Der Autor selbst, dessen Fachgebiete vor allem die Zeitgeschichte und die Politikwissenschaft, aber auch die Landesgeschichte des Rheinlandes und Westfalens umfassen, war seither als Professor und Privatdozent an verschiedenen westdeutschen Universitäten tätig, darunter Düsseldorf und Bielefeld. In den Jahren 1974 und 1975 war er darüber hinaus Mitarbeiter des Münchner Instituts für Zeitgeschichte. Er veröffentlichte mehrere Beiträge über verschiedene Themen aus dem Zeitraum des Nationalsozialismus.
In "Die Gauleiter" bemüht sich Peter Hüttenberger, neue Aufschlüsse über "die Besonderheiten... [des] personellen, soziologischen, institutionellen Machtgefüges" (S. 7) der NSDAP zu gewinnen, wobei es ihm im Falle der Gauleiter auf eine Einordnung nach dem Kriterium der Macht und ihrer Veränderungen im Laufe der Zeit ankommt. Die inneren und äußeren Rivalitäten dieser Führerschicht, letztere vor allem mit der Reichsleitung der NSDAP, der SA und später mit der SS und den zentralen Reichsministerien, interessieren ihn dabei in besonderem Maße. Selbstverständlich geht er auch auf das Verhältnis der Gauleiter zu Hitler ein, dem einzigen, dem die Gauleiter anscheinend durch alle Veränderungen der Zeiten und Umstände die unbedingte Treue hielten.
Hüttenberger geht bei der Darstellung seiner Thesen im Großen und Ganzen chronologisch vor. Das gesamte Buch ist in vier Hauptabschnitte unterteilt, die sich mit der Entstehung und Konsolidierung der Gaue in den Jahren 1925 bis 1929, der Entwicklung der Gaue in den Jahren des Weges der NSDAP zur politischen Macht bis 1933, der widersprüchlichen Rolle der Gauleiter in den Friedensjahren des NS-Regimes bis 1938 und schließlich mit ihren neuen Tätigkeitsbereichen im Verlaufe des Zweiten Weltkriegs beschäftigen.
Diese Hauptabschnitte sind in sich wiederum thematisch untergliedert, wobei die Themengebiete entweder allgemeine Entwicklungen, wie zum Beispiel das Verhältnis der Gauleiter zur SA in den Jahren vor 1933 (Abschnitt II. 3), oder aber regionale Besonderheiten aufzeigen, wie die Konsolidierung des Parteigaues Hamburg (Abschnitt I. 4. D).
Ein Schwerpunkt des Buches liegt dabei auf der Behandlung von Ereignissen und Erscheinungen aus dem Gebiet von Rhein und Ruhr, während andere Regionen Deutschlands zuweilen nur sporadisch behandelt werden. Die Ursache hierfür ist wohl in der Herkunft des Autors aus eben diesem Gebiet und seinem ausgeprägten Arbeitsschwerpunkt in dessen Landesgeschichte zu sehen. Hüttenberger betont jedoch auch, daß er bewußt keine begrenzte Regionalstudie habe anfertigen wollen (S. 7).
Angaben zur Herkunft der von Peter Hüttenberger verwendeten Quellen fehlen in seinem Buch fast vollständig. Er gibt zwar im Vorwort an, er habe das Bundesarchiv in Bonn, das Berlin Document Center und "Akten zentraler staatlicher Ressorts" (S. 8) benutzt. Aus diesen Angaben lassen sich jedoch, wie auch Reinhard Bollmus in seiner Rezension anmerkt, bei weitem nicht alle der in reichlichem Umfang verwendeten bisher ungedruckten Quellen an ihren Herkunftsort zurückverfolgen. Ein anderes Problem im Zusammenhang mit geeigneten Quellen, das auch Peter Hüttenberger nennt, ist das Fehlen oder die Unzugänglichkeit großer Mengen von Detailakten zur internen Tätigkeit der einzelnen Gauorganisationen. Er glaubt jedoch, eine grobe Verfälschung größerer Zusammenhänge aus diesen Ursachen ausschließen zu können.
Hüttenberger vertritt die These, daß die Macht der Gauleiter, die den Erfordernissen eines zentralistischen, totalitären Staates störend entgegenstand, ja diesem , bisweilen sogar offen entgegenwirkte, nur dank der beständigen persönlichen Protektion Hitlers die Zeit von der Machtergreifung bis zum Ende des Dritten Reiches weitgehend unbeschadet und zuletzt sogar in vergrößerter Form überstand.
