ihrem Inhalte alle leuchtend, als sie im Finstern geschüttelt wurden. Aber auch Wasser, in verstöpselten Flaschen geschüttelt, wurde leuchtend und in der linken Hand lauwidrig. So wie es wieder in Ruhe kam, wurde es in wenigen Sekunden unsichtbar und durch den Rückschlag kühlend.
Jetzt fiel mir etwas Seltsames ein-, erschrecken Sie nicht, es war nicht mehr und nicht weniger als die Wünschelrute, die tief verrufene. Die Wassersucher, die Wellenfinder stiegen mir in der Erinnerung auf. Wie, dachte ich, wenn geschütteltes Wasser Od in Bewegung setzt, könnte fließendes Wasser nicht vielleicht Gleiches tun? Es ist ja auch Wasser in Reibung. Dies zu prüfen, umwickelte ich eine Glasröhre dick mit Papier, gab sie an dieser Stelle in die linke Hand von Sensitiven und goß durch einen Glastrichter aus gläsernen Gefäßen oben Wasser hinein in fortdauerndem Strahl. Alle fanden, daß ihnen Wärme durchs Papier zukam, so lange ich zugoß, Kühle zurückkehrte, so oft ich zu gießen aufhörte. Machte ich den Versuch im Finstern, so ward das Wasser im Trichter während des Zugusses und sogleich im Laufe die ganze Röhre abwärts alles leuchtend. Es war kein Zweifel, im bloßen Durchlaufen durch eine Röhre entwickelte das Wasser Od. Meine Hoffnung wuchs. Jetzt nahm ich Fräulein Zinkel, eine Mittelsensitive, hinaus in den Park, der mein Landhaus umgibt. Ich kannte die Richtung einer Wasserleitung, die unter einer großen Waldwiese geführt, auf der Oberfläche aber unkennbar ist. Ich ließ sie nun langsam quer über die Wiese gehen, wobei sie die Richtung der Wasserleitung schneiden mußte. Als sie in deren Nähe kam, sah ich sie in
ihrem Gange stocken, vor- und rückwärts schreiten und endlich stehen bleiben. Hier, versicherte sie, empfinde sie bis zu den Knien herauf, besonders im linken Fuße, laue Widrigkeit, was auf der ganzen übrigen Wiese nirgends der Fall gewesen ist. Sie stand in der Tat genau über der Röhrenfahrt, durch welche eine Quelle eine halbe Stunde weit her der Meierei zugeleitet wurde. Ich wiederholte den Versuch mit mehreren anderen Sensitiven mit immer gleichem Erfolge, und siehe da, die Wünschelrute steht auf aus der tiefen Erniedrigung, in welche Unkenntnis und unverschuldeter Spott sie geschlagen! Nicht die Rute zwar als solche - das mag wohl nur Gewand sein, in welches sich die Wahrheit hüllte, allein desto gewisser Ihr innerer Kern, der da verborgen lag und der sich nicht zur Geltung zu bringen vermochte. Nun wohlan, es ist nichts anderes als die Wirkung des durch die Wasserreibung in Tätigkeit gesetzten Odes, dessen Bewegungen von Sensitiven empfunden werden. Monsieur Sourcier in Frankreich, der berühmte Quellensucher, Abbe Paramel, den man weithin im Lande kommen läßt und der das Wasserfinden zu einer bewundernswürdigen Fertigkeit gebracht hat, ist sicherlich nichts anderes als ein guter Sensitiver, so oft er über unterirdisches Wasser schreitet, das in Bewegung ist, empfindet er dessen odischen Einfluß auf seinen reizbaren Leib. Er kann, nach Maßgabe des größeren oder geringeren Reizes, auf größere oder geringere Tiefe, auf größere oder geringere Menge des Wassers schließen und hat es darin durch Ubung zu einer Fertigkeit und Sicherheit gebracht, die ihm die Bewunderung und den Dank der halben französischen Welt zuwandte. Sein Geheimnis, das ihm selbst ein Rätsel war und daß er zu verraten sich außer Stande sah, ist jetzt aufgedeckt, und vielleicht bald werden wir in Deutschland hunderte von Quellmännern und Quellfrauen haben, alle Hochsensitiven werden sich nach kurzer Übung vortrefflich dazu eignen. Und die Wünschelrute ist von nun an ein aller Welt enthülltes Gemeingut.
10. Brief
Die Wärme. Die Elektrizität.
Die gesamte Körperwelt als Odträger.
Es bedarf gewiß meines Zutuns nicht, um Sie auf die Rolle aufmerksam zu machen, die so mächtige Agentien wie die Wärme und die Elektrizität gegenüber dem Od spielen müssen. Die Verwicklung wächst jedoch hier so sehr, daß ich in dem engen Rahmen einiger Briefe keinen Raum für sie sehe und mich auf einige kurzgefaßte Tatsachen werde beschränken müssen. Bringen Sie ein Becken mit glühenden Kohlen einem Hochsensitiven entgegen, oder zünden Sie in seiner Nachbarschaft Weingeist an, oder führen Sie ihn in Abstand von einigen Schritten vor ein Holzfeuer, oder werfen Sie ihm gegenüber einige Kaliumkugeln auf Wasser und fragen Sie ihn nach der Empfindung, die ihm all dies verursache. Gewiß erwarten Sie, daß er Ihnen antworte: Wärme. Sie und Ihr Sensitiver werden aber betroffen sein, fühlen und hören zu müssen, nicht Wärme sondern Kühle sei die vorherrschende Empfindung, die ihn durch all dies Feuerwerk erzeugt werde. Geben Sie ihm einen leichten hölzernen Stab, etwa ellenlang; an einem Ende soll er ihn in die linke Hand fassen, am andern soll er ihn anzünden. Er wird finden, daß er ihn in der Hand kalt wird, während er brennt. Geben Sie ihm statt dessen eine Eisenstange, einen Glaßtab, eine Porzellanröhre in die Hand und lassen Sie ihn dieselbe über der Zugröhre einer Argandschen Lampe erhitzen. Er wird Ihnen mit Kopfschütteln sagen: sie werden alle kalt. Die Erklärung dieser Anomalie im Wärmegesetz ist einfach die, daß die Erhitzung, wie der Akt der Verbrennung, Od entwickelt. Führen Sie einen Metalldraht von etwa Strohhalmdicke so in die Dunkelkammer, daß ein Stück davon innen und ein anderes außerhalb ihr endet, etwa durch ein enges Loch der Türe hindurch.Das Äußere führen Sie auf eine Glutpfanne und erhitzen es über ihr. So wie die Erwärmung außen beginnt, wird Ihr Sensitiver im Finstern Ihnen das Auftreten eines leuchtenden Flämmchens auf der bei ihm befindlichen Drahtspitze melden. Ohne mich aufzuhalten will ich zur Elektrizität eilen, doch auch nur, um sie mit wenigen Zügen abzufertigen. Die vorwaltende Empfindung, welche alle Sensitiven äußern, wenn Sie in die Nähe von positiv, elektrisierten größeren Körpern geführt werden, ist Kühle. Ein geriebener Elektrophor aber gibt Läue, während der Pelz Kühle aushaucht Schlagen Sie Ihrem Sensitiven einen Harzkuchen stark mit einen Fuchsschwanz in der Finsternis und lassen Sie ihn denselben von der Seite beschauen. Sie werden hören, daß er davon eine flammenartige leckende Leuchte aufsteigen sieht, etwa 1,5 Fuß hoch. Der Schwanz wird einer
weißleuchtenden Walze gleichen. Die Kuchenflamme wird nach einigen Minuten verschwinden. Aber während sie lodert, wird sie einen leuchtenden Rauch von sich geben, der bis zur Zimmerdecke aufsteigt und dort eine große erhellte Platte verursacht, wie Sie es von Kristallen und Magnetpolen wissen. Ich habe eine größere Elektrisiermaschine,die mit dem Stativ auf dem Zimmerboden steht, ebenso der Konduktor. Das Ganze macht somit ein etwas großes Gerüst. Steht die Maschine ruhig, so sehen Mittelsensitive davon im Finstern fast nichts; wird die Scheibe so langsam in Bewegung gesetzt, daß nirgends elektrisches Licht sichtbar werden kann, so wird dennoch das ganze Bauwerk weißleuchtend. Einige Sensitive machten die sonderbare Vergleichung mit einem geladenen Kalkwagen, der einen ähnlichen, durchaus weißen Anblick gewährt. Eine geladene Kleistsche Flasche erschien durch und durch leuchtend. Ein langer Eisendraht, durch die Dunkelkammer geführt, mit seinen beiden Enden aber außerhalb derselben, durch den ich von außen eine Flaschenladung entlud, wurde nach jedem Schlage entlang auf die Dauer von vier bis fünf Minuten weißleuchtend. Im Augenblicke der Entladung sehen die Sensitiven eine blitzschnelle stärkere Helle an ihm hinfahren, wovon sie mir genau die Richtung, von der inneren Belegung nämlich nach der äußeren, anzugeben vermochten. Von der Voltaschen Säule will ich hier nur das eine anführen, daß der geschlossene Polardraht nicht bloß für sich glutleuchtend wird, sondern daß er außerdem mit einer schraubenartigen Leuchte umgeben ist, die heftig strömend um ihn herumeilt. Man sollte glauben, daß diese einzige Tatsache die Physiker zur lebhaftesten Teilnahme veranlassen müßte. Was sie mit unendlichem Aufwand von Scharfsinn erschlossen haben, das kann hier jedes sensitive Kind so zu sagen mit Händen greifen und ihnen als Sinnenanschauung mit allen Nebenumständen schildern: die Ampereschen Schrauben des Voltasschen Stroms. Und endlich werden sich ja doch wohl auch einige sensitive Physiker finden, wie ich schon wenigstens ein Dutzend sensitive Ärzte gefunden habe. Wie lange es aber noch dauern wird, bis das Interesse der Physiker in Bewegung gelangt, das weiß ich nun freilich nicht. Wärme und Elektrizität sind also kräftige Odquellen, aber den Reichtum der Erscheinungen, die sie darbieten, hier auseinander zu setzen, muß ich mir für jetzt versagen.*) Statt dessen will ich Sie zur letzten und wichtigsten dieser Odquellen führen.
