D’Alembert, Diderot und die Enzyklopädie

Die Encyclopédie war unbestritten eine der bedeutendsten Leistungen der Wissenschaft des achtzehnten Jahrhunderts. Die vorliegende Arbeit soll sich zunächst überblicksweise mit ihren beiden Herausgebern Diderot und d’Alembert beschäftigen sowie anschließend einen kurzen Abriß der Entstehungsgeschichte dieses Werkes bieten, das nach den Worten Diderots seinen Lesern dazu dienen sollte, "die allgemeine Denkweise zu verändern".

Jean Le Rond d’Alembert war der uneheliche Sohn einer bekannten salonnière, der Madame du Tencin, und eines Kavallerieoffiziers, des Chevaliers Destouches-Canon. Seine Mutter setzte ihn schon bald nach der Geburt im November 1717 vor der Kirche Saint-Jean-le-Rond in Paris aus. Das Kind wurde dort, wie bei Waisen üblich, auf den Namen des Schutzpatrons seines Fundortes getauft und später von einem Handwerkerehepaar namens Rousseau aufgenommen. Seinem leiblichen Vater gelang es bald darauf, seinen Sohn ausfindig zu machen. Er unterstützte ihn mit finanziellen Zuwendungen und ermöglichte ihm eine gute Ausbildung am Collège des Quatre-Nations, einer renommierten Schule, deren Gründung auf Mazarin zurückging und die von jansenistischem Geist geprägt war. Zu diesem Zeitpunkt begann er auch aus unbekannten Gründen den Namen d’Arembert und später d’Alembert zu führen.

Anstatt nach Abschluß der Ausbildung am Collège den Wünschen seiner Lehrer entsprechend die Priesterlaufbahn einzuschlagen, begann d’Alembert nacheinander Jura und Medizin zu studieren. Beide Studien gab er jedoch nach kürzester Zeit wieder auf. Dagegen sandte er, ohne jemals ein formelles Studium in mathematischer Richtung unternommen zu haben, ab 1739 Kommentare über mathematische Arbeiten, wie die des Abbé Charles Reyneau, und erste eigene Traktate an die Académie des Sciences. Mit diesen hat er einen solchen Erfolg, daß er schon nach zwei Jahren als adjoint en astronomie in die Ränge der Akademiker aufgenommen wurde. 1743 veröffentlichte er sein wohl berühmtestes Buch, den Traité de dynamique. In ihm stellte er drei Gesetze der Bewegung und des Gleichgewichts sowie das in späteren Jahren nach ihm benannte d’Alembertsche Prinzip auf. Das erste Gesetz war, wie bei Newton, das Trägheitsgesetz. Als zweites formulierte d’Alembert die Gesetzmäßigkeiten der Bewegung eines Körpers, auf den zwei verschiedene Kräfte einwirken. Die letztendliche Bewegung des Körpers läßt sich geometrisch als die Diagonale eines Parallelogramms darstellen, dessen Seiten von den beiden einwirkenden Kräften gebildet werden. Das dritte Gesetz schließlich befaßte sich mit dem Gleichgewicht zwischen aufeinandertreffenden sich bewegenden Körpern mit genau entgegengesetzten Richtungen. D’Alembert stellte hierzu fest, daß diese Körper sich dann im Gleichgewicht befinden, wenn ihre Geschwindigkeiten zu ihren Massen in indirekter Proportion stehen, das heißt, die Produkte aus ihrer jeweiligen Geschwindigkeit und Masse gleich groß sind. Das Prinzip von d’Alembert basierte auf den vorher formulierten Gesetzen und beschrieb die Bewegungsabläufe im allgemeinen, die entstehen, wenn sich in eine bestimmte Richtung bewegte Körper aufgrund irgendeiner Form des Kontakts untereinander, sei es durch Zusammenprall, sei es durch feste mechanische Verbindungen zwischen ihnen, gegenseitig zu einer Bewegungsänderung zwingen. Dabei unterschied d’Alembert drei Arten von Bewegungen: Erstens diejenigen, die den Körpern ursprünglich verliehen wurden, die sie aber durch die Einwirkung der anderen Körper nicht verfolgen konnten; zweitens diejenigen, welche die Körper letztendlich ausführen, weil es bei ihnen zu keinem weiteren Konflikt mit den anderen Körpern kommen wird; und drittens diejenige Bewegung der Körper, bei der alle Körper im Gleichgewicht zueinander verblieben wären. Diese drei Bewegungsarten ließen sich in einem Parallelogramm nach dem zweiten Gesetz geometrisch darstellen und berechnen.

Vor allem dem Erfolg des Traité de dynamique war es zu verdanken, daß d’Alembert im Laufe der folgenden Jahre nacheinander in nahezu alle wissenschaftlichen Akademien des damaligen Europa aufgenommen wurde. Die wichtigsten darunter, die er stolz nach seinem Namen auf dem Titelblatt der Encyclopédie anführte, waren neben der schon erwähnten Académie des Sciences in Paris die Royal Society in London und die Königliche Preußische Akademie in Berlin. Daneben besaß er auch die Mitgliedschaft der Akademien zu St.Petersburg, Stockholm und Bologna.

