Der prägende Lurchi-Zeichner | |||||||||||||||||||||||
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Dass die Lurchi-Hefte immer weit mehr waren als nur Werbung, ist vor allem den Künstlern zu verdanken, die daran arbeiteten. Zuallererst ist hier der Zeichner zu nennen, der das Bild der Hefte und Lurchis für mehrere Jahrzehnte prägte: Heinz Schubel. |
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Heinz Schubel Er betreute "Lurchis Abenteuer" von 1951 bis 1972, doch seine klassische Ausprägung der Lurchi-Welt wirkt bis heute nach. Sein Zeichenstil wie auch seine Erzählweise basierten auf bewährten Traditionen, etwa klassischen Bilderbüchern, wiesen aber zugleich experimentelle Qualitäten auf. Schubel hat sich damit als eine stilbildende Kraft erwiesen. Herkunft Heinz Schubel, geboren am 22. Januar 1906 in Langenöls (Schlesien), begann schon in seiner Kindheit intensiv zu zeichnen. Früh ahmte er sein erstes Vorbild Wilhelm Busch nach: sowohl im Zeichenstil der ersten erhaltenen Bildergeschichten als auch in den zugehörigen Versen. Der vierfüßige Trochäus im Stil Buschs prägte sich ihm tief ein. Manche Lurchi-Verse könnten durchaus auch von Busch stammen: "Wie doch so ein hohler Zahn / Gleich die Welt verändern kann." (Lurchi-Kommentar in Sachen Zahnschmerz, Heft 8) . Nach dem 1. Weltkrieg zog Schubels Familie von Schlesien nach Freiburg im Breisgau. In der Umgebung der Stadt unternahm Schubel Ausflüge mit seinem Vater, der sich als Hobbymaler betätigte. Gemeinsam unterwegs, aquarellierten sie etwa Landschaftsszenen. Das künstlerische Können, das schon in den Erken aus dieser Zeit unübersehbar ist, schlug sich auch in Schubels Berufswahl nieder: 1920 begann er in Freiburg eine Lehre zum Lithographen. Nebenher experimentierte er weiter mit Aquarell- und Ölmalerei sowie anderen Techniken. Anzeigen und Plakate Damals wie heute war die Werbung eines der wenigen Felder, wo man als Künstler ein sicheres Auskommen finden konnte. Zu Schubels ersten professionellen Arbeiten gehörten in den 20er Jahren Zeitungsanzeigen für das Waschmittel "Tetisoop" und für das Freiburger Gasthaus "Räthlingerstuben". 1928 errang er den 1. Preis mit seinem Emblem-Entwurf für den Reichsverband der Deutschen Automobilindustrie. In den 30er Jahren wandte er sich dem größeren Format zu und gestaltete zahlreiche Plakate. Einige davon wurden preisgekrönt, etwa das zum Deutschen Turnfest 1933, und Schubel beteiligte sich an Ausstellungen im In- und Ausland, so 1933 an der Leistungsschau "Deutsche Gebrauchsgraphik" in Philadelphia. Schubel brachte es zum Leiter einer Werbeagentur. Buchillustrationen Daneben widmete sich Heinz Schubel ab Anfang der 30er Jahre auch vermehrt der Buchillustration. Nach wenigen Versuchen mit allgemeiner Literatur fand er seine Domäne bei den Kinder- und Jugendbüchern. Zuerst war Schubel durch eine Verwandte zu diesem Gebiet gekommen: die Autorin Julie Kniese (Julie Böss). Schubel illustrierte ihre Bücher wie "Unser Mädel" oder "Das verschwundene Heinerle", besonders interessant aber ist das Werk "Bock und Beck, der Klassenschreck" (1940): Diese Lausbubengeschichte steht ganz in der Tradition Wilhelm Buschs, mit vielen Anspielungen auf "Max und Moritz". Neben Lurchi ist dies eine von Schubels wenigen Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Bildergeschichte. In den zahlreichen Büchern, die er im Laufe der 30er Jahre gestaltete, spiegelt sich Schubels breites Können wieder: