Zu den Fachgebieten des Autors, der bisher als Privatdozent an den Universitäten Marburg, München und Göttingen tätig war, zählen neben der Geschichte der Internationalen Beziehungen nach 1945 die Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts und die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, wobei er sich bei letzterer auf die Zeit des Ersten Weltkriegs spezialisiert hat. Zu all diesen Themenbereichen liegen von ihm bereits zahlreiche Veröffentlichungen vor.
Gunther Mai untergliedert sein Buch in zwei Hauptabschnitte. Im kürzeren ersten Teil beschreibt er in eher journalistischem Stil die Ereignisse der Tage Ende Juli/Anfang August 1914, das sogenannte "Augusterlebnis". Der zweite Teil befaßt sich mit der Entwicklung der deutschen Politik und Kriegführung während der gesamten Kriegszeit. Mai untergliedert diesen Abschnitt in fünf Kapitel, die sich jeweils mit dem Kriegsausbruch 1914, der Kriegführung bis Ende 1916, der deutschen Kriegswirtschaft, dem Verfassungskonflikt zwischen Parlamentarisierung und Militärdiktatur 1916 - 1918 und dem letztendlichen Zusammenbruch des Deutschen Kaiserreiches beschäftigen. Dabei geht er grundsätzlich chronologisch vor, soweit dies nicht an einzelnen Stellen durch thematische Überschneidungen zwischen einzelnen Kapiteln unmöglich gemacht wird. Kennzeichnend ist der Stellenwert, welcher der Rolle der Arbeiterbewegung und dabei insbesondere der SPD beigemessen wird.
Der Autor stellt dem gesamten Buch eine kurze Einleitung voran, in der er das Thema in den Gesamtzusammenhang der Epoche einordnet und es grundsätzlich bewertet. Als Ergänzung seiner Arbeit fügt er am Ende des Buches eine Auswahl repräsentativer Quellen zu den Themen Burgfrieden und Sozialpolitik sowie Kriegsziele und Friedensfrage an, die er jeweils kurz einführend kommentiert.
Der Quellenauswahl folgt ein Überblick über den Stand der Forschung und die Fachliteratur zum Thema Erster Weltkrieg zum Zeitpunkt des Erscheinens des Buches, in dem der Autor die wichtige Literatur nach Unterthemen, wie Gesamtdarstellungen, Kriegsziele oder Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, geordnet anführt und sehr kurz kommentiert. Dabei geht Mai auch auf Forschungskontroversen, wie die Auseinandersetzungen um die Thesen von Fritz Fischer, ein und nimmt dazu in Ansätzen Stellung.
Ähnlich wie die Literatur werden auch die maßgeblichen Quellen zum Thema von Mai in einem gesonderten Abschnitt aufgeführt, auch hier sorgfältig nach Arten gegliedert. Dabei beklagt er die Tatsache, daß viele Quellen entweder vernichtet oder aber nicht zugänglich oder schlicht nicht ausgewertet seien, auch wenn er sich aus letzteren keine grundsätzlich neuen Erkenntnisse mehr verspricht.
An weiteren Arbeitshilfsmitteln für den Leser verfügt das Buch über eine knapp und übersichtlich gehaltene Zeittafel und ein Personenregister.
Mai stützt sich bei der Auswahl der für seine Arbeit verwendeten ungedruckten Quellen hauptsächlich auf die Bestände der Archive der ehemaligen süddeutschen Bundesstaaten, namentlich des Bayerischen Hauptstaatsarchivs München und des Hauptstaatsarchivs Stuttgart. Daneben werden auch Akten des Politischen Archives des Auswärtigen Amtes und des Archives der sozialen Demokratie in Bonn verwendet. Bei den gedruckten Quellen liegt ein Schwerpunkt in Mais Arbeit auf der Reihe von Quellenbänden "Militär und Innenpolitik" und auf den Tagebüchern Kurt Riezlers, des Vertrauten Bethmann-Hollwegs.
