Einen Ferienplan gab es zu dieser Zeit noch nicht. Wir waren einfach verpflichtet, während 35 Wochen Schule zu halten. Eine Woche zählte als ganz, wenn die Schüler mindestens an vier Vormittagen anwesend waren. So kam es nicht selten vor, dass an einer Schulkommissionssitzung am Donnerstag abend beschlossen wurde: Ab morgen ist den Schülern sechs Wochen Sommerferien zu geben. Wie ich meinen Stoff abschliessen konnte, kümmerte niemanden, denn die Ferien wurden nach der anfallenden Arbeit in der Landwirtschaft bestimmt. Das Getreide war reif und das Wetter schön. Natürlich war es auch für die Mitglieder der Schulkommission ein schwieriger Entscheid. Die Gemeinde Aeschlen erstreckt sich nämlich von 700 bis über 1100 Meter über Meer. Wenn die Unteren ernten wollten, war das Getreide in der oberen Region noch grün. Dabei erinnere ich mich an einen Vorschlag aus der Kommission: Ein Mitglied wollte es allen (Bauern) recht machen und glaubte das Ei des Kolumbus gefunden zu haben: "Wir beschliessen ab anfangs August 5 Wochen Ferien, Mitte September (dann ist überall die Ernte unter Dach) halten wir 4 Tage Schule, das gibt uns wieder eine Woche, und anschliessend geben wir bis Mitte Oktober wieder 4 Wochen Ferien, dann sollten überall auch die Kartoffeln geerntet sein." Diesen Vorschlag blockte ich aber vehement ab, denn ich konnte mir gut vorstellen, wie motiviert die Schüler in diesen 4 Tagen sein würden. Immerhin wurden dann zwischen den Sommer- und Herbstferien 10 Tage Schule beschlossen. |
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Es musste immer ein Kompromiss angestrebt werden. Besonders kam das bei den Heuferien zum Ausdruck: Wir hatten zwei Wochen eingeplant. Das reichte natürlich bei der Ausdehnung von Aeschlen nie. So kam schon vor Jahrzehnten der Behörde ein rettender Gedanke: Wir bestimmen die Ferien tageweise. Das war ja damals noch möglich, musste doch erst am Ende des Jahres die Stundenzahl stimmen. So wurde die "Regenwetterschule" eingeführt. Ein Mitglied der Schulkommission war ermächtigt, am ersten Heutag die Ferien zu bestimmen und bei Verschlechterung des Wetters wieder zu unterbrechen. In der Käserei vernahmen die Kinder, ob Schule ist oder nicht. Da ich aber als Lehrer nicht in die Käserei ging und sehr wenig von Landwirtschaft verstand, war es für mich jeden Morgen ungewiss, ob ich nun unterrichten musste oder nicht. Oft kamen die Schüler nicht, weil am Abend vorher ein Gewitterregen das Gras genässt hatte und das Mähen verunmöglichte. Ich merkte das aber erst wenige Minuten vor acht Uhr. Deshalb war ich gezwungen, immer einige Tage zum Voraus auf unvorhergesehenen Unterricht vorbereitet zu sein. Das störte mich allerdings nicht heftig, denn ich musste aufstehen und hatte nun einen schönen, langen Tag für mich zur Verfügung. Einige Jahre später wollte kein "Schulkommissiöndler" mehr die Verantwortung übernehmen und die Eltern bestimmten einfach, ob sie ihre Kinder zur Arbeit gebrauchten oder nicht. In der Schulstube wurden dann die anwesenden Kinder gezählt. Waren mehr als die Hälfte da, wurde der Unterricht abgehalten, waren es weniger, schickten wir die Schüler wieder nach Hause. Natürlich merkten das einige Schlaumeier, verliessen mit dem Schulsack ihre Wohnung und versteckten sich dann im "Hegli", bis wir die anwesenden gezählt hatten und die wenigen wieder aus dem Schulhaus traten. Darauf zogen sie fröhlich heim und erklärten den Eltern mit gutem Gewissen: "Heute ist keine Schule, es kamen zuwenig Schüler." Dieser Zustand war natürlich unhaltbar, aber es dauerte doch einige Jahre, bis die Schulkommission beschloss: "Der Präsident bestimmt die Heuferien. Ist ein Ferientag angesagt, sind mindestens auch die zwei nächsten Tage schulfrei." Im Juni war das Wetter in den folgenden Jahren so schlecht, dass die letzten Ferientage meist direkt vor die Sommerferien geschoben werden mussten. So entschloss man sich 1972, die Heuferien endgültig abzuschaffen, aber die Schüler an schönen Tagen früher nach Hause zu entlassen. Für das Schuljahr 1972/73 wurde erstmals ein Ferienplan erstellt. |
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