Der jetzige Österreichische Offizier, Herr Anschütz, ein guter Mittelsensitiver, lag krank in Baden; während dessen hatte sich seine Reizbarkeit überaus gesteigert. Schlaflos auf dem Lager liegend, fiel es ihm auf, daß er jedesmal dann, wenn die Nächte recht finster waren, die Beschläge, Angeln und das Schloß seiner gegenüberstehenden Tür wahrnahm, während er sonst nichts anderes im Zimmer zu erkennen vermochte.
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*) Näheres hierüber in der schon angeführten Schrift Reichenbachs: »Physikalisch-physiologische Untersuchungen über die Dynamide des Magnetimus, der Elektrizität.
Er erkannte, daß sie einen Schein hatten, daß sie als Selbstleuchter wirkten. Andere, aber nur Hochsensitive, sahen alle Möbelbeschläge, alle Schlüssel, alle vergoldeten Gegenstände in Ihren Zimmer, jeden Nagel an der Wand leuchten und kleine Flämmchen oder leuchtenden Rauch außenden. Ich stellte eine kleine Musterkarte von mehreren Metallen zusamen. Sie wurden von Hochsensitiven alle schwach leuchtend gefunden, einige mehr, andere weniger helle, aber allen sichtbar. Ein Glasschrank mit Silbergeschirr aller Art angefüllt erschien in der Finsternis nach und nach ganz voll feinen Feuers. Versuchte ich Körper von anderem Charakter, Kohle, Selen, Jod, Schwefel, so wurden auch diese leuchtend gefunden. Das Ansehen dieser Körper war wie bei der Phosphoreszenz dem Glühen ähnlich, so daß sie wie durchscheinend aussahen; man konnte in sie hineinschauen. Nächst dieser Glut wurde von den Hochsensitiven rund um diese Stoffe her dieselbe flammenähnliche, in Rauch sich verlierende Lichtemanation beobachtet, welche uns schon von konzentrierten Odausflüssen bekannt ist. Auch hier wie dort ließ sie sich durch Hauch und Luftbewegung zerflackern und verwehen und war in manchen Fällen fähig, die Finger, zwischen welche die Körper gefaßt wurden, zu beleuchten. Von Farbe wurden sie keineswegs gleich gefunden, und dies gab ein sicheres Mittel ab, die Genauigkeit der Beobachtungen zu kontrollieren. So wurde alles, was von Kupfer war, rotglühend gesehen, mit grüner Flamme umhüllt; Zinn, Blei, Palladium und Kobalt blau: Wismuth, Zink, Osmium, Titan, Kalium rot; Silber, Gold, Platin, Antimon, Cadmium weise; Nickel, Chrom grünlich, ins Grüngelbe ziehend, Eisen beinahe bunt, mit Regenbogenfarben spielend; Arsen, Kohle, Jod und Selen rot, Schwefel blau, dieser selbst von Mittelsensitiven oftmals blau gesehen. Aber auch zusammengesetzte Stoffe leuchteten, einzelne auffallend stark, z.B. Theobromin weiß, Parabansäure auffallend schön blau, gebrannter Kalk rot. Ich stellte mehrere hundert chemische Präparate in eine dichtgereihte tragbare Sammlung, bewahrte sie im Finstern und schloß sie nur in Finstern der Dunkelkammer wieder auf. Mittelsensitive sahen nur einzelne davon, Hochsensitive aber alle ohne Ausnahme schwächer und stärker leuchten. Selbst die gemauerten Wände der Dunkelkammer erschienen nach längerem Aufenthalt im Finstern fein weißlich leuchtend. Dies ging soweit, daß meine Seher am Ende alles im Zimmer wie in einer Dämmerung gewahrten, ja mich, der ich schlechterdings gar nichts sah, am Arm nahmen und mit größter Sicherheit zwischen meinen Apparaten herumführten.
Alles also leuchtet, alles, alles! Wir sind in einer Welt voll leuchtender Materie. Wie in der Sonne eine heftige, so auf der Erde eine äußerst schwache Lichtaussendung findet ganz allgemein von allen statt, was da vorhanden ist. Am schwächsten leuchten lockere Körper, wie Baumwollzeuge, Wollgewebe, Holz, Lehm; alle Steine sind Licht, am hellsten unter den amorphen Körpern leuchten die Metalle und die einfachen Stoffe überhaupt. Diese Quelle des Lichts aus allem Ding, das ja ist, ist schwächer an Intensität als alle vorher engegegebenen, aber dafür unendlich an Ausdehnung.
Und die Leuchte ist odisch? Sie ist es, weil sie alle Charaktere derselben an sich trägt, auch die Gefühlseinwirkung aller Odträger.
Legen Sie Metalle, welche Sie wollen, legen Sie Schwefel, Jod, Kohle, Graphit auf irgend ein Brettchen, etwa von Lindenholz, und lassen Sie stark sensitive Personen die hohle linke Hand zunächst darüber halten, so werden Sie vernehmen, daß sie sich kühl oder lau, angenehm oder widrig davon affiziert fühlen, am stärksten von den hellst leuchtenden, am schwächsten bis gar nicht von den mattest leuchtenden. Oder geben Sie ihnen abwechselungsweise Körper aller Art, feste und flüssige, offen oder in Gläser eingeschmolzen, in die entblößte oder mit Handschuhen bedeckte Hand. Sie werden jeden anders empfinden, kühler und lauer, angenehmer und widriger, mitunter viele mit eigentümlichen Nebenwirkungen verbunden, z.B. Schwefel, Brom, doppelchromsaures Kali, Sauerstoffgas, Arsen, Quecksilber, Kupfer. Aber alles werden sie nach seinem odischen Charakter durchs Gefühl unterscheiden und abstufen.
Also nicht bloß auf speziellen Quellen fließt konzentriertes Od, sondern es ist eine allgemeine Beigabe der ganzen Natur, ein ungleich verteiltes, aber allverbreitetes Dynamid, wie es Wärme, wie es Elektrizität, Licht etc. sind. Es durchdringt und erfüllt das Weltgebäude im kleinsten wie im größten.
11. Brief
Einzelne Stoffe von größerer odischer Wirksamkeit.
Metalle, Spiegel, Geschmeide, Kupfer, Messing und Eisengeräte.
Erzlager und Bergbau. Ausbildung der sensitiven Gefühle.
Erinnern Sie sich noch, wie ich Ihnen sagte, daß manchmal das schönste Mädchen den Spiegel fliehe? Aus dem Inhalte meines letzten Briefes werden Sie die Erklärung dieser seltsamen Erscheinung geschöpft haben. Das Quecksilber ist eines von jenen Metallen, die am meisten lauwidrig auf sensitive Menschen reagieren. Nähert sich ein solcher einer großen Spiegelfläche, so empfindet er über seinen ganzen Körper die peinliche Quecksilberwirkung ausgegossen. Es ist ihm, als ob ein lauer, ekler Hauch ihn anginge; er fühlt sich weggedrückt und weggetrieben, und will er dem Trotz bieten, so ergreift ihn Magenweh, Übelkeit, Kopfschmerz, selbst Erbrechen, er muß weichen. Dies geht soweit mit der zunehmenden Erfahrung, daß es bei Hochsensitiven bis zum Schauder vor dem Spiegel führt, ja, daß sie ihn verhängen, wenn sie ihn nicht wegschaffen können.
Auch zu dem Ekel vor Esslöffeln aus Packfong, Argentan, Neusilber, Chinasilber wollen wir jetzt einen Blick zurückwerfen. Kupfer, das in allen diesen Zusammensetzungen den Grundbestandteil ausmacht, ist ein vorzugsweise stark odischer Körper, der sehr widrig lau und ekelerregend reagiert. Mag man galvanische Versilberung darauf tragen, so viel man will, dies ist alles umsonst; das Kupfer wirkt odisch durch, wird schon Mittelsensitiven unerträglich und erzeugt Hochsensitiven nicht selten Magenweh, ja Zungenkrämpfe, Mundsperre. Oft genug habe ich von sensitiven weiblichen Personen gehört, daß sie kein Geschmeide tragen können, weil es ihnen peinlich wird; daß sie keinen metallenen Fingerhut aushalten, sondern einen elfenbeinenen haben müssen; daß sie keine stählene Planchette anlegen können, daß sie keinen stählenen Haarkamm vertragen, ja, daß sie nicht einmal Haarnadeln in ihren Kopfputz zu dulden vermögen - alles dieses einzig der lauwidrigen odischen Reaktion wegen.
Für sensitive Mädchen, die im Haushaltungsdienst beschäftigt sind, sind messingene Mörser, kupferne Kochgeräte, am meisten metallene Bügeleisen Gegenstände des Abscheues. Der geachtete Fabrikherr zu Azgersdorf bei Wien, Herr J.Fichtner, ein guter Mittelsensitiver, hat aus seiner Küche alle Messinggeräte entfernen lassen, es ist ihm unleidlich, Speisen oder Getränke zu genießen, die in messingenen Gefäßen bereitet worden sind. Hochsensitiven kann man Metalle unter Papier,
Leinwand oder jeder anderen leichten Bedeckung verbergen, sie sind jedesmal im Stande, ohne Berührung, nach dem bloßen Gefühle ihrer darüber gehaltenen hohlen linken Hand, die Stellen aufzufinden, wo die Metallstücke liegen.