In der Einleitung zu seinem Buch mit dem bezeichnenden Titel "Das Thema" spricht Gunther Mai davon, daß der Erste Weltkrieg ein Bestandteil des am Ende des 19. Jahrhunderts begonnenen Strukturwandelsprozesses hin zur modernen Gesellschaft gewesen sei. Die Entstehung neuer sozialer Schichten, die Organisationserfolge der Arbeiterbewegung und die zunehmende Urbanisierung seien einige der Gründe gewesen, die einen grundlegenden Umbau der alten Gesellschaft gefordert hätten. Der erste Weltkrieg habe diesen Wandlungsprozeß zwar beschleunigt, ihm aber keine inhaltlich neue Richtung gegeben. In der Vorkriegszeit bereits erkennbare Tendenzen, wie das Zerbrechen der Arbeiterbewegung, seien durch ihn zur vollen Auswirkung gekommen, verursacht habe er sie nicht. Auslösend für den Krieg seien die wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen am Anfang des Jahrhunderts gewesen, welche die alte Gleichgewichtsordnung Europas funktionsunfähig gemacht hätten.
Weiterhin zeichnet Mai eine Linie der Kontinuität vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg, die er zusammen mit der Zwischenkriegszeit einen "modernen dreißigjährigen Krieg" nennt, der mit der mit dem Untergang der europäischen Vormachtstellung in der Welt geendet habe.
In seinem "Stimmungsbericht" über den August 1914, dem ersten Hauptteil des Buches, versucht Mai, die in diesen Tagen zu verzeichnende Kriegsbegeisterung zu veranschaulichen und zu hinterfragen. Er beschreibt die Unsicherheit und Nervosität weiter Kreise der Bevölkerung, die mit der Gewißheit des Kriegsbeginns in eine Art Erlösungsstimmung umgeschlagen sei. Des weiteren beschreibt der Autor die Einstellung vieler, auch prominenter Intellektueller des Kaiserreichs, die den Frieden und die eingespielte Friedensgesellschaft als "faul" empfunden hätten und den nahenden Krieg als gesellschaftsverändernde "Welthygiene" begrüßten. Namentlich führt Mai hier Georg Heym, Hermann Hesse, Ernst Toller, Ernst Jünger und auch Adolf Hitler an.
Im folgenden rückt die deutsche Sozialdemokratie in den Blickpunkt. Die rechten Führer der Arbeiterpartei hätten die Gelegenheit des Kriegsausbruchs genutzt, um sich endlich unter dem Vorwand der Verteidigung des Vaterlandes gegen den Zarismus national integrieren zu können. Die Kriegsbegeisterung der Arbeiter selbst, von der Parteirechten oft als Rechtfertigung für ihr Verhalten angeführt, beurteilt Mai leicht skeptisch, nimmt sie aber unter Berufung auf Susanne Miller doch als gegeben an.
Im Kontrast dazu berichtet Mai von der Unsicherheit und dem Zögern der politischen Führung des Kaiserreiches, ihren Versuchen und ihrer Unfähigkeit, nach anfänglicher Begeisterung im letzten Moment den Krieg im Angesicht der möglichen innen- und außenpolitischen Konsequenzen doch noch abzuwenden.
Der zweite Hauptteil von Mais Arbeit beginnt mit einer Untersuchung über die politischen und sozialen Hintergründe, die sowohl die Regierung als auch die Sozialdemokratie dazu bewogen, den "Burgfrieden" zu schließen. Die Furcht vor Kampfmaßnahmen der Arbeiter im Krieg habe die Regierung zu dem Versuch veranlaßt, die SPD durch gewisse Zugeständnisse von innen her "aufzuweichen". Der rechte Flügel sollte unter Beseitigung seiner Kampfkraft integriert, der linke vernichtet werden. Mai führt an, daß diese Ziele auf der Voraussetzung eines kurzen, erfolgreichen Kriegsverlaufs beruhten. Damit sei nach den ersten militärischen Rückschlägen auch dieser "innenpolitische »Schlieffenplan«" gescheitert.
Zunächst aber sei für die Regierung maßgeblich gewesen, daß sie die Militärbefehlshaber, die teilweise schon ein Verbot der SPD vorbereitet hatten, auf die neue Linie einschwören konnte. Dabei habe es nicht unbeträchtliche Schwierigkeiten gegeben.