Da finden sich realistische oder dramatische Bilder neben heiteren Karikaturen oder luftig-romantischen Zeichnungen. Bei vielen damals sehr erfolgreichen Buchserien (wie dem "Mädel Peter") trugen Schubels Zeichnungen wesentlich zur Wirkung auf die jungen Leser bei. Er arbeitete auch für den Josef-Scholz-Verlag Mainz, der schon seit Ende des 19. Jahrhunderts eine große Zahl von Karten- und Gesellschaftsspielen produzierte, Bücher spielten die Nebenrolle. Auch Schubel gestaltete neben einigen Bilderbüchern mindestens ein Gesellschaftsspiel für die Reihe "Scholz' künstlerische Spiele". Hinter der reizvollen Gestaltung von "Achtung! Feind hört mit!" verbirgt sich eine zeitgeistige Spionagegeschichte, die sich wohl an den erfolgreichen Ufa-Film des gleichen Titels von 1940 (mit René Deltgen, Erich Ponto u.a.) anlehnt. Scholz verpflichtete für seine graphisch ausgefeilten Spiele dieser Zeit verschiedene bekannte Zeichner, so auch den Wiener Josef Danilowatz (1877-1945), der die Märklin-Kataloge der 30er Jahre illustrierte. Schubel avancierte ab Mitte der 1930er Jahre zu einem der Hauszeichner beim damals führenden Kinderbuchverlag: Loewes Verlag Ferdinand Carl (Stuttgart). Dort brachte er es zur Meisterschaft in der Gestaltung packender und stimmungsvoller Titelbilder, zudem offenbarte sich sein Talent zur lebendigen und detailreichen Wiedergabe technischer Themen: Schubels Autos, Motorräder und Flugzeuge sind auch heute noch faszinierend anzusehen. Die Bücher mit seinen teils humoristischen, teils realistischen Zeichnungen sind inzwischen für viele Sammler von Lurchi-Heften zu einer reizvollen Ergänzung geworden. Diese Website bietet daher auch eine kommentierte Liste der Bücher mit Schubel-Illustrationen. Zeichnen für den Krieg Im Jahr 1940 schuf Heinz Schubel neben "Bock und Beck" und dem erwähnten Spiel noch das Plakat für die Gutenberg-Ausstellung dieses Jahres, dann wurde er zur Wehrmacht einberufen. Auch dort wurde sein Zeichentalent erkannt, und man versetzte ihn 1942 vom Baubataillon zur Kartenstelle. Neben der dienstlichen Tätigkeit wurde er mit privaten Bildern für Offiziere beauftragt. Später zeichnete er an der Ostfront auch für Propaganda-Flugblätter: Bildergeschichten, mit denen russische Soldaten zur Aufgabe bewogen werden sollten. Gegen Kriegsende kam Schubel in russische Gefangenschaft. Nun begann das gleiche Spiel mit umgekehrten Vorzeichen: Schubels talent fand schnell Beachtung und er wurde wieder zum Zeichnen und Malen eingesetzt. Neben Propagandabildern ("Immer wieder Lenin, Stalin und 'Es lebe die Oktoberrevolution'...") schuf er aber auch melancholische Bilder der russischen Landschaft und Porträts von Kindern, die in ihrer Ausdruckskraft heute noch fesseln.. Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft 1950 setzte Schubel zunächst seine Arbeit in der Buchillustration fort. Er arbeitete wieder für Loewes und auch für den heute bekannteren Franz Schneider Verlag in München. Bald war Schubel auch wieder in der Werbung tätig und fertige Titelbilder für Fachzeitschriften wie "Die Gebrauchsgraphik". Zu den interessanten Schubel-Arbeiten vom Beginn der 50er Jahre gehören auch die farbigen Illustrationen für eine mehrbändige Fibel, die in den Schulen Baden-Württembergs verwendet wurde. Zu dieser Zeit aber kam auch der Auftrag, der Heinz Schubels eigentliches Lebenswerk werden sollte. Lurchi kommt In der Firma Salamander dachte man 1951 an einen Neustart der mit