Fällt Ihnen dabei nicht unwillkürlich der neunte dieser Briefe ein, wo ich von der Wasserreibung und Monsieur Sourcier sprach? Gesetzt, es lägen unterm Boden nicht tief unter der Oberfläche, etwa in einem Keller, Metalle, Geld in einiger Menge vergraben, so ist gar kein Zweifel, daß ein Hochsensitiver sie durch das Gefühl noch leichter und schneller finden würde, als meine Mittelsensitiven die Wasserleitung durch den Park fanden. Nehmen Sie nun den Fall, nicht allzutief unter der Erdoberflläche fließe ein Gang von Bleiglanz, von Kupferkies, von Rotgültigerz und dergl. aus, wie sie sich so oft wenige Fuß unter der Dammerde verborgen finden, und ein Hochsensitiver schritte mit einiger Aufmerksamkeit darüber, können Sie nach dem, was Sie nun wißen, noch einen Augenblick zweifeln, daß er sie empfinden würde und die Stelle, wo sie liegen, genau angeben könnte? Aber auch andere Dinge, Ausbisse von Steinkohlenflötzen, werden auf einen für Od sehr reizbaren Menschen anders einwirken als der Sandstein und der Schieferton, in denen sie eingelagert sind. Er wird, wenn er vorher die odischen Gefühle, welche Kohlenmaßen auf ihn hervorbringen, beobachtet und sich zu eigen gemacht hat, es sogleich erkennen, wenn er ein solches Lager überschreitet. Kein anderer Mensch wird etwas davon wahrzunehmen vermögen, aber ein Hochsensitiver wird mit voller Bestimmtheit ansagen: da oder dort befindet sich unterm Boden dieses oder jenes Mineral, und die Nachgrabung wird dies scheinbare Wunder rechtfertigen, das bis jetzt um so staunenswürdiger erschien, als der Finder selbst, weder sich noch viel weniger andern, irgend befriedigende Rechenschaft darüber zu geben im Stande war. Das Wunder ist nun aufgedeckt - es ist nichts als ein rein physiologischer Einfluß des odischen Dynamids auf das menschliche Nervengebäude. Er wirkt auf einen dunklen Sinn, worüber man nicht Aufschluß zu geben im Stande ist, und eine Menge instinktartige Vorkommnisse bei Tieren werden auf demselben Wege ihre Erklärung finden, auf welchem ich hier die der Metall- und Erzfinder gebe. Und nun, mein Freund, da haben Sie vollends die letzten Geheimnisse der Wünschelrute; nicht zwar der Rute als solcher im wörtlichen Sinne und ihres angebliches Neigens, Drehens und Anschlagens - das war wohl kaum etwas anderes als der Hokuspokus dabei für die neugierige Menge, der die Vielbefragten etwas Handgreifliches hingeben mußten - aber den bisher tiefverborgenen haltbaren Kern der Sache. Sie sehen daraus, welche überaus praktische Bedeutung die Sensitivität gewinnen muß und welche Rolle ihr bevorsteht. Diese Leute, an deren äußerster Spitze endlich die Kataleptischen, die Mondsüchtigen, die Schlafwandler stehen, werden bald gesucht, gekauft, gezahlt werden, wie Wohltäter ihrer Umgebungen, ihrer Gegenden, ihres Landes. Dem Bergbau zunächst verspricht diese Entdeckung einen ungemeinen Aufschwung, und dies nicht bloß in Aufdeckung neuer Erzlagerstätten,
sondern auch für den inneren Grubenbetrieb selbst, wenn das Flötz verfahren wird, wenn die Gänge sich verwerfen, wenn die Nester ausgebaut sind. Wohin soll man sich wenden, um neue Anbrüche aufzuhauen? Wo hat man das verlorene Trumm wieder zu suchen, in Hangenden oder im Liegenden? Über alles das läßt, die rationellste Grubenkunde den Bergmann nur zu oft im Stiche; sehr oft aber wird ein einigermaßen in die odischen Sensationen eingeübter Sensitiver augenblicklich auf die rechte Fährte zurückverhelfen.
Das sensitive Gefühl ist einer ungemeinen Ausbildung fähig. Wenn ich neue Leute bekomme, so sind ihre Angaben bisweilen auffallend schwankend. Nach zwei, drei Sitzungen gewinnt alles schon Klarheit und Bestimmtheit. Aber längere Beschäftigung mit diesen Empfindungen gewährt Deutlichkeit und Fertigkeit, und ich habe Mittelsensitive, welche durch sechs- und siebenjährigen Umgang damit eine Schärfe der Unterscheidung erlangt haben, in der sie es neuen Hochsensitiven öfters zuvortun. Solche Menschen werden künftig in Beziehung auf Fälschung von Waren von großem Nutzen sein. Schon jetzt ist eine gute sensitive Person sehr leicht im Stande, reines Silber oder Gold von solchem zu unterscheiden, das mit Kupfer legiert ist. Dies kann aber für Mischungen aller Art ausgebildet werden, so sehr, daß z.B. in einer Apotheke die Vorräte unterschieden werden könnten, ob sie die wirksamen Prinzipe enthalten oder verloren haben. Ja, ich werde Ihnen vielleicht später zeigen, welche überraschende Erkennungen an Kranken durch das bloße Gefühl gesunder Sensitiver erlangt werden.
12. Brief
Verladung den Odes auf feste Körper, auf Wasser, auf Luft, Atem,
Kleider und Betten, Durchleitung des Odes.Annäherungsverladung und Durchleitung.
Sie kennen jetzt die wichtigsten Odquellen, wenigstens so weit es mir bis jetzt gelungen ist, sie aufzufinden. Die Kristalle, Sonne und Mond, Magnete, Pflanzen, Tiere und Menschen, der Chemismus samt Gährung und Verwesung, der Schall, die Reibung mit der Wasserbewegung, die Wärme, die Elektrizität, zuletzt die ganze Körperwelt in abgestufter Stärke - sie alle senden die merkwürdigen fühlbaren und sichtbaren Erscheinungen aus, die wir keinem der bekannten Dynamide einreihen können, die aber einen gemeinschaftlichen Gesichtspunkt darbieten, von welchem aus sie Zusammengehörigkeit erkennen lassen und daher als eine für sich bestehende physikalische Disziplin behandelt werden müssen. Das Prinzip, das als ihnen zu Grunde liegend gedacht werden muß, wollen wir nun nach einigen seiner Eigenschaften betrachten.
Die nächste, auf die wir stoßen, ist die seiner Überführung von einen Körper auf den anderen, das ist seine Verladbarkeit. Ein Körper, der heiß oder der elektrisiert ist, macht einen anderen, den man mit ihm in Berührung setzt, auch heiß, auch elektrisiert; man sagt dann, die Dynamide lassen sich verladen. Ähnlich verhält sich das Od. Sie haben gesehen, daß ein Glas Wasser, an die Pole der Kristalle oder Magnete gehalten oder mit einem geriebenen Glasstabe verbunden, oder in Sonne oder Mondlicht gestellt, in die blauen oder roten Regenbogenfarben gebracht, odische Beschaffenheit annahm. Sie können aber jeden anderen beliebigen Körper jenem Glase Wasser unterschieben. Nehmen Sie ein Stückchen Holz, einen Knäuel Garn, Ihre Taschenuhr, eine Porzellanschale, einen kleinen Stein, ein Stückchen Zucker, was Ihnen immerhin zufällig in die Hände geraten mag, lassen Sie es erst eine sensitive Hand einen Augenblick fassen und prüfen, bringen Sie es kurze Zeit, einige Minuten, vor einen odausgebenden Pol, und dann geben Sie es dem Sensitiven in dieselbe Hand zurück. Er wird es verändert finden; er wird sagen, daß er es wärmer oder kühler zurückempfange. Und bemerken Sie wohl, er wird es gerade in den Sinne verändert finden, in welchem die Odquelle auf ihn gewirkt haben würde, welcher Sie den geprüften Gegenstand aussetzten, und nicht im entgegengesetzten, wie dies in solchen Fällen der Magnetismus im Eisen bewerkstelligt. Es findet also nichts anderes statt, als daß der odausgebende Pol den in seinen Wirkungskreis gebrachten indifferenten Gegenstand in denselben odischen Zustand versetzt hat, von den er selbst überfloß. Dies ist
Mitteilung, Verladung, hier wohl zu unterscheiden von Induktion. Erstere ist odische Wirkung, letzteres ist eigentümlich magnetische Einflußweise auf andere Körper. Alle die verschiedenen Gläser Wasser, die Sie mancherlei Odquellen ausgesetzt sahen, wurden also mit Od geladen, geodet, und die Veränderung, die in ihnen vorging, muß betrachtet werden als analog jener, welche in einem Glase Wasser stattfindet, wenn man es erwärmt oder erkaltet. Es ist daßelbe Wasser, nichts Greifbares ist hineingekommen. Eine dynamidische Umstimmung nur ist damit vorgegangen; aber merkwürdig genug, eine Umstimmung, die gleichwohl auf den Geschmacksinn wirkte.
Sie sind, wenn Sie sich des dritten und vierten dieser Briefe entsinnen, etwas schmollend von den Chemikern geschieden. Ich denke, Sie werden sich jetzt mit ihnen aussöhnen. Die Änderung in geodetem Wasser ist keine stoffliche, sie kann nicht mit chemischen Reagentien erreicht werden. Sie ruht bei weiten tiefer im Innern der Natur und ist eine so verborgene, daß sie für uns und die gesamte Chemie weit jenseits der Grenzen des Begreiflichen und des Erklärbaren liegt. Sie können dies auch auf Leuchte prüfen. Führen Sie einen Kupferdreht mit den einen Ende in die Dunkelkammer, das andere lassen Sie außerhalb derselben an Tageslichte, und bringen nun an dieses nacheinander einen starken Kristallpol, einen Magnetpol, eine Ihrer Hände, oder gehen Sie mit einer Feile reibend darüber, oder stecken Sie ihn in ein Glas, worin Sie ein Brausepulver bruchteilweise anmachen, oder halten Sie ihn über ein Kohlenfeuer, oder bringen Sie ihn in die Verteilungssphäre des elektrischen Konduktors. - In allen diesen Fallen wird Ihr Sensitiver in der Finsternis den Draht leuchtend werden und an seinem Ende ein rauchendes Flämmchen mit Funken versetzt so lange ausströmen sehen, als Sie die Einwirkung auf den Draht fortsetzen. Das auf den Draht verladene Od wird ihn in höhere Leuchte versetzen, wird aus seiner Endspitze für das sensitive Auge sichtbar ausströmen und sich in die Luft zerstreuen.