Ein Jahr nach Erscheinen des Traité de dynamique, in dem d’Alembert die Probleme der Mechanik fester Körper behandelt hatte, veröffentlichte er eine ähnliche Arbeit für den Bereich der flüssigen Stoffe, den Traité de l’équilibre et du mouvement des fluides. Auch die gasförmigen Stoffe wurden durch d’Alembert in den Réflexions sur la cause générale des vents, die 1747 erschienen, einer gründlichen Untersuchung unterzogen. Hierbei vernachlässigte er zwar die thermischen Komponenten der atmosphärischen Bewegungen und charakterisierte sie allein als gezeitenähnliche Vorgänge. Er verwendete jedoch erstmals in größerem Umfange partielle Differentialgleichungen zur mathematischen Darstellung der atmosphärischen Phänomene, ein Verfahren, das später von Euler übernommen und verbessert wurde.

Im selben Jahr sandte d’Alembert einen Artikel an die Preußische Akademie, der für ihre Mémoirs bestimmt war. In dieser Arbeit untersucht er die Bewegung von vibrierenden Saiten, ein Problem, das zu der damaligen Zeit eine außerordentliche Beachtung erfuhr. Um es zu lösen, stellte d’Alembert hier als erster die Wellengleichung auf. Doch auch auf diesem Gebiet wurde er bald von Euler übertroffen. Zwischen ihm und dem Schweizer entwickelte sich bald ein ständiger Konkurrenzkampf, an dem sich bisweilen noch andere beteiligten, der aber zwischen seinen beiden Hauptkontrahenten ihr Leben lang anhielt.

Auch bei seiner nächsten großen Arbeit, den Recherches sur la précession des équinoxes et sur la nutation de la terre, die 1749 erschienen, mußte sich d’Alembert mit ähnlichen Unternehmungen seiner Rivalen auseinandersetzen. Das Problem des stetigen Vorrückens der Frühlings- und Herbstpunkte, ausgelöst durch die Wirkung der Gravitation von Sonne und Mond auf die nicht streng kugelförmige Erde, und ihrer exakten Berechnung wurde von ihm mit ziemlich hoher Präzision gelöst.

In den folgenden Jahren trat die eigenständige mathematische Arbeit d’Alemberts etwas hinter seine neuen Aufgaben als Mitherausgeber der Encyclopédie zurück. Nichtsdestoweniger bearbeitete er 1752 erneut das Thema der Flüssigkeitsmechanik im Essai d’une nouvelle théorie de la résistance des fluides. Hier erschienen die hydrodynamischen Differentialgleichungen zum ersten Mal als Feldgleichungen, und d’Alembert benannte das hydrodynamische Paradoxon, das besagt, daß, da das Strömungsmuster vor und hinter einem Hindernis identisch sei, das Hindernis der Strömung im Grunde genommen überhaupt keinen Widerstand entgegensetze.

Auch das Problem der Dreikörperbeziehung zwischen Sonne, Mond und Erde und die daraus resultierenden Bewegungen beschäftigten d’Alembert ein weiteres Mal. In seinen Recherches sur différens points importants du système du monde, die in drei Bänden zwischen 1754 und 1756 veröffentlicht wurden, stellte er anhand seiner Berechnungen einen neuen Satz von Mondtafeln auf. Doch auch hier war sein Erfolg nicht ungeschmälert - die Tafeln seines Kollegen Clairaut wurden, obwohl mathematisch weniger korrekt, in der Praxis weitaus häufiger verwendet.

Auf literarischem Gebiet feierte d’Alembert dagegen zu dieser Zeit eindeutigere Erfolge. 1754 berief ihn die Académie française in ihre Reihen, in Anerkennung seiner Arbeit an der Encyclopédie, vor allem selbstverständlich für den von ihm verfaßten Discours préliminaire derselben. In dieser rein literarischen Institution brachte er, der selbst seine eigentlichen Interessen eher auf dem Gebiet der Mathematik sah, bis zum Amt des Sécretaire perpétuel, in das er 1772 berufen wurde.

Von anderen Seiten wurde d’Alembert ebenfalls mit Ehrungen bedacht. Vor allem König Friedrich II. von Preußen versuchte, ihn, den berühmten Mathematiker mit literarischen Erfolgen, als Präsidenten seiner Berliner Akademie der Wissenschaften zu gewinnen. Doch d’Alembert ging auf Friedrichs Angebote nicht ein. Wenn er auch durch seine beratende Tätigkeit, zum Beispiel in Fragen von Neuberufungen an die Akademie, quasi einige Funktionen eines Präsidenten erfüllte, so blieb er doch Preußen, "dem barbarischen Land", lieber fern, abgesehen von einem mehrmonatigen Aufenthalt im Jahre 1764. Auch die russische Zarin Katharina II. bemühte sich darum, d’Alembert an ihre Akademie in St.Petersburg zu holen, doch ihre Bestrebungen waren ebensowenig von Erfolg gekrönt wie die des Preußenkönigs. D’Alembert bevorzugte es, "arm zu sterben, aber frei zu leben" und lieber "einen König als Maîtresse denn als Eheweib zu haben."

Nach 1760 publizierte d’Alembert keine größeren mathematischen Einzelwerke mehr. Statt dessen faßte er seine Arbeitsergebnisse zu unterschiedlichsten Themen in einem Sammelwerk zusammen, den Opuscules mathématiques, deren acht Bände in mehr oder weniger regelmäßigen Intervallen bis 1780 erschienen. In ihnen stellte er das später nach ihm benannte Theorem über die Bestimmung der Divergenz oder Konvergenz einer Reihe mit Hilfe ihres Grenzwertes auf.