Die Haltung der SPD zum Burgfrieden wird nach der Erwähnung im ersten Hauptabschnitt nochmals genauer untersucht. Abgesehen von verschiedenen ideologischen Rechtfertigungsversuchen der Parteirechten habe diese den Burgfrieden auch als "Einstandspreis" für ihre Integration in die deutsche Gesellschaft angesehen. Diese mögliche politische Akzeptanz sei dann auch der eigentliche Anlaß für die Parteispaltung gewesen, die bisher nur durch die geschlossene Ablehnung der SPD insgesamt durch die übrigen Parteien verhindert worden sei. Die Parteirechte sei in der folgenden Auseinandersetzung mit der Linken auch nicht vor einer Zusammenarbeit mit den Militärbehörden zurückgeschreckt, wofür der Autor die Absetzung der linken "Vorwärts"-Redaktion als Beispiel anführt. Mai weist auch darauf hin, daß der Triumph der nationalen Integration über die internationale Solidarität ein europäisches Phänomen gewesen sei.
In der SPD habe sich auch schon früh die Ansicht durchgesetzt, daß man im Falle der Niederlage die Schuld an dieser zugeschoben bekommen würde, falls man sich gegen die Regierung stelle. Dies habe den rechten Flügel in immer neue Rechtfertigungsversuche getrieben, für die der Beginn der Verschiebung des sozialdemokratischen Feindbildes von Rußland auf England symptomatisch sei.
Im Zusammenhang mit der sozialdemokratischen Auffassung, daß der Krieg Verteidigungscharakter besitze, schlägt Gunther Mai den Bogen zur offiziellen Kriegszielpolitik. Er erläutert, was unter der von vielen Seiten mit unterschiedlichen Intentionen verwendeten Formel der "Sicherung der nationalen Existenz" letztendlich zu verstehen sei, nämlich die uneingeschränkte Hegemonie des innenpolitisch stabilen Deutschen Kaiserreichs über Europa, die Zersprengung der "Einkreisung" durch die Entente durch Annexionen und die Einrichtung von Vasallenstaaten in größerem Umfang. Der daraus bedingte aggressive Charakter des Krieges lasse sich auch durch die ablehnende Reaktion der deutschen Regierung auf alle Friedensbemühungen, welche die Wiederherstellung des status quo zum Ziel hatten, belegen. Konkrete Vorstellungen über den Umfang der deutschen Kriegsziele seien dagegen kaum vorhanden gewesen. Es habe eine Unzahl von Kriegszielprogrammen gegeben, und auch das offizielle Septemberprogramm Bethmann-Hollwegs, das im übrigen dem Buch als Quelle beigefügt ist, habe viele Fragen offen gelassen. Im Verlaufe des Krieges sei es darüber hinaus teilweise zu einer Abkehr von offenen Annexionsforderungen zugunsten der Befürwortung indirekter Herrschaftsverhältnisse gekommen.
Der nächste Abschnitt des Buches ist dem militärischen Verlauf der ersten Hälfte des Krieges gewidmet. Gunther Mai beschreibt zunächst die Grundlage der Strategie der deutschen Militärführung, den Schlieffenplan. Dieser habe dadurch, daß er wichtige Fragen des möglichen Krieges, wie insbesondere die Rolle Englands und Italiens sowie die eventuelle Neutralität Belgiens, außer Acht gelassen habe, von Anfang an auf unrealistischen Voraussetzungen beruht. Außerdem sei die Annahme, daß sich die strukturelle Unterlegenheit des Deutschen Reiches durch die militärische Qualität des Heeres, durch Überraschung und "Willen" ausgleichen lasse, falsch gewesen. Der schnelle Vormarsch, der im Schlieffenplan vorgesehen war, hätte sich ohne ausreichende Motorisierung des Heeres nicht verwirklichen lassen.
