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b) Der Abbruch        
Nun konnte ich beobachten, wie einige Männer sorgfältig den Holzteil des alten Schulhauses abzubrechen begannen und alle Balken auf einen kleinen Lastwagen luden. Auf meine Frage, was denn damit geschehe, erhielt ich die Antwort, dass ein ehemaliger Lehrer von Aeschlen, Hans Gurtner (wohnte 1917-1924 hier im Schulhaus) das Abbruchobjekt gekauft habe und in Oberwil im Simmental damit für sich ein Wohnhaus aufstellen wolle. Diese Antwort liess mir bis heute keine Ruhe, so dass ich mich entschloss, in Oberwil seinen Sohn Albert Gurtner aufzusuchen und ihn nach seinen Erinnerungen zu fragen. Besonders interessierte mich, ob sein Vater das alte Aeschlenschulhaus aus nostalgischen oder finanziellen Gründen gekauft hatte. Wir schwelgten zusammen in Erinnerungen und ich vernahm viel Neues über meinen Vor-vorgänger. Einiges davon möchte ich hier noch vermerken: Hans Gurtner zog scheinbar als ledig in Aeschlen weg und heiratete, bevor er als 27 jähriger die neue Stelle in Oberwil antrat. Dort lebte er mit seiner Familie in der Schulhauswohnung. Einige Jahre vor der Pensionierung dachte er daran, dass er bald aus dem Schulhaus ziehen müsse und so wollte er sich doch in Oberwil ein Eigenheim erstellen. Wahrscheinlich hatte er in der Zwischenzeit die Beziehung zu Aeschlen nie ganz verloren, musste doch sein Sohn Albert kurz nach dem 2. Weltkrieg bei Ernst Lüthi, dem Grossvater des heutigen Schreiners Jürg, einen "Jndian - Töff" abholen, den er sich erstanden hatte. Ernst jun. war damals dabei. Er erzählte mir diese Geschichte in wehmütigem Ton schon vor Jahren, denn unterdessen ist auch er ein Töff - Sammler geworden. Hans Gurtner war aber schon zu dieser Zeit ein eifriger Jndian - Sammler. Er kaufte sich verschiedene Modelle überall zusammen und reparierte diese in seiner eigenen Werkstatt, die mit feinsten Bohr- und Drehmaschinen (an einer Transmission angeschlossen) und vielen Spezialwerkzeugen aus alten Zeiten ausgerüstet war. Diese Maschinen konnte ich letzte Woche bei seinem Sohn noch in vollem Betriebe bewundern. Vom Schulhaus zügelte er sie auch ins neue Heim.
Wir können also annehmen, dass Hans Gurtner durch Ernst Lüthi oder einen anderen Bürger von Aeschlen darauf aufmerksam gemacht wurde, dass unser Schulhaus wohlfeil sei. Der Händler Rosser aus Frutigen holte nun das Gebälke und alle weiteren brauchbaren Holzteile wie Laden, Täfer, Böden und Türen in Aeschlen ab und fuhr damit wahrscheinlich direkt nach Oberwil. Ob Rosser das Holz kaufte, oder es nur transportierte, können wir nicht mehr erfahren. Ein Zimmermann setzte nun das alte Holz beim Hausbau ein, zerkleinerte Balken, setzte einen Dachstock zusammen, sägte Laden zu Laubenböden und passte Türen ein. Jedenfalls steht unser altes Schulhaus in etwas abgeänderter Form heute noch in Oberwil. Albert Gurtner zeigte mir im Haus die Treppe, die von der Werkstatt in die Wohnung führt. Ich erkannte sie sofort am Geländer. Ueber diese bin ich immer vom Schulzimmer zu meiner Wohnung gestiegen. (Uebrigens, wer sie noch bewundern möchte findet sie bei "Meine Klasse 1955" in www.oocities.org/zulory/Archiv.html links oben.) Auch die Türe zur Werkstatt kam mir sofort bekannt vor. Sie führte nämlich in meiner Wohnung von der Küche zur südlichen Laube. Oben waren Glasscheiben um etwas Licht in die Küche zu bringen und unten bestand sie nur aus Holz. Der Türrahmen war allerdings so verzogen, dass besonders im Winter die Sonne auch durch Spalten in der unteren Gegend in den Raum schien, ja, es kam sogar vor, dass ich Schnee vom Küchenboden aufwischen musste.
Aus Spargründen liess man die Grundmauern des Schulhauses (das alte Fundament aus Natursteinen) hier in Aeschlen stehen. Mit Sicherheit wären diese bröckligen Steine nicht geeignet gewesen, ein ganzes neues Haus zu tragen. Also wurde um die alte Mauer mit Brettern eine Schalung erstellt und die Zwischenräume füllte der Baumeister mit Beton. So entstand ein konisches Fundament, das unten etwa ein Meter dick und somit auch tragfähig war. Die Dicke der Kellermauern können wir heute noch bei der Waschküchentüre bewundern oder sogar messen. Ob dieses Vorgehen der Gemeinde viel Geld gespart hat oder ob es sogar teurer gekommen ist, das möchte ich nicht beurteilen.
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