Jean Le Rond d’Alembert starb am 29. Oktober 1783 in Paris. Seine letzten Lebensjahre waren von zunehmender Verbitterung und Frustration geprägt, obwohl er bis zuletzt ein hochgeachtetes Mitglied der gelehrten Gemeinschaft des vorrevolutionären Frankreichs geblieben war.

In der Erinnerung der Nachwelt wurden seine Verdienste als Mathematiker meist hinter diejenigen zurückgestellt, die er sich als Philosoph und Literat erworben hatte. Entwicklungen in den exakten Wissenschaften, an denen er nicht unmaßgeblich beteiligt war, wurden oft allein seinen Konkurrenten, wie Euler, Bernoulli und Clairaut, zugeschrieben. Als Verfasser wichtiger Artikel der Encyclopédie, vor allem des Discours préliminaire, wurde ihm jedoch ungeteilte Anerkennung zuteil.

Der Lebensweg des zweiten Herausgebers der Encyclopédie, Denis Diderot, weist eine Reihe von Unterschieden zu dem d’Alemberts auf. Diderot, 1713 in Langres, einer kleinen Stadt in der Provinz, geboren, war der Sohn einer alteingesessenen Handwerkerfamilie. Sein Vater war ein wohlhabender Messerschmied, seine Mutter kam aus einer Gerberfamilie. Diderots Begeisterung für das Handwerk, die sich später unter anderem darin zeigte, daß die Encyclopédie eben auch den Titel Dictionnaire des métiers führte und ihm vor allem durch ihre Tafelbände, aber auch durch zahlreiche handwerksbezogene Artikel, gerecht wurde, mag aus seinem Elternhaus herrühren. Zunächst aber hatte die Begeisterungsfähigkeit Diderots ganz andere Ziele. Gegen den Wunsch seines Vaters war er bestrebt, dem Orden der Jesuiten, in deren Collège in Langres er die ersten Grundlagen seiner Bildung erworben hatte, beizutreten. Ein Fluchtversuch aus dem Elternhaus konnte den Vater schließlich umstimmen, und so ging Diderot schließlich nach Paris, um seine Ausbildung im jesuitischen Collège d’Harcourt fortzusetzen..

Hier erlangte er schließlich 1732 den akademischen Grad eines maître-ès-lettres. Seine Pläne, ein Jesuit zu werden, hatten sich bis zu diesem Zeitpunkt anscheinend schon zerschlagen. Sein Vater stellte ihn nun nach seiner Graduierung vor die Entscheidung, entweder Medizin oder Jura zu studieren, oder aber die väterliche materielle Unterstützung zu verlieren.

Diderot entschied sich für letzteres und begann, in Paris das schwierige Leben eines freien Schriftstellers zu führen. Um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, zeigte er, daß sein theologischer Unterricht bei den Jesuiten doch Früchte getragen hatte, indem er für mit anderen Dingen beschäftigte Priester und Missionare ihre Predigten schrieb. Auch andere Bereiche seines erworbenen Wissens halfen ihm dabei, sein Leben zu fristen: Er begann auf verschiedenen Gebieten, darunter auch dem der Mathematik, Unterricht zu geben. Allerdings zeigte er sich bei der Auswahl seiner Schüler recht anspruchsvoll, indem er die Unbegabten unter ihnen rundweg ablehnte.

Daneben begann er, sich seine Kenntnisse der englischen Sprache zu Nutzen zu machen, indem er englische Literatur übersetzte. Darunter befand sich auch ein Wörterbuch, das A Medicinal Dictionary: Including Physic, Surgery, Anatomy, Chemistry, and Botany ... von Robert James, das er für den Verleger Briasson ins Französische übertrug. In jenen Jahren des Bohème-Lebens, in denen er häufig materielle Not litt, lernte Diderot in den von ihm frequentierten Pariser Cafés und Salons auch d’Alembert und andere spätere Mitarbeiter an der Encyclopédie, wie Rousseau, d’Holbach und Voltaire, kennen.

Im Jahre 1746 veröffentlichte Diderot sein erstes eigenständiges Werk, die Pensées philosophiques. Beeinflußt von den deistischen Ideen Shaftesburys und Spinozas, widerspricht er der traditionellen christlichen Ablehnung und Unterdrückung der menschlichen Leidenschaften. Diese seien die einzigen Dinge, welche die Seele zu Höherem emporheben könnten. Diderot betont in den Pensées philosophiques ebenfalls die Grundsätze des Skeptizismus. Was niemals unvoreingenommen in Frage gestellt worden sei, sei auch niemals vollständig bewiesen worden. Des weiteren befaßt sich Diderot mit der Frage, was Gott sei, und mit der Vielfalt der religiösen Bekenntnisse der Menschen. Dabei kommt er zu dem Schluß, daß der Naturalismus, das heißt die Verehrung Gottes in der Natur, die beste Religion sei.