Die deutsche Heerführung habe sich jedoch voll und ganz auf diese eine Strategie verlassen und sei völlig unvorbereitet auf die Erfordernisse moderner Kriegführung und vor allem auf den Stellungskrieg gewesen. Der Krieg sei damit schon frühzeitig, nach dem Rückzug in der Marne-Schlacht, für das Deutsche Kaiserreich nicht mehr zu gewinnen gewesen. Eine Konsequenz aus dem Scheitern des Schlieffenplanes war die personelle Umbesetzung der OHL. Moltke ging, Falkenhayn nahm seinen Platz ein. Zwar konnten deutsche Truppen auch im Osten noch einmal Erfolge aufweisen, wie die Eroberung Polens, und damit die Grundprobleme der deutschen Kriegführung verdecken. Diese Erfolge hätten fatale innenpolitische Folgen gehabt. Doch die Unfähigkeit, an irgendeiner Front kriegsentscheidende Erfolge zu erzielen, habe sich schon in der strategischen Denkschrift Falkenhayns vom Ende 1915 niedergeschlagen. Im Osten hätte zwar ein Vormarsch erreicht werden können, doch dieser hätte sich bald in der Weite des Raumes verloren und die deutschen Kräfte überspannt. Im Westen wäre dagegen ein Durchbruch durch die Stellungsfront von vornherein undenkbar. Als Mittel, den Krieg dennoch zu gewinnen, sei deshalb die "Ermattungsstrategie" gewählt worden: Der Gegner sollte in einer "Blutmühle" "weißgeblutet" werden, bis er zur Aufgabe bereit sei. Die Folge sei die gigantische Materialschlacht bei Verdun gewesen, die letztendlich für die deutsche OHL ohne greifbaren Erfolg geblieben sei. Die Reaktion in deutschen Militärkreisen sei der Ruf nach Eskalation des Krieges gewesen. Die Heimat sollte ökonomisch mobilgemacht, die U-Boote als angeblich kriegsentscheidende Waffe unbeschränkt eingesetzt werden. Vor allem aber sollten anstelle von Falkenhayn Hindenburg und Ludendorff an die Spitze der OHL treten. Mai schreibt, daß mit ihrer Berufung eine Art stiller Verfassungswandel eingetreten sei: Durch den Mythos ihrer Unverzichtbarkeit hätten sie einen bisher nicht gekannten politischen Einfluß für die OHL gewonnen. Aber auch sie hätten erkennen müssen, daß die militärischen Handlungsmöglichkeiten von der Leistungsfähigkeit der heimatlichen Wirtschaft abhingen.
Damit leitet Gunther Mai zu einer Betrachtung der Kriegswirtschaft im Deutschen Kaiserreich über. Er unterteilt ihre Entwicklung in drei Phasen. Die erste Phase, die er von Kriegsbeginn bis etwa Anfang 1915 datiert, sei durch kaum vorhandene staatliche Eingriffe in die frei operierende Wirtschaft gewesen. Die Gründe hierfür hätten in der Annahme eines schnellen Kriegsendes gelegen. Bevorratung und Rationierung seien nicht durchgeführt worden, obwohl die Möglichkeit einer Seeblockade mit allen negativen Folgen durchaus nicht unbekannt gewesen sei. Die Wirtschaft habe sich generell abgeneigt gezeigt, die notwendigen Investitionen für die Umstellung auf Kriegsproduktion vorzunehmen, da sie sich davon hohe Verluste im Falle eines baldigen Friedens versprochen habe.
In der zweiten Phase bis Ende 1916 habe dann eine umfangreiche Bewirtschaftung eingesetzt. Mai erwähnt hier auch die Gründung von Kriegsrohstoffgesellschaften, die einsetzende Umstellung auf Kriegsproduktion und den Beginn des Kampfes der Industrie um Facharbeiter. Die Anstrengungen hätten sich aber angesichts des ungeheuren Materialverbrauchs in den Schlachten des Jahres 1916 als immer noch unzureichend erwiesen.
