Alexis de Tocqueville
Eine Kurzbiographie
 
Alexis de Tocqueville, der am 29.Juli 1805 in Paris geboren wurde, entstammte einem alten normannischen Adelsgeschlecht. Sein Vater war zu Zeiten Napoleons Bürgermeister eines kleinen Ortes in der Nähe von Paris, sein politischer Aufstieg begann erst mit der Restauration der Bourbonen. Als Präfekt verschiedener Departements ermöglichte er seinem Sohn eine gediegene Ausbildung, zuerst auf dem Gymnasium in Metz, dann als Jurastudent an der Sorbonne in Paris. Dieses Studium schloß Alexis de Tocqueville im Jahre 1826 mit dem Erwerb der "licence de droits" ab.Seine erste Anstellung fand er als Referendar am Gericht von Versailles, ein Posten, dessen Ausübung er seit 1830 aus Protest gegen den Sturz der Bourbonenherrschaft nicht mehr wahrzunehmen versuchte.

Ein Regierungsauftrag zu einer Studienreise in die Vereinigten Staaten von Amerika zwecks der Begutachtung des amerikanischen Gefängniswesens kam ihm in dieser Situation sehr gelegen. Am 2.April 1831 trat er zusammen mit seinem Freund Gustave de Beaumont die Fahrt in die neue Welt an. Dort besuchte er auftragsgemäß verschiedene Strafanstalten und zeigte sich dabei besonders beeindruckt von der Idee der Bestrafung durch Arbeit, die in den Gefängnissen der USA im Gegensatz zu denen Frankreich schon weitgehend verwirklicht war. Daneben analysierte er aber auch die Institutionen des amerikanischen Staatswesens und ließ sich auch die Möglichkeit einer abenteuerlichen Reise quer durch den noch weitgehend unbesiedelten amerikanischen Westen nicht entgehen.

Nach seiner Rückkehr nach Frankreich 1832 quittierte er den Staatsdienst und ließ sich als Advokat in Paris nieder. Die meiste Zeit der folgenden Jahre widmete er allerdings nicht dem Führen von Prozessen, sondern der Niederschrift seiner Erlebnisse in den USA in Buchform. Ergebnis war das Werk "De la Democratie en Amerique", das quer durch alle politischen Lager Frankreichs Anerkennung fand und den Hauptgrund für Tocquevilles Aufnahme in die Academie francaise im Jahre 1841 darstellte. In ihm beschränkte er sich nicht nur auf eine bloße Beschreibung der amerikanischen Zustände, sondern entwickelte auch seine eigenen Gedanken über die Gefahren und Vorzüge einer Regierung des Volkes am Beispiel Amerikas. Dabei ging er von dem wechselseitigen Widerspruch zwischen den Prinzipien von Gleichheit und Freiheit aus, zu deren Beschwichtigung die Institution des Staates geschaffen worden sei. Der Staat bringe aber stets die Gefahr der Despotie mit sich. Als Gegenmittel empfahl Tocqueville unter anderem die Wiederherstellung der durch das Ancien Regime in Frankreich zerstörten lokalen Freiheiten und das Prinzip der Assoziation, des freiwilligen Zusammenschlusses von Menschen zur Übernahme staatlicher Funktionen.

Seit 1839 war Tocqueville aktiv im politischen Leben Frankreichs tätig. In diesem Jahr wurde er für den Ort Valognes in die Abgeordnetenkammer gewählt, der er bis zu seinem Rückzug aus der Politik ununterbrochen angehörte. Er schloß sich selten voll und ganz einer der Fraktionen dieses Parlaments an, eignete sich allerdings auch nach eigenem Bekenntnis nicht zum Parteiführer, so daß seine Tätigkeit von einem starken Individualismus durchzogen war.

Nach der Februarrevolution 1848 wurde Tocqueville zum Vizepräsidenten der Nationalversammlung der Zweiten Französischen Republik gewählt. Er gehörte im Juni desselben Jahres zu den Befürwortern der Schließung der Nationalwerkstätten und der Niederschlagung des daraus resultierenden Arbeiteraufstandes. Ein Jahr darauf wurde er schließlich Außenminister der Französischen Republik im Kabinett von Odilon Barrot. In seiner Amtszeit,die bis zum Oktober 1849 dauerte, war er unter anderem verantwortlich für die Liquidierung der Römischen Republik und die Reinstallation des Kirchenstaates durch Frankreich, wenngleich auch diese Ereignisse schon vor Beginn seiner Ministertätigkeit eingeleitet worden waren.

Im Jahre 1851 endete die politische Laufbahn des Alexis de Tocqueville. Während des Staatsstreiches Louis Napoleons am 46. Jahrestag von Austerlitz, dem 2. Dezember 1851,wurde er als Mitglied der Abgeordnetenkammer verhaftet, jedoch einige Tage darauf wieder freigelassen. Aus Protest gegen die Politik des zukünftigen Kaisers Napoleon III. zog er sich ins Privatleben zurück.

Seine letzten Lebensjahre widmete Alexis de Tocqueville seinem zweiten Hauptwerk, dem Buch "L’Ancien Regime et la Revolution", dessen erster Band 1856 erschien. In ihm stellte Tocqueville die französische Revolution als die letztliche Vollenderin der Politik des Ancien Regime dar, die in der Entmachtung des Adels, der Zentralisation sämtlicher Verwaltung und der Neuaufteilung des Grundbesitzes bestanden habe. Der zweite Band diese Buches blieb unvollendet.

Am 16.April 1859 stirbt Alexis de Tocqueville während eines Kuraufenthaltes in Cannes an einem lange verschleppten Lungenleiden, das er sich während seiner Amerika-Rundreise 1832 zugezogen hatte.


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