Auf gleicher Weise geht aus Ihren Fingerspitzen, aus Ihren Fußzehenspitzen, aus Ihrem ganzen Leibe fortwährend Odausströmung in die Luft. Diese Entweichung in dieselbe ist nichts anderes als eine wahre Verladung von Od auf die Luft. Eine der stärksten Verladungen dieser Art geschieht durch den Atem alles dessen, was lebt. In den Lungen geht bekanntlich eine sehr lebhafte chemische Tätigkeit vor sich. Od tritt also nach seiner Regel in Bewegung und verlädt sich auf die Respirationsluft, die dann in starker Beladung ausgeatmet wird. Frau Cäcilie Bauer, die sehr kräftige, kerngesunde und dabei stark sensitive Gattin eines Gastwirts in Wien, erzählte mir mit einiger Ängstlichkeit, wenn sie in finsterer Nacht erwache und nichts zu erkennen vermöge, so sehe sie doch immer ihren schlafenden Mann und ihr Kind wie leuchtend neben sich liegen und aus den Munde von beiden gehen bei jeden Atemzug leuchtende Dunstwolken empor. Das ist der odisch geladene Atem, den fast alle Sensitiven in Finstern wie Tabakwölkchen aus ihren eigenen Munde quellen sehen.
Denken Sie sich nun zurück zu meinem ersten Briefe in den gefüllten Wagen eines Omnibus oder der Eisenbahn, worin ein Sensitiver zwischen anderen Menschen eingeklemmt sitzt, dem die Rückwirkung alles gleichnamigen Odes peinlich wird. Nun aber wird die Luft in engem, geschlossenem Raum in ganz kurzer Zeit von den vielen menschlichen Gliedern und von dem Hauche sämtlicher Lungen odisch vollständig geladen und überladen. Nicht einen Atemzug kann der Sensitive mehr tun, mit welchem er nicht ebenso stark schon geladene Luft einzöge, als auszuhauchen ihm unerläßliches Bedürfnis ist und denken Sie sich jetzt in die Lage des Gequälten, wenn ihm das Öffnen eines Wagenfensters verweigert wird. Er sitzt auf einer Folterbank, und niemand erkennt seine Pein an. Sie aber werden von nun an ihm Ihr Mitgefühl und Ihre Hilfe zuwenden. Ebenso wird es Ihnen jetzt klar geworden sein, warum ein höherer Sensitiver in vollen Gesellschaften nicht aushält, am allerwenigsten in Räumen, deren Decke nicht sehr hoch ist. Die Luft wird bald odisch überladen; ihm wird bange, heiß, unleidlich, und kann er nicht fliehen, so wird er mißlaunisch, gereizt und ärgerlich beim geringsten Anlasse. Je länger er weilen muß, desto höher steigt seine Verstimmung.
So geht es den Sensitiven im Bette. Sie laden mittels Ihrer eigenen Odausströmungen ihre Pfülben, Decke und Lager. Dies wird bald widrig und beunruhigt sie. Sie wenden und drehen sich hin und her die ganze Nacht hindurch, kommen um ihr Bedeckung, und erst wenn sie bloß liegen, werden sie einigermaßen ruhig.
Ein Mensch von hoher Sensivität ist immer ein unruhiges Wesen, wörtlich ein mauvais coucheur, und muß es aus Naturell sein. Er lädt von sich selbst aus immer alle seine Kleider gleichnamig odisch mit dem Gliede, das sie bedecken. Kleider und Glieder in gleichnamiger Ladung reagieren gegenseitig lauwidrig aufeinander. Der Sensitive erleidet also in der Ruhe beständig Belästigung und findet nur in der Bewegung einige Erleichterung durch Fortschaffung von Od in die Luft. Er verträgt darum wenig Bekleidung, und alles will ihm immer zu viel werden. Nach beständigem Wechsel der Lage und der Beschäftigung fühlt er einen immerwährenden Drang.
Das Od läßt sich nicht nur verladen auf alle anderen Körper, es läßt sich auch durchleiten. Einen Beweis davon haben wir schon erhalten, als Ihr Sensitiver einen Stab in den Sonnenschein hielt. Das Od vom Sonnenschein (Heliod) ging durch den Stab hindurch in seine Hand. Setzen Sie aber einen künstlichen Stab zusammen, reihen Sie an einen Holzstab eine Metallstange, an diese fügen Sie eine Wachskerze und zuletzt hängen Sie noch eine Seidenschnur daran. Geben Sie diesen vierfach zusammengesetzten Stab am Holzende in die linke Hand des Sensitiven, und nachdem er innerhalb einer halben Minute sich damit vertraut gemacht hat, fassen Sie die Seidenschnur mit Ihren rechten Fingern. Nach einigen Sekunden werden Sie hören, daß der Stab kühl werde. Legen Sie statt dessen ihre linken Finger an, so wird er umschlagen und lauwidrig werden. Bringen Sie die Seidenschnur auf Kristallpole,
in die Iris, in Mondschein, in ein Brausepulver, auf Schwefel, überall her werden Sie die dem Odquell entsprechenden Wirkungen zuleiten, sie werden durch alle die verschiedenen Leitungsstoffe der sensitiven Hand zufließen. Sie können auch Leitstangen aus Schwefel, aus Glas, Seide, Harz, Guttapercha und jedem beliebigen idioelektrischen Körper zusammensetzen, sie werden alle eben so gut Od leiten wie die Metalle. Es gibt keinen Isolator für dieses Dynamid. Darin liegt die Schwierigkeit, die es jeder Untersuchung entgegenstellt.
Bei alledem ist es nicht einmal nötig, daß Sie den Stab, dessen Ende der Sensitive in der Hand hält, mit den Odträgern wirklich in Kontakt setzen, es genügt sogar bloße Annäherung. Geben Sie ihm einen Glasstab in die Hand und nähern Sie ihm am anderen Ende Ihre Fingerspitzen, ohne ihn irgend zu berühren. Alsbald werden Sie erfahren, daß Sie, zwar etwas schwächer, jedoch qualitativ ganz gleiche Wirkung auf Stab und sensitive Hand ausüben. Bringen Sie einen Kristallpol, eine Katzenpfote, eine Gabe in Glas eingeschmolzenes doppelchromsaures Kali, ein Stück Schwefel, eine Flasche gährenden Weinmost nur in die nächste Nähe eines solches Stabes, und sogleich wird die sensitive Hand die entsprechende Reaktion empfinden. Dies stimmt überein mit den leuchtenden Ausströmungen aus allen diesen Odquellen. Gute Leiter, wie Metalle, Glas, Seide, werden von jeder stärkeren Verladung oder Durchleitung leuchtend und umgeben sich entlang mit einer lichten Dunsthülle, möge durch wirkliche Berührung oder nur durch Annäherung auf sie eingewirkt werden.
13. Brief
Odischer Dualismus.
Odchemische Reihe der einfachen Stoffe.
Unipolarität jeder einzelnen. Alkalien und Säuren.
Magnetpole, Kristallpole, lebendige Pole.
Linke und rechte Hand.
Wo man nur immer in der Natur den Blick hinwirft, trifft man auf duale Gegensätze; auch auf dem Felde, auf dem wir hier uns ergehen, fehlen sie nicht. Schon sind Sie ihnen einzeln begegnet bei den Kristallen, bei den Magneten, auf den beiden Hälften der Tiere und Menschen, wo Sie immer einerseits rötlichgelbes Odlicht mit laudwidrigen Gefühlen, andererseits blaues Licht mit Kühle vorfanden. Aber diese Opposition tritt in den Oderscheinungen zahllos auf, sie gehört zum innersten Wesen dieses Dynamids. Nehmen wir diesmal die chemisch-einfachen Körper zum Ausgangspunkte. Geben Sie nacheinander eine kleine Flasche mit Kalium und eine andere mit Schwefelpulver Ihrem Sensitiven in die linke Hand. Sie werden bald die Erklärung erhalten, daß die erstere lau und widrig, die andere kalt und angenehm wirke. Tun Sie daßelbe mit Natrium, Gold, Platin, Quecksilber, Kupfer einerseits, dann mit Selen, Jod, Phosphor, Tellur, Arsen andererseits, so werden sie von ersteren lauwidrige, von letzteren kühle Wirkung erhalten, von jedem etwas stärker oder schwächer. Ja Sie können diese gradweise Verschiedenheit in der odischen Kraft der einfachen Körper dazu benützen, daß Sie sie in eine Reihe bringen, an deren einem Ende Kalium als der am meisten lauwidrige, und an deren anderem Ende Sauerstoff als der am meisten kühle Körper steht, und schauen Sie die Reihe prüfend an, so werden Sie mit Erstaunen finden, daß sie mit geringen Abweichungen mit derjenigen zusammentrifft, welche die Chemie nach den Affinitätsstärken zum Sauerstoff ausgemittelt hat und die elektrochemische Reihe nennt. Wir sind auf einem ganz anderen Wege zu dem nämlichen Ergebnis gelangt, zu einer jener gleich kommenden, die wir die odchemische Reihe nennen müssen. Ist es nicht etwas in hohem Grade Überraschendes, daß ein unkundiges, schlichtes Mädchen nach dem bloßen Gefühl mit ihren leeren Fingern die gesamte einfache Körperwelt innerhalb einer Stunde in eine Reihe zu ordnen imstande ist, deren Aufstellung die größten Geister und die gelehrtesten Männer unserer Zeitperlode mehr als ein halbes Jahrhundert unendlichen Fleißes und die Anstrengungen des äußersten Scharfsinnes gekostet hat? Der große Berzelius, der Schöpfer des elektrochemischen Systems, hat dies sehr lebhaft gefühlt, als ich ihm im Jahre 1845 in Karlsbad Beweise davon vorlegte. Seit seinem Tode aber haben die ihn überlebenden Chemiker diese Kleinigkeit nicht weiter für beachtenswert
gehalten. Einem Physiologen gar hat es nicht an Mut gemangelt, den toten Berzelius der Altersschwäche darum zu beschuldigen, weil er diese Ergebnisse meiner Untersuchungen nachdrücklich öffentlich in Schutz genommen*). Um der Haltlosigkeit seines eigenen entgegengesetzten Urteils hierüber nachzuhelfen, benötigte der junge Herr weiter nichts als die bescheidene Versicherung: Berzelius habe in seinen letzten Lebensjahren beiläufig den Verstand verloren.