Eine solche Haltung in religiösen Fragen konnte sich die katholische Kirche selbstverständlich nicht ohne weiteres bieten lassen. Auf ihr Betreiben hin ordnete das Parlament von Paris kurz nach Erscheinen des Buches seine öffentliche Verbrennung durch den Henker an. Dies stellte den Beginn des nahezu ständigen Konflikts Diderots mit der katholischen Kirche und dem von ihr maßgeblich getragenen französischen Staat dar, eines Konfliktes, wie ihn im übrigen sein Partner bei der Herausgabe der Encyclopédie, d’Alembert, in solcher Schärfe nie kennenlernte. Diderot schrieb in der Folgezeit eine Reihe von eher auf einen Verkaufserfolg angelegten Büchern, die nichtsdestoweniger, oft in versteckter Form, von Elementen seiner Philosophie geprägt sind. Das erfolgreichste Werk dieser Art war Les bijoux indiscrets, eine 1747 erschienene Sammlung von kürzeren Erzählungen, die noch bis in die heutige Zeit im Verruf standen, teilweise pornographischen Charakter zu besitzen. Außerdem veröffentlichte Diderot 1748 auch sein einziges mathematisches Werk, die Mémoirs sur différens sujets de mathématiques, mit denen er allerdings keinen großen fachlichen Ruhm erwarb.

Bekanntheit erlangte dagegen sein zweites großes philosophisches Werk, der Lettre sur les aveugles ( 1749 ). In ihm setzte sich Diderot vordergründig mit der Philosophie des blinden Cambridger Mathematikprofessors Nicholas Saunderson auseinander, die stark von atheistischen Zügen geprägt war. Davon ausgehend, begann Diderot mit einer Betrachtung über die Auswirkungen des Verlusts eines oder mehrerer der fünf Sinne auf die menschliche Moral.

Ein Blinder habe zum Beispiel kaum Verständnis für das durch Nacktheit bedingte Schamgefühl, da Nacktheit gewöhnlich nur optisch wahrgenommen werden kann. Wenn also einer der Grundsätze der christlichen Moral für einen Blinden ohne Bedeutung sei, so ergebe sich daraus, daß dieselbe nicht, wie ihre Hüter behaupteten, von absoluter, sondern nur von relativer Bedeutung sei. Diderot dehnt im folgenden diesen Relativitätsbegriff auch auf das Gottesverständnis aus. Es sei möglich, daß Gott existiere und die Welt geschaffen habe, aber nicht zwingend notwendig. Verschiedene Arten der Gottesbeweise seien nicht gänzlich schlüssig, wie zum Beispiel jener, die Existenz Gottes durch die sichtbaren Wunder dieser Welt zu belegen, der von einem Blinden überhaupt nicht nachvollzogen werden kann.

Der Lettre sur les aveugles kennzeichnet den Wechsel Diderots von der noch in den Pensées philosophiques vertretenen deistischen Weltauffassung zu einer materialistisch-atheistischen. Die in ihm enthaltenen Gedanken riefen eine weitaus stärkere Reaktion der sich bedroht fühlenden katholischen Kirche hervor als noch die Pensées. Nach der Veröffentlichung des Lettre wurde diesmal der Autor selbst das Ziel von Strafmaßnahmen. Aufgrund eines Lettre de cachet wurde Diderot im Juli 1749 verhaftet und in das Verlies des Schlosses von Vincennes gebracht. Aufgrund des Einflusses seiner Verleger und seiner Mitarbeiter bei der zu dieser Zeit bereits begonnenen Encyclopédie konnte er allerdings schon bald eine Erleichterung der Haftbedingungen und nach einigen Monaten auch seine Entlassung erreichen.

Diderots nächstes größeres philosophisches Werk, De l’interprétation de la nature, das 1753 erschien, dokumentierte bereits den beginnenden Zerfall der Freundschaft zwischen ihm und d’Alembert infolge unterschiedlicher philosophischer Auffassungen. In ihm griff er die Mathematik an und bestritt ihren Anspruch, die wichtigste, weil auf alle anderen Fachgebiete anwendbare Wissenschaft zu sein. Er verwarf die Bestrebungen der führenden Mathematiker, darunter d’Alembert, Probleme immer mehr zu abstrahieren und forderte statt dessen, daß die Nützlichkeit das erste Kriterium einer jeden Wissenschaft sein sollte. Nach Diderots Voraussage sollte die Mathematik binnen der nächsten hundert Jahre eine tote Wissenschaft sein. Die Chemie, die ( Experimental- ) Physik und die Biologie waren seiner Meinung nach die eigentlichen zukunftsträchtigen Wissenschaften.

Auch der Rêve de d’Alembert, den Diderot 1769 schrieb, der aber erst 1830 veröffentlicht wurde, steht im Zeichen der Auseinandersetzung mit seinem einstigen Freund und Weggefährten. Der allgemeine Streit zwischen den Philosophen über die Sensibilität oder Trägheit der Materie, über das Vorhandensein von innewohnenden Kräften und alle sich aus diesen Grundannahmen ergebenden Folgerungen trennte nun auch sie und wurde von Diderot im Rêve in der Form eines fiktiven Streitgesprächs zwischen d’Alembert und mehreren anderen Personen abgehandelt.

Denis Diderot starb am 31. Juli 1784 in Paris. Er hinterließ neben seinen philosophischen Werken ein umfangreiches literarisches Erbe. Obwohl er auf philosophischem und literarischem Gebiet, nicht zuletzt durch die Herausgabe der Encyclopédie, herausragende Verdienste erworben hatte, waren ihm die Pforten der französischen und der ausländischen Akademien, mit Ausnahme der preußischen, trotz reger Bemühungen seiner Freunde verschlossen geblieben. Seine für die damalige Zeit radikalen philosophischen Anschauungen, die er auch öffentlich zu verkünden wagte, hatten ihm dafür zu viele Feinde geschaffen.
 
