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4.8. Milch und Brot         
Einer der wichtigsten Beschlüsse der Schulkommission war damals, neben dem Bestimmen der Ferien, die Abgabe von Milch und Brot zu beschliessen. Um dies verständlich zu machen, muss ich etwas weiter ausholen:
Um die Jahrhundertwende gab es in Aeschlen noch viele verarmte Bürger. Nach einem Artikel des Fürsorgegesetzes durfte die Schule deren Kinder Milch und Brot, aber auch "Holzböden" (warme, gefütterte, hohe Lederschuhe mit Holzsohlen) gratis abgeben. Der Betrag konnte dann in den Fürsorgekosten vom Kanton zurückgefordert werden. Die Schulkommission war befugt zu bestimmen, welche Bürger arm genug waren, um in den Genuss dieser Spende zu kommen. In den Protokollen stehen die Namen der Kinder und ob sie "Holzböden" und (oder) Milch und Brot erhielten. Die Lehrerin wurde meistens beauftragt, am Mittag die Milch zu wärmen und zu verteilen. Als ich nach Aeschlen kam, gab es hier nicht unbedingt reiche, aber auch keine verarmten Bürger mehr. Das Gesetz bestand zwar noch, jedoch "Milch und Brot" erhielt eine neue Bedeutung: Die Schulkommission achtete nun nicht mehr auf das Einkommen der Eltern, sondern auf die Länge des Schulweges. Wenn im Winter der erste Schnee fiel, wurden die Schüler bestimmt, welche an den Tagen mit Nachmittagsschule über Mittag verpflegt werden sollten. Immer noch hatte die Lehrerin die Milch zu wärmen. Die Neuntklässler mussten jede Woche einmal von Wegmüllers das Brot bringen, da sie ja sowieso zur Unterweisung nach Oberdiessbach gingen. Die Milch bezog man bei einem Bauern neben dem Schulhaus und später in der unteren Käserei. Von den "Holzböden" wurde an meinen ersten Sitzungen immer gesprochen, aber eine Abgabe erfolgte nicht mehr.
Später, als Rudolf Stucki zum Abwart bestimmt wurde, musste dieser die Milch wärmen. Bald kam die Zeit, wo die Kinder warme Milch nicht mehr so schätzten und sich kaum mehr jemand für die Mittagsverpflegung anmeldete. Man versuchte den alten Brauch noch zu retten, indem Suppe und Brot angeboten wurde. Letztmals ist im Protokoll von 1974 verzeichnet, dass vier Kinder die Schülerspeisung erhielten.
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