Kriegsbeginn eingestellten Serie von Lurchi-Heften. Zunächst legte die Kornwestheimer Schuhfirma die Hefte 1 bis 5 aus den 30er Jahren wieder auf (siehe Vorkriegshefte) - ließ sie dafür aber neu zeichnen, wohl weil die alten Vorlagen nicht mehr vorhanden waren. Der unbekannte Nachzeichner wurde aber nicht mit der Fortsetzung der Serie beauftragt, obwohl er wohl probeweise eine Episode angefertigt hatte, die dann im Salamander-Archiv landete. Die Realisierung der neuen Episoden übergab der Schuhhersteller stattdessen seiner langjährigen Druckerei "Vereinigte Kunstanstalten Kaufbeuren". Diese vergab den Auftrag für die Zeichnungen an Heinz Schubel, der nun als freier Mitarbeiter die Hefte fertigte - zunächst nach Texten und Reimen des Salamander-Prokuristen Erwin Kühlewein. Als Schubel seine Arbeit mit Heft 6 begann, orientierte er sich zunächst stark an der Vorlage der ersten fünf Hefte. Nicht lange aber, dann kam er zu einem lebendigeren Lurchi-Stil, der auf Elemente seiner früheren Buchillustrationen zurückgriff und bei Lesern und Auftraggeber bestens ankam. Die Nachfrage nach den Heften stieg stetig, immer neue Nachdrucke wurden gefertigt, und auch die Hefte 1 bis 5 wurden von Schubel neu gestaltet. Dazu kamen neue Titelbilder, die bald jedem Heft sein eigenes Gesicht gaben. Die von Schubel gezeichneten Seiten (in vierfacher Größe der fertigen Hefte) gingen direkt an die "Vereinigten Kunstanstalten", so dass Schubel nie in direkten Kontakt mit dem eigentlichen Auftraggeber Salamander kam. Als man bei dem Schuhhersteller allmäglich die besondere Qualität von Schubels Zeichnungen erkannte, wollte man sich direkt mit ihm in Verbindung setzen und ging die Kaufbeurener Druckerei um seinen Namen an. Die aber, besorgt um ihre Rolle als unverzichtbarer Zwischenträger, hielt Schubels Namen geheim. Selbst für das berühmte Heft 15, in dem Lurchi und seine Freunde das Salamander-Werk erkunden, durfte er sich den Ort der Handlung nicht selbst ansehen. Stattdessen ließ Bernhard Hering, Direktor der "Vereinigten Kunstanstalten", das Werk in vielen Bildern von einem Fotografen dokumentieren, und Schubel bekam die Fotos als Vorlage. Diese schwarz-weißen Bilder sind erhalten geblieben und lassen genau erkennen, wieviel Sorgfalt Schubel auf die Wiedergabe der Maschienen und Menschen in dem Heft verwendete. Salamander aber kannte den Künstler immer noch nicht und versuchte es daraufhin mit Tricks, ließ etwa den Druckerei-Chef auf dem Weg zu Schubel von einem Motorradfahrer verfolgen. Doch alles fruchtete nichts, und schließlich griff Salamander zum letzten Mittel und stellte die Zusammenarbeit mit den "Vereinigten Kunstanstalten" ein. Schubel, als Leidtragender eines Streits, von dem er gar nichts wusste, wandte sich daraufhin selbst an den Schuhhersteller mit dem Angebot, die Serie fortzusetzen - und wurde natürlich mit Begeisterung empfangen. Auch ihm war die direkte Kontaktaufnahme mit Salamander bis dahin in seinem Vertrag mit der Druckerei ausdrücklich verboten gewesen. Schubel wurde nun direkt verantwortlich für die Zeichnung und Koordination der Hefte. Die Verse der Geschichten wurden damals noch von einem professionellen "Schönschreiber" unter die Bilder gesetzt. (Erst später wurde es möglich, solche Schreibschrift maschinell in der richtigen Breite zu setzen.) Während seiner Arbeit an der Lurchi-Serie entwarf Schubel auch eine große Zahl von Zusatzartikeln, von den verschiedenen Figurenserien bis