Dieser Begriff wird in meinem indischen Wörterbuch übersetzt mit "Gesang und Tanz von professionellen Prostituierten, der besondere Stil einer solchen Vorstellung".1 Hier ist das Ergebnis meiner weiteren Recherchen:

Traditioneller Mujra enthält Elemente aus dem klassischen nordindischen Kathak-Tanz, wie schnelle Drehungen und komplizierte rhythmische Fußarbeit, die durch Ghungroo, Glöckchen an den Fußgelenken, betont wird.2,3,4 Kathak bedeutet "Geschichtenerzähler"2,3,4,5 und hat seinen Ursprung in Tempeltänzen, die die Mythen und Legenden der Hindus darstellten. Dann entwickelte er sich an den Höfen der indischen Rajas und später der muslimischen Moghulherrscher zur weltlichen Unterhaltungskunst.3,4,5 An den Moghulhöfen war diese Unterhaltungsform sehr beliebt und und hier wurde er auch von anderen, importierten Tanzstilen, wie z.B. dem persischen Tanz, beeinflußt.2,5 Kathak wird von Männern und Frauen getanzt und ist als klassischer indischer Tanz heute eine respektable Kunstform.

Während der Kathak musikalisch meist rein instrumentell begleitet wird, gehört zum traditionellen Mujra außer der Begleitung durch indische Tabla und Harmonium auch Live-Gesang.6 Mujra-Tänze waren das Metier der höfischen Kurtisanen. Mit dem Niedergang der Moghulherrschaft verloren sie ihren Lebensunterhalt und mußten anderweitig für ihr Auskommen sorgen. Sie fanden Zuflucht in sogenannten Kothas, Häusern von zweifelhaften Ruf, in denen sie ihre Kunst vor zahlendem männlichen Publikum zeigten.7 Der Begriff Tawaif, mit dem die Tänzerinnen in den Kothas bezeichnet werden, ist zweideutig und steht sowohl für "Tanzmädchen" als auch "Prostituierte".1 Oft hatten die Tawaifs einen finanzkräftigen Patron, unter dessen Schutz sie standen.6,7,8

In neuerer Zeit an die Öffentlichkeit gebracht wurden die Mujra-Tänze durch die indische Filmindustrie. Die dort dargestellten Tänze in den traditionellen, prächtigen Kostümen und Accessoires waren teils kokett und mit dem Publikum flirtend, teils kunstvoll mit Kathak-Elementen versehen. Die dazugehörigen Lieder waren bei den Kinobesuchern sehr beliebt und erst kürzlich sind wieder entsprechende Neuaufnahmen auf dem indischen Markt erschienen (meine Inspiration zu dieser Seite). In Nebenrollen diente die Tawaif als unterhaltsame Dekoration, in Hauptrollen war sie oft ein Mädchen, das unverschuldet, durch widrige Lebensumstände oder äußeren Druck, dazu gezwungen war, sich ihren Lebensunterhalt als Tänzerin zu verdienen. Die Hindifilm-übliche Liebesgeschichte erhielt dann ihre Spannung dadurch, daß sie als Tawaif kein angesehenes Mitglied der der Gesellschaft war und daher keine akzeptable Braut abgeben konnte.7

Es gibt diese Tanzmädchen immer noch. Viele von ihnen liefern heute das Unterhaltungsprogramm in Bars, Discos und auf Partys. Oft haben sie in Anlehnung an die aktuellen Hindifilme ihr Repertoire um moderne Tanzstile und Showelemente erweitert, unter Verwendung von Filmliedern vom Band und den passenden Outfits. Nur die älteren unter ihnen erinnern sich noch an die traditionellen Auftritte in den Kothas, die sich heute nicht mehr rentieren, und denken manchmal voll Nostalgie an die alte Zeit zurück.6,8,9

Quellen und weitere Informationen:

1 Punjabi-English Dictionary, Punjabi University, Patiala, 1999
2 Ministry of External Affairs, Government of India, "Kathak", HTML-Dokument
3 Chitresh Das, "Kathak - Classical Dance from North India", HTML-Dokument
4 Gargi Bagchi, "Kathak - A Classical Dance of India", HTML-Dokument
5 Uma Sharma, "History of Kathak", HTML-Dokument
6 Rohit Parihar, "A Defiled Art", HTML-Dokument
7 Suneeta and Indira, "CHITRAHAAR 13 - The Courtesan Answers and Results", HTML-Dokument
8 Draupadi Rohera, "Where have all the nautch girls gone?", früheres HTML-Dokument
9 Narendra Panjwani, "Who killed the nautch girl?", früheres HTML-Dokument

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März '00

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