Die dritte Phase der Kriegswirtschaft setzte laut Mai mit der Annahme des Hilfsdienstgesetzes im Dezember 1916 ein. Die Anfänge dieses Gesetzes lagen bei Überlegungen der OHL, militärische Dienstpflicht auch in der Rüstungsindustrie einzuführen, im übrigen nicht nur für Männer, sondern auch für Frauen. Solche Vorstellungen seien auf Seiten der Regierung auf Widerstand gestoßen, vor allem wegen ihrer möglichen Auswirkungen auf die Nachkriegszeit. Eine Militarisierung des Arbeitslebens sei wegen des nicht vertretbaren Verhältnisses von Aufwand und Nutzen abgelehnt worden. Das schließlich entstandene Gesetz, das von der Reichstagsmehrheit getragen wurde, sei dann auch in einigen Zügen gerade das Gegenteil dessen gewesen, was sich die OHL vorgestellt hatte. Zwar seien einige Elemente der Arbeitspflicht in ihm enthalten, doch die als Zugeständnis von den Sozialdemokraten erreichte Einrichtung von Schlichtungs- und Arbeiterausschüssen habe sicherlich nicht in der Absicht eines Oberst Bauer gelegen. Die Industrie habe dementsprechend scharf reagiert und sich der praktischen Umsetzung der sozialpolitischen Passagen des Gesetzes lange Zeit widersetzt.
Dagegen habe das Hilfsdienstgesetz durchaus Erfolge im Sinne seiner Initiatoren erzielen können. So sei die Streikbewegung während des Krieges dank ihm minimiert worden, und die Konzentration der Arbeitskräfte, wenn auch nur durch materiellen Anreiz, habe erreicht werden können. Darüber hinaus sei das Hilfsdienstgesetz aber durch die Abkehr von den bisherigen patriarchalischen sozialstaatlichen Prinzipien gemeinsam mit dem Notstandsrecht und den Demobilmachungsplanungen zur Grundlage des späteren Weimarer Sozialstaates geworden.
Gunther Mai befaßt sich anschließend mit der Lage von Industrie und Ernährungswirtschaft während des Krieges. Die größten Probleme sei dabei der schwere Rohstoffmangel gewesen, der durch den aus ihm resultierenden Munitionsmangel auch die Kriegführung beeinflußte. Auch die Krise der Lebensmittelproduktion sei auf den Mangel an Rohstoffen und Arbeitsmitteln in der Landwirtschaft zurückzuführen gewesen. Die hohen Lebensmittelpreise hätten aber nicht zu einer Verbesserung der Lage der Bauern geführt, da diese ihr Barkapital nicht zu Investitionen hätten nutzen können. Der Autor unterzieht im folgenden das Hindenburg-Programm einer kritischen Betrachtung. Dieses habe dank seiner Vergabe von Prioritäten bei der Rohstoffversorgung einerseits nochmals eine Produktionssteigerung bei Rüstungsgütern erreichen können, andererseits aber zum Ruin vieler Betriebe mit niedriger Priorität, vor allem im Bereich der Konsumgüterproduktion, geführt. Auch die Konzeption des Baus völlig überdimensionierter zentraler Produktionsanlagen habe Ressourcen verschwendet. Die Entwicklung und Herstellung kriegsentscheidender Waffenbereiche, wie Flugzeuge und Tanks, habe aus Rohstoffmangel entweder stagniert oder sei sogar überhaupt nicht mehr möglich gewesen. Dazu sei noch gekommen, daß die Eisenbahn gegen Ende des Krieges nicht mehr in der Lage gewesen sei, alle Transportaufgaben zu erfüllen.
Das nächste Kapitel in Gunther Mais Arbeit beschreibt den Kampf zwischen den Anhängern der beiden gesellschaftlichen Optionen im Kaiserreich während des Ersten Weltkriegs. Dies sei auf der einen Seite die Parlamentarisierung gewesen, mit der man sich die Unterstützung bisher nicht staatstragender Schichten zu "erkaufen" hoffen konnte, auf der anderen Seite aber habe die Militärdiktatur gestanden, mit deren Hilfe die Unterstützung aller Schichten erzwungen werden sollte. Dabei geht Mai vor allem auf die Rolle des Reichskanzlers Bethmann-Hollweg ein, der bis zu seinem Sturz eine "Politik der Diagonale" zwischen den Befürwortern einer der beiden Richtungen zu verfolgen suchte. Im folgenden beschreibt er einzelne Versuche jeweils einer Seite, ihrem Ziel näherzukommen. Der Reichstag, beziehungsweise die in ihm die Mehrheit innehabenden Parteien, habe anläßlich der Entscheidung über den unbeschränkten U-Bootkrieg versucht, Mitbestimmungsrechte zu fordern, sich dann jedoch selbst durch die Ergebenheitsadresse des Zentrums außer Gefecht gesetzt. Im Gegenzug habe aber auch die OHL in Reaktion auf das vom Reichstag zu großen Teilen veränderte und verabschiedete Hilfsdienstgesetz eine Militärdiktatur erwogen, sich jedoch aus Scheu vor der Übernahme der politischen Verantwortung zurückgehalten. In der Folgezeit sei es jedoch zu einer Quasi-Diktatur der OHL gekommen, da diese zwar nicht alle ihre Forderungen durchzusetzen vermocht habe, auf der anderen Seite aber auch nichts gegen ihren Willen politisch bewegt werden konnte.