 

Die Encyclopédie, die von Diderot, d’Alembert und zahlreichen weiteren Mitarbeitern geschaffen wurde, besaß zahlreiche Vorbilder. Ideen für eine "Verknüpfung der Kenntnisse", wie Diderot den griechischen Namen übersetzte, hatten bereits antike Philosophen wie Aristoteles und Platon. Die Etymologiae oder Origines des Kirchenvaters Isidor von Sevilla, um 600 entstanden, zeugen von einem ersten Versuch der christlichen Geisteswelt, dieses Ziel zu verwirklichen. Größere Verbreitung und vor allem praktische Umsetzung fand die Vorstellung, alle menschlichen Kenntnisse zu ordnen und zusammen in Buchform herauszugeben, allerdings erst im ausgehenden 17. Jahrhundert. Der Franzose Louis Moréri hatte es schon 1674 unternommen, ein Grand dictionnaire historique zu verfassen, das einen Überblick über die kirchliche und weltliche Geschichte bieten sollte. Von einem Band bei seiner ersten Ausgabe wuchs es im Laufe der Zeit bis auf acht Bände heran. Ihm folgten 1697 Pierre Bayle mit seinem Dictionnaire historique et critique in zwei Bänden und 1704 die Jesuiten, bei denen bekanntlich Diderot ausgebildet wurde, mit dem sogenannten Dictionnaire de Trévoux in sieben Bänden. Auch in anderen Ländern gab es ähnliche Ansätze. Der Leipziger Verleger Johann Heinrich Zedler publizierte in den Jahren 1732 bis 1750, also nahezu unmittelbar vor dem Erscheinen der Encyclopédie, sein Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste in immerhin vierundsechzig Bänden ! Allerdings dürfte dieses Werk die Encyclopédie angesichts des geringen Bekanntheitsgrades der deutschen Sprache unter den französischen Philosophen kaum beeinflußt haben.

Englische Unternehmungen mit enzyklopädischem Charakter spielten dagegen eine weit größere Rolle bei ihrer Entstehung. Hier hatte es mit John Harris’ 1704 bis 1710 erschienenem Lexicon Technicum in zwei Bänden auch das erste Nachschlagewerk gegeben, das sich fast ausschließlich mit den exakten Wissenschaften und den handwerklichen Künsten befaßte. Das englische Lexikon, das letztendlich für die Entstehung der französischen Encyclopédie entscheidend mitverantwortlich sein sollte, war die Cyclopaedia or an Universal Dictionary of Arts and Sciences in zwei Bänden, die von Ephraim Chambers im Jahre 1728 veröffentlicht wurde.

Dieses Wörterbuch beabsichtigte der Pariser Verleger Le Breton im Jahre 1745 in französischer Sprache herauszugeben. Zu diesem Zweck engagierte er zunächst den Engländer Mills und den Deutschen Sell. Diese begannen nun, weitere Mitarbeiter einzustellen. Diderot, der, wie schon erwähnt, bereits ein Wörterbuch aus dem Englischen ins Französische übertragen hatte, mag ihnen durch seinen Ruf als Übersetzer aufgefallen sein. D’Alembert hingegen hatte sich zu dieser Zeit bereits mit seinem Traité de dynamique und seinen Arbeiten für die Académie des Sciences einen Namen gemacht und wurde so als Experte für wissenschaftliche Fragen eingestellt. Die Zusammenarbeit zwischen Le Breton und seinen beiden Herausgebern gestaltete sich jedoch unerfreulich und endete schließlich nach nur einem Jahr.

Le Breton ließ sich jedoch von seinem Vorhaben nicht abbringen. Er unterzeichnete einen Vertrag mit den drei Verlegern Briasson, David und Durand und bestellte einen neuen Herausgeber, den Abbé de Gua de Malves. Dieser verstand es jedoch ebensowenig wie seine beiden Vorgänger, ein annehmbares Konzept für die Erstellung einer Cyclopaedia-Übersetzung zu entwickeln. Auch er wurde nach nur einem Jahr von den Verlegern entlassen.

Diderot und d’Alembert, die auch schon unter Gua de Malves einigen Einfluß auf den Ablauf der Arbeiten besessen hatten, wurden nun von den vier Verlegern als seine Nachfolger unter Vertrag genommen. Es stellte sich jedoch bald heraus, daß der größte Teil der herausgeberischen Verantwortung bei Diderot lag, während d’Alembert nur ungern andere Aufgaben als die eines wissenschaftlichen Mitherausgebers übernahm. Dies zeigte sich besonders in den Monaten des Jahres 1749, die Diderot aufgrund seines Lettre sur les aveugles in Vincennes verbringen mußte.

Trotz aller Widrigkeiten gelang es Diderot und d’Alembert jedoch, das Unternehmen bis zur Druckreife voranzubringen. Ende 1750 erscheint ein von Diderot verfaßter Prospectus des neuen Werkes. Schon der erste Blick auf seinen geschäftlichen Teil läßt erkennen, daß es sich bei der Encyclopédie nicht mehr nur um eine reine Übersetzung von Chambers’ zweibändiger Cyclopaedia handelte. Angekündigt wurden acht Bände mit Text und zwei mit Tafeln, und eine Erweiterungsklausel, die sich später als sehr nützlich erweisen sollte, war bereits vorhanden. Der Prospectus, dessen literarischer Teil später in den Discours préliminaire integriert wurde, machte einen guten Eindruck und ließ eine vielversprechende Anzahl von Subskriptionen bei den Verlegern eingehen.