In dieser odischen Reihe zeigen die amorphen Körper, jeder für sich, allerdings keine dualen Eigenschaften, und man muß jeden einzelnen für unipolar ansehen, ungefähr wie die Elektriker die Seife als unipolar ansahen. Allein sie alle in Gesamtheit erfaßt und in solcher als kollektive Einheit alles Stoffes genommen, findet jener Gegensatz sehr ausgesprochen statt, nach welchem an dem einen Ende lauwidrige, am anderen kühle Empfindungen in der sensitiven Hand erzeugt werden. Es ist odische Polarität in der Körperwelt gegeben, und da die links lauen Stoffe die elektropositiven, die kühlen die elektronegativen sind, so muß ich in gleichem Sinne und konsequenterweise die ersten odpositive, die letzteren odnegative nennen.
Bei zusammengesetzten Körpern fand ich die Alkalien und Alkaloide und alles, was ihren Charakter trägt, odpositiv; dagegen die Haloidsalze, die Mehrzahl der Oxyde und Säuren odnegativ, organische Stoffe, wie Gummi, Stärkemehl, manche fette Öle, auch Paraffin, beiläufig die Mitte haltend.
Bei den Kristallen habe ich gefunden, daß immer die Stelle, wo sie aufgewachsen waren, links lauwidrig und gelbrotleuchtend sich ergab, die obere Zuspitzung aber, an der sie fortwuchsen, kühl und blauleuchtend sich aussprach. Diese Regel kann man verfolgen bis zu Faserkristallisationen und zu Erstarrungen hinaus, wo das Kristallgefüge kaum mehr nachzuweisen ist. Die Basis der Kristalle ist dennoch odpositiv, die Spitze odnegativ. Magnete sind am gen Süd gerichteten Pole links lau und rotleuchtend, also hier odpositiv, am gen Nordpole kühl und blauleuchtend, folglich odnegativ.
Einige Physiker**), aber nicht alle, erklären den gen Nordpol der Magnetnadel für magnetpositiv, ohne Angabe eines bestimmten Grundes. Odischen Ergebnissen zufolge muß ich an der Richtigkeit hiervon zweifeln. Odpositive und elektropositive Körper gehen, wie wir sahen, miteinander, magnet-positive müssen gleichen Schritt mit ihnen halten. Folglich kann der gen Nord gerichtete Pol der Nadel, der blau leuchtet, nur magneto-negativ sein. Die Wärme, der Chemismus und der Schall haben bei den bisherigen Prüfungen bloß odnegative Wirkungen gezeigt, die Reibung nur odpositive. Die Versuche müssen behufs der odischen Gegensätze hier weiter ausgedehnt werden. Das polarisierte Sonnenlicht ist in seinem durchgelassenen Teile odpositiv. in seinem
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*) Du Bois-Reymond in Karatens "Fortschritte der Physik", III.Jahrgang S.401.**) Handwörterbuch der Chemie von Liebig etc. Bd.V. S.34.
zurückgeworfenen odnegativ. Im Spektrum sind die roten, brandgelben und gelben, sowie die Strahlen, die sich unterhalb rot finden, sämtlich odpositiv; die blauen, violetten und die chemischen Strahlen odnegativ. daßelbe gilt vom Mondspektrum, ja, es gilt selbst vom schwachen Spektrum einer Argandschen Lampe.
Besonders der menschliche Leib, wie auch der der Tiere, zeigt sich auf seiner ganzen linken Seite, vom Wirbel bis zur Zehe, wie wir schon wissen positiv odisch, auf seiner ganzen rechten negativ. Am stärksten spricht sich dies in den Zehen und Fingerspitzen aus, und auch hier wieder vorzugsweise an den Nagelwurzeln, den Stellen der lebhaftesten organischen Tätigkeit an der ganzen Hand. Der Mensch ist also der Breite nach polarisiert. Er besitzt aber auch noch andere, minder stark hervortretende odische Axen, eine Längenaxe und eine Dickenaxe, deren Entfaltung jedoch hier im engen Raume von Briefen ich mir versagen muß.
Befestigen Sie dies in Ihrer Überzeugung noch weiter durch einige leichte Versuche. Legen Sie einem Sensitiven einen Bogen reines mittelblaues Papier vor und lassen Sie ihn daßelbe abwechslungsweise bald mit dem linken, bald mit dem rechten Auge betrachten, während er jedesmal das andere Auge verdeckt hält. Er wird den Anblick mit dem linken Auge angenehm, den mit dem rechten aber unangenehm finden. Das linke Auge ist odpositiv, die blaue Farbe wirkt, wie Sie schon wissen, odnegativ. Es trafen also ungleichnamige Agentien aufeinander, und dies wirkte angenehm. Im anderen Fall, wo das rechte Auge in das Blaue schaute, trafen gleichnamige aufeinander, und die Wirkung war auf die Empfindung widrig. Kontrollieren Sie diesen Versuch mit einem Blatt oraniengelben Papiers: überall werden sie dieselben Ergebnisse, aber auf den umgekehrten Augen erhalten. Sie sehen aber auch aus diesem zarten Versuche, daß die Widrigkeit der gelben Farbe und die Annehmlichkeit der blauen bei den Sensitiven vorzugsweise auf der Auffassung mit dem linken Auge beruht und daß die Wirkung auf dieser Seite im Bewußtsein vorwaltend und merklich überwiegend wird über die rechte. Blicken Sie mit Ihrem rechten Auge auf kurzen Abstand in das linke Auge eines Sensitiven, er wird nichts dawider einwenden. Es versteht sich, daß während dessen die anderen Augen verdeckt werden. Nun blicken Sie mit Ihrem linken Auge in sein linkes. Er wird unverzüglich in Unruhe geraten und sich nicht eine halbe Minute festhalten lassen. Er wird Ihren Blick nicht aushalten, und wenn Sie ihn nötigen wollen, wird er sich abwenden. Ist es ein Hochsensitiver, so wird eine kurze solche Fixierung so widrig und stark auf ihn einwirken, daß er nachher einige Sekunden aus dem Auge nichts mehr sieht, ja es wird, wenn Sie ihn zur Ausdauer nötigen, manchmal geschehen, daß er sich erbrechen muß. Linker in linken Blick ist gleichnamige Paarung, und solcher wird ihm unaushaltbar.
Ob in dem Gegensatze beider Geschlechter odischer Dualismus auch vorhanden und aufzufinden sei?
Diese Frage stellte ich an die Natur mittels folgenden einfachen Versuches. Einer sensitiven weiblichen Person gegenüber stellte ich einen Mann und eine Frau, jedem von beiden letzteren gab ich ein Glas Wasser in die rechte Hand. Nach sechs Minuten, innerhalb deren die Wasser negativ geodet sein mußten, ließ ich die Sensitive beide Gläser kosten. Sie fand beide kühl, das aus der Manneshand aber weit kühler und angenehmer als das aus der Frauenhand. Hierauf stellte ich beide einem sensitiven Manne gegenüber und verfuhr ebenso. Er aber fand das Wasser aus der Frauenhand kühler. Sie sehen klar, auch Mann und Weib stehen in odpolarem Gegensatze.
Sie haben bemerkt, daß ich mich zu allen Gefühlsversuchen immer der linken Hand ihres Sensitiven bediente, niemals der rechten. Der Grund hiervon muß Ihnen nun einleuchten. Kühl oder lau sind keine absoluten Einwirkungen äußere Reize auf den reizbaren, sondern nur relative, bezüglich nur auf eine bestimmte Leibesseite desselben. Auf seiner anderen Seite ist die Empfindung die umgekehrte. Um nun keine Verwirrung in meinen Darstellungen aufkommen zu lassen, bezog ich alle Versuche stets nur auf eine Seite, und zwar auf die linke, weil die Einwirkungen auf diese in der Regel größere Stärke und mehr Klarheit haben und daher auch vorzugsweise deutlich wahrgenommen werden. Ich hätte ebensogut die rechte wählen können. Die Ergebnisse wären dieselben gewesen, nur mit umgekehrten Leuchten und Gefühlen.
14. Brief
Das Farbenbild des Odlichtes. Das Polarlicht der Erde.