Als einen Versuch, zwischen beiden Seiten zu vermitteln, wertet Gunther Mai die Bestrebungen Bethmann-Hollwegs zur Änderung des preußischen Wahlrechts. Der Kanzler und seine Mitarbeiter hätten damit versucht, durch Erfüllung einer Teilforderung der Linken diese zu beschwichtigen und für eine weitere Zusammenarbeit zu gewinnen, ohne jedoch weitergehende Zugeständnisse auf Reichsebene machen zu müssen, die für die Rechte nicht annehmbar gewesen wären.
Der Sturz Bethmann-Hollwegs und die Friedensresolution des Reichstages, die in einem "Interfraktionellen Ausschuß" der Reichstagsmehrheit beraten und beschlossen worden waren, stellten einen neuen Anlauf des Reichstages zu mehr Mitbestimmung dar. Dieser wurde jedoch durch die Ernennung des neuen Reichskanzlers ohne Mitwirkung des Reichstages und die politische Entwertung der Resolution durch eben jenen gestoppt. Die Parteien der Reichstagsmehrheit seien nicht bereit gewesen, ihre Druckmittel, die Kreditverweigerung und das Mißtrauensvotum, konsequent einzusetzen. Kompromißeinrichtungen, wie der sogenannte "Siebenerausschuß", sei wegen ihrer Machtlosigkeit kein langes Leben beschieden gewesen. Auch die Aufnahme von Parlamentariern in die Regierung an nicht entscheidenden Positionen habe keine praktischen Verbesserungen des Status des Parlaments bewirkt.
Wie machtlos der Reichstag wirklich gewesen sei, habe sich beim Abschluß des Friedens von Brest-Litowsk gezeigt, dessen Bedingungen seiner Friedensresolution offen hohnsprachen. Positiv sei allerdings gewesen, daß der Frieden im Osten die Regierung erstmals gezwungen habe, konkrete Kriegsziele zu veröffentlichen. In ihrer Reaktion hierauf hätten die Parteien erneut auf die Durchsetzung ihrer Positionen verzichtet und ohne Gegenleistung die Regierung gestützt.
Die an Brest-Litowsk anschließende letzte Phase des Krieges ist das Thema des fünften Kapitels. Das Kaiserreich hätte sich mit dem Diktatfrieden im Osten und dem uneingeschränkten U-Bootkrieg im Westen die letzte Chance auf einen Verständigungsfrieden verbaut, sofern eine solche überhaupt jemals bestanden habe. Die Erkenntnis, daß die Entwicklung jetzt nur noch zu einem "Karthago-Frieden" führen könne, sei aber nur bei wenigen vorhanden gewesen.
So versuchte die OHL mit der Frühjahrsoffensive 1918 nochmals eine militärische Entscheidung zu erzwingen. Die dabei erlittene Niederlage habe aber nicht zu der notwendigen Einsicht in die Tatsache eines verlorenen Krieges geführt. Stattdessen sei ein "erschreckender" und "erschütternder" Realitätsverlust der deutschen Offiziere zu verzeichnen gewesen, die sich nun zu einem "Todesritt", zu einem letzten Endkampf bereitmachten. Die Kriegsmüdigkeit des Heeres und der Heimat habe sie nicht interessiert.