zu den legendären Adventskalendern. Er war daneben auch für andere Auftraggeber tätig - interessanterweise besonders für andere Schuhhersteller. Für das Frankfurter Haus Ada-Ada fertigte er gar Hefte mit Bildergeschichten nach gereimten Texten an, in denen das Vorbild Lurchi zuweilen spürbar war... die Serie um die Ada-Ada-Kinder litt aber unter sehr schwachen Textern und blassen Akteuren - sechs austauschbare, namenlose Kinder - und erreichte nie die Popularität der Lurchi-Hefte. Zu den Paralleleln zwischen diesen querformatigen Heften und den Salamandergeschichten gehört immerhin der rituelle Abschlussvers: "...und lange noch hört man den Gruß: / 'Mit Ada-Ada gut zu Fuß!' " Die langweiligen Geschichten wenigstens mit interesanten Bildern zu begleiten war eine Herausforderung für den Künstler. Bei Salamander hatte Schubel dagegen lange einen kongenialen Texter, mit dem er sich in idealer Weise ergänzte: Erwin Kühlewein. Bis zu dessen Weggang von Salamander im Jahr 1964 durften sich beide auf Geheiß der Firmenleitung nie treffen, schufen aber dennoch gemeinsam ein Werk ganz aus einem Guss: die "klassischen" Lurchi-Hefte bis etwa zur Nummer 30. Danach übernahm Schubel selbst die Erstellung der Geschichten, was ihm zwar ordentlich gelang, aber doch nicht den gleichen Charme versprühte wie in der Zusammenarbeit mit Kühlewein. Die Bilanz Heinz Schubel hatte die Lurchi-Serie ab Heft 6 betreut, die Vorkriegshefte 1 bis 5 zeichnete er später neu. In den 50er und 60er Jahren führte er Lurchi in eine künstlerische und ökonomische Blütezeit, dann musste er sich aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen. Heft 52, das bei der Olympiade in München 1972 spielt, ist das letzte Heft aus seiner Feder. In der langen Zeit, die er an der Serie arbeitete, erfuhr sein Zeichenstil eine deutliche Entwicklung. Doch gab es keine Brüche: Die Modernisierung von Dekor und Figuren ging allmählich vor sich und ließ die grundlegenden Muster des Lurchi-Universums unangetastet. Die Popularität, die Lurchi aufgrund von Schubels Arbeit gewann, hielt Salamander lange vor dem Zeichner verborgen - wohl um keine höheren Honorarforderungen zu provozieren. Heinz Schubel und seine Frau lebten später zurückgezogen in Esslingen bei Stuttgart. Als Ende der 80er Jahre die Comic-Szene die Lurchi-Hefte wiederentdeckte, kam auch der Zeichner erstmals zu einer gewissen Berühmtheit. Das steigerte sich bis zu einem Höhepunkt 1994, als das Stadtmuseum Kornwestheim der Lurchi-Serie eine groß angelegte Ausstellung widmete, bei deren Eröffnung Schubel der Ehrengast war. Die Ausstellung gastierte danach in anderen Städten und war - sicher zu Schubels besonderer Freude - auch im Wilhelm-Busch-Museum in Hannover zu sehen. Der aufwändig illustrierte Ausstellungskatalog ist bis heute ein wichtiges Werk für Lurchi-Interessierte. Bald darauf starb Schubels Ehefrau und er siedelte in ein Pflegeheim in Stuttgart um. Dort begann er erneut zu malen - oft expressionistisch oder abstrakt, teils aber auch figürlich, mit Anklängen an seine späten Lurchi-Arbeiten. Obwohl Schubels Hände und Augen nicht mehr auf der Höhe ihrer Leistungskrtaft waren, gelangen dem betagten Künstler doch Bilder von hohem künstlerischem Ausdruck. Heinz Schubel starb in dem Pflegeheim am 11. Dezember 1997, im Alter von 91 Jahren. In seinen Werken, vor allem in den Zeichnungen für die Lurchi-Serie, lebt er weiter. |
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