Die Herrlichkeit des Regenbogens in des Tages Glanze hat schon oft Ihr Herz erwärmt. Ich will es unternehmen, sie zu einem Regenbogen in Finsternis und Nacht zu führen. Ein schwacher Sensitiver gewahrt an beiden Kristallpolen im Dunkeln nichts als eine graulich unbestimmte Wolke, einen trüben Schein inmitten der allgemeinen Finsternis. Ein Mittelsensitiver unterscheidet, daß die Helle an einem Pole blaugrau und blau, am anderen gelb und gelbrot ist, gerade wie seine rechte und linke Hand. Ein höherer Sensitiver endlich erkennt, daß dieses Blau und Gelb nicht einfach ist, sondern daß innerhalb desselben noch allerlei andere Farben, grün, rot, orange, violett, durcheinander zucken, und jede der beiden Polflammen, genauer genommen, buntes Aussehen besitzt. Dies jedoch so verstanden, daß diese letzteren nur als Nebenfarben, als untergeordnete Farbenflecke in dem allgemeinen Blau des einen und dem allgemeinen Rot des anderen Pols auftreten.
Es war ein sensitiver invalider Matrose, Friedrich Weidlich, der mich (Februar 1846) zuerst darauf aufmerksam machte, daß diese Farben nicht immer in unruhigem Treiben durcheinander spielen, sondern daß sie sich ruhig übereinander lagern und ordnen, wenn sie durch den Luftzug meiner Bewegungen und des Atems gestört und vermengt werden. Und als ich mich um die Lagerungsordnung erkundigte, erfuhr ich, daß zuunterst immer Rot sich absetze, von vielem Rauche getrübt; daß auf diesem brandgelb, dann hochgelb, dann blaßgelb, darauf zeisiggelb, und grün erscheine, daß dies in Blau übergehe, erst in helles, dann in dunkles-, und das zuoberst veilchenrot erscheine, was endlich in rauchigem Dunst sich verliere und alles mit vielen kleinen, hell leuchtenden Fünkchen oder Sternchen untermischt sei. Was ich von diesem Manne zuerst erfuhr, das sagten mir seitdem viele Sensitive in tausend nächtlichen Versuchen. Was ist aber dies anderes als die Farbenordnung des prismatischen Spektrums? Die Erscheinung einer lichten Iris in absoluter Finsternis... welch ein wunderbarer Anblick! Alle Hochsensitiven schilderten ihn als das prachtvollste, dessen sie je in ihrem Leben ansichtig geworden.
Einen starken Magnetstab stellte ich lotrecht auf, seinen gen Südpol nach oben. Eine rötliche Tinte beherrschte all die Regenbogenfarben, die sich in der Ruhe über ihn lagerten. Ich kehrte ihn um, seinen gen Nordpol nach oben: ein bläulicher Farbenschein lag über der gedämpften
Iris. Der Querschnitt des Stabes an den Polen betrug einen Quadratzoll. Um diese Fläche zu verengen, setze ich eine spitze, eiserne Kappe darauf. Die Lichtemanation wurde dünner, leuchtender und länger, aber die Regenbogenordnung der Farben blieb. Statt der einspitzigen setzte ich eine Eisenkappe mit zwei Zinken auf. Nun sprangen Leuchten aus beiden, aber aus der einen eine ganz blaue, aus der andern eine gelbrote. Endlich setzte ich eine Kappe mit vier Zinken auf; jetzt zeigte jede Zinke eine andersfarbige Leuchte. Die erste trug ein blaues Flämmchen, die zweite ein gelbes, die dritte ein rotes, die vierte ein weißlichgraues, alle vier stiegen lotrecht neben einander von den vier Ecken des Magnetstabes empor. Es war mir also gelungen, einige Farben dieser rätselhaften Iris voneinander zu trennen und jede für sich von den anderen sozusagen unabhängig aufzustellen.
Drehte ich den Stab langsam um seine Vertikalachse, so zogen die Farben nicht mit ihm, sondern sie beharrten auf ihrer Stelle, und wenn die Zinke mit dem ursprünglich gelben Flämmchen an die Stelle gelangt war, wo zuvor die mit dem blauen sich befunden hatte, so war das Gelb in Blau übergegangen, das Blau in Grau, das grau in Rot usw. Die Farben waren also nicht vom Stab abhängig, sondern standen noch in Verband mit irgend einem äußeren Verhältnisse. Die Bedeutung desselben war bald aufgefunden, es waren die Himmelsgegenden, welche auf die Farben des Stabes Einfluß ausübten. Das blaue Licht stand immer auf der Zinke, welche gen Nord gerichtet war, das Gelbe auf der gen West, das Rote auf der gen Süd und das Grauweiße auf der gen Ost. Ich mochte den Stab mit seinen vier Zinken drehen wie ich wollte, die Farben derselben wichen nicht, sondern blieben in derselben Himmelsrichtung gegeneinander aufgestellt.
Statt der vier aufrechten Zinken befestigte ich auf meinem Magnetstabe eine horizontale viereckige Eisenplatte von einen Quadratfuß Fläche. Kaum lag sie auf dem Pole, so strömten von allen vier Ecken ebenso farbige horizontale Leuchten aus, wie von den vier Zinken vertikale ausgegangen waren. Drehte ich die Platte um einen halben Quadraten, so traten an ihren Ecken die Mischfarben auf: in Nordwesten grün, in Südwesten orange, in Südosten graurot, in Nordosten violett. Nun griff ich zu einer runden Eisenscheibe und legte sie wagerecht auf den stehenden Magnetstab. Es tauchte das schöne Bild eines Kreisregenbogens aus der Finsternis auf. Rund um den Rand der Scheibe herum strömte Licht aus. Es ging von Nord aus durch alle Schattierungen des Blau in alle des Grün und von da gen West in die des Grüngelb, des Gelb, des Oranienrot, gen Süd Hochrot, Graurot, dann gen Ost in grau über, im Nordosten sonderte sich ein ziemlich scharf abgegrenzter roter Streifen aus, und zuletzt Norden sich nähernd, traten die blauen Tinten wieder ein. Hierauf ließ ich mir eine hohle eiserne Kugel anfertigen, groß genug, daß ich sie mit beiden Armen noch nicht ganz umfassen konnte, und hing sie mitten in meiner Dunkelkammer an einem seidenen Stricke in die Luft. In ihrem Innern, durch sie hindurch, befestigte ich lotrecht
einen Eisenstab, mit Kupferdraht sechsfach umwickelt, den ich mit einem Voltaschen Apparat von Zink und Silberplatten nach Smee und Young verbinden konnte. Außen war davon nichts sichtbar. Im Augenblicke, als ich den Eisenstab in einen Elektromagnet verwandelt hatte, sahen meine Sensitiven die schwebende Kugel leuchtend in bunten Farben aus der Finsternis heraustreten. Ihre ganze Oberfläche prangte in Regenbogenlicht. Die Kugelschalen gen Nord waren blau von Pol zu Pol, die gen Nordwest grün, die gen West gelb, gen Südwest brandgelb, gen Süd rot, gen Südost graurot, gen Ost grau, gen Nordost rotgestreift mit wiederkehrendem Blau. Die Farben bildeten sichtlich feine Linien, eine neben der anderen, getrennt durch je eine dunklere Linie. Die ganze Kugel war in einen feinen, leuchtenden Dunstkreis gehüllt. Die obere odnegative Hälfte besaß durchaus einen mehr bläulichen Schein über alle ihre Farben, die untere odpositive einen mehr rötlichen. Zu oberst an der Stelle, wo der gen Nordpol des Elektromagnets sich befand, stieg eine ins Blaue ziehende armdicke Lichtsäule über die Kugel handhoch empor, bog denn nach allen Seiten um, wie ein geöffneter Regenschirm, und strömte ringsum über die Kugel hinab, in einem Abstand von zwei bis drei Zoll von ihr. Vom anderen Pol, dem unten befindlichen gen Südpol, ging ein gleicher Feuerbüschel in rötlichem Lichte rundum an der Kugel hinauf. Beide zerfaserten und verloren sich, ehe sie den Äquator der Kugel erreichten. Es ist einleuchtend, daß ich mit der Kugel eine Terelle im Sinne Barlows herzustellen beabsichtigte, eine schwebende kleine Erdkugel mit einen Nord- und einem Südpole, mit den dazu gehörigen magnetischen Kräften ausgerüstet und auf den Prüfstein des Odlichtes gelegt. In der Tat sieht man, daß die Ergebnisse in überraschendem Maße denen des Nordlichtes und Südlichtes unseren Planeten ähnlich sind. Nähere Vergleichung halten sie bei einer weiteren Parallelisierung, als hier gestattet ist, so vollkommen gut aus, daß die Annahme, das Nordlicht sei positiven Odlicht, alle Wahrscheinlichkeit für sich gewinnt.
So sehen wir, daß alle Odlichterscheinungen nicht einfarbig sind, sondern sich bei genauer Betrachtung in eine regelmäßige Iris auflösen.
15. Brief
Der Erdmagnetismus und das Erdod.
Die Lagerung der Sensitiven im Wachen und Schlafen.
Kirchen- und Theaterbau.
Stellung von Stühlen, Klavieren, Werktischen und Schreibpulten.
Wenn die Farbenlagerung des Odlichts nach den Himmelsgegenden sich richtet, wie Sie aus meinem letzten Briefe entnahmen, so müssen diese etwas in sich tragen, was zu Od in naher Beziehung steht. Hat nun schon ein Taschenmagnet vermöge seines Odgehalts Einfluß auf diese Dinge, so springt es in die Augen, daß der Magnetismus, der von einem so ungeheuren Träger ausgeht, wie vom ganzen Erdball, der Erdmagnetismus also, von dem größten Einfluß auf alle und jede odische Erscheinungen in unserer Sphäre sein muß. Dieser Einfluß ist kein anderer als das dem Magnetismus überall vergesellschaftete Od, das folglich auch den magnetischen Erdpolen beigesellt und von ihnen aus über den ganzen Planeten wirksam ist. Man könnte es Erdod nennen. Sie nahen, daß derjenige Magnetpol, welcher in die linke Hand odische Kühle gibt, wie dies die elektronegativen Körper tun, nach Norden sich kehrt, wann er in der Boussole Freiheit der Bewegung erhält. Wir mußten ihn daher als negativ erkennen und ebenso das ihm zugesellte Od. Und da der Erdpol, der ihn nach dieser Richtung anzieht, ein ungleichnamiger sein kann, so folgt, dann der Nordpol des Erdballs odpositiv sein muß und demnach der Südpol odnegativ. Daraus folgt dann weiter, daß die ganze nördliche Erdhälfte odpositiv, die südliche dagegen odnegativ sich verhalten muß.