1751 konnte dann endlich der erste Band der Encyclopédie ausgeliefert werden. Er trug auf der ersten Seite ihren vollständigen Titel "Encyclopédie ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, par une société des gens de lettres" und ihr Motto, das Horaz-Zitat "Tantum series iuncturaque pollet, tantum de medio sumptis accedit honoris".

Der dem ersten Band vorangestellte Discours préliminaire aus der Feder d’Alemberts erzielte eine große Wirkung unter den Lesern. Diese Einleitung umfaßte vier Teile. Zum ersten wurde ein Abriß der "philosophischen" Geschichte des menschlichen Wissens gegeben, ausgehend von dem Prinzip, daß alles Wissen auf der Aufnahme von Sinneseindrücken beruhe. D’Alembert versuchte aufzuzeigen, wie ausgehend von den ersten grundlegenden Ideen, die der Mensch von sich und seiner Umwelt gewann, alle anderen Ideen sich durch Verknüpfung untereinander entwickelten. Als Überblick über die Zusammenhänge alles menschlichen Wissens, die eine Enzyklopädie ja darstellen sollte, gab d’Alembert den von Francis Bacon übernommenen und leicht modifizierten Baum des Wissens an. Bei ihm leiten sich von den drei Teilbereichen des menschlichen Geistes, der Vernunft, dem Gedächtnis und der Einbildungskraft, die grundlegenden Wissensbereiche der Philosophie, der Geschichte und der Poesie ab und von diesen wiederum alle anderen Wissenschaften. D’Alembert gab allerdings zu, daß diese Einteilung in ihren Details recht willkürlich zusammengestellt sei.

Der zweite Teil des Discours préliminaire beschäftigt sich mit der tatsächlichen Geschichte der menschlichen Wissenschaften und Künste, die das "methodische Wörterbuch" in all ihrer Vielfalt darstellen sollte. Dabei verwarf d’Alembert die Scholastik und die Geistesgeschichte des christlichen Mittelalters, von wenigen Ausnahmen abgesehen, insgesamt. Den naturbezogenen Wissenschaften widmete er weit mehr Aufmerksamkeit als vor allem der traditionellen Wissenschaft aller Wissenschaften, der Theologie.

Im weiteren fügt d’Alembert der Einleitung eine überarbeitete Version von Diderots Prospectus und eine Aufzählung der an der Erstellung der Encyclopédie beteiligten Wissenschaftler, der philosophes oder gens de lettres, wie sie sich oft selbst bezeichneten, hinzu.

Der erste Band der Encyclopédie wurde auch ein großer kommerzieller Erfolg, die Verleger beschlossen schon bald eine erste Erhöhung der ursprünglich vorgesehenen Auflagenzahl.

Doch auch die Feinde des neuen Geistes, der in den Artikeln der Encyclopédie verbreitet wurde, blieben nicht untätig. Eine große Zahl von Schmähschriften und anderen Pamphleten gegen die Herausgeber und das Werk begleiteten die Tätigkeit von Diderot, d’Alembert und ihren Mitarbeitern vom Erscheinen des ersten Bandes an. Besonders die Jesuiten versuchten, die Encyclopédie mit allen Mitteln zu behindern und aufzuhalten. Dank ihren Intrigen und denen anderer Gegner des Werkes in der Kirche, in den Parlamenten und bei Hofe wurde nach dem Erscheinen des zweiten Bandes 1752 ein arrêt du conseil des königlichen Hofrates erlassen, in dem das weitere Erscheinen der Encyclopédie untersagt wurde. Als Begründung wurde angegeben, daß sie "die königliche Autorität zerstören, den Geist der Unabhängigkeit und der Empörung stiften, sowie, unter Verwendung unklarer und zweideutiger Begriffe, die Grundlagen des Irrtums, des Verfalls der Sitten, der Gottlosigkeit und des Unglaubens aufrichten" würde.

Das königliche Verbot war allerdings nicht vom Entzug des Druckprivilegs begleitet, und keiner der Herausgeber oder Verleger wurde, wie Diderot für seinen Lettre sur les aveugles noch drei Jahre zuvor, ins Gefängnis geworfen. So konnte die Edition der Encyclopédie mit nur geringfügiger Verzögerung fortgesetzt werden, nachdem noch ein Versuch der Jesuiten gescheitert war, selbst ihre Leitung zu übernehmen. Die in den Jahren 1753 bis 1757 erscheinenden Bände drei bis sieben haben allen Anfeindungen zum Trotz solchen Erfolg, daß sich die 1751 vorgesehene Auflagenhöhe vom vierten Band an nahezu verdreifacht hatte.