Letztendlich aber habe sich auch Ludendorff, wenn auch nicht von sich selbst aus, gezwungen gesehen, die Niederlage einzugestehen. Nun seien mit Bereitwilligkeit Vertreter der Reichstagsmehrheit in die Regierung aufgenommen worden, um diesen das "Odium des Friedensschlusses", der notwendigerweise hart für die deutsche Seite werden würde, anlasten zu können. Die Reichstagsparteien hätten diese Rolle angenommen und akzeptiert, die OHL auf diese Weise zu schonen. Gleichzeitig habe es aber immer noch Stimmen für den Endkampf gegeben, die mit zunehmender Klarheit über die Friedensbedingungen wieder stärker geworden seien. Diese hätten aber bezeichnenderweise das Angebot einer "levée en masse" abgelehnt, da sie zu "politischer Verseuchung" des Heeres führe. Die eigenmächtigen Befehle der OHL zum Endkampf hätten dann auf Druck der Reichstagsparteien zum Sturz Ludendorffs geführt, der jedoch noch keine Entscheidung zum bedingungslosen Waffenstillstand oder gar eine Unterordnung der Militärs unter das Parlament bedeutet habe. Andererseits seien diese Ereignisse prägend für die aufkommende "Dolchstoß"-Legende geworden.
Mit der Ende Oktober beschlossenen Verfassungsreform habe endlich die Parlamentarisierung des Reiches begonnen, die zu spät für das Kaiserreich, aber zu früh für die Weimarer Republik gekommen sei. Gunther Mai zählt zu den Vätern der Reform die OHL, den amerikanischen Präsidenten Wilson und die Mehrheitsparteien des Reichstages. Die Reformen seien durch den Zeitdruck als reine Improvisation zustandegekommen, die in sich gefährliche Lücken berge, halbherzig und politisch nicht erkennbar wirksam gewesen sei, da die Symbole, Organe und Personen des alten Systems nicht beseitigt worden seien. Vor allem die SPD habe die Chance vertan, die Reform zu ihren Bedingungen durchzusetzen sowie Halbheiten und zweifelhafte Kompromisse zu vermeiden. Als Gründe hierfür führt Mai die Ungewißheit über die eigene Stärke, Verantwortungsscheu und die Ablehnung einer rücksichtslosen Revolutionierung nach dem Vorbild Lenins an. Er meint, daß die Novemberrevolution zwar vielleicht verfassungsformal, nicht aber politisch überflüssig gewesen sei.
Zu den auslösenden Faktoren für die Novemberrevolution zählt der Autor vor allem die für die Bevölkerung nicht erkennbare Friedensbereitschaft der Regierung. Nicht umsonst sei die Revolution von der Marine ausgegangen, deren Führer eigenmächtig zum Endkampf gen England auslaufen wollten. Zudem habe der Stimmungsverfall in der Bevölkerung, auch in "besseren" Kreisen, dramatische Ausmaße angenommen. Die Kampfesmüdigkeit im Heer habe zu größeren Auflösungserscheinungen geführt, wobei der Anteil der linken Propaganda in seiner Bedeutung vergleichsweise gering, für die Agitatoren der "Dolchstoß"-Legende jedoch ein höchst willkommener Beweis ihrer Ansicht gewesen sei. Diese Legende sei jedoch eine völlige Vertauschung von Ursache und Wirkung, da die Revolution nach dem Eingeständnis der totalen Niederlage und nicht vor ihr ausgebrochen sei.
Der Erfolg der Novemberrevolution habe vor allem auf der Abkehr des Mittelstandes vom alten Staat und seinem Bündnis mit Arbeiterschaft und Teilen der Bauern beruht. Diese Gemeinschaft habe sich jedoch überwiegend auf die negative Einstellung gegenüber dem traditionellen System gestützt und unter mangelhafter Geschlossenheit und Führung gelitten. So sei sie von Anfang an nicht in der Lage gewesen, auf Dauer zur gesellschaftlichen Basis der neuen Republik zu werden.
Mir sind zum Buch "Das Ende des Kaiserreichs" von Gunther Mai zwei Rezensionen bekannt, eine sehr kurze von Klaus Hornung und eine weitere von Gregor Schöllgen.
Hornung lobt die thematische Einordnung als gelungen und hebt den sozialgeschichtlichen Schwerpunkt von Mais Arbeit hervor. Nach einer kurzen Übersicht über den Inhalt bezeichnet er den Band dank der enthaltenen Dokumente und der Berichte über Quellenlage und neuesten Forschungsstand als von erhöhtem Wert, besonders für Unterrichtszwecke.
