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7.4. Der Abbruch des alten Schulhauses        
a) Auszug aus der alten Wohnung        
Im April 1956 begann es nun zu drängen. Die alten Schulzimmer standen leer, nur die beiden Wohnungen waren noch besetzt und das neue Lehrerhaus sollte nach den Plänen des Architekten Abegglen  auf die Grundmauern des alten Schulhauses gebaut werden. Vorher musste man natürlich den hölzernen Teil abbrechen, so dass meine Kollegin Walthraut Stocker und ich buchstäblich auf die Strasse gestellt wurden. Halt, so schlimm war es doch wieder nicht: Der damalige Präsident Fritz Reusser stellte uns auf dem Hubel einen Raum zur Verfügung, in dem wir für das nächste Halbjahr unsere Möbel und weitere Habseligkeiten einstellen konnten. Wir aber mussten für uns selber eine Schlafgelegenheit suchen. Walthraut fand, soweit ich mich noch erinnere, eine Unterkunft im Chalet (Neuhaus). Ich wusste, dass ich im Juni für vier Monate in den Militärdienst aufgeboten war. Also brauchte ich bis in den Herbst keine Wohnung in Aeschlen. Für den April und Mai entschloss ich mich, zu meinen Eltern in Steffisburg zu fahren, um dort zu übernachten. Dies brachte noch einige Probleme mit sich: Ich besass weder ein Auto noch einen Führerschein.  Also machte ich mich in den Frühlingsferien an die "Arbeit" und lernte eifrig den Wagen meines Vaters lenken. Rasch musste ich mich zur Prüfung anmelden. Für Fahrstunden mit einem Fahrlehrer reichte es nicht mehr. Ein Kollege kam mit mir einmal nach Bern und zeigte mir die Winkel und Ränke, die an der Fahrprüfung meistens befahren werden mussten und schon war der Termin (22. März) da. Obschon ich in der Stadt über einen Trottoirrand fuhr und mit der Bremswegberechnung etwas unsicher war, erhielt ich den Ausweis. Nun konnte ich mich für die tägliche Reise nach Steffisburg vorbereiten und musste mir nur noch ein Auto besorgen. Am naheliegendsten  war natürlich, bei Alfred Ramseyer im Autoabbruch hineinzuschauen. Fred beriet mich sehr kompetent: "Ein junger Lehrer muss ein rassiges Auto fahren. Hier hätte ich einen Talbot mit Vorwellgetriebe und einer Graber - Karosserie, sechs Zylindern, sportliches Cabriolet mit Speichenfelgen, Jahrgang 1927, ein gutes Vorkriegsmodell!" Ich liess mich überzeugen und kaufte ihm für 700.- Franken diesen Superwagen ab.  Allerdings war mir bewusst, dass ich dieses Fahrzeug höchstens für zwei Monate gebrauchen würde. So versuchte ich einzumärten, dass ich das Auto bei Nichtmehrgebrauch zum gleichen Preis wieder zurückgeben könne. Auf diese "Forderung" wollte Fred aber nicht eingehen, versprach mir jedoch, dass ich nachher den Talbot auf seinem Gelände abstellen könne und er ihn für mich verkaufen würde. Er zahle mir dann den vollen Preis, den er dafür erhalte. Nun konnte der Abbruch meiner Wohnung beginnen, ohne dass ich obdachlos wurde. Ich fuhr nach dem Unterricht mit meinem Talbot gemütlich nach Steffisburg oder sonst noch irgendwo hin. Natürlich musste ich dieses Wundervehikel auch meiner Freundin Erika vorführen. So ratterte ich damit oft nach Langnau, von wo aus wir kleinere Ausflüge zu Freunden und Kollegen unternahmen. Die Fahrten waren aber nicht immer so einfach: Schon bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h wurde nach dem Abbiegen der Richtungsanzeiger vom Luftwiderstand so stark an seine Fassung gepresst, dass ich das Fenster öffnen und ihn mit einem Schlag von Hand wieder in seine ursprüngliche Lage bringen musste. (Blinker gab es noch nicht) Etwas schwieriger war das Unterfangen auf der rechten Seite. So war ich immer froh, wenn ich einen Beifahrer hatte, der den Zeiger wieder zurückschlagen konnte. Sonst blieb mir nichts anderes übrig, als mit dem Tempo etwa auf 20 zurückzugehen, dann fiel er selber in die Fassung zurück. Dadurch fand ich immer eine gute Gelegenheit, meine Freundin Erika zu einer Ausfahrt einladen zu können, denn ich musste ja eine "Zeiger-Rückschlagerin" haben. Sie bewältigte diese Aufgabe immer problemlos und mit Freude streckte sie bei einer Richtungsänderung auch den Arm hinaus, wie beim Fahrrad.
Etwas weniger amüsant war das "Tschimi", etwas, das wir heute auch nicht mehr kennen: Kaum erreichte die Geschwindigkeit des Wagens etwas über 70 km/h, begann sich die Umwucht in den Rädern so stark zu kumulieren, dass sie begannen zu flattern. Das übertrug sich rasch auf den ganzen Wagen, rüttelte und schüttelte ihn, bis durch Anhalten jede Bewegung stillgelegt wurde. Der Motor war wohl stark und das Auto sah rassig aus und ich liess mich immer wieder dazu verleiten, auf den geraden Strecken etwas aufs Gas zu drücken und schon wieder musste ich wegen dem "Tschimi" am Strassenrand anhalten. Schon damals schien mir das nicht gerade harmlos, aber bei dem heutigen Verkehr wäre es richtig kriminell, sich so auf die Strasse zu begeben.
Jeden Abend landete ich dann in Steffisburg bei meinen Eltern. Aber auch entstanden bald ernste Probleme: Musste ich doch am Morgen um halb acht Uhr wieder in Aeschlen vor den Schülern stehen, das hiess um sieben Uhr abfahren. Was aber, wenn trotz allen Tricks der Motor nach einer kühlen Nacht einfach nicht  anspringen wollte! Ja, die Schüler mussten halt auf den Lehrer warten, bis sein Vater den Wagen geholt hatte, mit einem Kabel die Batterien überbrücken konnte und der Talbot endlich startbereit war. Auf dieses Risiko durfte ich mich nicht weiter einlassen. In Zukunft stellte ich nun meinen Wunderwagen jeden Abend ins Schwandenbad hinauf, von wo ich ihn dann am Morgen anrollen lassen konnte. Das hiess für mich natürlich zehn Minuten früher aufstehen und anschliessend etwas Fitness treiben, dafür kam ich nun immer pünktlich zur Schule.
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