Die Gegner Diderots und d’Alemberts gaben jedoch nicht auf. Gelegenheit zum Angriff bot ihnen bald der siebente Band der Encyclopédie, und in diesem insbesondere der Artikel Genève, den d’Alembert persönlich abgefaßt hatte. In diesem lobte er die republikanischen Institutionen der unabhängigen Stadt und fand anerkennende Worte für die religiösen Gepflogenheiten des dortigen protestantischen Klerus. Die heftige Reaktion der sich dadurch angegriffen fühlenden katholischen Kirche und des absolutistischen Staates ließen nicht auf sich warten. Dazu kam, daß das politische Klima durch einen Attentatsversuch auf Ludwig XV. Anfang 1757 sehr gereizt war und sämtliche Veröffentlichungen, die eines umstürzlerischen Geistes verdächtigt wurden, mit schweren Strafen bedroht waren. In dieser Situation predigte der Abbé le Chapelain vor dem Hofe gegen die Encyclopédie und der Papst verdammte sie in einer eigens für sie verfaßten Bulle. Einem Verkaufsverbot durch das Parlament von Paris 1758 entging das Werk nur durch die Protektion des obersten Leiters der Zensurbehörde, der sogenannten librairie, Malesherbes, der ungeachtet seines Amtes zu den bedeutendsten Fürsprechern der Enzyklopädisten zählte. Doch auch er konnte nicht verhindern, daß dasselbe Parlament ein Jahr später nach einer erneuten Anklage durch den avocat général, Omer Joly de Fleury, die auf ähnlichen Vorwürfen wie der königliche arrêt du conseil von 1752 beruhte, eine kritische Untersuchung der Encyclopédie anordnete, die ausgerechnet den Gegnern der philosophes übertragen wurde. Wie erwartet erbrachte sie eine Bestätigung der Anklage, und diesmal wurde den Verlegern das Druckprivileg entzogen und der Verkauf bereits gedruckter Bände untersagt.

In dieser Zeit verließ d’Alembert die Encyclopédie. Die Gründe dafür waren vielfältig. Zum einen war er darüber verärgert, daß ausgerechnet ein Artikel von ihm die heftigsten Angriffe ihrer Gegner hervorgerufen hatte. Zum anderen hatten sich in den letzten Jahren zwischen ihm und Diderot, besonders nach der Veröffentlichung von dessen Werk De l’interprétation de la nature, immer größere und kaum noch überbrückbare philosophische Differenzen ergeben. Darüber hinaus fürchtete d’Alembert, der bereits eine recht angesehene gesellschaftliche Stellung erlangt hatte, diese im Falle seines Festhaltens an einem seiner Meinung nach unweigerlich zum Scheitern verurteilten Unternehmen in Gefahr zu bringen.

Auch Diderot stand nach dem Entzug des Privilegs und dem Verkaufsverbot vor der Entscheidung, die Encyclopédie allein fortzusetzen oder sie aufzugeben. Auch eine Verlagerung des Druckortes ins Ausland erschien möglich. Nach langen Verhandlungen und vor allem Dank des Einflusses von Malesherbes gestatteten es schließlich die königlichen Behörden, daß die weiteren Bände der Encyclopédie im geheimen weiter auf den Druck vorbereitet werden konnten. Die Veröffentlichung sollte dann für alle Bände gleichzeitig erfolgen.

Diderot fand sich mit diesen Bedingungen ab und setzte die Arbeit fort, d’Alembert jedoch war zu einer Rückkehr nicht mehr zu bewegen. Ab 1762 begann Diderot, die politisch und religiös unverdächtigen Bände mit den Tafeln herauszugeben, die den Stand der Künste und des Handwerks anschaulich darstellen sollten. Die Arbeit an den Textbänden nahm noch einige weitere Jahre in Anspruch. Obwohl der Verleger Le Breton diese aus Furcht vor einem möglichen neuen Druck- und Verkaufsverbot, im übrigen sehr zu Diderots Verärgerung, selbst zensierte und alle ihm zu gewagt erscheinenden Stellen vollständig strich, wurde ihre Veröffentlichung von Seiten der Behörden einem genauen Reglement unterworfen. Sie mußten, obwohl in Paris gedruckt, als im Ausland hergestellt angekündigt werden und waren nur in der französischen Provinz, nicht aber in Paris zum Verkauf zugelassen. Diese Auflagen verhinderten freilich nicht, daß etliche Exemplare ihren Weg dorthin fanden, aber sie zeigen recht deutlich die Bedeutung, die man der Encyclopédie von staatlicher Seite beimaß.

Damit war die Herausgabe der Encyclopédie im engeren Sinne abgeschlossen. Die Suppléments, bestehend aus fünf Bänden, und die Tables in zwei Bänden wurden 1776/77 beziehungsweise 1780 ohne Mitwirkung Diderots im Auftrage des Buchhändlers Panckoucke angefertigt und von ihm veröffentlicht. Daneben gab es mehrere, bisweilen leicht veränderte Nachdrucke des Originals der Encyclopédie, so die von Lucca ( erschienen 1758 bis 1776 ) und von Genf ( 1770 bis 1776 ). Während diese beiden zumindest unter Zustimmung oder gar Beteiligung der ursprünglichen Verleger zustande gekommen waren, handelte es sich bei anderen um eindeutige Raubdrucke, wie bei der schon 1751, nur kurz nach dem Erscheinen des ersten Bandes in Paris, von einigen Londoner Verlegern geplanten Neuauflage. Diese kam jedoch nicht über die Veröffentlichung des Nachdrucks des ersten Bandes hinaus.

Neben der reinen Reproduktion des französischen Originaltextes gab es in den anderen europäischen Ländern auch Versuche, in die jeweilige Landessprache übersetzte Versionen herzustellen und zu veröffentlichen. Diese Versuche waren jedoch nicht von größerem Erfolg gekrönt. Meist ließ man es bei der Übersetzung einiger Schlüsselartikel bewenden.