Schöllgen ordnet das Buch in die bereits erschienene Literatur mit ähnlicher Themenstellung ein und betont als unterscheidenden Punkt die ausschließliche Konzentration des Buches auf Deutschland. Es folgt ein kurzer Abriß des Inhalts. Schöllgen gesteht Gunther Mai gute Kennerschaft des behandelten Themas zu, bemängelt jedoch das Fehlen eines Rückblicks auf die Vorkriegsgeschichte und den Verzicht auf europäische Vergleiche. Diesen "komparativen Zugriff" hält er für das Verständnis von Kriegspolitik, Parlamentarisierungsproblematik und die Diskussion über die Fischer-Thesen für unverzichtbar. Abschließend stellt Schöllgen die Relevanz einiger Erklärungsversuche Mais für Ereignisse des Krieges in Frage.
Ich halte das Buch für ein im ganzen gelungenes Überblickswerk, das die deutsche Sozial-, Politik- und Militärgeschichte des Ersten Weltkrieges in einem Band behandelt. Dank der gut strukturierten Übersicht über Forschungsliteratur und Quellenlage ist es leicht, Zugang zu Literatur über gegebenenfalls besonders interessierende Einzelthemen zu finden. Allerdings ist der Literaturbericht, von wenigen englischsprachigen Werken abgesehen, stark deutschlandzentriert.
Dies mag im generellen Verzicht des Werkes auf das Aufzeigen europäischer Parallelen begründet sein, das jedoch, ebenso wie die von Gregor Schöllgen geforderte stärkere Berücksichtigung der Vorgeschichte des Krieges, wohl den durch die Konzeption als Taschenbuch beschränkten Umfang der Arbeit gesprengt hätte. Es ist allerdings zu überlegen, ob nicht an einigen Einzelstellen doch in kurzer Form eingefügte Vergleiche über deutsche Grenzen hinweg das Verständnis der behandelten Probleme erleichtert hätten.
Auffallend ist auch die Konzentration der hauptsächlich verwendeten Quellen auf süd- und westdeutsche Archive. Dieser methodische Ansatz resultiert sicherlich zum größten Teil aus der vom Autor erwähnten Vernichtung beziehungsweise Unzugänglichkeit vieler relevanter preußischer und Reichsakten. Dadurch entsteht jedoch an einigen Stellen ein leicht regional beeinflußtes Bild der Ereignisse.
Auch die Auswahl der Dokumente erscheint mir in Bezug auf das Gesamtthema des Buches recht unausgewogen. Während sich sieben gut ausgewählte Quellen mit Themen des Burgfriedens und der Sozialpolitik befassen, sind es schon zu Kriegszielen und zur Friedensfrage nur ganze drei, während zum Beispiel das gesamte Kriegsende ohne Dokumentation auskommen muß.
Gunther Mai verwendet nur zur Illustration des Unterabschnitts über Rüstungsproduktion und Ernährungswirtschaft einige Tabellen. Im übrigen Buch verzichtet er auf solche nützliche Ergänzungen des Textes. Diagramme und Karten, die sich bei einigen Einzelthemen zur Verdeutlichung durchaus angeboten hätten, fehlen ebenfalls gänzlich.
Bisweilen gibt es für den Leser auch Schwierigkeiten, der chronologischen Einteilung von Mais Arbeit zu folgen. So werden an einigen Stellen Ereignisse zunächst in ihren Auswirkungen behandelt, ehe ihr Hergang an späterer Stelle ausführlich dargestellt wird. Ein Beispiel für ein solches Thema ist der Sturz Bethmann-Hollwegs.
Alle diese Kritikpunkte sind jedoch nicht so schwerwiegend, daß sie der insgesamt gelungenen Konzeption des Werkes als Einführung in die Problematik des Ersten Weltkrieges mit sozialgeschichtlichem Schwerpunkt Abbruch tun würden. Gunther Mai hat es vermocht, trotz der durch das Format vorgeschriebenen Kürze alle für Deutschland entscheidenden Vorgänge des Ersten Weltkriegs in relativ übersichtlicher und gut lesbarer Form darzustellen.