Er nennt im weiteren verschiedene Gründe für dieses Verhalten Hitlers. Zum einen sei die Institution der Gauleiter, im Gegensatz zur zentralistischen Parteileitung der NSDAP, eine ausgeprägte Verkörperung des nationalsozialistischen Führergedankens gewesen, der sich auch in der praktischen Politik der Gauleiter in den Jahren vor 1933 am klarsten wiedergefunden hätte. Zum anderen seien die Gauleiter, anders als SA, SS, DAF oder ähnliche NS-Parallelorganisationen nicht im entferntesten eine homogene Einheit gewesen. Dementsprechend habe Hitler sie stets im Machtkampf mit anderen NS-Strukturen, wie der SA oder der SS, unterstützt, die seiner persönlichen Stellung aufgrund ihrer einheitlicheren Verfassung weit eher hätten gefährlich werden können. Hitler hätte es verstanden, einzelne Tendenzen zum Zusammenschluß von Gauleitern, die fast ausschließlich in der "Frühzeit" der Bewegung bis 1930 gelegen hätten, zu seinen Gunsten aufzulösen. Hüttenberger führt hier das Beispiel des Großgaues Ruhr und sein Ende an.
Im Hinblick auf die Machtentwicklung der Gauleiter führt Peter Hüttenberger entsprechend der von ihm gewählten chronologischen Einteilung in vier Phasen auch vier verschiedene Stadien an. In der frühesten Zeit habe auf den Schultern der Gauleiter der gesamte Aufbau der Partei gelegen. Dabei hätten sie eine weitgehende Eigenständigkeit besessen, selbst Hitler hätte öfters den Gauleiter als solchen anerkannt, der es am besten verstanden hätte, die Macht in seinem Parteigau zu usurpieren.
Die zweite Phase der Machtentwicklung des Gauleitertums nach 1930 kennzeichnet Hüttenberger durch die langwierigen Kämpfe mit der SA, deren Führer auch auf Gauebene zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz der Gauleiter der Partei wurden. Auch hier hätten sich diese aber auf die Rückendeckung Hitlers verlassen und ihre Macht behaupten können.
Infolge der Beendigung der "nationalsozialistischen Revolution" durch Hitler schon kurz nach der Machtübernahme sei dann aber ein Rückgang in den Machtbefugnissen der Gauleiter zu verzeichnen gewesen. Diese wurden zwar in ihren jeweiligen Territorien nun meist auch mit staatlichen Ämtern dekoriert, wie denen des Reichsstatthalters in den ehemaligen Ländern beziehungsweise des Oberpräsidenten in den Provinzen Preußens, die jedoch im Zuge der starken Zentralisierungstendenzen des NS-Staates bald völlig ihre Bedeutung verloren. In diese Zeit fällt auch der eigentliche Beginn des ständigen Machtkampfes mit den zentralen Organisationen sowohl des Staates, wie den Reichsministerien, insbesondere denen des Inneren, für Wirtschaft und Landwirtschaft, als auch der NSDAP, wie der Parteileitung und dem Reichsschatzwart. Dabei konnten zunächst die staatlichen und zentralen Stellen einige wesentliche Erfolge für sich verbuchen, für die Hüttenberger die Zurückdrängung der Gauleiter aus der Kommunalpolitik durch die neue Deutsche Gemeindeordnung als Beispiel anführt. Allerdings hielt Hitler auch in dieser Zeit seinen alten Kampfgenossen die Treue, wie Hüttenberger am Ausgang zahlreicher Auseinandersetzungen aufzeigt, wie der zwischen dem ostpreußischen Gauleiter Koch und Reichslandwirtschaftsminister Darre.
Ein neuer Aufschwung der Macht der Gauleiter begann mit dem Einsetzen der vierten Phase, der beginnenden Expansion des Dritten Reiches, zunächst auf "friedlichem", dann auf kriegerischem Wege. Mit der Ernennung der meisten Gauleiter zu Reichsverteidigungskommissaren und dem Einsatz einiger von ihnen als Reichskomissare oder Chefs der Zivilverwaltung in den eroberten Gebieten erweiterten sich ihre Vollmachten in ihren Herrschaftsgebieten beträchtlich.
Diese Entwicklung verstärkte sich zum Kriegsende hin, als dem Amt des Reichsverteidigungskommissars auch viele Befugnisse eines Militärbefehlshabers hinzugefügt wurden. Doch auch hier mußten sich die Gauleiter der allgegenwärtigen Konkurrenz anderer staatlicher und NS-Organisationen stellen. Hüttenberger nennt hier besonders die SS, die den Gauleitern und ihrem Herrschaftssystem in Hinsicht auf die Aufgaben in besetzten Gebieten "machttechnisch überlegen" (S. 152) gewesen und auf wirtschaftlichem Gebiet das Rüstungsministerium Albert Speers.