Davon wollen wir nun gleich eine ganz naheliegende Anwendung aufs tägliche Leben machen. Schon in meinen ersten Briefe habe ich Sie darauf aufmerksam gemacht, daß alle Sensitiven nicht auf der linken, sondern nur auf der rechten Seite liegend einschlafen können. Ich getraue mir mit voller Zuversicht die Behauptung aufzustellen, daß dies in Neuholland, in Chile, in Buenos Aires nicht ebenso sein wird, im Gegenteil, daß dort alle Sensitiven nur auf der Linken werden schlafen wollen. In der Nähe des Äquators wird es ihnen gleichgültig sein, ob sie rechts oder links liegen. Es muß wohl so sein. Der nördliche Erdboden ist odpositiv. Kehren Sie ihm die linke, ebenfalls odpositive Seite einen Sensitiven zu, so ist dies eine gleichnamige Paarung, und diese verträgt er nicht. Sie wirkt lauwidrig, beunruhigend, schlafverscheuchend auf ihn. Legen Sie Ihren empfindlichen Freund aber auf seine odnegative Rechte, so ist der Mißtand gehoben, ungleichnamige Paarung tritt ein, negative Seite und positiver Erdboden sind einander zugekehrt und alles tritt jetzt in Ruhe und Behagen.
Der Sensitive schläft unverzüglich ein. Umgekehrt verhält sich der Fall auf der südlichen Hemisphäre. Da haben Sie denn die tiefe Ursache einer anscheinend sehr oberflächlichen Sache, und die Pathologie mag ihn registrieren.
Einen ähnlichen, aber belangreichen Gegenstand will ich im Vorbeigehen mitnehmen. Ich habe Ihnen - um Raum zu sparen - nichts gesagt von der odischen Beschaffenheit der menschlichen Längenachse. Mit Unterdrückung der Beweisführung will ich Ihnen also in Kürze oktroyieren, daß ich den Menschen nach oben, dem Gehirn zu, odnegativ, nach unten, dem Bauche zu, odpositiv gefunden habe. Dies vorausgestellt, bitte ich Sie, in die Mitte eines Zimmers vier Stühle zu setzen. Von dem einen richten Sie die Lehne nach (magnetisch) Nord, vom andern nach West, vom dritten nach Süd, vom vierten nach Ost. Und fragen Sie einen guten Sensitiven, ob es ihm gleichgültig sei, auf welchem von diesen vier Sitzen er einige Zeit ruhen müße? Wenn er sich auf allen herum versucht hat, wird er Ihnen sagen, daß er sich am behaglichsten auf dem fühle, auf welchem er den Rücken nach Nord und das Gesicht nach Süd kehre, und am unbehaglichsten auf dem, auf welchem er den Rücken nach West und das Gesicht nach Morgen richte. Über die Eigentümlichkeiten der andern Sitze will ich hier hinwegeilen, dagegen Sie einladen, den Versuch, den Sie mit dem Sitze Ihres Sensitiven machten, auf sein Bett auszudehnen. Legen Sie ihn hinein und rücken Sie ihn mit seinem Bette nach einander in die vier Weltgegenden. Sie werden bald von ihm hören, daß er nur in der Lage sich behaglich fühle, wo er mit dem Kopf nach Nord und mit den Füßen nach Süd gerichtet sei. Die Erklärung liegt auf der Hand. Die obere Körperhälfte ist in Beziehung auf die Längenachse odnegativ, der Nordpol der Erde odpositiv. Sind sie einander zugekehrt, so gibt dies eine ungleichnamige, also angenehme Paarung. Die untere Körperhälfte ist odpositiv und bildet mit dem negativen Südpol der Erde einen ungleichnamigen Gegensatz. Jede andere sitzende oder liegende Lagerung ist minder angemessen und mehr oder weniger unangenehm, lauwidrig, beunruhigend. Es gibt welche unter meinen Sensitiven, die immer mit dem Kompaß reisen, seit die diese Belehrung von mir empfingen, und in jedem Gasthof ihr Bett nach der Nadel richten. Hochsensitive habe ich durchaus unfähig gefunden, in einer andern Lage als in der Nord-Süd-Richtung Ruhe zu gewinnen. Aber auch auf mittlere und selbst auf Niedersensitive, z.B. den französischen Sprachlehrer in Wien, Herrn Delhez, hat die Bettlage einen solch mächtigen Einfluß, daß sie nicht nur über seine Nachtruhe, sondern infolgedessen über sein allgemeines Wohlbefinden entscheidet. Ein sensitiver Gesunder muß also als diätetische Regel sich merken, daß sein Lager mit dem Kopf immer nach Nord gerichtet sein soll; ein sensitiver Kranker aber muß schlechterdings und vor allem andern in diese Richtung gebracht werden. Ohne sie ist jedes andere Bemühen um seine Heilung und jedes Medizinieren nahezu vergeblich.
Jetzt kann ich mit Ihnen auch wieder in die Kirche zurückkehren, in der ich Sie in meinem ersten Briefe bei den ohnmächtig gewordenen verlassen
habe. Im christlichen Kirchenbau hat man den von den heidnischen Völkern zu uns herübergekommenen Gebrauch als Regel aufgenommen, den Altar auf die Morgenseite zu stellen, so daß dadurch das Schiff auf die entgegengesetzte Seite kommt. Die Versammlung sitzt bei dieser Anordnung so, daß sie mit dem Gesicht dem Altar zugewendet, also mit dem Rücken nach West gerichtet ist. Das ist aber, wie Sie sahen, gerade die Richtung, welcher ein Sensitiver am allerschlechtesten verträgt. Seine odpositive Linke ist dann dem odpositiven Nordpol der Erde zugekehrt, seine odnegative Rechte gleichzeitig dem odnegativen Südpol derselben. Er sitzt also unter dem doppelten Einfluß gleichnamiger Paarungen, und das vermag er nicht zu ertragen. Dauert es eine Zeit lang an - Stunden eines ganzen Gottesdienstes über - und ist die Sensitivität nicht schwach, so überkommt ihn eine Unbehaglichkeit über die andere. Es wird ihm heiß, Unruhe und Bangigkeit befällt ihn, er wird von Migräne oder von Übelkeit, dann von Magenweh gepeinigt, und kann er nicht entfliehen, so fällt er endlich ohnmächtig nieder. Das sehen wir täglich in großen Kirchen, und daran ist nichts anderes schuld als ihre unzweckmäßige Baustellung.
Aber dies dehnt sich auch auf das tägliche häusliche Leben aus. Kein Stuhl, kein Sofa, kein Sitz darf so gestellt sein, daß derjenige, der ihn einnimmt, den Rücken nach Abend kehrt, wenn er ein Sensitiver ist, ja sogar das Stehen mit dem Rücken nach West wird ihm unleidig. Der Ingenieur-Major Herr Philippi, ein guter Mittelsensitiver und erfahrener Seemann, bedarf zu Schiff keines Kompasses, um jederzeit die Himmelsgegenden bestimmen zu können. Er dreht sich nur stehend langsam um sich selbst und fühlt deutlich heraus, wo West und wo Nord liegt. Jeder sensitive Seemann wird dies bald lernen und den Pol nach demselben Gesetze finden, nach welchem der sensitive Quellenmann rinnendes Wasser herausfühlt.
Diese Dinge greifen so weit in das Alltagsleben, daß sie z.B. über die Stellung eines Möbels, einer Maschine, eines Klaviers entscheiden. Eine sensitive Dame spielte in meinem Hause öfters Piano. Aber es war Ihr dabei niemals behaglich und sie wußte nicht, warum sie, an meinem sonst guten Instrument sitzend, jedesmal Unwohlsein anwandelte. Bei einigem Nachsinnen darüber entging mir nicht länger, daß die Saiten des Flügels im Meridiane sich befanden und die Spielerin vor dem gen Südpol derselben, mit dem Rücken nach Süd gekehrt war. Sie saß also vor den odpositiven Polen eben so vieler langer Magnete, als Stahlsaiten gegen sie aufgezogen waren. Das konnte sie unmöglich vertragen, sie würde nach längerem Verweilen ohnmächtig vom Stuhle gefallen sein. Ich kehrte das Klavier um, sobald die Dame im Norden derselben und vor nur gen Nordpolen saß. Nun war augenblicklich alles gut und sie spielte jetzt mit Wohlbehagen und Lust. Niemals darf ein flügelförmiges Fortepiano so stehen, daß der Spieler im Süden oder Westen desselben zu sitzen kommt, kein Sensitiver wird davor sich wohlbefinden.
Ich kenne einen Mann, der ein braver Hauswirt und fleissiger Weber- dabei ziemlich sensitiv war. Er zog in eine andere Wohnung, und von der
Stunde an schmeckte ihm sein Webstuhl nicht mehr. Er hatte kein Sitzleder mehr auf seinem Stuhl, geriet ins Weinhaus und in die Bierschenke, vernachlässigte seine Arbeit und ging zu Grunde. Der Webstuhl stand in der alten Wohnung in Nordrichtung, in der neuen in Westrichtung für den Rücken des Arbeiters. Dies letztere konnte er nicht aushalten. Die odische Pein, deren Ursache er nicht kannte, aber deren widrigen Solliziationen er nicht zu widerstehen vermochte, brachte den armen Mann ins Verderben. Tausende, welche ihr Leben sitzend gewinnen müssen, Handarbeiter, Nähende, Schreibende, Beamte, Künstler, besonders Maler, welche das Licht von Norden einfallen lassen und dann mit dem Rücken nach West sitzen müssen und auf diese Weise um die Arbeitslust gebracht wurden, sind die unschuldigen Opfer der bisherigen Unkenntnis dieser verborgenen physischen Verhältnisse geworden.