Die zahllosen Mitarbeiter der Encyclopédie, von denen bisher ungefähr 130 namentlich identifiziert werden konnten, sind heute in ihrer überwiegenden Mehrheit nahezu unbekannt. Ihre persönlichen Anteile am Gesamtwerk sind vom Umfang her höchst unterschiedlich. Eine Reihe der heute aufgrund ihrer eigenen Arbeiten neben der Encyclopédie berühmtesten Philosophen des achtzehnten Jahrhunderts wird häufig an erster Stelle unter den Angehörigen der société de gens de lettres genannt, obwohl die Größenordnung ihres Beitrages gemessen an den Dimensionen des Gesamtwerkes vergleichsweise gering ist.

Unter ihnen sind zum Beispiel Montesqieu, der nur den Artikel Goût beisteuerte, Turgot, der fünf Artikel zu verschiedenen Themen schrieb, Friedrich Melchior Grimm mit den Artikeln Motif ( Musique ) und Poème lyrique sowie Voltaire, der immerhin dreiundvierzig Einträge zumeist über literarische Themen verfaßte.

Immerhin ganze Teilgebiete wurden von Jean-Jacques Rousseau und dem Baron d’Holbach bearbeitet. Die Domäne Rousseaus war die Musik. Darüber hinaus schrieb er jedoch auch den politisch brisanten Artikel über die Èconomie politique, während viele andere Themen der Politik und vor allem der Religion im Zuständigkeitsbereich des erklärten Materialisten d’Holbach lagen.

Andere Mitarbeiter, ohne die das Zustandekommen der Encyclopédie in vollem Umfang unmöglich gewesen wäre, sind heute fast vergessen. Ein Beispiel hierfür ist der Chevalier de Jaucourt, der neben der Erledigung eines großen Teils der redaktionellen Arbeit immerhin ungefähr 28 % aller Artikel verfaßte, mehr als selbst Diderot und d’Alembert persönlich für sich verbuchen konnten. Dabei schrieb er über nahezu alle Themenkreise. Eine ähnliche Universalität wurde nur noch von den beiden Editoren erreicht, wobei allerdings beide auch Spezialgebiete hatten. D’Alembert schrieb häufig, aber nicht ausschließlich, über mathematische und physikalische Probleme, während Diderots besonderes Augenmerk den arts mécaniciens, den Handwerken, und den diese darstellenden Kupferstichtafeln galt.

Mit diesen Tafeln verband sich auch der größte Plagiatsvorwurf an die Herausgeber der Encyclopédie. Solche Beschuldigungen waren auch für andere Teile des Werkes keine Seltenheit. Oft waren sie nicht einmal unbegründet, da einige Artikel durchaus anderen Werken ohne ausreichende Kennzeichnung entnommen worden waren. Auch im Falle der Tafeln, die nach Angaben der Encyclopédie-Gegner bloße Kopien der von Réaumur im Auftrag der Académie des Sciences angefertigten Tafeln der Descriptions des Arts et des Métiers sein sollten, konnten Diderot und d’Alembert nicht alle ihre Entstehungsgeschichte betreffenden Zweifel restlos ausräumen. Jedoch konnten die Plattes der Encyclopédie für sich in Anspruch nehmen, gegenüber den Tafeln Réaumurs einiges an Verbesserungen, an größerer Einheitlichkeit und Klarheit aufzuweisen.

Die Encyclopédie war, allen Vorwürfen zum Trotz, für ihre Herausgeber und ihre Verleger ein Erfolg. Obwohl ihre ursprünglich achtundzwanzig Bände mit insgesamt 1140 livres ein kleines Vermögen kosteten und ihr Verkauf immer wieder Beschränkungen unterworfen war, fand sie reißenden Absatz in Frankreich und im Ausland. Ihr aufklärerisches Gedankengut, das sie bei ihren Käufern so begehrt machte, blieb der kirchlichen und staatlichen Seite verhaßt. Solange das Ancien régime seine Macht behaupten konnte, ließ es in Frankreich selbst keine Neuauflage mehr zu. Doch die Verbreitung der schon gedruckten Exemplare vermochte es nicht zu verhindern. Diderot hatte 1762 in einem Brief geschrieben: "Dieses Werk wird sicherlich mit der Zeit eine geistige Revolution hervorrufen, und ich hoffe, daß die Tyrannen, die Unterdrücker, die Fanatiker und die Intoleranten sie nicht gewinnen werden. Wir werden der Menschheit gedient haben."

Zur geistigen und wohl auch zur politischen Revolution am Ende des achtzehnten Jahrhunderts hat die Encyclopédie, wie Diderot es sich vorgestellt hatte, sicherlich ihren Beitrag geleistet. Ihr Beitrag zur Ablösung der alten Denkstrukturen in Wissenschaft und Gesellschaft durch die der modernen Zeit ist unbestritten und bleibt das große Verdienst ihrer Verfasser, allen voran Diderot und d’Alembert.
 

Literaturverzeichnis
 
Alembert, Jean Le Rond d’, Discours préliminaire de l’Encyclopédie ( 1751 ), hrsg. u. eingel. von Erich Köhler, Hamburg 1955. 
Alembert, Jean Le Rond d’, Traité de dynamique, Paris 1743, Nachdruck Brüssel 1967.
Dictionary of Scientific Biography, hrsg. von Charles Coulston Gillispie u.a., Bd. I, New York 1970, Bd. IV, New York 1971. 
Ducros, Louis, Les Encyclopédistes, Nachdruck Genf 1967.
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