In den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs, als die staatliche Ordnung des Dritten Reichs schon weitgehende Zerfallserscheinungen aufwies, erreichte die Macht einzelner Gauleiter den Grad nahezu selbständiger Territorialherrscher. Angeführt werden hier die Beispiele der Gauleiter Koch in Ostpreußen und Hanke in Niederschlesien. Besonderes Augenmerk richtet Peter Hüttenberger auf das Herrschaftssystem der Gauleiter, das er mit dem Begriff Gauleiterclique" beschreibt. Die einzelnen Gauleiter stellten sich ihre Gauämter schon in der Frühzeit der Bewegung, das heißt vor 1930, in der Hauptsache aus unbedingt ergebenen Gefolgsleuten zusammen. Diese stellten ein Herrschaftsinstrument dar, das voll und ganz den Wünschen des jeweiligen Gauleiters entsprach, und zwar so weit, daß ein Wechsel eines Gauamtsangehörigen oder eines Gauleiters von einem Gau in einen anderen schon nicht mehr möglich war, weil die entstandenen Herrschaftsstrukturen unvereinbar verschieden waren. Diese Cliquen seien dann auch ihren Gauleitern in der letzen dargestellten Phase in ihre neuen Herrschaftsgebiete gefolgt, und Angehörige dieser Clique übernahmen die freigewordene Leitung des Heimatgaues.
Mir sind zum Buch "Die Gauleiter" von Peter Hüttenberger zwei Rezensionen bekannt, zum einen die schon erwähnte von Reinhard Bollmus, zum anderen eine kürzere Besprechung von Hanns Hubert Hofmann. Letzterer lobt die Herausarbeitung der Problematik der Machtstellung der Gauleiter und ihrer Auseinandersetzungen mit Parteileitung, SB und staatlichen Stellen, kritisiert aber die zu einseitige Ausrichtung der Arbeit auf die westlichen Reichsgebiete und auf dorther stammende Gauleiterpersönlichkeiten, insbesondere Josef Bürckel. In diesem Zusammenhang meint er, ein Gesamtüberblick habe den Autor als Doktoranden überfordert. Ein weiterer Kritikpunkt Hofmanns sind die seiner Meinung nach ergänzungsbedürftigen biographischen und statistischen Angaben des Werkes.
Bollmus lobt dagegen, daß Hüttenberger der Forschung einige noch unbekannte Aspekte hinzugefügt und trotz der "äußerst fragmentarischen Quellenlage" eine zusammenfassende Darstellung einer Entwicklung über den Zeitraum von zwanzig Jahren gegeben habe. Dabei seien jedoch Einzelbeispiele zu kurz gekommen, das Werk erhalte oft den "Anschein des Episodischen. "Er zeigt allerdings Verständnis dafür, daß dieses Manko auf äußere Umstände (Umfangsbeschränkung) zurückzuführen sei und, billigt dem Werk Hüttenbergers den Charakter "eines ersten Überblicks" zu. Seine Kritikpunkte betreffen des weiteren die unzureichende Behandlung von Fragen wie zum Beispiel der des Zusammenhangs zwischen Organisationsgrad und Erfolgen der NSDAP und die mangelnde Dokumentation des Buches. Seiner Ansicht nach wären eine genauere Quellenliste und eine umfangreichere kartographische sowie biographisch-statistische Ausstattung des Anhangs angebracht gewesen.
Ich kann mich in diesem Zusammenhang den beiden eben genannten Rezensoren in einigen Punkten voll anschließen. Die teilweise überwiegende Beschäftigung Hüttenbergers mit Quellen aus rheinisch-westfälischen Gebieten ist in meinen Augen ein schwerwiegendes Argument gegen die vom Autor selbst laut seiner Einleitung angestrebte Überregionalität. Wichtige Gebiete, wie der besonders für die Frühzeit der NSDAP ungleich bedeutungsvollere süddeutsche Raum, werden meist nur am Rande erwähnt, andere gelangen nur deshalb in die Betrachtung des Autors, weil ihre Gauleiter ursprünglich im rheinisch-westfälischen Raum tätig waren. Beispiele hierfür sind Ostpreußen mit Erich Koch (ehemals Essen) und Österreich mit Josef Bürckel (ehemals Saarpfalz bzw. "Westmark").
Ich betrachte wie Reinhard Bollmus die kartographische und statistische Ausstattung des Anhangs als unbefriedigend. Die im Text wiederholt angesprochenen territorialen Bezüge hätten etwas mehr als einer sehr schlichten Karte aus dem Organisationsbuch der NSDAP zur Erläuterung bedurft, auch der dazugehörigen Tabelle fehlen bedeutsame Angaben wie zum Beispiel konkrete Mitgliederzahlen. Zum anderen haben beide Dokumente nur den Stand eines einzelnen Jahres innerhalb der behandelten zwei Jahrzehnte wieder.
Im ganzen gesehen ist "Die Gauleiter" jedoch ein gutes Überblickswerk über einen in anderen Publikationen weitgehend vernachlässigten Bestandteil des nationalsozialistischen Herrschaftsapparates. Hinsichtlich der Übersichtlichkeit der Gliederung und der bei aller Kürze relativ umfassenden Darstellung läßt es nur wenige Wünsche offen.