16. Brief
Der Erdmagnetismus und das Erdod.
Leitungsgeschwindigkeit. Strahlung. Tragweite.
Odische Atmosphäre der Menschen in Gesundheit und Krankheit, Odoskop.
Etymologie des Wortes Od.
Schluß.
Sie kennen die Durchleitung des Odes durch die Körper, aber Sie kennen die Geschwindigkeit nicht, mit der sie sich vollzieht. Die der Elektrizität ist bekanntlich äußerst groß, dagegen die der Wärme überaus träge. Das Od hält eine Art von Mittel. Ich spannte einen Eisendraht von 100 Fuß Länge aus und brachte an sein Ende verschiedene Odquellen, Hände, Kristalle, Magnete nach einander. Eine hochsensitive Person empfand die Ankunft der entsprechenden Wirkung am andern Drahtende in ihrer Hand, meistens nach Ablauf von ungefähr einer halben Minute. Sie können daraus entnehmen, daß das Od langsam genug in dem Draht fortschritt, um daß ein Mensch im Laufe ihm zu folgen imstande war.
Sie haben gesehen, daß die Verladung und Fortleitung sich bewerkstelligen ließ auch ohne wirkliche Berührung der Odquelle, allein durch bloße Annäherung an sie. Ob dies durch Einsaugung der leuchtenden Emanationen des Odträgers oder durch Strahlung geschah, wissen wir noch nicht. Ob überhaupt Od strahlenförmig sich ausbreitet oder nicht, darüber belehrt uns der Umstand, daß das Od mit den Sonnenstrahlen kommt, durch Glasprismen mit ihnen durchgeführt, darin gebrochen und durch Glasscheiben polarisiert werden kann, noch nicht ganz zuverlässig, denn das Od dieser Hergänge könnte noch das Erzeugnis des Auffallens der Lichtstrahlen auf die festen Auffänger sein. Aber stellen Sie sich einen Sensitiven gegenüber und führen Sie den doppelhändigen Strich über ihn herab auf den Abstand von einer halben Armlänge; er wird ihn recht gut fühlen, wie wenn ein kühler Hauch über ihn herabliefe. Treten Sie zurück um einen Schritt und wiederholen Sie gegen ihn die Bewegung des Striches. Er wird die Kühle noch empfinden, doch etwas schwächer. Treten Sie um zwei, drei, vier Schritte zurück. Ihr Sensitiver wird mit abnehmender Stärke, aber immer deutlich genug, Ihre Striche fühlen; ja er wird sie noch fühlen, wenn Sie sich um die ganze Zimmerlänge von ihm entfernten. Entfernen Sie sich stufenweise noch weiter von ihm durch das nächstanstoßende Zimmer: die Wirkung wird nun schwach werden, aber immer noch kenntlich sein. Bei einer mittelsensitiven Person können Sie sich auf solche Weise auf die Entfernung von 40 bis 90 Fuß zurückziehen, bis die Empfindung ihres Striches unsicher und endlich unfühlbar wird. Ein Strich von unten nach oben wird noch etwas weiter empfunden als einer von oben nach
unten. Aber ich habe Hochsensitive gehabt, bei denen die Wirkung meiner streichenden Hände mit einem Abstand von 150 Fuß, über welche hinaus ich nicht weiter verfügen könnte, wenn ich die gerade Reihe meiner Zimmer geöffnet hatte, noch nicht erschöpft war. Auch Kristallpole und starke Magnete empfanden sie eben so weit, und zwar unverzüglich, sowie ich sie auf jene gerichtet hatte. Sie ersehen hieraus, daß eine ungemein weite Radiation dem odischen Dynamide zukommt, deren Grenze vielleicht in der Unendlichkeit liegt, wie die des Lichtes. Infolgedessen schleppen wir an unsern Fingern, Zehen und Gliedern unermeßliche Schweife von uns unsichtbaren Ausstrahlungen beständig mit uns herum und sind außerdem als stoffliches und lebendes Wesen mit einer leuchtenden Atmosphäre umgeben, die mit uns umherwandelt. Oftmals hörte ich in der Dunkelkammer die Bemerkung aussprechen, mein Kopf sei mit einer Strahlenkrone umgeben, ich sei in einen Heiligenschein gehüllt. Und wenig wird fehlen, so leitet sich die Mythe davon geraden Weges aus dieser Erscheinung her, die schon vor Jahrtausenden im Orient leuchtend gesehen worden, wie heute hier.
Diese odische Atmosphäre, die jeder Mensch um sich hat, die von jedem lebenden Individuum ausgeht, ist nicht überall völlig gleich, sondern bei jedem etwas verschieden, ungefähr wie die Gerüche, die Geschmackseinwirkungen verschieden sind, wie das Licht in Farben, der Schall in die Tonleiter zerfällt. Sie ist bei einem Weibe etwas verschieden von einem Manne, bei einem Jungen verschieden von einem Alten, bei einem Sanguiniker verschieden von einem Choleriker, bei einem Gesunden verschieden von einem Kranken. Ja sie ist unter den Kranken verschieden in einem Katarrh von einem Scharlach, von einem Typhus mit seinem calor mordax usw.,und alle diese Unterschiede werden von Hochsensitiven, ja oftmals schon von Mittelsensitiven erkannt und bestimmt wahrgenommen. Sie finden hierin die ersten Winke über die Möglichkeit, daß z.B. Kranke in extremen Sensitivitätszuständen das Nähern ihres Arztes schon erkennen, wenn Gesunde ihn noch nicht wahrzunehmen vermögen. daß sie vor manchen Menschen auf das erste Zusammentreffen eine ebenso unüberwindliche Abneigung haben als für andere eine unbegründete Vorliebe, daß Raubtiere, daß Hunde die Spur auf einem Blatte erkennen, auf welches ihre Beute fliehend den Fuß gesetzt, und ähnliche Dinge mehr, die wunderbar scheinen, aber auch nur scheinen, so lange man die physischen Fäden nicht kennt, mit welchen sie in der materiellen Welt ganz gesetzmässig und einfach zusammenhängen. Doch ich würde die Grenze, die ich mir für diese Briefe gezogen habe, überschreiten, wollte ich in Darlegung dieser höhern odischen Verhältnisse eingehen. Ich nehme daher hier von Ihnen Abschied. Sie kennen jetzt die Erscheinung dessen, was ich Od genannt habe, nach seinen äußern Umrissen. Es ist ein Dynamid, das denen, welche die Wissenschaft bereits kennt, analog und nahe verwandt ist. Es umfaßt eine Gruppe unwägbarer, aber sinnlich wahrnehmbarer Vorgänge in der Natur, für welche wir bis jetzt weder ein Maß noch ein anderes Reagens haben als den menschlichen Nerv, und auch diesen nur
unter den eigentümlichen Umständen der sensitiven Reizbarkeit. Der Grund, warum es der wissenschaftlichen Forschung bis jetzt gänzlich entgangen, ja von der Wissenschaft geradezu und hartnäckig zurückgestoßen und ausgeschlossen worden ist, liegt eben in dem Mangel an einem allgemeinen Odoskop und Odometer, welche für jedermanns Gebrauch zugänglich wären und womit sein Dasein leicht und in die Augen fallend aller Welt darzutun gewesen sein würde. Und die Ursache, warum hinwiederum ein Odoskop bis jetzt sich nicht hat finden lassen, entspringt aus der Natur des Odes selbst, nämlich aus seiner Kraft, alle Stoffe und Räume zu durchdringen und sich nirgends anhäufen, niemals bis zur allgemeinen Wahrnehmbarkeit verdichten zu lassen. Für Wärme, Elektrizität, Licht gibt es bis auf einen gewissen Grad Isolatoren, für Od habe ich noch keinen aufzufinden vermocht. Dieses Mangels an aller Sperrbarkeit habe ich mich bedienen zu sollen geglaubt, um ihm einen zu mannigfaltigen wissenschaftlichen Beugungen bequemen Namen zu bilden, Va im Sanskrit bezeichnet: wehen. Im Lateinischen vado, im Altnordischen vada heißt: ich gehe schnell, ich eile dahin, ströme fort. Davon Wodan bezeichnet im Altgermanischen den Begriff des Alldurchdringenden. Es ändert in den verschiedenen alten Idiomen ab in Wodan, Odan, Odin, wo es die alldurchdringende Kraft bezeichnet, die zuletzt in einer germanischen Gottheit personifiziert wird. "OD", ist also das Lautzeichen für ein alles in der gesamten Natur mit unaufhaltsamer Kraft rasch durchdringendes und durchströmendes Dynamid.
Hätte uns die Natur einen Sinn für Od verliehen, so klar und deutlich etwa wie für Licht und Schall, so ständen wir auf einer bei weitem höhern Stufe der Erkenntnis. Wir würden Wahrheit und Täuschung vermittelst jener Alldurchdringlichkeit ohne allen Vergleich leichter, schneller und sicherer unterscheiden. Wir würden einander, wie man zu sagen pflegt, ins Herz sehen. Talleyrand könnte nicht mehr die Sprache mißbrauchen, um seine Gedanken zu verbergen, und wir würden in weiterer Folge dessen ein Wesen höherer und edlerer Art sein. Es läßt sich leicht dartun, daß wir, mit einem Odsinne begabt, eine Art Engel sein müßten, und daß eine solche Fähigkeit uns nur verliehen zu werden brauchte, um uns unverzüglich auf eine höhere Stufe der Sittlichkeit emporzuheben, ohne noch unsere Verstandeskräfte zu steigern. Die Allweisheit, die nur irrende Menschen wollte, hat uns darum versagen müssen, was uns Halbgöttern gleichgestellt haben würde.
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